Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2656
Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt)
Unterburg Giebichenstein
Burg Giebichenstein liegt im gleichnamigen Stadtteil von Halle, ca. 2,5 km in nordnordwestlicher Richtung vom Stadtzentrum mit dem Marktplatz entfernt, am südlichen Ufer der Saale gelegen und eingerahmt von Seebener Straße, Fährstraße und Kröllwitzer Straße. Die zweigeteilte Burg Giebichenstein gliedert sich in eine enge Ober- und eine geräumige Unterburg. Die hochmittelalterliche Oberburg liegt im Norden der Anlage zum Flußufer hin auf einem Felsenrücken aus Porphyr und besteht im wesentlichen aus einem einzigen erhaltenen Turm (Torturm) und etlichen Grundmauern und Mauerresten hochmittelalterlicher Gebäude. Die Unterburg umschließt auf drei Seiten das südliche Areal des Ensembles und mißt ca. 150 m in der Breite und 100 m in der Tiefe. Die Wehrhaftigkeit dieser gut erhaltenen, spätmittelalterlichen Tiefburg mit späteren Ein- und Umbauten wird durch einen insbesondere im Süden und Osten erhaltenen tiefen und breiten Trockengraben und fünf rund vorspringende Türme an der randständigen Bebauung gewährleistet. Der Zugang erfolgt von der Ostseite über eine den Graben überspannenden Steinbrücke. Hinter dem Tor kann man rechterhand in Serpentinen zur Oberburg hinaufgehen. Die Unterburg wird heute von der Kunsthochschule Halle genutzt und ist innen nicht für Publikumsverkehr zur Besichtigung zugänglich.
Die Oberburg ist der ältere Teil der Anlage. Es ist vermutlich aber nicht die älteste Burg, die frühmittelalterliche erste Burg aus dem 10. Jh. stand vermutlich auf einem benachbarten Hügel, der den hinweisenden Namen "Alte Burg" trägt. Die Oberburg ist ins Hohe Mittelalter (12. - 13. Jh.), die Unterburg ins späte Mittelalter zu datieren (15. Jh.). Die Befestigung mit fünf Rondellen, deren Konstruktion in die Zeit der Feuerwaffen verweist, erfolgte um 1445 unter dem Magdeburger Erzbischof Günther II. von Schwarzburg (1382-23.3.1445, amtierte 1403-1445). Zur Finanzierung der Bauarbeiten hatte er zuvor die Burgen Lauchstädt, Liebenau und Schkopau veräußert. Unter Friedrich III. Graf von Beichlingen (-11.11.1464, amtierte 1445-1464) wurde der Bau bis 1464 fertiggestellt. Erzbischof Johannes von der Pfalz-Simmern (-13.12.1475, amtierte 1464/1466-1475) fügte 1473/1474 das im Hof freistehende Kornhaus hinzu, das einzige nicht randständige Bauwerk der Unterburg. 1503 wurde der Giebichenstein abgewertet, als die von Erzbischof Ernst von Sachsen erbaute Moritzburg in der Stadt Halle als Residenz in Betrieb genommen wurde und die ehemalige Residenz der Erzbischöfe zu einem Vorwerk in Richtung Norden herabgestuft wurde, wo fortan nach dem endgültigen Umzug der Erzbischöfe 1514 nur noch ein Amtshauptmann saß und den Saalkreis bis 1807 verwaltete. 1526 baute Erzbischof Albrecht von Brandenburg (28.6.1490-24.9.1545, amtierte 1513-1545) die ehemalige Scheune an der Südmauer, weitere Baumaßnahmen erfolgten unter seiner Landesherrschaft an einem Gebäude an der Westmauer. Weitere Baumaßnahmen sind unter Erzbischof Sigismund von Brandenburg (11.12.1538-13.9.1566, amtierte 1552-1566), dem letzten vom Papst bestätigten Magdeburger Erzbischof, durch zwei am Ostgiebel des sogenannten Hofmeisterhauses zwischen erstem und zweitem Geschoß eingelassene Inschriftentafeln belegt.
Beide Teile der Burg Giebichenstein wurden im Dreißigjährigen Krieg bei einem unter schwedischer Besatzung im Januar 1636 ausgebrochenen Brand zerstört. Danach entschied man sich, die Unterburg wiederaufzubauen und die Oberburg als Steinbruch zu verwenden. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Gebäude der Unterburg immer wieder verändert und umgebaut, so daß ihre ursprüngliche Funktion und Nutzung heute nur noch schwer zu rekonstruieren ist. Nachdem die Burg von den Kurfürsten von Brandenburg übernommen worden war, wurde sie 1680 verpachtet. 1705 entstand an der Ostseite der Unterburg ein barockes Herrenhaus. Unter Amtmann Ochs wurde die steinerne Brücke auf der Ostseite erbaut, außerdem ließ er den Hügel "Alte Burg" und den Burggraben zu einem Park umwandeln. 1905 wurde der Giebichenstein, mittlerweile im Besitz Preußens, besitzrechtlich geteilt; die Oberburg wurde an die Stadt Halle abgetreten, die Unterburg an Rudolf von Bagenski verkauft, der einige Umbauten im romantisierenden Stil vornahm. 1917 wurde auch die Unterburg an die Stadt Halle verkauft. Die Unterburg wurde zur Kunstgewerbeschule, und in die Gebäude wurden hofseitig große Atelierfenster gebrochen. Nach erneuten Umbauten eröffnete hier in den Gebäuden 1958 die "Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle", aus der 1991 die "Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design Halle" wurde, die 2010 in "Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle" umbenannt wurde.
Direkt gegenüber dem Eingang in der Mitte der Ostseite ist dieser 3,50 m hohe und 1,40 m breite Wappenstein in etwa 3,60 m Höhe in den dreigeschossigen, heute für Künstlerateliers genutzten, ehemaligen Kornspeicher eingemauert, zu finden an dessen Nordostecke. Der sandsteinerne Wappenstein im spätgotischen Stil besitzt eine architektonische Einfassung mit zwei Fialen auf zwei Konsolen. Ein Sims trennt das Wappenfeld von der darunter befindlichen Bauinschrift. Das Wappen ist dasjenige des Erzbischofs Johannes Pfalzgraf bei Rhein aus der Linie zu Simmern (-13.12.1475, amtierte 1464/1466-1475). Er war der Sohn von Stefan Pfalzgraf bei Rhein zu Simmern und Zweibrücken Herzog von Bayern (23.6.1385-1459) und Anna Gräfin von Veldenz (1390-1439) und der Enkel von König Ruprecht von der Pfalz (5.5.1352-18.5.1410) und dessen Frau, Elisabeth von Zollern-Nürnberg (1358-26.6.1411). Bevor er das Amt als Erzbischof von Magdeburg antrat, war er Bischof von Münster.
Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: rot-silbern geteilt für das Erzstift Magdeburg, Feld 2: in Schwarz ein goldener, rot gekrönter Löwe (Pfalzgrafschaft bei Rhein), Feld 3: von Silber und Blau schräg geweckt (Wittelsbach). Dieses dritte Feld ist heute leer; die Wittelsbacher Schrägrauten waren vermutlich als Farbfassung ausgeführt. Als Oberwappen werden drei Helme geführt, Helm 1 (Mitte): zu rot-silbernen Decken ein roter Spitzhut mit aufgeschlagener Krempe, oben besetzt mit einem goldenen, mit Pfauenfedern besteckten Knopf; beiderseits stecken in der Krempe je ein rot-silbern geteiltes Fähnchen an goldener Stange (Tinkturen nach Siebmacher, dort Krempe von Hermelin), Helm 2 (rechts): zu schwarz-roten Decken zwischen einem eigentlich blau-silbern geweckten Paar Büffelhörnern ein golden gekrönter und rot bewehrter goldener Löwe (Pfalz-Bayern), Helm 3 (links): zu blau-silbernen Decken ein blau-silbern schräggerautetes Paar Büffelhörner (Alt-Bayern). Das alte Kleinod der bayerischen Herzöge waren zwei silberne Hörner, mit Lindenzweigen besteckt. So wurde der Helmschmuck 1271 von den Söhnen Ottos II. geführt. Erst später wurden auch die Hörner geweckt, und dann kam der Pfälzer Löwe hinzu, und die Lindenzweiglein gingen verloren. Es sind hinter dem Schild keine Amtsinsignien zu sehen, weder ein Vortragekreuz, noch ein Schwert und auch kein Bischofsstab.
Die Inschrift unter dem Wappenstein lautet in gotischen Minuskeln: "Anno d(omi)ni M cccc lxxiii (oder: lxxiv) Sub / Reverendissimo in c(h)risto pa/tre ac d(omi)no d(omi)no Johanne sancte / magdeburgensis ecclesi(a)e (P)onti/fice Comite palatino R(h)eni et / duce bavari(a)e domus h(a)ec in/choata (est) feria s(e)c(un)da post Quasim(od)o/ge(n)iti et in eade(m) estate felicit(er) co(n)su(m)ma/ta" - im Jahre des Herrn 1473 (oder 1474) ist unter dem hochwürdigsten Vater und Herrn in Christus, dem Herrn Johannes, Bischof der heiligen Kirche von Magdeburg, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Bayern, dieses Haus am Montag nach Quasimodogeniti (= der erste Sonntag nach Ostern oder der zweite Sonntag der Osterzeit, Name abgeleitet von "quasi modo geniti infantes, halleluja, rationabile sine dolo lac concupiscite, halleluja") begonnen und in demselben Sommer glücklich fertiggestellt worden. Die Lesung der Jahreszahl ist unsicher, wenn es 1473 sein soll, wäre der Tag der 26.4.1473, wenn es 1474 sein soll, wäre der Tag der 18.4.1474 gewesen wegen des variablen Osterdatums.
In der Unterburg gibt es noch mehrere andere Wappensteine (ohne Abb.). An der Südmauer der Unterburg steht eine ehemalige Scheune mit einem Wappen des Erzbischofs und Kardinals Albrecht von Brandenburg von 1526, geviert mit drei Herzschilden, so wie an der Moritzburg. Eine weitere, undatierte Wappentafel ist an einem Gebäude an der Westmauer angebracht; der Aufbau des Wappens entspricht der zuvor genannten.
Literatur,
Links und Quellen:
Position in Google
Maps: https://www.google.de/maps/@51.502733,11.9541898,18z - https://www.google.de/maps/@51.502991,11.9541086,157m/data=!3m1!1e3
Deutsche Inschriften 85, Halle/Saale,
Nr. 46 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0004609 - zur Baugeschichte der Burg Giebichenstein: http://www.inschriften.net/halle-an-der-saale/einleitung/3-kurzbeschreibungen-wichtiger-standorte-von-inschriften.html 3.2.3. Giebichenstein, Ober- und Unterburg,
Kunsthochschule
Giebichenstein auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Giebichenstein
Burg Giebichenstein auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Giebichenstein
Kunsthochschule in Burg Giebichenstein: https://www.burg-halle.de/
Burg Giebichenstein auf Burgenwelt: http://www.burgenwelt.org/deutschland/giebich_unter/burgenwelt-giebich_unter-objektseite.pdf
Johannes von Pfalz-Simmern: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_von_Pfalz-Simmern
Deutsche Inschriften 85, Halle/Saale, Nr. 121 (Franz Jäger), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0012107
Deutsche Inschriften 85, Halle/Saale, Nr. 131 (Franz Jäger), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0013103
Deutsche Inschriften 85, Halle/Saale, Nr. 191 (Franz Jäger), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0019103
Reinhard Schmitt: Burg Giebichenstein in Halle/Saale, Deutscher
Kunstverlag, München, Berlin 1993
Hans-Joachim Mrusek: Die Funktion und baugeschichtliche
Entwicklung der Burg Giebichenstein in Halle (Saale) und ihre
Stellung im früh- und hochfeudalen Burgenbau, Dissertation,
Weimar 1970.
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