Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2500
Fürfeld (zu Bad Rappenau, Landkreis Heilbronn)

Schloß Fürfeld

Schloß Fürfeld liegt auf einem Hügel am östlichen Rand der Ortsmitte des 1973 in die Stadt Bad Rappenau eingemeindeten Dorfes. Vermutlich bestand hier seit der Stauferzeit eine Befestigung, worauf die charakteristischen, flächenbildenden Buckelquader des rückseitigen Terrassenunterbaus des Schlosses hinweisen. Der Zugang erfolgt von Nordwesten durch das Brückenhaus. Durch einen Zwinger von der Grabenmauer abgesetzt, bildet das Hauptschloß mit einem breiten Nordwest- und einem schmäleren Nordostflügel einen nach Süden offenen Winkel. Der Nordwestflügel hat stadtseitig einen bis zur Traufe reichenden Standerker mit geschweifter Schieferhaube und mit Torbogen im untersten Geschoß. Am Westeck und am Osteck beschützt jeweils ein viereckiger Turm mit Pyramidendach das Schloß, wobei ersterer durch ein schmales Zwischenstück mit Toröffnung vom Hauptbau abgesetzt ist und auch letzterer frei steht und nur über einem kurzen Brückengang ganz oben zu erreichen ist. Die beiden Türme heißen Diebsturm (Westen) und Archivturm (Osten). An der Nordecke trägt der Stumpf eines Rundturmes jetzt auf einer großflächigen Auskragung eine quadratische Terrasse mit steinerner Ballustrade. Im Zwickel der Auskragung sieht man eine querrechteckige Profilschießscharte, während darunter Konsolsteine und eine schlitzartige, wesentlich ältere Schießscharte zu sehen sind. Die Terrasse ist mit einer Bogenbrücke mit dem dreistöckigen Hauptbau verbunden; auch die Brücke ist mit der Ballustrade versehen. Das Schloß ist privat bewohnt und kann nicht besichtigt werden. Bevor das Schloß in der ersten Hälfte des 16. Jh. erbaut wurde, gehörte der Ort den von Fürfeld (Wappen- und vermutlich Stammesgenossen der von Neipperg), dann den Herren von Helmstatt und kam schließlich am 21.4.1516 mit Genehmigung des Fürstbischofs von Worms als Lehnsherrn durch Verkauf an die Herren von Gemmingen. Der mittelalterliche Ost-Turm wurde unter den von Helmstatt errichtet und besitzt im Inneren im Urkundengewölbe (genannt "die Ritterschaft") eine Ahnenprobe aus den vier Wappen der von Helmstatt, der von Guttenberg, der von Zaiskam und der von Holtzapfel.

Erbauer des Renaissance-Schlosses war Philipp von Gemmingen (-1544), Sohn von Pleikard von Gemmingen (geb. ca. 1440, gest. 1515) und Anna Kämmerer von Worms gen. Dalberg (1458-1503). 1518 wurden das elterliche Erbe und der zwischenzeitlich erworbene Besitz unter drei Brüdern aufgeteilt, und Philipp erhielt Fürfeld, Lehren und Steinsfeld. Außerdem bekam er den Gemmingen-Hof in Heilbronn. Später kaufte er einen Anteil an Eschenau hinzu. Schon ein Jahr nach der Erbteilung begann er mit dem Bau des Fürfelder Schlosses. 1519 entstand das innere Schloßportal, 1523 das äußere Portal, und 1535 das Brückenhaus. Das Schloß in Lehrensteinsfeld nahm er 1540 in Angriff. Philipp war zusammen mit seinen Brüdern wichtig für die Einführung der Reformation im Kraichgau; schon 1521 berief er einen lutherischen Pfarrer; 1529/1530 nahm er Täufer aus Heilbronn auf. In Fürfeld tagten 1532 die Kraichgauer Fraktionen Luthers und Zwinglis zu Gesprächen.

Das Allianzwappen am Brückenhaus ist auf das Jahr 1535 datiert. Die beiden Schilde sind mit einem Riemen mit zwei Schnallen an einem horizontal gelegten, gestümmelten Ast aufgehängt. Heraldisch rechts sieht man den Wappenschild der von Gemmingen, in Blau zwei goldene Balken. Die hier nicht dargestellte Helmzier bestünde aus zwei mit zwei goldenen Balken belegten blauen Büffelhörnern zu blau-goldenen Helmdecken. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 8 Tafel: 6, Band: Bay Seite: 36 Tafel: 33, Band: Els Seite: 9 Tafel: 11, Band: Erg Seite: 47 Tafel: 28, Band: He Seite: 10 Tafel: 9, Band: NÖ1 Seite: 119 Tafel: 59, Band: Pr Seite: 44 Tafel: 54, Band: PrE Seite: 80 Tafel: 67, Band: Sa Seite: 10 Tafel: 9, Band: Un Seite: 194 Tafel: 155, Band: Wü Seite: 7 Tafel: 8 u.v.a.m.

Auf der anderen Seite ist der Schild des fränkischen, 1903 erloschenen Geschlechts Marschalk von Ostheim zu sehen, in Silber ein schwarzes Tischgestell (Tischfuß) in altmodischer Form, oben hier dreimal eingebaucht zur Aufnahme der Tischbretter, unten spiegelbildlich auseinandergehend. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein schwarzer Brackenkopf, der einen silbernen, oben mit 5 schwarzen Hahnenfedern besteckten Becherdeckel (auch als Rondell erklärt) mit einem silbernen Bande unter dem Kinn festgebunden hat, das alles zu schwarz-silbernen Decken. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Pr Seite: 288 Tafel: 341, Rahrbach S. 159-161, Schöler, Familienwappen S. 73 Tafel 134.

Hier steht das Wappenpaar für Philipp von Gemmingen (-1544), und seine 1523 geehelichte Frau, Agnes Marschalk von Ostheim. Sein Wappen begegnet uns auch auf seiner Grabplatte am Unterschloß in Gemmingen. Das das Ehepaar keine Kinder hatte, fiel der Besitz in Fürfeld nach seinem Tod an seine Neffen Dietrich von Gemmingen (1526-2.1.1587) und Pleikard von Gemmingen (1536-30.9.1594). Die Witwe Agnes heiratete in zweiter Ehe Philipp von Helmstatt (1496-1563). Aus dem Erbe bekam Pleikard Fürfeld, wo er das Schloß seines Onkels weiter ausbaute, einen Teil von Bönnigheim und Eschenau. Pleikard von Gemmingen ummauerte den sog. Seegarten, wo sich einst ein Renaissance-Portal von 1571 befand. Pleikard erbte weiterhin 1574 von seinem Cousin Weyrich von Gemmingen zu Bonfeld, der ohne Kinder starb, das Schloß und die Ortsherrschaft Bonfeld.

 

Der zuletzt genannte Pleikard von Gemmingen (1536-30.9.1594), Grundherr in Bonfeld, Eschenau und Fürfeld, vermählte sich in erster Ehe mit Elisabeth von Nippenburg (-1581) aus einer schwäbischen Familie mit Besitz in Backnang, Illingen und Ensingen sowie bei Vaihingen, die 1646 mit Ludwig von Nippenburg und Gottfried Philipp von Nippenburg erlosch. Elisabeths Grabplatte ist im Lapidarium vor dem Schloß an eine Mauer gelehnt aufgestellt. Da die Platte stark abgenutzt und verwittert ist, ist von den Schildinhalten nichts mehr zu erkennen, allenfalls Spuren eines Motivs in Feld 2. Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Blau zwei silberne Flügel (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Schwarz ein goldener Schenkenbecher, manchmal auf einem goldenen Dreiberg (1515 erhielt Philipp von Nippenburg das Erbschenkenamt von Herzog Ulrich von Württemberg). Die beiden Kleinode sind anhand der Umrisse jedoch noch nachzuvollziehen, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender, blau gewandeter Frauenrumpf, an Stelle der Arme zwei silberne Flügel (Stammkleinod), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken der goldene Schenkenbecher. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 102 Tafel: 58, im Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 53 Seite 51 und bei Kindler OB 3: S. 241, S. 243. Nach dem Erlöschen der Familie fand das Wappen Eingang in dasjenige der von Bissingen-Nippenburg, weil Johann Friedrich von Bissingen 1646 Kunigunde von Nippenburg geheiratet hatte und das nippenburgische Stammgut übernommen hatte. Die Grabplatte stammt aus der alten Fürfelder Kirche. Als diese abgerissen wurde, versetzte man die Grabplatten in den Schloßgraben. 1012 entfernte man die besser erhaltenen Objekte wieder, aber die Nippenburg-Platte blieb.

 

Pleikard von Gemmingen (1536-30.9.1594) heiratete in zweiter Ehe 1586 Anna Felicitas Landschad von Steinach. Auch das Wappen dieser Familie ist im Lapidarium zu finden, auf einem der beiden Sockel oder Säulen-/Pfeilerbasen, die den Zugang zu diesem Gelände flankieren. Die 1653 erloschenen Landschad von Steinach ("Land schad") führten in Gold eine schwarze Harfe, auf dem Helm ein gekröntes Davidshaupt mit wallendem Haar, das die Decken ersetzt. Das Wappen wird beschrieben im Aschaffenburger Wappenbuch, Tafel 76 Seite 61, sowie im Münchener Kalender 1909.

Auf dem anderen Sockel befindet sich das Wappen der 1644 erloschenen Güß von Güssenberg ("Gissen berg"), in Blau ein goldener, mit drei roten, sechsstrahligen Sternen belegter Schrägbalken (Schrägrechtsbalken), auf dem Helm mit golden-blauen Decken ein wachsender Mannesrumpf in goldener Kleidung, rot gekrönt und mit goldener spitzer Mütze. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 11 Tafel: 3 , Band: WüA Seite: 7 Tafel: 14 sowie im Münchener Kalender 1934. Auf anderen Flächen tragen die Sockel Gesichter bzw. Masken in den Formen des Manierismus.

 

An den Schloßmauern befinden sich noch zwei weitere Wappen der von Gemmingen, beide ohne namentliche Zuweisung oder Datierung. Das Schloß wurde 1693 im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges von französischen Truppen unter Mélac durch Brand zerstört, aber um 1706-1708 von Johann Dietrich von Gemmingen (19.1.1675-26.9.1757), Sohn von Otto Dietrich von Gemmingen (19.10.1647-8.10.1695) und Anna Rosina von Ellrichshausen (1638-1676), in seiner heutigen Form mit ein paar barocken Hinzufügungen wiederaufgebaut. Der Wiederhersteller des Schlosses, seit 1704 bereits im Ritterausschuß, wurde 1725 Direktor des Ritterkantons Kraichgau und blieb es bis zu seinem Tod. Bei der Verwaltung seines Fürfelder Besitzes hatte er kein glückliches Händchen - er ruinierte mit seinen Schulden die Fürfelder Linie, was nur durch Verkauf und Verpfändung seiner Güter an andere Familienzweige abgewendet werden konnte. Der Zweig der Freiherren von Gemmingen-Guttenberg-Fürfeld wurde von seinem Sohn Burkhard Dietrich (1703-1749) und seinem Enkel Johann Philipp Dietrich von Gemmingen (1729-1785) fortgesetzt. 1760 bis 1786 stand der Fürfelder Besitz unter Zwangsverwaltung durch den Ritterkanton Kraichgau, um die Finanzen zu sanieren. Im 20. Jh. war das Schloß lange Zeit unbewohnt, wurde aber in den 1990er Jahren restauriert und wird seitdem wieder bewohnt.

 

Ausschnitt aus der Genealogie der Herren von Gemmingen, fett sind für die Familiengeschichte relevante Personen, fett und burgunderrot sind die Besitzer der hier beschriebenen Wappensteine, rot sind die Fundstellen von Wappen:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@49.2084677,9.0602075,18.5z - https://www.google.de/maps/@49.2085356,9.0598172,180m/data=!3m1!1e3
Schloß Fürfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Fürfeld
Fürfeld:
https://www.badrappenau.de/stadtleben/stadt-und-stadtteile/fuerfeld
Fürfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrfeld_(Bad_Rappenau)
Walther-Gerd Fleck: Schloß Fürfeld, in Burgen und Schlösser, hrsg. von der Deutschen Burgenvereinigung, 46, 2005, S. 176-185
Stammliste der Freiherren von Gemmingen: Edmund von der Becke-Klüchtzner, Stamm-Tafeln des Adels des Großherzogthums Baden: ein neu bearbeitetes Adelsbuch, Baden-Baden, 1886,
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886 beginnend mit http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/beckekluechtzner1886/0149/image
Walter von Hueck: Stammfolge des Geschlechts der Freiherren von Gemmingen, Sonderdruck aus dem Genealogischen Handbuchs des Adels Band 37 (Freiherrliche Häuser A, Band VI), C. A. Starke Verlag, Limburg an der Lahn 1966
Maria Heitland: Familienchronik der Freiherren von Gemmingen - Fortsetzung der Chroniken von 1895 und 1925/26. Gemmingenscher Familienverband e.V. 1991
von Gemmingen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemmingen_(Adelsgeschlecht)
von Nippenburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herren_von_Nippenburg
Marschalk von Ostheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Marschalk_von_Ostheim
Landschad von Steinach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Landschad_von_Steinach
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 76 Seite 61
Otto Hupp, Münchener Kalender 1934 und 1909
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Fürfeld - aus Vergangenheit und Gegenwart des ehemaligen reichsritterschaftlichen Städtchens, hrsg. von der Stadt Bad Rappenau, Bad Rappenau 2001, ISBN 3-929295-77-6
Philipp von Gemmingen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_von_Gemmingen_(%E2%80%A0_1544)
Pleikard von Gemmingen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pleikard_von_Gemmingen_(1536%E2%80%931594)
Johann Dietrich von Gemmingen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Dietrich_von_Gemmingen_(1676%E2%80%931757)
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 407
Hartmut Riehl: Burgen und Schlösser im Kraichgau, Verlag Regionalkultur 1997, ISBN 3-929366-51-7, S. 59-60
Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau, hrsg. von Clemens Rehm und Konrad Krimm, Heimatverein Kraichgau, Sinsheim 1992, 2. Auflage 1993, ISBN 3-921214-04-1

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