Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2428
Pützfeld (zu Ahrbrück, Landkreis Ahrweiler)

Wallfahrtskapelle

Die Wallfahrtskapelle Maria Geburt im zu Ahrbrück gehörenden Ortsteil Pützfeld liegt nördlich der Siedlung jenseits der Ahr idyllisch am Hang eines vom Fluß auf drei Seiten umflossenen Umlaufberges, der Biebelsley. Auf der Südwestseite prägt der zierliche Dachreiter die Fernwirkung; auf der Nordostseite wird der Raum durch einen fünfseitig geschlossenen Polygonalchor abgeschlossen. Die 1680-1681 erbaute Kapelle besitzt zwei Portale aus Basaltlava, eines auf der südöstlichen Längsseite und eines auf der südwestlichen Giebelseite, beide mit Wappenscheitelstein, beide mit Inschriftentafel darüber, aber nur der Westeingang besitzt eine Statuennische darüber zwischen den beiden Fenstern. Die hell sich vom Basalt abhebende, 1,55 m hohe "schreitende Madonna" aus tschechischem Trachyt in dieser Nische ist ein Werk des Kreuzberger Künstlers Rudolf Schneider aus dem Jahr 2005. Maria hält einen Rosenkranz in der Hand; das Jesuskind hält eine Weltkugel. Die Kapelle wurde erst am 19.2.1699 von Abt Michael Kuell aus dem Kloster Steinfeld geweiht, denn die Herstellung der Innenausstattung hatte sich noch ein paar Jahre hingezogen. Die Wallfahrer suchen vor allem in den Marienmonaten Mai und September das Gnadenbild der Madonna mit Kind am linken Seitenaltar auf, nicht die Mariendarstellung am Hochaltar. Der Höhepunkt dieser Wallfahrten lag im 19. Jh. Innen überrascht die vollständig erhaltene, durch und durch stimmige und stimmungsvolle Barockausstattung mit Kanzel (mit Evangelisten auf dem Korb, Johannes dem Täufer auf dem Schalldeckel), Altären, Beichtstühlen und Kommunionbank, ein Werk des Laienbruders Michael Pirosson.

 

Die Inschrift über dem Südostportal verkündet deutlich, daß die Kapelle der Geburt Mariens gewidmet ist, und lautet: "NATIUITAS TVA GENITRIX VIRGO MARIA MAGNVM ANNUNTIAVIT GAVDIVM VNIVERSO MVNDO EX TE ENIM ORTVS EST SOL IVSTITAE CHRISTVS DEVS NOSTER" = Nativitas tua, (Dei) Genitrix Virgo Maria, magnum gaudium annuntiavit universo mundo, ex te enim ortus est Sol iustitiae, Christus Deus noster (....qui solvens maledictionem dedit benedictionem, et confundens mortem donavit nobis vitam sempiternam) = Deine Geburt, (Gottes) jungfräuliche Gebärerin, kündet große Freude der ganzen Welt an, aus dir nämlich entsprang die Sonne der Gerechtigkeit, Christus, unser Gott, (...der unseren Fluch löste und Segen gab, und, da er den Tod vernichtete, uns ewiges Leben schenkte).

Im Bogenscheitel befindet sich das Wappen von Werner Dietrich von Friemersdorf zu Pützfeld (-1691). Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzer Balken zwischen drei (2.1) schwarzen Pilgermuscheln (Jakobsmuscheln, von Friemersdorf), Feld 2 und 3: schwarz-golden gerautet (Haust von Ulmen). Dazu gehören zwei Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein wachsender silberner, rotbewehrter und -gezungter Schwanenhals (von Friemersdorf), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer Turnierhut, in dessen rotem (oder wie der Schild gerautetem) Stulp zwei grüne (naturfarbene) Pfauenstöße (Pfauenfederbüsche) stecken (Haust von Ulmen).

 

Das Wappen der von Friemersdorf genannt Pützfeld alleine wird im Gruber, bei Wolfert auf Tafel 3 und Seite 227 sowie im Zobel beschrieben. Es fällt auf, daß es sich vom Wappen der von Metternich lediglich durch den Balken unterscheidet. Das Wappen der Haust von Ulmen wird im Gruber und bei Zobel beschrieben. Die Kombination beider ist so nicht in der Literatur verzeichnet. Dazu kam es, weil der Vater des Bauherrn, Dietrich von Friemersdorf, Sohn von Dietrich von Friemersdorf und Anna von Blanckart zu Selinghoven, seinerseits Magdalena Haust von Ulmen geheiratet hatte.

 

In Pützfeld existierte ein 1222 erstmals urkundlich erwähnter mittelalterlicher Ministerialensitz der Herren von Pützfeld, die in kurkölnischen Diensten standen. Der Besitz ging an die von Friemersdorf, die sich fortan nach Pützfeld nannten. Im 18. Jh. kam der Besitz an die von Eltz-Rübenach, nachdem Maria Anna Therese von Friemersdorf gen. Pützfeld Damian Lothar von Eltz-Rübenach geheiratet hatte. Letzterer wurde 1731 von der Abtei Prüm mit Pützfeld belehnt. Die Burg, deren Aussehen nirgends überliefert ist, wurde aufgegeben und verfiel. Ein ehemaliges, dreistöckiges Burghaus wurde 1851 auf Abbruch versteigert, nachdem es zuvor mehrfach den Besitzer gewechselt hatte und zuletzt in den Händen von Freiherr Philipp Jakob von La Valette St. George war. Die wenigen noch vorhandenen bzw. teilweise freigelegten Mauerreste am westlichen Ortseingang unweit der Ahr sind unspezifisch. Ausgrabungen wurden zwar in eigener Regie der Gemeinde unternommen, mußten aber auf Weisung der Denkmalbehörde wieder zugeschüttet werden, so daß über ihr ehemaliges Aussehen, Wasserburg oder nicht, nur spekuliert werden kann.

Die Inschrift über dem Südwestportal lautet: "O GLORIOSA STELLA MARIS A PESTE SVCCVRRE NOBI(S) AVDI NOS MARIA NAM FILIVS NIHIL NEGANS TE HONORAT SALVA NOS MESSIA JESV PRO QVIBVS VIRGO MATER TE ORAT" = O glorreicher Meerstern, erlöse uns von der Pest, höre uns, Maria, denn dein Sohn schlägt dir nichts ab, weil er dich ehrt, erhalte uns, Messias Jesus, für welche deine Mutter betet. Die ältere Literatur glaubt noch aus dieser Inschrift herauszulesen, daß der Anlaß für die Kapellenstiftung die Pestepidemien waren, die das Ahrtal 1636 und 1668 heimsuchten. Dagegen spricht zum einen der große zeitliche Abstand von 13 Jahren, zum anderen das Ausstattungsprogramm mit Figuren, in dem die typischen Pestheiligen Rochus, Sebastian und Antonius der Einsiedler (mit der Sau) fehlen. Vielmehr ist hier rechts Antonius von Padua anzutreffen, den ersten Theologen und Prediger der Franziskaner, am Hauptaltar die Immaculata und links die Gnadenmadonna. Der Anlaß des Kapellenbaus war vielmehr einzig und allein die Marienverherrlichung. Die Immaculata kann übrigens durch ein Ölbild gleichen Themas verdeckt werden, das wahlweise per Seilzug von oben herabgelassen werden kann.

Dieses Wappen taucht auch im Inneren der Kapelle auf, und zwar als farbig gefaßtes und auf 1681 datiertes Allianzwappen an der Decke, über einer zehnzeiligen Inschrift: "ZU EhrEN VNd GedECHTNUS Der GLOrWYrdIGSt / ALLeZeIt VNBEFLECTEr JUNGRW MARIAE GEB / UrTSDAGS HAbeN DeR HOCHWOLGEBOrn / ER HErr HErr WErNer DIEtHERICH VON FrEYMEr / StOrFF ZU PÜtzFELdt, VND dIE AUCH hOCHW / OLGebOrNE FrAW Fraw MArIA MAGdALENA ELI / SABEtA GEBOrNE SCHEIFFArdt VON MErode ZU A / LLNER EHeLEVTHe DISe KIrCH AUS IhreN / AIgENEM MITTELeN BAWeN LAsseN, VNd gge / NdIGEt ANFANG SEPteMBEr ANO 1681", in bunter Mischung von Groß- und Kleinschreibung = in lesbarerer Schreibweise und Formulierung: Zu Ehren und zur Erinnerung des Geburtstages der glorwürdigsten, allzeit unbefleckten Maria haben die Eheleute, der hochwohlgeborene Herr, Herr Werner Dietrich von Friemersdorf zu Pützfeld, und auch die hochwohlgeborene Frau, Frau Maria Magdalena Elisabeth Scheiffart von Merode zu Allner, diese Kirche aus eigenen Mitteln erbauen lassen und vollendet Anfang September des Jahres 1681.

Werner Dietrich von Friemersdorf zu Pützfeld war verheiratet mit Elisabeth Scheiffart von Merode zu Allner. Ihr Wappen zeigt in Gold vier rote Pfähle (Zobel, Loutsch). Das Paar hatte zwei Söhne: Werner Bertram schwor 1719 bei der Jülichschen Ritterschaft auf und hatte keine Nachkommen. Werner Bertram Dietrich von Friemersdorf gen. Pützfeld schwor 1698 bei der Jülichschen Ritterschaft auf. Er heiratete Elisabeth Margaretha Gudula Spies von Büllesheim. Deren Tochter war die bereits oben erwähnte Maria Anna Therese von Friemersdorf, letzte der Familie.

Die aus einer privaten Stiftung hervorgegangene Marienwallfahrtskapelle ist seit 1947 Eigentum der Zivilgemeinde Ahrbrück; bis dahin war sie Privatkapelle. Die Übereignung wurde von Joachim Freiherr von Ohlen sowie Annemarie und Walther von Niesewand vorgenommen. Renovierungen fanden 1956-1968 (Skulpturen, Ausmalung, Fensterverglasung, Außenputz und Außenanstrich, neue Glocken) in mehreren Teilabschnitten und 1990-1993 (Dach, Balkenwerk des Türmchens) sowie 2005 (Marienfigur über dem Südwestportal und Emporentreppe) statt.

Das Wappen der Familie Scheiffart von Merode ist auch am Altar zu sehen, dort allerdings in Form eines Deutschordenswappens, geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes Tatzenkreuz (Deutscher Orden), Feld 2 und 3: in Gold vier rote Pfähle (Familienwappen). Dieses Wappen verweist auf den Stifter des Altars, Goswin Scheiffart von Merode (-1687), Deutschordensritter und 1677-1685 Landkomtur der Kammerballei Koblenz, in dieser Position Nachfolger von Heinrich Freiherr von Reuschenberg zu Setterich (1646-1677) und Vorgänger von Carl Goswin Adolf Freiherr von Nesselrode (1685-1697). Er war der Sohn von Walraf Scheiffart von Merode und Elisabeth Spies von Büllesheim und damit der Onkel der Kapellenstifterin. Er hatte noch mehrere Brüder, Bertram, Herr zu Allner und Amtmann zu Blankenberg, Adolf, Sebastian und Walraf, Malteserritter. Als dieser Altar geweiht wurde, war die Kapellenstifterin bereits seit acht Jahren Witwe.

Literatur, Links und Quellen:
U. Arnold, C. G. de Dijn, M. van der Eycken, J. Mertens, L. de Ren: Ritter und Priester, acht Jahrhunderte Deutscher Orden in Nordwesteuropa, Ausstellungskatalog, Alden Biesen 1992, S. 275.
Burg Pützfeld:
http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=262
Burg Pützfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Pützfeld
Bernhard Gondorf: Die Burgen der Eifel und ihrer Randgebiete, ein Lexikon der festen Häuser, Verlag J. P. Bachem, Köln 1984, ISBN 3-7616-0723-7, S. 21.
Haust von Ulmen:
https://heraldik-wiki.de/wiki/Datei:F-203-ul-um.jpg
von Friemersdorf:
https://heraldik-wiki.de/wiki/Datei:F-063-fr-fur.jpg
Scheiffart von Merode:
https://heraldik-wiki.de/wiki/Datei:F-132-me-mer.jpg
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
Dr. Jean-Claude Loutsch, Armorial du pays de Luxembourg, 1974
Wallfahrtskapelle:
http://cms.pfarreiengemeinschaft-ahrbrueck.de/bistum-trier/Integrale?SID=CRAWLER&ACTION=ViewPageView&MODULE=Frontend&PageView.PK=57&Document.PK=66692
Wallfahrtskapelle:
http://gemeinde-ahrbrueck.de/index.php/geschichte-der-gemeinde-ahrbrueck/58-ahrbrueck-puetzfeld/52-zur-puetzfelder-kapelle?showall=
Harry Lerch: Kapelle der Marienminne. Dreihundert Jahre wird die Madonna in Pützfeld verehrt, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1982
http://www.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb1982/hjb1982.10.htm
Bernd Schrandt SJ: Der Antoniusaltar in der Marien Wallfahrstkapelle zu Pützfeld und die Verehrung des hl. Antonius im Rheinland, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1999, S. 212
http://www.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb1999/hjb1999.38.htm
Johann Friedrich Schannat: Eiflia illustrata, oder geographische und historische Beschreibung der Eifel, 2. Band, 2. Abteilung, Trier 1844, S. 213-214
https://books.google.de/books?id=QOBkAAAAcAAJ
Hinweistafel an der Kapelle
Karin Joachim: 50 Entdeckungen im Ahrtal, eine Reise durch eine besondere Kulturlandschaft - von der Quelle bis zur Mündung, 176 S., Gaasterland Verlag 2015, ISBN-10: 394312309X, ISBN-13: 978-3943123098, S. 64-67

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