Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2517
Kochendorf (zu Bad Friedrichshall, Landkreis Heilbronn)
Das Greckenschloß in Kochendorf
Das Greckenschloß (Oberes Schloß, Bergschloß) steht im Gegensatz zu den beiden anderen Schlössern des Ortes im Zentrum nahe der Sebastianskirche auf einem Ausläufer des Kochendorfer Lindenbergs. Es ist mit einem der drei Besitzdrittel des Ortes verbunden, mit demjenigen Drittel, das in der 1599 erfolgten Erbteilung nach dem Tod von Wolf Conrad I. Greck von Kochendorf (-25.8.1598) per Losentscheid an dessen Sohn Wolf Conrad II. Greck von Kochendorf (1561-23.5.1614) kam. Er hatte das schlechteste Stück bei der Teilung bekommen, denn er erbte das Drittel von Kochendorf mit dem alten Haus auf dem Zwingenberg, einem Bauplatz für ein Schloß, Baumaterial in Form von Steinen und 3800 fl. Baugeld. Neben diesen drei Söhnen hatte der verstorbene Wolf Conrad I. noch vier Töchter, von denen zwei bereits ihre Aussteuer bekommen hatten und die beiden anderen gemäß testamentarischer Verfügung ausbezahlt wurden.
Hier stand zu diesem Zeitpunkt der Erbteilung also noch kein Schloß, sondern ein Vorgängerbau aus dem 13. Jh., denn an dieser Stelle läßt sich bereits 1294 ein Adelssitz der Herren von Kochendorf in Allodialbesitz nachweisen. Dieser Bau war aber 1599 alles andere als ein wohnlicher Besitz, sondern ziemlich heruntergewirtschaftet, deswegen war der Neubau in der Erbteilung quasi projektiert. Doch Wolf Conrad II., der 13 Jahre in französischen und niederländischen Militärdiensten verbracht hatte, danach zwei Jahre am markgräflich-badischen Hof in Durlach gedient und diplomatische Missionen übernommen hatte, hatte lukrativ geheiratet: Er vermählte sich am 22.4.1589 in Michelfeld mit Benedicta von Gemmingen (20.8.1572-1.8.1628), der Tochter von Leonhard von Gemmingen (1536-30.7.1583) und Esther von Bödigheim (-1591). Diese Ehe brachte ihm nicht nur eine reiche Mitgift (10000 fl.) ein, sondern auch die Erbschaft ihres Bruders Weirich von Gemmingen. Damit baute Wolf Conrad II. nicht nur ab 1600 das Greckenschloß auf dem ihm zugefallenen Drittel Kochendorfs, sondern er kaufte 1608 auch noch das Drittel seines Bruders mit Schloß Lehen von Herzog Johann Friedrich von Württemberg zurück, so daß ihm wieder zwei Drittel, zwei Herrensitze und das Reichslehen gehörten.
Im Jahr 1600 war Baubeginn des Greckenschlosses; die Vorgängeranlage trug man vollständig ab. Nur den Halsgraben im Osten nutzte man weiter und ein paar Grundmauern unter der Ostfassade. Es gehörte nicht nur das ererbte und erheiratete Geld dazu, in kürzester Zeit (bis 1602!) einen solchen Bau zu stemmen, sondern auch rücksichtsloses Einfordern von Fronpflichten der Einwohner. Der Bauherr forderte nicht nur das ihm zustehende Maß, sondern weit mehr, so daß es zu einer Klage der Kochendorfer Einwohner vor dem Reichskammergericht kam. Schrittweise wurde in neuen Verträgen eine geringere Fronbelastung ausgehandelt, am 7.3.1603 und am 17.3.1604 - wobei letztere Vereinbarung immer noch 26 Tage im Jahr Dienst mit der Hand und 18 Tage Spanndienste mit dem Pferd vorsah - und das ist die reduzierte Form. Man kann sich ausmalen, was der Bauherr vorher eingefordert hatte. Das neue Schloß hatte eine klare Zweiteilung in ein hoch gelegenes, zweiflügeliges, repräsentatives Wohnschloß mit winkelständigem Treppenturm in schönen Renaissanceformen und entsprechenden Malereien einerseits und einen einfacher gestalteten unteren Schloßteil mit den Nebengebäuden andererseits. Zwischen beiden Teilen lag ein früher mit einem Wohngeschoß (nicht mehr vorhanden) überbauter Eingang in den oberen Schloßhof. Der untere Teil umfaßte vom Platz aus im Uhrzeigersinn ein Wohn- und Schulhaus, die Einfahrt, die Stallungen, das Backhaus, eine Scheuer und noch eine unterkellerte weitere Scheuer.
Nur rund 30 Jahre nach Fertigstellung wurde das Greckenschloß im Dreißigjährigen Krieg ruiniert: Die Soldateska der katholischen Liga verwüstete es 1634 nach der Schlacht bei Nördlingen. Johann Greck von Kochendorf ließ das Schloß erst 1681 wiederherstellen. Das Greckenschloß hatte jedoch seitdem Probleme mit seiner Baufälligkeit. Problematisch war die Hanglage, wodurch die Gebäude absanken. Schloß Lehen wurde deswegen von den späteren Greck als Wohnsitz bevorzugt; das Obere Schloß blieb unbewohnt. Maria Magdalena von Gemmingen-Widdern (1680-1736), Witwe des ihr 1697 angetrauten markgräflich-badischen Majors und Kammerjunkers Johann Wolf Greck von Kochendorf (1671-1734), bewohnte 1734-1736 das baufällige Greckenschloß als Witwensitz. Nach dem Tod von Wolf Conrad V. (1671-1749) mußte seine Witwe Isabella Elisabeth (1709-1781) ins Greckenschloß umziehen, das familiärer Eigenbesitz war. Zuvor mußte ab 1750 der untere Bereich saniert werden, damit er überhaupt bewohnbar war. Erst 1753 zog sie mit ihrer Tochter ein. Dennoch blieben die Gebäude akut einsturzgefährdet, die Fundamente rutschten, das Dach war undicht, die Deckenbalken faulten. 1760 begann eine Generalsanierung der Gebäude, die bis 1761 währte. Für die in Eigenbesitz befindlichen zwei Drittel der Herrschaft über Kochendorf wurde von einer kaiserlichen Sequestrationskommission Juliana Isabella Charlotte Greck von Kochendorf als alleinige Erbin des letzten Greck eingesetzt. Sie verkaufte am 28.6.1762 das Greckenschloß an den Ritterkanton Odenwald mitsamt den ererbten zwei Dritteln von Kochendorf für 100 000 fl. Das Greckenschloß wurde Sitz der Kanzlei, und die Räume wurden für die Rittertage genutzt.
Nachdem Kochendorf 1806 an Württemberg gekommen war, zog hier im Greckenschloß das Kameralamt ein. Das Schloß wurde auch als Wohnhaus und zeitweise als Quartier für das Personal des Kochendorfer Straflagers genutzt. 1829 wurde das Schloß in zwei Teilen verkauft. Im oberen Teil wurden u. a. eine Zigarren- und eine Spirituosenfabrik eingerichtet, der untere Teil wurde als Schulhaus und Lehrerwohnung genutzt. Im Jahre 1914 erwarb die Gemeinde Kochendorf das Anwesen. Diverse weitere Nutzungen folgten. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloß schwer beschädigt, u. a. stürzte der Treppenturm ein. Das Schloß wurde 2004-2010 mit Geldern des Landes Baden-Württemberg und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für 5,5 Mio. renoviert. Das obere Greckenschloß dient seit 2010 wieder als Schule, Veranstaltungsraum und Museum.
Über der Tordurchfahrt zwischen beiden Baugruppen befindet sich das Ehewappen (eine Restaurierung aus dem 20. Jh.) von Wolf Conrad II. Greck von Kochendorf (1561-23.5.1614) und seiner Frau Benedicta von Gemmingen (20.8.1572-1.8.1628). Das Wappen der Greck von Kochendorf ist golden-blau geteilt, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken zwischen zwei golden-blau geteilten Büffelhörnern eine wachsende, blau gekleidete Jungfrau, deren Kranz im Haar mit drei großen Blättern besteckt ist und die beide Hände auf die Brust legt. Das Wappen der Herren von Gemmingen zeigt in Blau zwei goldene Balken, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken zwei Büffelhörner, die jeweils mit zwei goldenen Spangen umgeben sind.
Ein analoges Allianzwappen, allerdings nicht als Vollwappen, sondern nur als Schildpaar ausgeführt, ist über der Tordurchfahrt zur tiefer am Hang gelegenen Baugruppe angebracht. Dieser Stein direkt unterhalb des Fachwerkgeschosses ist nicht restauriert; es ist lediglich der äußere Umriß und ein Balken des Gemmingen-Schildes zu erkennen. Dahinter steckt folgende Genealogie (dunkelrot und fett hervorgehoben sind die mit dem Wappen vertretenen Personen, hellrot sind Wappenfundstellen):
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@49.2240536,9.218246,19.71z - https://www.google.de/maps/@49.2240536,9.218246,85m/data=!3m1!1e3
Greck von Kochendorf: https://de.wikipedia.org/wiki/Greck_von_Kochendorf
Ortslexikon: https://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/1800/Kochendorf+-+Altgemeinde~Teilort
Geschichte der Greck von Kochendorf, insbesondere in Bezug auf
das Simon M. Haag: Das Kochendorfer Greckenschloß -
Baugeschichte und Nutzung, in: Online-Publikationen des
Stadtarchivs Heilbronn 31, Heilbronnica 6, Beiträge zur Stadt-
und Regionalgeschichte 2016, Quellen und Forschungen zur
Geschichte der Stadt Heilbronn 22, Jahrbuch für
schwäbisch-fränkische Geschichte 37, S. 83-99.: https://stadtarchiv.heilbronn.de/fileadmin/daten/stadtarchiv/online-publikationen/heilbronnica6/online-publikationen-31-qf22-04-haag-greckenschloss.pdf
Genealogie der Greck von Kochendorf: https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&n=von+gemmingen&oc=0&p=sibylla und abhängige Seiten
Karl Hugo Popp, Hans Riexinger: Zur Geschichte des Reichslehens
Kochendorf und seiner Inhaber nach dem Abgang des Greckschen
Mannesstamms, in: Bad Friedrichshall 1933-1983. hrsg. von der
Stadt Bad Friedrichshall, Bad Friedrichshall 1983
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 155-156
Wolfgang W. Kress: Burgen und Schlösser am Neckar, 1991,
ISBN-10: 3871812595, ISBN-13: 978-3871812590
Frank Buchali: Lexikon der Burgen und Schlösser im Kreis
Heilbronn, Beschreibung von über 150 Burgen, Schlössern und
Burgställen im Landkreis Heilbronn, 222 S., 5. Auflage 2012,
ISBN-10: 3000070567, ISBN-13: 978-3000070563
Sanierung des Greckenschlosses: www.friedrichshall.de/ximages/1410586_greckensch.pdf
Greckenschloß: http://www.bad-friedrichshall.de/content1.asp?area=hauptmenue&site=bfhwirtschafteinrichtungen&cls=01&fid=1108
Greckenschloß: https://de.wikipedia.org/wiki/Greckenschloss
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