Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2663
Halberstadt (Landkreis Harz, Sachsen-Anhalt)
Wohnhaus Domplatz 41 in Halberstadt
Der Nordrand des Domplatzes ist geschlossen mit ehemaligen Domherrenkurien aus verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Stilen bebaut. Gegenüber der Einmündung der Straße "Unter den Zwicken" und schräg gegenüber der Domkurie befindet sich dieses zweistöckige Wohnhaus mit symmetrisch angelegter Fassade: In der Mitte sind über dem breiten Rechteckportal mit Altan zwei Fensterachsen durch Nischenbildung zusammengefaßt und durch drei Pilaster hervorgehoben. Beiderseits bilden je vier Fensterachsen die Seitenteile. Die Fassade wird durch ein Zwischengesims gegliedert und oben mit einem Konsolfries abgeschlossen. Die Fenster schließen oben gerade ab und tragen jeweils ein kleines Horizontalgesims darüber. Durch die Fugenschnittbearbeitung der Fassade entsteht ein strenges, stark ordnendes Raster mit dominierenden Horizontalen. Dem modernen Ausbau sind neun halbrunde, verschieden große Dachgauben geschuldet. Beiderseits des Altans sind in Höhe der Erdgeschoßfenster die beiden hier interessierenden Wappensteine eingemauert; beide Tafeln wurden im Jahr 2000 restauriert; dabei wurde auch eine dezente Farbfassung aufgetragen.
Rechterhand des Altans befindet sich eine sehr gut erhaltene sandsteinerne Wappentafel in Form einer Rollwerkkartusche, 90 cm hoch und 85,5 cm breit. Am unteren Rand ist die Platte auf das Jahr 1583 datiert, am oberen Rand ist als Kapitalis-Inschrift zu lesen "HEINRICH VON STECHOW / TVMBHERR ZV HALBERSTADT". Die Inschrift wird durch die Helmzier in einen rechten und einen linken Teil aufgetrennt. Bei dem Domherren handelt es sich um Heinrich von Stechow auf Ferchesar (-21.11.1589), der nur 38 Jahre alt wurde. Der Domherr stammt aus einer mittelmärkischen Adelsfamilie (Ferchesar liegt im Landkreis Havelland). Er verfügte über Einkünfte aus der Nicolaikirche in Aschersleben und der Maria-Magdalenen-Kapelle in Hornburg.
Das Wappen zeigt in Silber drei schwarze Schräglinksbalken, jeder mit drei silbernen oder grünen Kleeblättern belegt, auf dem schwarz-silbern bewulsteten Helm mit schwarz-silbernen Decken eine sitzende natürliche Meerkatze mit goldenem Halsband und mit einem goldenen Rosenzweig in der rechten Vorderpfote (abweichend bei Siebmacher Band: Pr, Seite: 66 Tafel: 85, Band: Pr Seite: 390 Tafel: 437, das vermehrte Wappen in Band: SchlA1 Seite: 104 Tafel: 76 auch mit inversen Tinkturen und grünen bzw. goldenen Kleeblättern). Im Siebmacher werden durchgehend die Balken schrägrechts notiert, daher scheint der Wappenschild hier gewendet zu sein, die Helmzier allerdings schaut nach heraldisch rechts. In der Literatur sind etliche Variationen zu finden, mit silbernen, grünen und goldenen Kleeblättern z. B., oder die Meerkatze hat eine rote Frucht oder einen goldenen Apfel in der Hand.
Am 12.3.1703 wurde der Familie ein vermehrtes Wappen anläßlich der Erhebung in den böhmischen Freiherrenstand gegeben, es war geviert, Feld 1 und 4: Stammwappen mit goldenen Kleeblättern, Feld 2 und 3 das Wappen Priort, in Blau übereinander zwei halbe, mit den Felgen gegeneinandergestellte goldene Wagenräder), zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): Stammhelm Stechow, Helm 2 (links): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken eine wachsende gekrönte Jungfrau in blauem Gewand und mit offenem Haar, in der erhobenen Rechten ein halbes goldenes Rad haltend, die Linke in die Seite gestemmt (Priort). Die Familie von Stechow besteht heute in den drei Häusern Arnoldsmühle, Fahrland und Kotzen und lebt u. a. auf dem Schloß Nennhausen im Landkreis Havelland.
Für diesen Domherrn Heinrich von Stechow gibt es noch eine Grabplatte im Dom an der Nordwand des Alten Kapitelsaals mit einer Darstellung des Verstorbenen mit den vier Ahnenwappen von Stechow (wie beschrieben, auch dort Balken schräglinks, Helmzier aber nach heraldisch rechts gerichtet), von Sampleben (in Gold ein schwarzer ausgerissener und gestümmelter Baumstamm, beiderseits mit einem herabhängenden Lindenblatt, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein auf die Spitze gestelltes, golden bequastetes, rotes Kissen oben auf einem Turnierhut oder auf einer schwarzen, golden gestulpten Mütze, Siebmacher Band: BraA Seite: 92 Tafel: 55, Band: SaA Seite: 142 Tafel: 93), von Wilmersdorff (silbern-blau geviert mit 3 (2:1) Lilien in verwechselten Farben, auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken eine wachsende silberne Bracke, Siebmacher Band: BraA Seite: 105 Tafel: 64) und von Beeren (in Blau ein silberner auffliegender Schwan, auf dem Helm eine wachsende blau gekleidete und golden gekrönte Jungfrau mit Lilienstab oder Zepter in der Linken, mit der Rechten goldene Beeren bis in den Schild hinein streuend - etwas für das heraldische Raritätenkabinett, alter Siebmacher Si 1, S. 167, Siebmacher Band: BraA Seite: 8 Tafel: 4, Band: SchlA3 Seite: 2 Tafel: 1). Das Wappen dieser Familie taucht auch gegenüber auf der Südseite des Domplatzes an der ehemaligen Dompropstei auf. Das Wappen gibt es auch an Burg Zilly zu sehen.
Linkerhand des Altans ist eine weitere, ebenfalls sehr gut erhaltene sandsteinerne Wappentafel eingemauert. Sie ist rechteckig zugeschnitten, 94 cm hoch und 78 cm breit. Unter dem Wappen befindet sich eine querovale Inschriftenkartusche mit dem folgenden Wortlaut in Kapitalis-Buchstaben: "R(EVEREN)DVS AC NOBILIS D(OMI)N(V)S ER/NESTVS AB HOPKORF ECCLESI/ARVM CATHED(RALIVM) HALBER(STADTENSIS) ET / VERDEN(SIS) CANONIC(VS) NEC NON / EARVNDEM RESPECTIVE THE/SAVR(ARIVS) SCHOLAST(ICVS) ET COLLEGII / S(ANCTI) ANDRE(A)E P(RAE)POSITVS ME F(IERI) F(ECIT) / ANNO D(OMI)NI 1604" - der ehrwürdige und edle Herr Ernst von Hopkorff, Domherr der Kathedralkirchen in Halberstadt und Verden und auch deren Thesaurar (ein geistlicher Güter- und Vermögensverwalter) beziehungsweise Scholaster (Leiter der Stiftsschule) und Propst (Leiter der äußeren Angelegenheiten) des Kollegiums (Chorherrenstifts) des Heiligen Andreas (in Verden), hat mich machen lassen im Jahre des Herrn 1604.
Das Wappen über der Inschriftenkartusche ist das der Familie von Hopkorff, in Blau ein silberner Balken, begleitet von drei (2:1) silbernen sechszackigen Sternen, auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken ein Paar mehrfach blau-silbern geteilter Büffelhörner und zwei schräggekreuzte Lanzen mit blau-silbern geviertem Fähnchen (Siebmacher Band: SaA Seite: 77 Tafel: 48). Das Wappen des Domherrn taucht auch auf dem 1613 angebrachten Wappenfries in der Neuenstädter Kapelle des Doms auf, dort "ERNEST(VS) A HOPPENKORB" bezeichnet. Ernst von Hopkorff entstammt einer märkischen Familie, die im 16. und 17. Jh. mehrere Mitglieder ins Halberstädter Domkapitel entsandt hatte, darunter auch Johannes von Hopkorff (-13.7.1587), dessen Grabplatte im Alten Kapitelsaal des Domes an der Nordwand aufgestellt ist und die die vier Wappen von Hopkorff, von Lochow, von Lindstedt und von Hopkorff trägt. Ernst und Johannes von Hopkorff (-24.12.1614) waren die Söhne von Ernst von Hopkorff und Hippolita von Lochow. Die Familie ist am 20.4.1660 mit Lippold Ernst von Hopkorff im Mannesstamm erloschen, dem einzigen Sohn von Christoph Siegmund von Hopkorff und Margarethe von Lochow. Eine seiner vier Schwestern, Agnes Tugendreich von Hopkorff, war noch 1697 am Leben. Das Wappen dieses Domherrn taucht auch gegenüber auf der Südseite des Domplatzes an der ehemaligen Dompropstei auf. Das Wappen gibt es auch an Burg Zilly zu sehen.
Literatur,
Links und Quellen:
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Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Deutsche Inschriften Bd. 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 174 (Hans
Fuhrmann), in: www.inschriften.net,
urn: nbn:de:0238-di086l005k0017403 - http://www.inschriften.net/halberstadt-stadt/inschrift/nr/di086-0174.html#content
Deutsche Inschriften Bd. 75, Halberstadt Dom, Nr. 228 (Hans
Fuhrmann), in: www.inschriften.net,
urn: nbn:de:0238-di075l003k0022807 - http://www.inschriften.net/halberstadt-dom/inschrift/nr/di075-0228.html#content
Familie von Stechow: https://de.wikipedia.org/wiki/Stechow_(Adelsgeschlecht)
Deutsche Inschriften Bd. 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 221 (Hans
Fuhrmann), in: www.inschriften.net,
urn: nbn:de:0238-di086l005k0022107 - http://www.inschriften.net/halberstadt-stadt/inschrift/nr/di086-0221.html#content
Deutsche Inschriften Bd. 75, Halberstadt Dom, Nr. 224 (Hans
Fuhrmann), in: www.inschriften.net,
urn: nbn:de:0238-di075l003k0022409 - http://www.inschriften.net/halberstadt-dom/inschrift/nr/di075-0224.html#content
Deutsche Inschriften Bd. 75, Halberstadt Dom, Nr. 252 (Hans
Fuhrmann), in: www.inschriften.net,
urn: nbn:de:0238-di075l003k0025203 - http://www.inschriften.net/halberstadt-dom/inschrift/nr/di075-0252.html#content
Genealogie Hopkorff: https://www.geni.com/people/Ernst-von-Hopkorff/6000000129566245976
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