Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2537
Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt)
Eingang zur Neuen Residenz in der Domstraße
Die Neue Residenz ist eine mehrflügelige Anlage auf unregelmäßig trapezförmigem Grundriß im Dreieck zwischen Dom, Mühlgraben und Domstraße. Früher verlief hier die Stadtmauer, und im Süden lag das Klaustor. Nach Norden, wo sich die mit ihrem Chor nach Osten halbrund vorspringende Kapelle "Aller Heiligen" befindet, bestehen zwei bauliche Anbindungen an den Dom, darunter eine mit einem Arkadengang, so daß auf der Südseite des Domes ein Hof gebildet wird. Der Eingang zur Neuen Residenz liegt in der Domstraße. Man gelangt in einen 1500 m2 großen, baumbestandenen Innenhof mit Café und Gartenanlagen.
Der Bau wurde von Albrecht von Brandenburg 1531 begonnen und 1539 mit der Kapelle des Nordflügels fertiggestellt. Als Baumeister war Andreas Günther tätig, Hofbaumeister in allen drei vom Bauherrn regierten Hochstiften. Entsprechend den humanistischen Idealen des Bauherrn mischten sich in dem Neubau die Funktionen der Hofhaltung, der Privat- und der Universitäts-Bibliothek, der wissenschaftlichen Sammlung und der Nutzung durch die 1531 neugegründete Universität, die aus dem 1520 gegründeten Neuen Stift hervorging und gegenüber dem Altbau im "Neuen Bau" Räume nutzte. Nachdem die Moritzburg im Dreißigjährigen Krieg unbewohnbar geworden war, wurde der "Neue Bau" ausschließliche Residenz der Administratoren.
Abb.: Nordostecke mit dem Eingang von der Domstraße aus, rechts angeschnitten die Kapelle
Auch wenn das heutige ramponierte Aussehen der Gebäude, insbesondere vom Robert-Franz-Ring aus, das nicht vermuten läßt, handelte es sich bei diesem Bau einmal um eine kunsthistorisch bedeutende Residenz der Frührenaissance, die durch das Aufgreifen von zeitgenössischen italienischen Ideen der Renaissance ihren Weg in den mitteldeutschen Raum ebnete. Im Grunde sehen wir heute nur noch einen seines Verputzes beraubten und innen efeuüberwucherten Torso, denn die Neue Residenz besaß früher reihum dicht nebeneinander gesetzte Zwerchhäuser, auf einer alten Darstellung aus dem 17. Jh. allein zehn zum Mühlgraben hin, und welsche Giebel - alles verloren. Zur Saale hin gab es noch vier Erker, zwei rechteckige, die über zwei Geschosse reichten, und zwei halbrunde, die über drei Geschosse gingen - nichts mehr vorhanden. Der Ostflügel hatte zum Hof hin über fast 70 m Länge offene, flachbogige Arkaden, die eine Halle mit Mittelstützen nach außen öffneten - größtenteils zugemauert. Auf der Westseite gab es einen Zugang mit Brücke über den Mühlgraben - Bogen im offenen Mauerwerk sichtbar, zugemauert, häßliches späteres Fenster drin. Wendelsteine im Innenhof - abgerissen. Deshalb wirkt der einst prächtige Bau heute wie eine häßliche Baustelle oder heruntergekommene Fabrik, nur daß die Ursache nicht Teilfertigstellung, sondern Teilabriß im 18. und 19. Jh. und lange Vernachlässigung ist. Der Sanierungsbedarf erscheint trotz 1988-1993 erfolgter Neueindeckung unermeßlich.
Und dennoch gibt es an der Neuen Residenz einige schöne Stellen. Das hofseitige Spätrenaissance-Portal im Ostflügel hin gehört dazu, und ebenso das Portal zur Domstraße hin, bestehend aus einem großen Rundbogen mit rechts daneben gesetzter separater Fußgängerpforte mit rechteckiger Rahmung und Wappenädikula.
Abb.: Wappenstein für Albrecht von Brandenburg
Das unlängst völlig neu geschaffene und in den alten Rahmen eingesetzte Wappen für den Mainzer Kurfürsten Albrecht II. Markgraf von Brandenburg (28.6.1490-24.9.1545) ist geviert, Feld 1: in Silber ein roter Adler für die Markgrafschaft Brandenburg, Feld 2: in Rot ein silbernes, achtspeichiges Rad für das Erzstift Mainz, Feld 3: rot-silbern geteilt für das Erzstift Magdeburg, Feld 4: silbern-rot gespalten für das Hochstift Halberstadt. Die Reihenfolge der drei geistlichen Fürstentümer entspricht der üblichen, die Erzstifte vor dem geringeren Stift, das Erzstift Mainz wegen der Kurwürde und dem Amt des Erzkanzlers des Heiligen Römischen Reiches an erster Stelle, die Administrator-Position als letztes. Als Oberwappen wird hier auf dem Helm ein hoher Hut geführt, oben mit Pfauenfedern besteckt, darüber ragt ein Kreuz heraus, aus dem Stulp kommen zwei Fähnchen hervor. Hinter dem Schild schräggekreuzt ein Vortragekreuz und ein Bischofsstab. Die Helmzier ist die des Hochstifts Magdeburg, nach Siebmacher Band Bistümer wird zu rot-silbernen Decken ein roter Spitzhut mit aufgeschlagener Hermelin-Krempe geführt, oben besetzt mit einem goldenen, mit Pfauenfedern besteckten Knopf; beiderseits stecken in der Krempe je ein rot-silbern geteiltes Fähnchen an goldener Stange. Das Hochstift Halberstadt besaß eine fast identische Helmzier, zu rot-silbernen Decken ein Spitzhut in den Farben des Schildes, oben mit einem Pfauenfederbusch besteckt, beiderseits ein Fähnchen, aber die Bischöfe führten diese Helmzier meistens nicht (Ausnahme: Nordeingang Moritzburg), nur den Schild bzw. hier das Feld.
Albrecht von Brandenburg war Gegenpol der Reformation und eine ihrer Zielscheiben. Pfründenakkumulierung, Ablaßhandel, die Nähe zum Dominikanerprediger Tetzel und dessen unlauteren Methoden und die Mitgründung des Dessauer Bundes brachten Albrecht in Opposition zu den Reformatoren, die hier alle Mißstände in einer Person vereinigt sahen und den kunstsinnigen Humanisten in seiner Person dafür übersahen: Luther widmete ihm eine seiner heftigsten und überzogensten Schmähschriften. Albrecht, dem jede Methode recht war, Geld zu bekommen, um sein Fugger-Darlehen zwecks Ämterkauf zurückzuzahlen, benutzte selbst die Religionsfreiheit: Im Stift Magdeburg wurde den Untertanen freie Religionsausübung zugesichert - gegen Übernahme von Albrechts Schulden, mit der sich die Bürger 1540 quasi freikauften. Die Bürger von Halle hatten schließlich genug von ihm und vertrieben ihn 1541 aus der Stadt, die er sich eigentlich seit Jahren mit Großprojekten (Neue Residenz, Ausbau der Moritzburg, der Marienkirche und des Domes, Bau seiner Grabanlage und andere Kunst-Großaufträge) zur repräsentativen Residenzstadt hatte herrichten wollen. Schuldenbeladen zog er nach Mainz und Aschaffenburg. Da sich nun mit Religionsfreiheit kein Geld mehr verdienen ließ, schwenkte er um, hieß in Mainz die Jesuiten willkommen und wurde zum Kriegstreiber gegen die Protestanten. Bis 1549 waren die Ritterschaft, die Städte und die Dörfer des Hochstifts alle reformiert; nur das Domkapitel, die Stifte und die Klöster blieben katholisch.
Albrecht von Brandenburg war der Nachfolger von Ernst von Wettin und der viertletzte echte Erzbischof von Magdeburg, und er war der erste einer Serie von insgesamt vier Erzbischöfen seiner Familie, denn nach ihm folgten Johann Albrecht von Brandenburg (20.9.1499-17.5.1550, katholisch, regierte 1545-1550), Friedrich IV. von Brandenburg (12.12.1530-2.10.1552, evangelisch, regierte 1551-1552) und Sigismund von Brandenburg (11.12.1838-13.9.1566, evangelisch, regierte 1552-1566), welcher der letzte vom Papst bestätigte Erzbischof war. Ein paar Besonderheiten zeichneten die Amtszeit des letzteren aus: Er war sehr jung und wurde mit 13 Jahren gewählt, zunächst nur postuliert. Und er war protestantischen Glaubens, wie schon sein Vorgänger. Er starb jung, mit 28 Jahren. Schon sein Vorgänger starb mit 21 Jahren, vermutlich durch Gift. Das verbliebene Domkapitel trat 1567 geschlossen zum Protestantismus über. Danach gab es nur noch Administratoren.
Von den insgesamt vier Administratoren waren zwei ebenfalls Brandenburger, erst Joachim Friedrich von Brandenburg (27.1.1546-18.7.1608, administrierte 1566-1598) und dann Christian Wilhelm von Brandenburg (28.8.1587-1.1.1665, administrierte 1598-1631). Drei der Administratoren waren lutherischen Glaubens, nur einer katholisch, das war Leopold Wilhelm Erzherzog von Österreich (5.1.1614-20.11.1662, administrierte 1631-1635). Der letzte Administrator des Erzbistums war August, Herzog von Sachsen-Weißenfels (13.8.1614-4.6.1680, administrierte 1638-1680). Unter ihm erlebte die Neue Residenz eine glanzvolle Zeit, denn er gilt als kunst-, opern- und musikliebend und führte eine prachtvolle Hofhaltung. Seine Zeit als Administrator bescherte der Stadt einen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung, so daß seine Regierungszeit als zweiter Höhepunkt nach der Regierung von Albrecht von Brandenburg bezeichnet werden kann. Danach wurde das 968 von Kaiser Otto I. gegründete Erzstift Magdeburg säkularisiert und 1680 dem Kurfürstentum Brandenburg als Herzogtum Magdeburg einverleibt.
Das Hochstift Halberstadt hingegen wurde 804 von Karl dem Großen gegründet. Auch wenn das Bistum in religiöser Hinsicht zur Kirchenprovinz Mainz gehörte und somit nicht dem Erzbistum Magdeburg, sondern Mainz unterstand, bildete sich eine 1479-1566 bestehende Personalunion mit dem Erzstift Magdeburg heraus. Zeitweise gab es aber nur Administratoren, in katholischer Zeit Ernst von Wettin und Albrecht von Brandenburg. Die Personalunion galt unter Johann Albrecht von Brandenburg (20.9.1499-17.5.1550, katholisch, regierte 1545-1550), Friedrich III. von Brandenburg (12.12.1530-2.10.1552, evangelisch, regierte 1551-1552, in Magdeburg Friedrich IV.) und Sigismund von Brandenburg (11.12.1838-13.9.1566, evangelisch, regierte 1552-1566) fort. 1566 wurde mit der Wahl von Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (15.10.1564-20.7.1613) die Personalunion aufgelöst. Es folgten noch drei weitere Administratoren aus der gleichen Familie, dann gab es nach einer zweijährigen Sedisvakanz einen letzten katholischen Bischof, Leopold Wilhelm Erzherzog von Österreich (5.1.1614-20.11.1662, regierte 1628-1648). Das Hochstift bestand nur bis 1648 und wurde gemäß den Bestimmungen des Westfälischen Friedens als weltliches Fürstentum Halberstadt dem Kurfürstentum Brandenburg zugeschlagen.
Was wurde nun aus der Neuen Residenz, in der einst regierende Häupter wie Kaiser Karl. V., der französische König Heinrich III., der russische Zar Peter der Große weilten, in der 1547 Philipp von Hessen zum Kniefall gezwungen wurde, bevor er übergangsweise in der Moritzburg in einen Kerker kam, in der die größten Denker, Künstler und Musiker ihrer Zeit zu Gast waren, die unter dem letzten Administrator zur Geburtsstätte der deutschen Oper geworden war? Sie wurde 1694 zur Keimzelle der neugegründeten Universität, welche die Räumlichkeiten sicher spätestens ab 1735 nutzte, höchstwahrscheinlich aber schon ab 1694, weil das Ensemble einfach das größte intakte und ungenutzte Gebäude der Stadt war. Ab 1789 wurde bis 1791 in einer kunst- und baugeschichtlichen Tragödie die bis dahin wenig veränderte historische Bausubstanz ruiniert: Fast alle charakteristischen historischen Elemente des Baus wurden im Rahmen von Umbaumaßnahmen zum Totalverlust. Immer mehr Institute und Sammlungen fanden ihren Platz in den Gebäuden, bis es nicht mehr reichte und die Institute eine neue Bleibe bekamen: 2003 zog die letzte universitäre Einrichtung aus dem verrottenden Ensemble aus. Als Rettungsverein wurde 2003 der Verein Neue Residenz e.V. gegründet. Dessen äußerst lobenswerte Bemühungen zur Sanierung (z. B. das Tor zur Domstraße, Dächer) und Belebung durch Gartenprojekte (in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter) und Ausstellungen erscheinen jedoch wie ein Tropfen auf dem heißen Stein, weil man beim Anblick der Gebäude weiß: So wie früher wird es nie mehr mit vertretbarem Aufwand werden, und ohne ein Wunder, einen solventen Investor wird ein bedeutendes geschichtliches und kunstgeschichtliches Denkmal weiterhin ein unwürdiges Dasein fristen, reduziert auf einen idyllischen Innenhof. Die häßliche, ungeliebte, ungenutzte und unsanierte Immobilie steht unter Verwaltung des Bau- und Liegenschaftsmanagements von Sachsen-Anhalt, wo die Zukunft der Neuen Residenz aber anscheinend kein vordringliches Anliegen ist und 2015 laut gewordene Verkaufsabsichten anscheinend nicht mehr aktuell sind. Im Grunde hat eine Wiederherstellung städtebaulich nur Sinn, wenn der äußere Zustand 1539 als Ziel avisiert wird, und das ist finanziell sehr ambitioniert. Aber nur so würde die Neue Residenz wieder den Platz zurückerhalten, der ihr geschichtlich und kunstgeschichtlich gebührt, und nur so wäre eine Investition wirklich sinnvoll, weil Halle damit ein echtes Glanzstück zurückerhielte.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung
auf Google
Earth: https://www.google.de/maps/@51.4835378,11.9644025,18.25z - https://www.google.de/maps/@51.4836234,11.9644641,112m/data=!3m1!1e3
Neue Residenz auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Residenz_(Halle)
Kunstgarten in der Neuen Residenz: http://www.halle.de/de/Kultur/Freizeit/?RecID=1128
Neue Residenz: https://www.halle365.de/veranstaltungsorte/neue-residenz
Neue Residenz: http://www.halle.de/de/Kultur/Tourismus/Sehenswertes/Geschichte-entdecken/Dom-und-neue-Residenz/
Neue Residenz: https://www.halle-im-bild.de/fotos/residenzen-burgen/neue-residenz
Andreas Tacke: Der Kardinal Albrecht von Brandenburg,
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169-179.
Neue Residenz in Halle - das ist der neue Traumgarten am
Domplatz, Artikel von Katja Pausch in der Mitteldeutschen Zeitung
vom 24.5.2018: https://www.mz-web.de/halle-saale/neue-residenz-in-halle-das-ist-der-neue-traumgarten-am-domplatz-30509928
Geschichtsträchtiges Schloß - Halles Neue Residenz
vom Land im
Stich gelassen? Artikel von Detlef Färber in der
Mitteldeutschen
Zeitung vom 3.7.2017 https://www.mz-web.de/halle-saale/geschichtstraechtiges-schloss-halles-neue-residenz-vom-land-im-stich-gelassen--27901022
Ulrich Taschow: Die Neue Residenz - gestern - heute - morgen,
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Ulrich Taschow: Die Neue Residenz - gestern - heute - morgen,
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S. 26-27 - http://www.verwaltung.uni-halle.de/DEZERN1/PRESSE/MAGA-206.pdf
Andreas Tacke: Kontinuität und Zäsur - Ernst von
Wettin und
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Erzstift Magdeburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Erzstift_Magdeburg
Erzbistum Magdeburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Erzbistum_Magdeburg
Liste der Erzbischöfe von Magdeburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Erzbischöfe_und_Bischöfe_von_Magdeburg
Hochstift Halberstadt: https://de.wikipedia.org/wiki/Hochstift_Halberstadt
Bistum Halberstadt: https://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_Halberstadt
Bischöfe von Halberstadt: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bischöfe_von_Halberstadt
Albrecht von Brandenburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_von_Brandenburg
Friedrich Wilhelm Schirrmacher: Albrecht Markgraf von
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Heinrich Grimm: Albrecht von Brandenburg, in: Neue Deutsche
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