Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2673
Veltheim an der Ohe (Landkreis Wolfenbüttel, Niedersachsen)
Wasserschloß Veltheim
Das Wasserschloß von Veltheim an der Ohe liegt am nördlichen Ortsrand. Der Wassergraben umschließt ein Areal von 56 m x 45 m und wird von einer Quelle im Nordosten gespeist. Die annähernd rechteckige Schloßinsel besitzt drei Brücken, eine nach Südosten zum landwirtschaftlichen Vorgelände des Gutsbetriebes, eine besonders schöne und lange mit vier Bögen nach Nordwesten zu den L-förmigen Wirtschaftsbauten und Wohnhäusern und eine nach Nordosten zum Park hin. Die Schloßinsel ist nach Süden hin auf der halben Südwest- und der halben Südost-Seite unbebaut. Das zweistöckige Herrenhaus befindet sich an der Nordostseite linkerhand neben dem über einem Schwibbogen weit in den Graben vorspringenden, dreistöckigen Turm. Auf der Nordwestseite ist der Torbau integriert in eine geschlossene, dreiflügelige Bebauung mit Nebengebäuden. Südlich des südwestlichen Schloßgrabens liegt die Kirche St. Remigius. Der Hof ist zugänglich, der Schloßpark mit der Rückseite des Herrenhauses ist privat.
Eine erste Wasserburg wurde hier vermutlich schon im 12. Jh. erbaut, von der Familie von Veltheim, die dort ein Lehen der Braunschweiger Herzöge innehatten. In einer Auseinandersetzung mit der Stadt Braunschweig wurde diese Burg 1460 zerstört, weil sie die Handelswege nach Osten behinderte. Die Herren von Veltheim verkauften die ruinöse Stammburg gegen Ende des 15. Jh. an die von Honrodt. Eine Belehnung mit der Burg erfolgte 1494. Ernst von Honrodt, der 1537 vom Braunschweiger Herzog Heinrich II. dem Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel (regierte 1415-1568) mit der Burg, dem Gericht, dem Kirchenpatronat und den Wäldern belehnt wurde, baute die Burgruine zum Schloß aus und errichtete ab 1555 die im wesentlichen heute noch bestehende Renaissance-Anlage mit den Wohn- und Wirtschaftsbauten um einen rechteckigen Schloßhof herum. 1564-1565 entstand das Herrenhaus, 1563 der Eckturm. Auf einem Merian-Stich von 1654 ist noch ein alles überragender Turm mit polygonalem Querschnitt und mit geschweifter Haube zu sehen, der sich aber nicht erhalten hat. Die Nordwest-Brücke und das Torhaus wurden 1767 erneuert. Eine Umgestaltung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden erfolgte im 19. Jh. Die Familie von Honrodt erlosch 1814.
Die frühere Eigentümerfamilie, die Herren von Veltheim, kaufte 1832 ihr Stammhaus zurück und zog wieder dort ein. Zuvor hatte der unvermählt und kinderlos gebliebene Georg Friedrich Wilhelm von Veltheim (30.7.1752-29.9.1827) sein Vermögen von ca. 80000 Talern seinen Vettern aus dem Hause Destedt mit der Auflage vermacht, damit ein Familiengut zu erwerben. Die Verkäuferin war die Witwe des letzten Herrn von Honrodt, neu verheiratete Frau von Warkotsch. Der Käufer war Wilhelm von Veltheim (20.12.1802-14.12.1868) aus der Weißen Linie der Familie von Veltheim, herzoglich-braunschweigischer Oberkammerherr und Kammerrat, zusammen mit seinen Brüdern. Er heiratete in erster Ehe am 8.2.1834 in Braunschweig Anna Henriette Adelheid von Bülow (22.8.1815-11.4.1846) und in zweiter Ehe am 17.8.1852 in Beetzendorf Anna Josephine Charlotte Wilhelmine Gräfin von der Schulenburg-Nimptsch (4.6.1827-1.11.1909). Gegenwärtiger Schloßbesitzer ist der 1960 geborene Landwirt und Bürgermeister Alexander von Veltheim.
Heraldik findet man an einer Gebäude-Ecke der westlichen Wirtschaftsbauten, wo zwei Epitaphien-Platten in die Wand eingelassen sind. Die erste Epitaphien-Platte zeigt den Verstorbenen mit Pluderhose und einem Umhang mit steil aufgestelltem Kragen, dazu trägt er eine fein gefältelte Halskrause; ebenso sind die Hemdsärmel mit einer solchen Krause versehen. Seine Rechte ergreift den Griff eines Rapiers mit Bügelgriff. Oben füllen zwei Putten die Zwickel seitlich des Bogens, auf dem "CHRISTUS IST MEIN LEBEN - STERBEN IST MEIN GEWIEN (= Gewinn)" zu lesen ist. Die Putten halten Sanduhr (Stundenglas) und Totenschädel als Memento-mori sowie je eine kleine Inschriftentafel. Die eigentliche Hauptinschrift bildet ein separates Feld am Fuß der Platte; sie ist stark verwittert: "ANNO 1585 (letzte Ziffer sehr unsicher) DEN ... ...EMBRIS STARB / DER EHRWUERDIGE EDLE UND EHERNVESTE R / LEVDE.... R ....E ...S ..ON ..D / ....(DESSEN SEELE) GOT(T) GENADT". Dem Wappen nach handelt es sich um ein Mitglied der Familie von Honrodt; die führte einen gevierten Schild, Feld 1 und 4: geteilt mit einem nach vorne gekrümmten und stumpf abgehauenen schwarzen Baumstamm mit mehreren gekappten Zweigen, Feld 2 und 3: in Blau in einem Nest ein silberner Pelikan, seine Jungen mit dem Blut aus seiner Brust fütternd, auf dem gekrönten Helm mit rechts rot-silbernen und links blau-silbernen Decken ineinander geschachtelt drei gekrümmte, glatte, oben mit Straußenfedern besteckte Pelikanhälse mit Kopf.
Die Tinkturen müssen mit einer gewissen Vorsicht betrachtet werden, zu uneinheitlich ist die Datenlage in der Literatur: 1.) Eine Variante im Siebmacher Band: SaAE Seite: 10 Tafel: 7 ist in Feld 1 und 4 rot-silbern geteilt mit einem geraden und stumpf abgehauenen schwarzen Baumstamm mit mehreren gekappten Zweigen, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Pelikan, seine Jungen mit dem Blut aus seiner Brust fütternd, auf dem gekrönten Helm mit rechts rot-silbernen und links blau-silbernen Decken ein gekrümmter, oben mit grünen Lindenblättern besteckter grüner (Text: grüner, Abb.: goldener) Ast (sic!). 2.) Im Siebmacher Band: AnhA Seite: 29 Tafel: 17 wird eine andere Farbversion mit einer anderen Helmzier beschrieben, dort Feld 1 und 4 silbern-schwarz geteilt mit einem gekrümmten Stamm, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schwan (sic!), Decken links schwarz-silbern, rechts blau-rot (sic!), auf dem gekrönten Helm ein silberner Schwan (sic!). 3.) Im Alten Siebmacher (Tafel 184, Braunschweigische) sind Feld 1 und 4 rot-schwarz geteilt mit silbernem gekrümmtem Baumstamm, während in den Feldern 2 und 3 der Pelikan golden in blauem Feld wiedergegeben wird. In der Helmzier sehen wir drei goldene, gekrümmte Pelikanhälse, oben mit Straußenfedern besteckt, und der größte Vogelhals endet vorne in einem Vogelkopf. Die Decken werden dort rechts schwarz-rot und links blau-golden koloriert.
Hier an der Steinplatte sehen wir eindeutig einen Pelikan und die besondere Variante der Helmzier mit dem nach vorne gebogenen Pelikanhals, nämlich eine dreifache Wiederholung desselben, immer kleiner werdend ineinander gelegt, und mit Vogelkopf am Ende des größten, also Mutter Pelikan mit zwei Jungen, jeweils nur durch ihre Hälse repräsentiert. Vermutlich kam es zu einer Umdeutung des Astes in einen Pelikanhals, als das Wappen geviert wurde.
Die zweite Epitaphien-Platte trägt eine auf dem Rand umlaufende, in Teilen noch lesbare Inschrift: "(ANN)O 1619 DEN 10. TAG OCTO/BRIS IST D(E)R GESTRENGE ..... GEBHART / VON HONRODT SEINES AL(TERS) / ......". Fast das ganze Zentralfeld wird von der lebensgroßen Figur des Gebhard von Honrodt (-10.10.1619) eingenommen, der in der Rechten einen Kommandostab schrägrechts hält, die Linke am Griff seines Seitschwerts, von der linken Schulter bis zur rechten Hüfte eine Schärpe tragend. Der linke Arm ist etwas ungelenk dargestellt, so daß die Spitze des Ellenbogenschutzes zur Taille zeigt. Er ist barhäuptig und hat seinen federgeschmückten Helm zwischen seinen Füßen abgestellt. Um der Figur mehr Plastizität verleihen zu können, ist sie nischenförmig eingetieft. Über dem Kopf des Verstorbenen wölbt sich ein Rollwerkornament über der Vertiefung nach vorne.
In den Ecken der Platte befinden sich vier Ahnenwappen. Gebhard von Honrodt war der Sohn von Ernst von Honrodt (ca. 1527-12.1.1594), braunschweigischer Geheimer Rat, Herr auf Veltheim an der Ohe und Erbauer des Schlosses, und seiner Frau Anna Schenk von Flechtingen (ca. 1544-5.5.1595). Die Großeltern väterlicherseits waren Ludolf von Honrodt (-24.7.1556), Herr auf Veltheim an der Ohe, und seine Frau Anna von Scharfenstein (-1542). Mütterlicherseits waren die Großeltern Henning Schenk von Flechtingen, Herr auf Flechtingen, und seine Frau Felizitas (Felicitas) von Alvensleben (15.8.1522-1554). Das erste Wappen heraldisch rechts oben ist dasjenige der von Honrodt; es sah einmal genauso aus wie das auf der ersten Platte beschriebene, bis auf die Tatsache, daß es einmal geviert war, ist nichts mehr im Schild zu erkennen, und auch das Kleinod besteht nur noch aus Rudimenten.
Das zweite Wappen heraldisch links oben ist das der Schenk von Flechtingen, in Gold zwei laufende rote Biber übereinander, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken sechs rote Fähnchen, 3 nach rechts, 3 nach links abwehend, an goldenen Stangen zwischen zwei roten Biberschwänzen (Siebmacher Band: SaA Seite: 147 Tafel: 96, dort 7 Fähnchen). Die ältesten Siegel der Familie zeigen noch keine Biber, sondern Wölfe, und auch auf dem Helm waren nur die Fähnchen zu sehen; die Biberschwänze sind eine spätere Zutat. Das Motiv der Biber könnte sich durch den Fluß Bever bei Dönstedt angeboten haben. Seit dem 16. Jh. wird das Motiv aber als Biber interpretiert. Die Familie heißt Schenk, weil sie das Erbschenkenamt der Bischöfe von Halberstadt innehatte. Das Amt wurde 1196 an den Stammvater "Alvericus de Dunstede" verliehen. Das Ministerialengeschlecht der Schenck von Dönstedt war schon 1244 mit dem Zehnten in Flechtingen belehnt worden; Lehnsherren waren auch hier die Bischöfe von Halberstadt. Seit 1307 ist dort eine Burg bekannt. Die Familie verlegte gegen Ende des 13. Jh. ihren Hauptsitz auf die Burg Flechtingen und nannte sich seitdem Schenk von Flechtingen. Im 14. Jh. trat die Familie in die Dienste der Kurfürsten von Brandenburg. Seit 1442 hat die Familie das Erbkämmereramt der Altmark inne. Außerdem bekam sie noch das Erbschatzmeisteramt der Kurmark Brandenburg zu Lehen. Die Hauptgüter der Familie waren Flechtingen mit seiner großen und gut erhaltenen Wasserburg und Dönstedt, das bereits 1196 Familienbesitz war. Dazu hatte die Familie Rittergüter in Alvensleben, Lemsel und Böddensel Vemersleben, später das Gut Leimbach im Mansfeldischen. Die Familie erlosch 1853 im Mannesstamm. Der Name und das Wappen und natürlich auch der Grundbesitz fielen an die von Peucker; Eduard von Peucker wurde von seinen kinderlosen Onkel adoptiert und führte seit 1869 den alten Namen weiter.
Das dritte Wappen heraldisch rechts unten ist das der thüringischen von Scharfenstein, ein aufspringender Hund mit Halsband (hier aus Courtoisie gewendet), auf dem Helm ein wachsender Hund mit Halsband (Siebmacher Band: SaA Seite: 144 Tafel: 94, dort in der Helmzier der Hund wachsend noch zwischen zwei Pfauenfederwedeln oder Spickeln mit Pfauenfedern, alternativ ein Flug anstelle der Spickel, so im Siebmacher Band: ThüA Seite: 19 Tafel: 13). Hier kann aufgrund fortgeschrittener Verwitterung nicht sicher entschieden werden, ob sich rechts und links des Hundes noch Spickel oder Flügel befanden. Die thüringische Familie, die Besitz in der Gegend von Erfurt, Gotha und an der Werra mit den Hauptorten Goldbach und Hochheim hatte, ist 1692 mit Hans von Scharfenstein im Mannesstamm erloschen; eine Sophia Elisabeth von Scharfenstein zu Goldbach lebte noch 1730, vermutlich die letzte der Familie insgesamt. Der Vater der hier relevanten Anna von Scharfenstein war Herr auf Ballenstedt.
Das vierte und letzte Wappen links unten ist das der Herren von Alvensleben, in Gold zwei rote Balken, letztere mit drei (2 im oberen, 1 im unteren Balken) silbernen, golden bebutzten Rosen belegt, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein oben mit einer silbernen, golden bebutzten Rose mit grünen Kelchblättern besteckter, rot-golden gespaltener Baumstamm mit gestümmelten Ästen (Münchener Kalender 1905, Jahrbuch des Deutschen Adels, Bd. 1, 1896, Siebmacher Band: Pr Seite: 1 Tafel: 1). Die Rosen sind stark verwittert und kaum zu erkennen. Burg Alvensleben bei Haldensleben war eine Burg der Bischöfe von Halberstadt, auf der Mitglieder der Familie als Burgvögte eingesetzt waren. Die bischöfliche Burg und die markgräfliche Burg standen dort in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Familie erwarb Besitz im Stift Halberstadt, im Erzstift Magdeburg, in der Mark Brandenburg und im Herzogtum Braunschweig. Eine Linie hatte das Erbtruchsessenamt des Bistums bzw. später des Fürstentums Halberstadt inne.
Es gibt noch weitere Wappensteine auf
Schloß Veltheim. Da sich diese größtenteils an der
parkseitigen Fassade befinden, sind sie außerhalb von Führungen
nicht für den Besucher sichtbar, weil sie sich im privaten
Bereich befinden:
- ein Eckstein am Turm mit dem gevierten Wappenschild der von
Honrodt, den Initialen EVH für Ernst von Honrodt und
der Datierung auf "ANNO 15 / 63". Dieses Wappen kann
man auf der Ostseite von jenseits des Wassergrabens sehen.
- parkseitig eine Torbekrönung von 1555 mit einem Mittelfeld mit
dem Pelikan-Wappen auf einer rechteckigen Tafel
- direkt darunter und oberhalb des Torbogens vier Wappentafeln
mit Vollwappen, je zwei zu den beiden Seiten eines kleinen
vergitterten Fensters. Davon zeigt die optisch ganz linke Tafel
das Wappen der Schenk von Flechtingen, aus
Courtoisie linksgewendet, dann folgt das Wappen der von
Honrodt, dann ein drittes. Die ersten beiden Wappen
stehen für Ernst von Honrodt und Anna Schenk von Flechtingen.
Die vierte Tafel ist neueren Datums und trägt eine wesentlich
kleinere Wappendarstellung, dieses Wappen haben die Herren von
Veltheim nach dem Wiedererwerb der Besitzung
hinzugefügt.
Literatur,
Links und Quellen:
Position in Google
Maps: https://www.google.de/maps/@52.2189214,10.6856514,19z - https://www.google.de/maps/@52.2189214,10.6856514,117m/data=!3m1!1e3
Schloß Veltheim bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Veltheim
Schloß Veltheim in der EBIDAT-Datenbank: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=6962
Georg Schmidt: Das Geschlecht von Veltheim. II. Teil: Die
Stammreihe des Geschlechts von der Teilung der Linien an,
Buchdruckerei des Waisenhauses Halle a.d.S. 1912.
Genealogische Datenbank des Christoph Graf von Polier: https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=de&iz=0&p=ernst&n=von+honrodt und abhängige Seiten
Familie von Schenck, Gutsarchiv Flechtingen, Landesarchiv
Sachsen-Anhalt http://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query/detail.aspx?ID=4855
von Alvensleben: https://de.wikipedia.org/wiki/Alvensleben_(Adelsgeschlecht)
von Scharfenstein: https://de.wikipedia.org/wiki/Scharfenstein_(thüringisches_Adelsgeschlecht)
Flechtingen: https://de.wikipedia.org/wiki/Flechtingen - https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserburg_Flechtingen
Wappen von Honrodt im Alten Siebmacher: http://www.wappenbuch.de/pages/wappen_w184_Teil_1.htm - https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Siebmacher184.jpg
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