Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2418
Bibra (Grabfeld, Landkreis Schmalkalden-Meiningen)

Das Untere Schloß Bibra

Gegenüber der Burg Bibra und außerhalb von dessen Befestigungsanlagen steht an der Hauptstraße des zu Grabfeld gehörenden Ortes Bibra das Untere Schloß, auch Neues Schloß genannt. Der stattliche, zur Straßenseite zwei- und rückwärtig dreigeschossige Putzbau mit unregelmäßiger Fensterstellung, Krüppelwalmdach, schönem Renaissance-Erker an der Nordwestecke und rückwärtig angebautem halbrunden Anbau mit der Treppe ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Kräftige Horizontalgesimse gliedern die Fassade, jeweils mit einem Versatz am Erker und über einem seitlichen Sockelfenster. Das Dachgeschoß ist an den Schmalseiten in Sichtfachwerk ausgeführt. Die Eckquaderung ist farblich abgesetzt.

Bibra, einst ungeteilter Besitz, wurde auf dem Erbwege zu einer Ganerbschaft, die gewohnheitsmäßig in Sechstel aufgeteilt war, die innerhalb der Linien des Geschlechts weitervererbt wurden. Sowohl die Burg als auch die umliegenden Höfe etc. waren in Einzelanteile aufgeteilt, mit jeweils damit verbundenen Rechten. Nicht immer residierten alle Anteilseigner in der Burg, aber auch wenn sie längst auf andere Sitze umgezogen waren, behielten sie ihre Anteile an der Burg, in der ein Burgfriedensvertrag von 1467 das Zusammenleben regelte, dem ein weiterer 1510 folgte.

Dieses Herrenhaus, das Neue Schloß, wurde später außerhalb des eigentlichen Burgareals von Heinrich von Bibra als wohnlicherer Ansitz errichtet. Erbauer dieses Schlosses war Heinrich von Bibra, der bei der Teilung der väterlichen Güter im Jahre 1556 zum einen ein Drittel eines Sechstels von Bibra bekam, welches ihm am 3.5.1560 von Graf Georg Ernst von Henneberg zu Lehen gegeben wurde, mit dem Vorbehalt des Öffnungsrechts. Weiterhin bekam er ein zusätzliches Sechstel von Burg Bibra, das gegen den Pfarrhof gelegene Stück, das ein Lehen des Würzburger Fürstbischofs war. Heinrich gehörten damit ein Sechstel und ein Achtzehntel der Burg, jeweils von verschiedenen Lehnsherren. Daneben bekam Heinrich von Bibra die Wüstung Morshausen, Stettlingen, Haselbach, Sulzfeld, Ellebach, Oberstadt, Nordheim, Aroldshausen, das Schloß in Burgwallpach, die Burgmühle zu Mellrichstadt, den halben Zehnt von Hain, Runzelshausen, den Zehnt zu Seumersdorf, das Burggut in Mellrichstadt, einen Viertel des Zehnten zu Oberwerrn, den halben Zehnt zu Euerbach, ein Viertel der Kemenate zu Mellrichstadt und etliche Güter und Rechte mehr. Heinrich von Bibra fällt vor allem durch seine rege Bautätigkeit auf, mit der er die letzten Spuren des Bauernkrieges beseitigen wollte. Er ließ nicht nur das Neue Schloß in Bibra errichten, sondern auch eine neue Kirche nebst Pfarr- und Schulhaus in Burgwallpach, eine Kirche in Schwebheim, und er leitete den Wiederaufbau des Schlosses Kleinbardorf ein.

 

Über dem auf der Nordseite gelegenen Hauptportal des Neuen Schlosses befindet sich ein auf 1558 datierter Wappenstein mit dem Wappen Heinrichs von Bibra, in Gold ein aufspringender, schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener Flug, beiderseits einwärts belegt mit einem schwarzen Biber mit geschupptem Schwanz. Als Schildhalter dienen hier rechts ein wilder Mann, links eine wilde Frau.

Ein weiterer Wappenstein ist sekundär an der Vorderseite (Nordseite) vermauert worden, an der rechten Seite unterhalb des Eckerkers zu finden. Ein Rundbogen steht auf einem Sockel mit zwei verzierten Konsolen und umschließt ein großes Inschriftenfeld; im Bogenfeld ist ein oberhalber Engel zu sehen. Die Inschrift lautet: "ANNO DOMINI 1525 IST DAS SCHLOS(S) BIBRA MIT ALLEN GEB(A)EV(D)EN DVRCH DIE B(A)EV(E)RISCHE AVFRV(H)R GAR AVSGEBRAN(N)T VND DI(E)SE KEMM(EN)ATE VON DEM GESTRENGEN EDLEN VND EHRNVESTEN HER(R)N HANSEN VON BIBRA RITTER ANNO 1526 WI(E)DER ZV BAVEN ANGEFANGEN VND FORTER MIT GOTTES SEGEN VOL(L)BRACHT WORDEN". Im Bauernkrieg war also das alte Gebäude 1525 durch Brand zerstört worden, und Ritter Hans von Bibra hat das Schloß ein Jahr später, 1526 wiederaufgebaut.

Besagter Hans von Bibra, Großvater des vorerwähnten Heinrich von Bibra, taucht urkundlich 1480 erstmals auf, als er mit dem Sechstel zu Bibra, das dem Stift Würzburg gehörte, zur Hälfte belehnt wurde. 1485 heiratete er Brigitta, Tochter des Christoph von Breitenstein und dessen Frau Margaretha Ebran von Wildenburg. 1492 taucht er bei der Grundsteinlegung der Kirche zu Bibra urkundlich auf. 1516 überließ er dieses halbe Sechstel in Bibra seinem Vetter Valentin. Weitere Lehen waren Zeilfeld und Pfersdorf. Das Burggut zu Schleusingen, ein hennebergisches Lehen, erwarb er 1486 durch freiwillige Abtretung seiner Brüder Lorenz und Stephan. Nachdem sein Bruder Stephan gestorben war, erwarb Hans 1493 den Zehnten von Kleinbardorf, ein dompröpstliches Lehen. 1504 erwarb er ein weiteres Gutsviertel zu Kleinbardorf, und 1506 löste er einen Anteil von Valentin von Bibra ab, so daß ihm die Hälfte von Kleinbardorf gehörte. Er trug seinem Bruder Lorenz, dessen Rat er war, das bisher freie Kleinbardorf zu Lehen auf, der es ihm 1508 mit Schloß und Patronatsrecht wieder zu Lehen gab. Von seinem fürstbischöflichen Bruder wurde er weiterhin mit einem Burggut zu Wiltperg belehnt. Hans von Bibra war ferner an der Ganerbschaft Ostheim beteiligt und hatte vom Würzburger Fürstbischof ein Lehen in Mellrichstadt bekommen. Die Brüder von Hans hatten teilweise früh verstorbene Söhne ohne Nachkommen, wovon Hans von Bibra profitierte: 1511 starb sein Neffe Lorenz von Bibra, und Hans bekam die Burg Wallpach, einen Anteil an Neubrunn und den Zehnten zu Zeilfeld, Pfersdorf, Wülfershausen und Gollmuthshausen. 1517 starb sein Neffe Wilhelm, und Hans bekam Ober- und Unter-Euerheim, den Zehnt zu Schwebheim, ein halbes Burggut zu Botenlauben und ein Sechstel des Schlosses von Bibra gegen den Pfarrhof. Noch im selben Jahr erhielt er die betreffenden Lehen vom Würzburger Fürstbischof. Mit Schwebheim wurde er 1519 durch den Grafen Wilhelm von Henneberg belehnt. Bezüglich Bibra erhielt er 1521 von Kaiser Karl V. das Zoll-, Wegegeld- und Jahrmarktsprivileg für den Ort.

   

Ritter Hans von Bibra führte ein kriegerisches Leben: 1493 befehdete er zusammen mit seinem Bruder Anton und seinem Vetter Lorenz das Hochstift Bamberg. Ebenfalls 1493 trat Hans von Bibra in die Dienste von Markgraf Friedrich von Brandenburg-Ansbach. Er wurde von ihm in den Schwanenorden aufgenommen und zum Amtmann in Creglingen im Taubertal gemacht. 1517 schied er aus markgräflichen Diensten aus. Daneben war er Rat des Würzburger Fürstbischofs, erst seines Bruders Lorenz von Bibra, dann seines Nachfolgers. Und er trat in die Dienste des Bamberger Fürstbischofs, den er nun mit 5 Reisigen gegen jedermann außer gegen Lorenz von Bibra zu verteidigen hatte. Als der Bauernkrieg 1525 ausbrach, befand sich Hans von Bibra im Heer des kaiserlichen Feldhauptmannes Georg von Frundsberg in Oberitalien. Er kehrte nach Franken zurück und verteidigte die Festung Marienburg in Würzburg erfolgreich gegen die Bauernheere. Indessen wurden seine eigenen Burgen durch die Bauernheere zerstört: Bibra, Euerheim, Wallpach und Schwebheim wurden alle Opfer der Bauernheere und verwüstet. Für Bibra erhielt er später eine Entschädigung von 1432 fl., von der er innerhalb der alten Umfassungsmauern eine neue Kemenate errichten ließ, also in der Burg, nicht hier draußen, wo das Neue Schloß steht. Insgesamt bekam er für seine zerstörten Güter und Schlösser eine Entschädigung von 7438 fl., größtenteils von der Gemeinde Hirschfeld, deren Bauern sich besonders bei der Zerstörung hervorgetan hatten. Schloß Schwebheim wurde ebenfalls 1526 wiederaufgebaut, wo eine ähnliche Tafel angebracht wurde. 1527 findet man Hans von Bibra schon wieder in den Diensten des Georg von Frundsberg, diesmal zusammen mit Herzog Carl von Bourbon gegen den Papst. Nach seinem Tod am 8.1.1529 wurde Hans von Bibra im Dominikanerkloster in Würzburg begraben.

Auf den beiden seitlichen Pilastern der Relieftafel befindet sich eine aus vier Schilden bestehende Ahnenprobe. Heraldisch rechts oben befindet sich der einwärts gewendete Schild der von Bibra wie beschrieben. Er steht hier für die väterliche Stammlinie des Han(n)s von Bibra d. J. (-8.1.1529). Sein Vater war Hans von Bibra d. Ä. (-1473), fürstbischöflicher Amtmann; sein Großvater war Georg von Bibra. Gegenüber sehen wir auf der heraldisch linken, oberen Stelle der Ahnenprobe das Wappen der Schenk von Schenkenwald, fünfmal im Zinnenschnitt geteilt, wobei als Tinkturen alternierend einerseits Gold und andererseits eine silbern-rote mehrfache Schrägteilung benutzt werden. Die Mutter des Probanden war Margaretha Schenk von Schenkenwald (gest. ca. 1481), Tochter des Peter Schenk von Schenkenwald und dessen Frau Agatha Schenk von Schweinsberg. Heraldisch unten rechts ist das Wappen der Voit von Salzburg, in Silber ein schwarzer Zickzackbalken mit 5 Spitzen. Hier steht der Schild für die Großmutter väterlicherseits, Sophia Voit von Salzburg, Tochter des Otto Voit von Salzburg und der Margaretha von der Kere. Als vierten und letzten Schild der Ahnenprobe sehen wir den der Schenk von Schweinsberg, er ist geteilt, oben in Blau ein schreitender goldener Löwe, unten in Silber 4 (3:1) rote Rauten. Hier steht der Schild für die Großmutter mütterlicherseits, Agatha Schenk von Schweinsberg.

Eine identische Ahnenprobe, aber nicht für den gleichen Inhaber, sondern für seinen Bruder, den Würzburger Fürstbischof Lorenz von Bibra, finden wir auf der Würzburger Festung Marienberg und am Kirchturm der Volkacher Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus, weiterhin an der Zehntscheuer in Haßfurt, im Gewölbe der Wallfahrtskirche Dettelbach und am Alten Schloß in Mellrichstadt.

Im Sockelbereich des Wappensteines geht der Text weiter: "DI(E)SER STEIN IST ZV GED(A)ECHTNIS AVFGERICHT(ET) WORDEN ANNO DOMINI 1592". Das bedeutet, daß der Erbauer des Unteren Schlosses, der spätere Erbuntermarschall Heinrich von Bibra (15.11.1527-1602), seinem Großvater zu Gedächtnis diesen Stein, der an den Wiederaufbau der Burg Bibra, nicht des Unteren Schlosses erinnert, aufstellen ließ. Das Untere Schloß wurde erst 1558 völlig neu erbaut, und der erwähnte Wiederaufbau 1526 bezieht sich auf die Kemenate in der gegenüberliegenden Burg Bibra. Als diese aber im Dreißigjährigen Krieg erneut zerstört wurde, wurde die Platte aus den Trümmern gerettet und lehnte lange an einer Wand im Schloßhof, bis sie 1768 fälschlicherweise am Unteren Schloß eingemauert wurde, wo sie nie zuvor war und auch inhaltlich nicht hingehört. Mit besagtem Heinrich von Bibra erlosch diese Linie der Familie.

Literatur, Links und Quellen:
Unteres Schloß Bibra: https://de.wikipedia.org/wiki/Unteres_Schloss_(Bibra)
Michael Köhler: Thüringer Burgen und befestigte vor- und frühgeschichtliche Wohnplätze 2003
Genealogie von Bibra:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/BibraskeltonGerman1.jpg
Wilhelm Frhr. von Bibra, Beiträge zur Familiengeschichte der Reichsfreiherrn von Bibra, München 1870
http://books.google.de/books?id=6KpAAAAAcAAJ
Wilhelm Frhr. von Bibra, Beiträge zur Familiengeschichte der Reichsfreiherrn von Bibra: 1. Teil
https://katalog.ulb.hhu.de/Record/002322036 - http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/urn/urn:nbn:de:hbz:061:1-13284 - 2. Teil: https://katalog.ulb.hhu.de/Record/002322037 - http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/urn/urn:nbn:de:hbz:061:1-13345 - 3. Teil: https://katalog.ulb.hhu.de/Record/002322038 - http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/urn/urn:nbn:de:hbz:061:1-13351
von Bibra:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bibra_(Adelsgeschlecht)
Ort Bibra:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bibra_(Grabfeld)
Heinrich Hartmann: Der Marktflecken Bibra, eine Darstellung seiner politischen und kirchlichen Entwicklung, Festschrift zur 400jährigen Jubelfeier der Grundsteinlegung der Kirche, den 17. Juli 1892. Schriften des Vereins für Meiningische Geschichte und Landeskunde, Heft 13, L. v. Eyes Buchhandlung, Meiningen 1892,
https://archive.thulb.uni-jena.de/hisbest/receive/HisBest_cbu_00019465

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