Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2378
Molsdorf (zur Stadt Erfurt, Thüringen)
Schloß Molsdorf
Schloß und Park
Molsdorf
Schloß Molsdorf befindet sich
in einer Talsenke ca. 10 km südwestlich der thüringischen
Landeshauptstadt Erfurt nahe dem dort befindlichen Autobahnkreuz.
Das Schloß des Grafen Gotter, eines der bemerkenswertesten
gesellschaftlichen Aufsteiger des 18. Jh., dessen
Lebensgeschichte weiter unten ausgeführt werden soll, liegt am
nördlichen Ende eines ausgedehnten, ca. 8-9 Hektar großen
Parks, mit der Schaufassade nach Süden ausgerichtet. Westlich
liegt jenseits eines von dichtem Baumbestand umgebenen Sees am
ansteigenden Gelände ein Gartenpavillon, nördlich desselben,
außerhalb des Parks, die Schloßkirche. Der rechteckige, auf
seiner Ostseite bauchig ausgreifende Park besitzt eine zentrale
Rasenachse, die beiderseits von Alleen gesäumt ist und dem
Zentrum des Gartens eine formale Strenge gibt, während die
Randbereiche durch dichten Baumbestand geprägt sind. Im
südlichen Abschnitt weicht auch diese Strenge einem
Landschaftspark mit einem mondsichelförmigen Parksee und weiten,
asymmetrisch angelegten Rasenflächen. Zu spätbarocken Zeiten
muß man sich diesen Garten aber weitaus formaler vorstellen:
Bauherr Gotter hatte für die Außenanlagen den Gärtner Johann
Jacob Hartmann engagiert. Die Umwandlung in einen
Landschaftsgarten erfolgte erst 1822-1826. Das war relativ spät,
zumal die später in Gotha tätigen sächsischen Hofgärtner,
Wehmeyer und Eiserbeck, schon vorher in Molsdorf arbeiteten, aber
den Barockgarten Gotters auf ausdrücklichen Wunsch Herzogs Ernst
II. von Sachsen-Gotha bestehen lassen mußten. Beide Seen stehen
über einen neben der westlichen Allee verlaufenden Wassergraben
miteinander in Verbindung, der von drei Brücken für die
Parkwege überspannt wird. Im Osten des Schlosses befindet sich
innerhalb eines regelmäßiger bepflanzten Bereiches ein
Lapidarium. Die Rasenfläche wird von auf Sockeln angebrachten
plastischen Bildhauerarbeiten des späten Barocks verziert,
wenige Reste einer einst umfangreichen Ausstattung des Gartens
mit Skulpturen. Das Schloß öffnet sich im gesamten südlichen
Erdgeschoß mit bodentiefen Terrassentüren zum Garten und ist so
eng mit diesem verbunden.
Abb.: Südfassade von Schloß Molsdorf mit altem Baumbestand beiderseits der Rasenfläche
Das Schloß hat zwei ganz unterschiedliche Gesichter. Während die Südseite von einer einheitlichen, elfachsigen und zweigeschossigen Rokokofassade bestimmt wird, die der sachsen-weimarische Landbaumeister Gottfried Heinrich Krohne (26.3.1703-30.5.1756) für Graf Gotter erschaffen hat, offenbart schon ein kurzer Blick um die Ecke, daß der rückwärtige Teil älter ist und vor allem inhomogener als es die alles kaschierende Rokokofassade beim ersten Anblick vermuten läßt. So enthält das Schloß z. B. einen ganz und gar nicht symmetrischen, gewinkelten Innenhof. Der Südflügel besitzt zwar hinter der Fassade eine Abfolge von Räumen symmetrischer Breite, doch ganz unterschiedlicher Tiefe, so daß der linke, westliche Teil bis einschließlich des Mittelrisalits einen fast quadratischen Block bildet, während sich rechts an den Mittelrisalit eine Achse anschließt, die nur halb so tief ist, weil sich dahinter ein Winkel des Hofes befindet. Die beiden rechten Achsen wiederum bilden den Kopf des Ostflügels. Während der Südflügel streng nach Süden ausgerichtet ist, sind die rückwärtigen Nord- und Ostflügel leicht nach Nordosten verdreht.
Vor dem barocken Umbau besaß das Schloß noch einen Turm, der an der Stelle des heutigen Mittelrisalites stand und beim Umbau abgerissen wurde. Wie Schloß Molsdorf früher ausgesehen hat, kann man im Inneren auf einer Supraporte im Marmorsaal sehen, wo ein Gemälde das alte Schloß Molsdorf verewigt. Auch nach dem barocken Umbau blieb es zunächst noch ein Wasserschloß; erst 1769 wurde der um das Schloß herumführende Wassergraben zugeschüttet.
Abb.: Südostecke von Schloß Molsdorf: Rokoko-Kulisse vor ehemaligem Renaissance-Wasserschloß
Die Südfassade weist eine dominante Strukturierung und Gliederung auf: Zwei Eckrisalite zu je drei Achsen werden jeweils durch einen Dreiecksgiebel abgesetzt. Von den drei Achsen sind die beiden äußeren Fensterachsen, die mittlere enthält gerahmte Nischen, die im Erdgeschoß eine Vase und im Obergeschoß eine Statue aufnehmen. Der Mittelrisalit ist ebenfalls dreiachsig, aber alle drei sind Fensterachsen. Er überragt die Seitenteile, weil er ein zusätzliches Mezzaningeschoß besitzt, das oben mit einer horizontalen Attika abschließt. Das gesamte Hauptgeschoß wird durch Pilaster hervorgehoben, was nach außen anzeigt, daß hier die wichtigsten Räume liegen. In der Flucht jeder der vier Wandvorlagen, die Haupt- und Mezzaningeschoß zusammenfassen, steht eine Vase auf der Attika. Zwischen den beiden mittleren Vasen befindet sich eine große Wappenkartusche. Die Fassade erhält eine besondere Spannung durch die Tatsache, daß die Achsen der äußeren Dreiergruppen nicht die gleiche Breite haben: In den Seitenrisaliten ist der geringere Abstand der beiden mittleren Wandvorlagen durch die dort vorhandenen Figurennischen bedingt. Das einachsige Zwischenstück wirkt durch das Fehlen von vertikalen Gliederungselementen breit und ruhig, bevor die Fassade in ihrer Mitte zum Höhepunkt kommt.
In der Mitte des Südflügels befindet sich im Hauptgeschoß der die drei zentralen Achsen einnehmende, mit hellgrauem Stuckmarmor und ockerfarbenen Wandvorlagen dekorierte Marmorsaal, begleitet von zwei jeweils einachsigen Räumen, dem Damenzimmer im Westen und dem Schlafzimmer im Osten. Eine verborgene Wendeltreppe führte vom Schlafgemach des Grafen direkt in den Weinkeller, aber alternativ auch nach draußen ins Freie. Die jeweils zwei Fensterachsen besitzenden Eckzimmer der Südfassade sind der Festsaal mit dahinter liegendem Buffetzimmer im Westen und der Rote Salon im Osten, vermutlich ehemals Gotters Arbeitszimmer. Der mit Eichenholz vertäfelte und mit 33 Gemälden geschmückte Festsaal ist der größte Raum des Schlosses. Unter den Verewigten befinden sich etliche Gönner und Wegbegleiter Gotters, denen er seinen gesellschaftlichen Aufstieg zu verdanken hatte. Ahnen wären bei seiner bürgerlichen Herkunft eher weniger repräsentativ gewesen. Nördlich des Marmorsaales vervollständigen Jagdzimmer, Mohrenzimmer und ein Vestibül den fast quadratischen Block, der das Treppenhaus im Zentrum enthält. Für die Innenausstattung engagierte Gotter den Stukkateur Johann Baptist Pedrozzi (1710-1778) und die Maler Johann Kupetzky und Antoine Pesne. Der Ostflügel, der mit dem Roten Salon in der Südostecke des Schlosses seinen Anfang nimmt, enthält neben Durchgangsräumen den Weißen Salon und ein Marmorbad. Dieses mit grünem Marmor verkleidete Bad mit zwei Wandnischen für Badewanne und Ruhebett wurde aber erst für eine spätere Besitzerin, Gräfin Gneisenau, anstelle eines älteren Badezimmers eingebaut. Es ist eines der wenigen erhalten gebliebenen luxuriösen Privatbäder des frühen 20. Jh. Im Nordflügel liegen an Prunkräumen das Weiße Blumenzimmer und das Grüne Blumenzimmer. Die Lücke zwischen dem Nordflügel und dem großen Block im Südwesten schließt ein großzügiges Treppenhaus; hier liegt im Erdgeschoß der gegenwärtige Museumseingang. Im Dachgeschoß befindet sich ein als Meeresgrotte gestalteter Raum, das sogenannte Tränenkabinett.
Im Norden springen an den Ecken turmartige Erkerbauten nach außen vor, umgebaute Türme der alten Wasserburg; in der Mitte der aus dem 17. Jh. stammenden Fassade liegt der alte Schloßeingang. Nur das Portal der Nordseite wurde 1738 erneuert. Ehemals war hier ein Wirtschaftshof vorgelagert, von dem sich nur wenige Bauten erhalten haben.
Abb.: Nordfassade von Schloß Molsdorf mit umgestalteten Ecktürmen und barockem Portal
Gustav Adolf von
Gotter und seine Familie:
Gustav Adolf von Gotter
(26.3.1692-28.5.1762) wurde in Gotha geboren und entstammte einer
angesehener Gothaer Beamten- und Pfarrerfamilie. Er war rein
bürgerlicher Herkunft und der Sohn von Dr. iur. Johann Michael
Gotter (1654-1729), einem Mann der Finanzen, Kammerrat und
Kammerdirektor am Gothaer Hof im Dienste Herzog Ernsts des
Frommen und dessen Gesandter in Wien, und des Erstgenannten Frau
Ludemilla Magdalena von Happe (1672-1735), Tochter des Gustav
Christian Happe (-1708), Kanzler der von
Schwarzburg-Sondershausen. Der Vater wurde 1721 für seine
Verdienste geadelt. Gustav Adolfs Großvater war der
Generalsuperintendent und Oberhofprediger Johann Christian Gotter
(1607-1677), vermählt mit Elisabeth Zange. Der Jurist und
Dichter von Kirchenliedern Ludwig Andreas Gotter war Gustav
Adolfs Onkel väterlicherseits. Gustav Adolf von Gotter wurde
einer der interessantesten Emporkömmlinge des 18. Jh., dem der
gesellschaftliche Aufstieg wie einem Glückskind zuflog und der
es bis zum Reichsgrafen und regierenden Minister am preußischen
Hof in Berlin schaffte, wo er zuletzt auch verstarb.
Gustav Adolf von
Gotter: Ausbildung
Obwohl bürgerlichen Standes,
waren Gotters Eltern durch die Stellung bei Hofe angesehen und
wohlhabend und konnten ihrem Sohn eine mehr als standesgemäße
Ausbildung ermöglichen, zunächst durch einen Privatlehrer.
Friedrich II. Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg ließ den Sohn
seines Kammerrates mit Beschluß vom 3.3.1706 finanziell
unterstützen. Gotter immatrikulierte sich am 8.10.1708 zum
Studium der Jurisprudenz in Jena, am 20.11.1711 zum Weiterstudium
in Halle. Für seine juristischen und philosophischen
Auffassungen prägend waren die dort lehrenden Professoren Johann
Christian Lünig (Jena), Christian Thomasius, Nicolaus Hieronymus
Gundling und Christian Wolff (alle in Halle). In Halle lernte er
Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen (1688-1770) kennen, den
späteren hannoverschen Minister und Geheimrat, mit dem ihn eine
dauerhafte Freundschaft verband.
Gustav Adolf von
Gotter als Diplomat in Diensten Sachsen-Gothas
Anschließend machte er, wie
unter jungen Begüterten üblich, eine ausgedehnte Kavalierstour
durch die Niederlande (Holland), England und Frankreich. Danach
ging er 1715 nach Wien. Das war sein erster Eintritt in die
Politik und Diplomatie, denn er unterstützte seinen am Gothaer
Hof tätigen Vater als dessen Begleitung bei dieser
diplomatischen Mission in Wien. Er freundete sich in Wien mit
Prinz Eugen von Savoyen an. Dazu, wie diese Bekanntschaft
entstand, gibt es mehrere Versionen, darunter auch eine, nach der
er zwei Nichten des Prinzen während einer Bootsfahrt auf der
Donau gerettet haben solle. Wie auch immer, er schaffte es, die
Wiener Gesellschaft durch sein Auftreten im Sturm zu erobern,
beste Voraussetzungen für den gesellschaftlichen Aufstieg in der
Stadt. Hilfreich war sein Auftreten, denn er verstand es, sich
mit der Aura von Geist, Schönheit und Weltgewandtheit zu
inszenieren, und der Erfolg in der Gesellschaft hatte auch
hilfreichen Einfluß auf seine eigentliche Tätigkeit. Die
diplomatische Mission bestand in der Beilegung von Differenzen
zwischen dem kaiserlichen Hof und den Herzögen von
Sachsen-Gotha. Es ging außerdem um die Regelung finanzieller
Angelegenheiten und um die Beendigung einiger Prozesse. Sein
Erfolg wurde 1716 durch die Ernennung zum Legationssekretär
durch Friedrich II. Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg belohnt.
Ab 1717 wurden ihm als alleinigen Geschäftsträger alle
gothaischen Angelegenheiten am kaiserlichen Hofe übertragen. Er
machte seine Sache so gut, daß er 1720 zum sachsen-gothaischen
Rat und außerordentlichen Gesandten in Wien ernannt wurde.
Dem Ansehen des kleinen herzoglichen Hofes nutzte die glänzende Repräsentation, die Gotter in Wien mit seinem Logis, seinen Bediensteten, seinem Auftreten, seinen pomphaften Wagen und edlen Pferden trieb, weil sie den Anliegen des Herzogshauses Aufmerksamkeit einbrachten. Gotter führte eines der glänzendsten Häuser in Wien. Deshalb zahlte der Herzog auch willig Gotters Schulden, denn seine monatlichen 200 Taler (300 fl.) aus der gothaischen Schatulle reichten keineswegs zur Finanzierung des aufwendigen Lebensstils. Er betrieb zwar noch einen florierenden Weinhandel, aber auch diese Gewinne reichten nicht aus. Ab 1721 wurden ihm noch einmal 100 fl. wöchentlich (!) vom Herzog zur Bestreitung seiner Ausgaben bewilligt. Gotter war teuer, aber er war erfolgreich: War das Interesse geweckt, schaffte er es dann vor allem durch seine gewinnende Persönlichkeit, seine Ziele am Hofe zu erreichen. Seine Redegewandtheit in Kombination mit seiner mächtigen Stimme brachten ihm den Spitznamen "le Jupiter foudroyant" (blitzeschleudernder Jupiter) ein. Und wie damals üblich, zog auch der inszenierte Aufwand weitere Ehren an, häufig ohne konkreten Anlaß, so daß Gotter immer weiter aufstieg. Andererseits zeigte sich auch hier schon der Hang zum aufwendigen Leben, der ihn schließlich später ruinierte. 1723 wurde Gotter zum Hofrat und 1725 unter Erhöhung seines Gehaltes zum Legationsrat ernannt.
Abb.: Blick von Nordosten auf Schloß Molsdorf und Portalschlußstein mit Inschrift
Molsdorf: Gotters
Refugium
Die auf 1738 datierte
Inschrift auf dem Schlußstein des Nordportals beginnt mit
"Hicce terrarum mihi praeter omnes angelus ridet" und
bedeutet sinngemäß, daß Gotter mit Anfang 40 auf dem
Höhepunkt seiner Karriere und seines Ansehens mit Molsdorf den
Winkel der Erde gefunden hat, der ihm von allen am besten
gefällt. Darunter wird Gotter selbst genannt. Das
"SRIG" steht für Sacri Romani Imperii Germanici",
es ist nicht "SRIC", denn "Comes" war erst ab
1740 gültig und paßt weder zur Jahreszahl noch zum
freiherrlichen Wappen.
Abb.: Das freiherrliche Wappen über dem Nordportal, unten von zwei Ordensbändern begleitet, oben dem Alexander-Newski-Orden und unten dem Schwarzen-Adler-Orden
Das adelige und das
freiherrliche Wappen
In seiner einfachsten Form
zeigt das Gotter-Wappen in Schwarz zwei
voneinander abgewendete goldene Mondsicheln, begleitet von sechs
(3:2:1) goldenen, sechszackigen Sternen, auf dem gekrönten Helm
ein goldener Stern (Rietstap: "de sable à deux croissants
adossés d'or accompagnés de six étoiles du même 3 rangées en
chef 2 en flancs et 1 en pointe, casque couronné, cimier une
étoile (8) d'or"). Im Siebmacher Band: PrE Seite: 85 Tafel:
71 sind die beiden Monde gesichtet, und die Sterne sind 1:2:2:1
angeordnet. Das entspricht nicht dem bauplastischen Befund.
Gotter wurde mit Diplom vom 6.8.1724 von Kaiser Karl VI. in den Reichsfreiherrnstand erhoben, mit dem Prädikat "Wohlgeboren". Die Ernennung wurde Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg am 17.1.1725 angezeigt. Das freiherrliche Wappen, das die überwiegende Form der Gotter-Wappen an Schloß Molsdorf darstellt und auch hier über dem Eingang angebracht ist, ist wie folgt aufgebaut: Geviert, Feld 1 und 4: in Blau (nicht türkisgrün wie in der obigen Abb. in verblichenem Zustand) ein goldener Sparren, Feld 2 und 3: in Schwarz zwei voneinander abgewendete goldene Mondsicheln, begleitet von sechs (3:2:1) goldenen, sechszackigen Sternen. Hier ruht auf der Kartusche eine Rangkrone; auf ein Oberwappen wurde verzichtet.
Abb.: Südfassade mit Attika und reichsgräflichem Wappen
Das freiherrliche Gotter-Wappen wird mit drei gekrönten Helmen geführt, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm ein stehender Mann mit Hellebarde in der Rechten, die Linke eingestemmt, Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein goldener Sparren angestemmt zwischen einem blauen Flug, Helm 3 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener, sechszackiger Stern angestemmt zwischen einem schwarzen Paar Büffelhörner.
Das gräfliche
Wappen
Gustav Adolf Freiherr
von Gotter (26.3.1692-28.5.1762),
königlich-preußischer wirklicher Geheimrat,
königlich-preußischer Oberhofmeister, Kriegsminister,
Staatsminister und Generalpostmeister, hatte am 29.10.1740 den
preußischen Grafenstand und im gleichen Jahr den
Reichsgrafenstand erhalten. Das gräfliche Wappen ist
wie folgt aufgebaut: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in
Blau ein goldener Sparren, Feld 2 und 3: in Schwarz zwei
voneinander abgewendete goldene Mondsicheln, begleitet von sechs
(3:2:1) goldenen, sechszackigen Sternen, gekrönter Herzschild:
in Silber der golden gekrönte, schwarze preußische Adler mit
den Initialen FR auf der Brust und mit goldenem Zepter und
Reichsapfel in den Fängen. Beschreibung im Rietstap (wobei der
Bord aber nicht zum Wappen gehört und die Buchstaben
tatsächlich nur FR lauten): "Écartelé, aux 1 et 4 d'azur
au chevron d'or aux, 2 et 3 de sable à deux croissants adossés
d'or accompagnés de six étoiles du même 3 rangées en chef 2
en flancs et 1 en pointe. L'écu bordé d'or. Sur le tout un
écusson d'argent couronné d'or et chargé d'une aigle de Prusse
tenant sceptre et globe chargé sur la poitrine du chiffre F W R
d'or surmonté d'une couronne royale du même". So wird das
Prunkwappen an höchster Stelle der Gartenfassade geführt. Es
handelt sich im Außenbereich um das einzige gräfliche Wappen,
offensichtlich wurde es nur an prominentester Stelle dem neuesten
Stand entsprechend abgeändert.
Abb.: reichsgräfliches Wappen über der Südfassade
Hier wird auf die Darstellung eines Oberwappens zugunsten einer Rangkrone verzichtet, das aber der Vollständigkeit wegen Erwähnung finden soll: Das gräfliche Wappen wird mit drei gekrönten Helmen geführt, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken der golden gekrönte, schwarze preußische Adler mit den Initialen FR auf der Brust und mit goldenem Zepter und Reichsapfel in den Fängen, Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken drei blaue Straußenfedern, belegt mit einem goldenen Sparren, Helm 3 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener, sechszackiger Stern angestemmt zwischen einem schwarzen Paar Büffelhörner. Das gräfliche Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: ThüA Seite: 57 Tafel: 44 (Abb. ohne Zepter und Reichsapfel, Helme alle ungekrönt) und im Band: PrGfE Seite: 8 Tafel: 5 (auf der Tafel falsche Schraffur für die Felder 2 und 3, Abb. mit Zepter und Reichsapfel, Helme alle gekrönt). Beschreibung im Rietstap: "Trois casques couronnés. Cimiers: 1° un chevron d'or brochant sur trois plumes d'autruche d'azur. Lambrequin d'argent et d'azur. 2° l'aigle de Prusse. Lambrequin d'argent et de sable. 3° une étoile (8) d'or entre deux proboscides de sable. Lambrequin d'or et de sable. Tenants deux hallebardiers habillés de gueules chaussés de sable coiffés d'un chapeau du même tenant chacun une hallebarde d'argent".
Abb.: reichsgräfliches Wappen über der Südfassade mit Detail
Ordensmitgliedschaften
Um die Wappenkartusche herum
ist die Collane des Schwarzen Adlerordens gelegt. Der "Hohe
Orden vom Schwarzen Adler" wurde von König
Friedrich I. von Preußen, zu dem Zeitpunkt noch Friedrich III.
Kurfürst von Brandenburg, am Tag vor seiner Krönung als erster
Orden des neuen Königreichs gegründet (17.1.1701). Es handelte
sich dem Wesen nach nicht um einen Verdienstorden, sondern er
stand in der Tradition der alten Ritterorden des ausklingenden
Mittelalters, was z. B. an der zahlenmäßigen Begrenzung der
Ordensgemeinschaft und den in den Statuten (1701, Zusätze 1847)
geforderten ritterlichen Tugenden deutlich wird. Neumitglieder
mußten den Eid ablegen, u. a. ein christliches, tugendhaftes,
Gott und der ehrbaren Welt wohlgefälliges Leben zu führen,
andere dazu zu ermuntern und anzuhalten, die Erhaltung der wahren
christlichen Religion überall und insbesondere gegen die
Ungläubigen zu fördern, sich bedürftiger Witwen und Waisen und
Opfern von Gewalt und Unrecht anzunehmen - alles alte ritterliche
Tugenden.
Die Zahl der Ritter wurde auf dreißig fixiert, wobei aber die Söhne und Brüder des regierenden preußischen Monarchen, die automatisch Mitglieder waren, nicht mitgezählt wurden. 1847 wurde die Zahl dreißig auf inländische Ritter bezogen, so daß die Möglichkeit bestand, darüber hinaus ausländische Souveräne, Prinzen und erlauchte Herren zu Rittern zu machen. Erst wenn ein Mitglied der Rittergemeinschaft starb, ging die Kette zurück an das Kapitel des Ordens und konnte daraufhin für einen neu aufgenommenen Ritter verwendet werden. Zwischen 1701 und 1919 wurde die Kette insgesamt 407mal verliehen. In der Praxis wurde die Zahl 30 nicht eingehalten, vor allem nicht in späteren Zeiten; die Zahl war schon beim Regierungsantritt Wilhelms II. überschritten. Auch Nichtadelige konnten aufgenommen werden; durch die Aufnahme in den Orden erlangte man automatisch den preußischen Erbadel. Per se ausgeschlossen waren nur Menschen unehelicher Geburt. Kapiteltage, also Versammlungen der Ordensmitglieder mit feierlicher Aufnahme und Einkleidung der Neumitglieder, fanden zweimal im Jahr statt, einmal am 18.1., dem Tag der Krönung des Ordensgründers, und das zweite Mal am 12.7., dem Geburtstag des Ordensgründers. Daneben gab es noch je nach Bedarf und Anlaß außerordentliche (kleine) Kapitelversammlungen des Ordens.
Abb.: reichsgräfliches Wappen über der Südfassade, Schwarzer Adler-Orden
Gustav Adolf Freiherr von Gotter wurde im September 1731 als 54. von König Friedrich Wilhelm I. ernannter Ritter in den Orden aufgenommen, und er war der erste Ritter mit bürgerlicher Herkunft. Das Kreuz ist achtspitzig, blau emailliert und golden gesäumt und mit einem goldenen runden Medaillon belegt, das die Initialen FR (Fridericus Rex) des Ordensgründers trägt. In den vier Winkeln des Kreuzes sind radial vier schwarze, golden bewehrte und königlich gekrönte Adler angebracht. Die Kette des Ordens besteht aus zwei abwechselnd verwendeten Sorten Kettenglieder: Die Medaillons tragen hier achtmal die Initiale "F", jeweils spiegelbildlich gepaart, außen von vier Kronen umgeben. In anderen Darstellungen trägt das Medaillon mehrfach die Initialen FR. Dazwischen sind Glieder angeordnet, die einen schwarzen Adler darstellen, der auf einem Bündel goldener Donnerkeilen sitzt.
Es war nicht die einzige Auszeichnung, die Gotter in Form eines Ordens verliehen bekam: Der zwölfjährige Zar Peter II. von Rußland bzw. sein Minister Fürst Mentschikoff übergaben Gotter im Jahr 1727 den Alexander-Newski-Orden, der ihm eigens durch eine besondere Stafette nach Wien geschickt wurde. Der Anlaß ist unbekannt.
Abb.: Adler an der Südfassade in der vierten Achse von links (Zwischenachse) mit dem freiherrlichen Vollwappen auf der Kartusche und dem Schwarzen Adler-Orden
Es ist bezeichnend, wie oft der Adler in der Dekoration auftritt: Adlerpaare sind nicht nur an den beiden Vasen in den Nischen des Erdgeschosses zu sehen und an den äußeren Punkten der kleinen Zwischen-Attiken, sondern auch im Innern im Festsaal an den Seiten des Deckengemäldes. Diese beiden Adler verweisen auf die Aufnahme Gotters in den Schwarzen-Adler-Orden und in den Alexander-Newski-Orden. Genau wie beim Schwarzen-Adler-Orden mit den preußischen Adlern in den Winkeln des achtspitzigen Sternes stehen auch beim Alexander-Newski-Orden in den Winkeln des Kreuzes vier Adler, dort allerdings russische, kaiserlich gekrönte Doppeladler.
Abb.: An der Nordfassade sehen wir übereinander den Alexander-Newski-Orden und den Schwarzen Adler-Orden.
Gotter war 1743 in einen dritten Orden aufgenommen worden, den Orden der fröhlichen Einsiedler (L'ordre des Ermites de bonne humeur), der 1739 von Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg als Großprior und Herzogin Louise Dorothea als Großpriorin gegründet worden war und für Ritter und Damen der Gesellschaft zu Friedrichswerth gedacht war. Dessen Devise war "Vive la joie" - es lebe die Freude. Auch diese Parole ließ Gotter in seinem Festsaal anbringen. Die Herzogin und ihre Oberhofmeisterin Juliane Franziska von Buchwald waren oft Gotters Gäste, zu deren Ehren er in Molsdorf prunkvolle Feste ausrichtete. Dieser Spaßorden diente zur Erheiterung des geselligen Lebens am Hof und zur mehr oder weniger geistreichen Belustigung der Gesellschaft. Die Mitglieder hatten eigene Eremitenklausen und Ordensnamen, der von Gotter war "Tourbillon", Wirbelwind. Mit dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges erlosch der Spaßorden.
Abb.: Adler an der Südfassade in der vierten Achse von rechts (Zwischenachse) mit dem freiherrlichen Vollwappen auf der Kartusche und dem Schwarzen Adler-Orden
Der Erwerb von
Molsdorf
Der Erwerb der Rittergüter
Molsdorf und Dietendorf (erst unter dem Namen Neugottern, dann
Gnadenthal, heute Neudietendorf) fand im Jahre 1734 statt, also
bereits zwei Jahre nach seinem Wechsel in die preußische
Hauptstadt. Er sehnte sich nach einem Landsitz als Gegenpol zum
Leben bei Hofe, vermutlich war auch seine Gesundheit durch das
ausschweifende Leben angegriffen, so daß er einen Ort der Ruhe
zum Entspannen brauchte.
Das Rittergut Molsdorf hatte, bevor Gotter hier auftauchte, bereits eine lange Geschichte: Schon im Jahre 1114 wird es erstmals genannt, damals im Besitz der Herren von Molsdorf (namentlich Erminrich von Molsdorf). Die Freiherren von Witzleben besaßen das Gut ab 1432 (genannt werden Dietrich von Witzleben 1432, Heinrich von Witzleben 1450, Ernst von Witzleben 1530), und dann folgten 1530 die Herren von Thüna. Spätestens zu dieser Zeit entstand ein Wasserschloß in Molsdorf. 1616 gelangten Ort und Wasserburg in den Besitz von Graf Günther von Schwarzburg-Arnstadt. Mehrere Umbauten im Stil der Renaissance fanden statt. Zu Anfang des 18. Jh. kam Molsdorf an den Geheimratsdirektor Bachov, der es Otto Christoph Schultz überließ, welcher in britischen und braunschweigischen Diensten stand und Legationsrat und Landdrost war. Dessen Witwe verkaufte den Besitz wieder; 1733 kam er an Wilhelm von Sachsen-Gotha-Altenburg.
Molsdorf war ein Erblehen, das Gotter für 36250 Taler mit Vertrag vom 13.1.1734 von Herzog Wilhelm von Sachsen-Gotha-Altenburg erwarb. Für das verwahrloste Ritter- und Lehngut zu Dietendorf, der Altenhof genannt, wandte er 16000 Taler auf. Erhebliche Mittel, die er zum Erwerb von Molsdorf verwenden konnte, verdankte Gotter auch Lord Waldgrave in Form eines hohen Lotteriegewinnes. Deshalb ist jener Lord auch mit einem Gemälde im Empfangsraum (Marmorsaal) verewigt worden. Gotter zog sogar zweimal das große Los, einmal in London und einmal in Den Haag.
Der Umbau zum eindrucksvollen Barockschloß erfolgte 1736-1740. Dabei wurde die bisherige Rückseite zur Schauseite gemacht: Es entstand mit der Gartenfassade eine großartige Kulisse. Das umgebaute Schloß wurde ein verschwenderisch ausgestattetes "Thüringer Versailles", für das der Bauherr keinen Aufwand und keinen Luxus scheute und das ihm als Kulisse für rauschende Feste diente. Sein "Hofstaat" umfaßte zeitweise 40 Personen. Der Garten wurde nach französischem Vorbild angelegt, mit entsprechend bewundernswürdiger Ausstattung mit Prunkbeeten, Statuen, Kaskaden, Fontänen und exotischen Bäumen (genannt werden 746 ausländische Gewächse, darunter 168 größere Bäume in Kübeln). Innerhalb kurzer Zeit gab Gotter für den Umbau von Molsdorf (und für seinen verschwenderischen Lebensstil) 3 Millionen Taler aus. Gotter konnte sein Schloß allerdings so richtig nur wenige Jahre genießen, einmal 1736-1740 und einmal 1745-1748.
Abb.: Blick von Südwesten auf die Rokoko-Fassade
Wechsel nach Berlin
und Karriere unter Friedrich Wilhelm I. (regierte 1713-1740)
Gotter hatte in Bezug auf
seine Karriere mehrere Eisen im Feuer, einerseits um stets gut
vermitteln zu können, andererseits um sich bietende Chancen für
sich nutzen zu können. Kaiser Karl VI. zeigte sich für die
Vermittlungen ebenfalls dankbar und erhob Gotter 1724 in den
Adelsstand. Das Dienstverhältnis beim Gothaer Hof hinderte ihn
nicht, Kontakte zum Berliner Hof zu unterhalten. 1726 begann die
Annäherung an den preußischen Hof, und 1728 wurde Gotter vom
Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. zum preußischen Wirklichen
Geheimen Staatsrat ernannt und nach Berlin berufen. All diese
Ehren vermehrten auch Gotters Einkünfte, die den Grundstock für
den späteren Kauf von Molsdorf bildeten. Der Wirkliche Geheime
Staatsrat brachte ihm ein jährliches Gehalt von 1000 Talern ein.
Eine ehemals geistliche, nun säkulare Pfründe kam auch in
Gotters Portfolio: 1728 wurde er Domherr beim Stift in
Halberstadt, genauer gesagt gab ihm Friedrich Wilhelm I. in einem
Dekret die Anwartschaft auf ein halberstädtisches Kanonikat, was
nun einer Majorspräbende entsprach.
Der Soldatenkönig und Gotter - verschiedener konnten Menschen kaum sein. Vor allem hatte Gotter einen Lebensstil, der ihn zum Muster eines "französischen Windbeutels" machte, die dem Soldatenkönig so zuwider waren. Auch standen den Gunstbeweisen keine diplomatischen Leistungen entgegen, die damit entlohnt worden wären. Vielmehr kaufte sich der Soldatenkönig zukünftigen Einfluß am Wiener Hof, denn er hatte klar erkannt, welcher Nutzen in der Persönlichkeit, der Bekanntheit und dem Einfluß Gotters für ihn selbst lagen, wenn er Gotter in seine Dienste nahm. Und das wirksamste Instrument, ihn zu bekommen, war dessen ausschweifender Lebensstil, und mit Pfründen deckte der König zunächst Gotters nie zu befriedigende Geldbedürfnisse, um ihn in Abhängigkeit zu bringen, zunächst ohne geforderte Gegenleistung.
König Friedrich Wilhelm I. von Preußen wollte Gotter, nachdem er ihn angefüttert hatte, schließlich ganz kaufen. 1732 fand eine große Umorientierung durch den Wechsel des hauptsächlichen Dienstherrn statt. War er 1729 noch nach dem Tode des Barons von Hagen sachsen-gothaischer Gesandter beim Reichstag in Regensburg, so ließ er sich 1732 aus sachsen-gothaischen Diensten verabschieden, um in preußische Dienste zu treten. Er bekam von seinem alten Dienstherrn, Herzog Friedrich III., eine jährliche Pension von 1000 Talern. Noch im selben Jahr wurde er preußischer Gesandter und bevollmächtigter Minister am Wiener Hof. Sein Gehalt betrug 15000 fl. jährlich.
Auch zum württembergischen Hof gab es Kontakte: Um 1734 war Gotter nicht nur in seiner hauptsächlichen Funktion als königlich-preußischer Gesandter am kaiserlichen Hof in Wien aktiv, sondern nebenbei auch noch als Gesandter des Herzogtum Württembergs. Seine Hauptloyalität galt aber dem preußischen König. Im Jahr 1736 schied er aus dem preußischen Staatsdienst aus, bis 1740 konnte er sich seinem Rittergut widmen. Zum Abschied wurde er 1736 zum preußischen Gesandten und bevollmächtigten Minister beim Obersächsischen Reichskreis ernannt. Das war ein Gunstbeweis des Königs und sicherte Gotter ein ansehnliches Gehalt, ohne daß er für diesen Job viel zu leisten hatte - eigentlich war das nur eine Pfründe als Abschiedsgeschenk.
Abb.: Vase in Nische an der Südfassade in der zweiten Achse von links mit dem freiherrlichen Vollwappen auf der Kartusche
Karriere unter
Friedrich dem Großen (regierte 1740-1786)
Mit dem Regierungswechsel in
Berlin war es für Gotter vorbei mit der unbeschwerten Ruhe und
den lebenslustigen Feiern auf seinem Schloß: Friedrich II. hatte
den Thron bestiegen und rief nach Gotter, dem er erheblich mehr
Sympathien entgegengebracht haben dürfte als sein strenger
Vater, war er doch selber ein Freigeist und Freund geistreicher
und witziger Unterhaltung und verfeinerten gesellschaftlichen
Umgangs. Vor allem aber erkannte er das politische und
diplomatische Potential dieses Mannes, der sich viel zu früh zur
Ruhe gesetzt hatte, von ihm aber als einer der klügsten,
gewandtesten und geistreichsten Persönlichkeiten seiner Zeit
erkannt wurde. Friedrich II. berief Gotter 1740 zum
Oberhofmarschall in Berlin und geheimem Staats- und Kriegsrat.
1743 wurde der Kunstkenner und -liebhaber Gotter Generaldirektor
der Berliner Oper, wofür ihn die Inszenierung glanzvoller
Festlichkeiten auf Schloß Molsdorf empfohlen hatte. 1743 fiel
ihm das vakant gewordene halberstädtische Kanonikat an der
Liebfrauenkirche zu. Diese Pfründe hätte ausgereicht, um damit
gut zu leben, und Gotter hätte es vorgezogen, damit ein schönes
Leben auf seinem Landsitz zu führen. Außerdem litt Gotter
bereits an Gicht und Wassersucht. Doch Friedrich II. von Preußen
ließ ihn nicht gehen, sondern machte ihm höflich, aber
entschieden klar, daß er in Berlin zu bleiben hätte und auch
Urlaub nicht in Frage käme. Im Gegensatz zu seinem Vater bestand
der neue König auf Gegenleistungen für das Einkommen, und er
ließ auch nicht mit sich über Sonderrechte oder
Gehaltserhöhungen verhandeln. So biß Gotter bei seinem
Dienstherrn auf Granit, als er einmal Zölle umgehen wollte oder
ein anderes Mal seine Gesandtschaft finanziell besser
ausgestattet haben wollte; Friedrich II. war in dieser Hinsicht
streng und Vorbild.
Der König benötigte Gotter und seinen guten Draht zum Wiener Hof für diplomatische Missionen. Doch es lief nicht mehr so rund wie früher. So wurde Gotter 1741 von König Friedrich II nach dem Tod von Kaiser Karl VI. nach Wien geschickt, um Preußens Ansprüche auf die Fürstentümer Jägerndorf, Liegnitz, Brieg und Wohlau zu erklären und geltend zu machen, doch seine Mission war erfolglos. Die junge, aber energische Maria Theresia ließ sich von Gotter weder einwickeln noch einschüchtern, und am Wiener Hof wehte insgesamt ein neuer, ungewohnter Wind. Hätte Gotter Erfolg gehabt, wäre es weder zu den Schlesischen Kriegen noch zum Siebenjährigen Krieg gekommen. So aber versuchte er die Verhandlungen zu strecken, um seinem König Zeit für Vorbereitungen zu verschaffen, wurde aber aus Wien quasi in hohem Bogen herausgeworfen, d. h. er mußte Wien binnen 48 Stunden verlassen. Eine solche Schmach und Niederlage - welch ein Unterschied zu den diplomatischen Erfolgen früherer Zeiten! Doch sein Dienstherr war offensichtlich nicht von ihm enttäuscht, hatte er doch von vornherein mit einer militärischen Auseinandersetzung gerechnet. Und Gotter wurde zwischen den Kriegen mit den Verhandlungen mit Maria Theresia betraut. 1744-1745 war Gotter einer der vier Kuratoren der 1744 neugegründeten Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Erst 1745 wurde Gotter wieder frei, als der König seinen Wünschen nach Abschied aus gesundheitlichen Gründen nachgab und ihn pensionierte. Ungern ließ er ihn ziehen, Originalton: "Ich beklage einen liebenswerten Mann, dessen Verlust ein Bankerott für Berlin ist, und versichere Sie, daß, wenn man jemand an Ihrer Stelle zum Teufel schicken könnte, ich ihm ein halbes Kommando opfern würde, um Ihre schöne und große Seele aus seinen Händen zu retten". Mit seinem Abschied bekam er eine Pension von 1000 Talern. In dieser zweiten Mußezeit auf Molsdorf intensivierte sich wieder der Kontakt zum Gothaer Hof.
Nach einer 1752 in Montpellier verbrachten Zeit der Kur fühlte sich Gotter wieder fit genug, erneut in den preußischen Staatsdienst zu treten. Vielleicht fiel ihm im zwischenzeitlich verkauften Molsdorf auch die Decke auf den Kopf. Ab 1753 arbeitete er wieder für das Königreich Preußen. Er wurde Oberhofmarschall, erneut Kurator der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin und Generalpostmeister. 1753 wurde er einer der fünf dirigierenden Minister beim General-Oberfinanz-Kriegs- und Domänen-Direktorium. Diese Aufgaben nahm er bis zu seinem Tod wahr.
Abb.: Vase in Nische an der Südfassade in der zweiten Achse von rechts mit dem freiherrlichen Wappen auf der Kartusche
Gustav Adolf von
Gotter als Büchersammler:
In Schloß Molsdorf baute Graf
Gotter um 1740 ff. eine private Schloßbibliothek auf. 1755
erstellte Gotter einen Katalog über die bis dahin angeschafften
2219 Bände, der von ihm selbst signiert wurde und den Abschluß
des Aufbaus der Büchersammlung in der Zeit von 1734 bis 1755
kennzeichnet. Seine in diesen 21 Jahren zusammengetragene
Sammlung umfaßte vorrangig zeitgenössische Literatur mit
Schwerpunkt der Jahre 1730-1750, wenig alte Bücher, nur zwei
Inkunabeln und sechs Handschriften, darunter eine arabische.
Gotter war ein Kind der Aufklärung, entsprechend ordnete er 80%
seines Bestandes der Fachrichtung Philosophie zu, den Rest
Theologie (10%), Jurisprudenz und Medizin. Ebenfalls zeittypisch
sind zwei Drittel des Bestandes in französischer Sprache
abgefaßt, an zweiter Stelle steht die deutsche (ein Viertel) und
an dritter die lateinische Sprache (ein Fünftel). Das und der
große Anteil an lexikalischen Werken sowie das Vorhandensein
zeittypischer Autoren machen Gotters Bibliothek zu einer von der
Aufklärung geprägten Adelsbibliothek, die die geistigen
Zeitströmungen widerspiegelte und als intellektuelle Basis der
in Adelskreisen üblichen Diskussionen aufklärerischer Gedanken
und insbesondere des Verhältnisses von Staats- und Naturrecht
zueinander diente. Heute befindet sich der größte noch
zusammenhängende Teil (1155 Bände) der Molsdorfer
Schloßbibliothek in der Forschungsbibliothek Gotha. Das liegt
daran, daß die Privatbibliotheken des Gothaer Hofes sowie die
Schloßbibliotheken Friedrichswerth und Molsdorf zu Anfang des
19. Jh. unter Auflösung des ursprünglichen Kontextes und
Abstoßung von Dubletten zusammengeführt wurden. 1033 Bände
fehlen im Vergleich zur letzten Molsdorfer Bestandsaufnahme 1762
mit 2188 Bänden; über den Verbleib der Differenz ist nichts
bekannt.
Abb.: Sonnenuhr im Dreiecksgiebel über dem linken Seitenrisalit, Stunden in römischen Zahlzeichen
Die Sprüche des
Epikureers
Gotter war ein Epikureer, ein
Mensch, der das Glück mit Freuden genoß und die Sonnenseiten
des Lebens liebte, ja, ein echter barocker Genußmensch.
Entsprechend war sein Schloß mit Sprüchen verziert, die alle
die Weisheit Epikurs predigten. Die im Dreiecksgiebel des linken
Seitenrisalits angebrachte Sonnenuhr (Abb. oben) trägt die
Inschrift "Fugaces labuntur anni" - flüchtig enteilen
die Jahre; und das Gegenstück über dem rechten Seitenrisalit
(Abb. unten) trägt die Inschrift "Hora rapit diem" -
die Stunde raubt den Tag. Weitere am Schloß zu findende bzw.
einst zu findende Sinnsprüche sind "Placida quies" -
behagliche Ruhe, "Hic summum bonum libertas" - hier ist
die Freiheit das höchste Gut, sowie "Hospes hic bene
manet" - hier ist für den Gastfreund gutes Verweilen. Die
beiden letztgenannten Sinnsprüche waren am südlichen Eingang
zum Garten zu finden und waren als gastliche Einladungen dem
Ankömmling gegenüber zu verstehen. Weitere Sprüche waren
"Sit mea sedes sine cura" - das sei mein Sitz ohne
Sorge, "Sit modus lasso viarum" - das sei der Zustand
des der Reisen Müden, oder das bereits erwähnte "Hicce
terrarum praeter omnes angulus ridet" über dem Nordeingang.
Gotter und die
Freimaurerei
Graf Gustav Adolf von Gotter
stand der Freimaurerei nahe. Das war eine Passion, die er mit
seinem Dienstherrn, dem preußischen König Friedrich II.,
teilte. Im 18. Jh. erfuhr die Freimaurerei einen Aufwind in
Deutschland, seit 1737 die Hamburger Loge "Absalom zu den
drei Nesseln" als erste Loge in Deutschland gegründet
wurde, vor allem aber seit der damalige Kronprinz und spätere
preußische König Friedrich II. 1738 in die Freimaurerei
aufgenommen wurde. Graf Gustav Adolf von Gotter wurde 1740 in die
Berliner Freimauerloge "Aux Trois Globes" rezipiert. Er
war der erste im Gebiet von Erfurt lebende Freimaurer, wurde
selbst Meister vom Stuhl dieser Loge und nahm 1741 zu Molsdorf
seinerseits den Prinzen Ludwig Ernst von Sachsen-Gotha und den
Herzog Karl Friedrich von Sachsen-Meiningen als Neumitglieder in
den Bund der Freimaurer auf. In Erfurt selbst wurde erst lange
nach Gotters Tod 1784 eine Freimaurerloge unter dem Namen
"Zu den drei Quellen" gegründet, die aber 1786
geschlossen wurde, weil sie sich nachträglich als irreguläre
Gründung herausstellte. 1787 wurde in Erfurt die erste reguläre
Loge gegründet unter dem Namen "Carl zu den drei
Rädern". Als diese 1814 verboten wurde, gründete sich in
Erfurt als Ableger der ersteren die preußenfreundliche Loge
"Carl zu den drei Adlern". Diese wurde 1935 verboten,
wie auch die anderen zwischenzeitlich entstandenen Erfurter
Logen. 1993 wurde durch die Gründung der Loge "Alpha
Ori" freimaurerisches Leben in Erfurt wiederbelebt,
allerdings mit einer Phase des Ruhens 2004-2009.
Abb.: Sonnenuhr im Dreiecksgiebel über dem rechten Seitenrisalit, Stunden in arabischen Zahlzeichen
Der Verkauf von
Molsdorf
Gotter verdiente gut an seinen
zahlreichen und einträglichen Ämtern. Er pflegte aber auch
einen aufwendigen Lebensstil. Einen so aufwendigen, um nicht zu
sagen ausschweifenden Lebensstil, daß Friedrich der Große
seinen Minister in einem fiktiven Brief an diesen literarisch
thematisiert hat. Der Titel des Werkes lautete "Wie viel
Arbeit dazu erfordert wird, Epikureer zu befriedigen". Darin
tituliert Gotters Dienstherr diesen beispielsweise
"geliebter Sohn des Bacchus und der Wollust", und
beschreibt ihn als "in der Wiege des Glücks erzogen"
und als einen glücklichen Grafen, der "unabhängig in Ruhe
die Früchte des Überflusses" genießt. Gotter finanzierte
den Kauf, den Umbau und den Unterhalt des Schlosses, seine
Bibliothek, seine Empfänge, seine Reisen etc. - all das kostete
ein Vermögen. Und so viel brachten ihm seine Posten und
Pfründen dann doch nicht ein: Schon 1742 hatte er sein Rittergut
Neugottern für 20000 Taler an den kaiserlichen Geheimrat Graf
Balthasar Friedrich von Promnitz verkauft, einen Herrnhuter. Mit
dem Erlös rettete er Molsdorf noch ein bißchen.
Im Jahr 1748 mußte er schließlich das Rittergut Molsdorf an Freiherr Heinrich Günther Reinhard Röder von Schwende (5.3.1697-13.8.1756) verkaufen. Es wurde vereinbart, daß der Käufer dem Grafen auf Lebenszeit jährlich 2400 Taler und bei dessen Ableben einmalig 25000 Taler an die Allodialerben zu zahlen hätte. Er hat sich also seinen Besitz verrenten lassen. Dabei ließ Gotter sich vertraglich lebenslanges Wohnrecht und den Mitgebrauch seiner geliebten Bibliothek zusichern, denn die mit großem finanziellem Aufwand zusammengetragene Molsdorfer Büchersammlung wurde mitverkauft. Diese Klausel zeigt aber auch, wie wichtig ihm seine Büchersammlung war. Auch der oben bereits erwähnte Katalog entstand in der Zeit nach dem Verkauf, forciert durch den schlechter werdenden Gesundheitszustand des neuen Eigentümers, angesichts dessen Klärungsbedarf mit den zukünftigen Erben bestand. Gotters Lebensschwerpunkt lag zwar mittlerweile in Berlin, aber er weilte noch oft in Molsdorf, allerdings 1757 zum letzten Mal.
Insgesamt befanden sich Schloß und Park Molsdorf zwar nur 15 Jahre lang in Gotters Besitz, dennoch war seine Person und seine Persönlichkeit prägend. Nicht nur weil er dem Schloß im wesentlichen sein heutiges Gesicht gab, sondern weil das Schloß Symbol eines faszinierenden gesellschaftlichen Aufstiegs, einer hochinteressanten Karriere, eines durch und durch bis zum Exzeß barocken Lebensgefühls ist. Und es war letztendlich sein exzessiver Lebensstil, der zum Verkauf führte, weil er das Schloß trotz guter Einkünfte, trotz erfolgreichen Glücksspiels, trotz der sich auch in außerordentlichen finanziellen Zuwendungen ausdrückenden Zuneigung der fürstlichen Dienstherren nicht halten konnte.
Abb.: die beiden Statuen, die den Nordeingang flankieren, jeweils mit dem freiherrlichen Gotter-Vollwappen auf dem Schild
Der Käufer von
Molsdorf
Freiherr Röder von Schwende
aus dem Hause Dörnfeld entstammte einem Thüringer Geschlecht.
Er kam in Gutenberg bei Halle an der Saale zur Welt. Seine
Karriere in Stuttgart begann er 1716 als Kammerpage und
Hofjunker. Er hatte etliche hohe Ämter am
herzoglich-württembergischen Hof inne und wohnte in Stuttgart
und Göppingen. 1732-1748 war er Obervogt in Tuttlingen. Am
21.11.1733 wurde er württembergischer Erb-Oberstallmeister. Er
war es, der 1737 in Stuttgart den jüdischen Hoffaktor Süß
("Jud Süß") verhaftete. 1737/38 wurde er
Oberburggraf. Seinen durch diese Ämter erworbenen Reichtum legte
er in Thüringer Immobilien an: Vor Molsdorf kaufte er noch 1740
das Gut Geschwenda und 1746 das Gut Liebenstein, dessen
Herrenhaus er zu einem Lustschloß umbauen ließ. Drei Jahre nach
dem Kauf von Schloß Molsdorf kamen jedoch angesichts der großen
investierten Summen Korruptionsvorwürfe auf, und er fiel beim
Herzog deswegen in Ungnade. Seine fünf letzten Lebensjahre
verbrachte er seiner Ämter ledig auf Schloß Molsdorf. Seine
Erben waren Ch. und Alex. von Röder, wobei diese Namen nur so
überliefert sind und bereits im vorerwähnten Bibliothekskatalog
1755 Erwähnung finden. Lange behielten die Röder von Schwende
das Schloß nicht, denn bereits 1762 verkaufte Carl Ludwig
Freiherr Röder von Schwende das Schloß Molsdorf für 72000
Taler wieder an den Lehnsherrn, Herzog Friedrich III. von
Sachsen-Gotha-Altenburg, ausdrücklich mitsamt der wertvollen
Bibliothek, die um 1810 aus Sicherheitsgründen nach Gotha
abtransportiert wurde. Der Verkaufspreis war fast die doppelte
Summe, die Gotter seinerzeit für das heruntergekommene Erblehen
gezahlt hatte, ehe er es zu einem Kleinod des Rokoko umbaute.
Nachdem Gotter aus Molsdorf fortgezogen war, erst recht nach seinem Tod, versank das Schloß in einen tiefen Schlaf. Es kam zunächst zu keinen nennenswerten Veränderungen, eher zu Vernachlässigung. Der Herzog von Sachsen-Gotha ließ um 1820 den Schloßgarten zu einem offenen Landschaftspark umgestalten, was pflegeleichter war und geringere Unterhaltskosten verursachte. Die bisher im Garten aufgestellten rund 150 Skulpturen verschwanden weitgehend. Nur wenige sind erhalten geblieben. Einige mehr oder weniger beschädigte Statuen haben ihren Weg ins Lapidarium auf der Ostseite des Schlosses gefunden, wo ein kleiner formaler Barockgarten neu angelegt worden ist.
Abb.: Der Gartenpavillon spiegelt sich im nördlichen See
Die Gräfin von
Gneisenau auf Molsdorf
Ab 1851 wurde das Rittergut
verpachtet. 1907 zog die seit 1905 geschiedene Gräfin Maria von
Gneisenau (11.10.1873-10.8.1926) hierher. Sie war die älteste
von vier Töchtern des Giesbert von Bonin auf Brettin und Ex-Frau
von Hugo Gustav Georg Friedrich-August Graf Neidhardt von
Gneisenau. 1910 konnte sie den Besitz Molsdorf käuflich von
Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha erwerben. Sie
bewohnte das Schloß vor allem in den Sommermonaten. Ansonsten
lebte sie in Berlin-Charlottenburg oder auf Schloß Dornburg bei
Jena. Auf die Gräfin gehen wichtige Umbauten und
Einrichtungsveränderungen im Stile des Jugendstils zurück, von
denen mit dem Marmorbad und dem Tränenkabinett noch zwei
komplette Räume aus dieser Zeit erhalten sind. Weiterhin ließ
die Gräfin Be- und Entwässerungsanlage installieren, das Dach
neu decken, Stromleitungen und Wasserleitungen legen und eine
Klingel- und Telefonanlage einbauen. Den Gartenpavillon ließ sie
1914 von der Architektin Emilie Winkelmann zur Autogarage
umbauen. Anfang 1923 verkaufte sie das Rittergut wieder; sie
hatte bereits 1918 Georg Baron Manteuffel-Szoege geheiratet und
verbrachte nun den Sommer auf den polnischen Gütern ihres
zweiten Ehemannes.
Neuere Geschichte
von Molsdorf
Das Schloß verfiel zusehends
mangels Interesses. Der preußische Staat kaufte 1939 Schloß und
Park. Wenig einfühlsam wurde an der Südgrenze des Parks die
neue Autobahn gebaut, deren Lärm und Anblick heute die Ruhe und
Harmonie im Schloßpark beeinträchtigen. 1945 wurde die Stadt
Erfurt Besitzerin des Anwesens. Die wenig pflegliche Nutzung als
Unterkunft für polnische Umsiedler und heimkehrende
Zwangsarbeiter nach dem Zweiten Weltkrieg, danach für deutsche
Heimatvertriebene und Flüchtlinge sowie schließlich als
Kinderheim bis 1954 hätten dem Schloß beinahe den Todesstoß
versetzt; in der Tat dachte man zu Beginn der 1950er Jahre
auch ernsthaft über einen Abriß der in sehr schlechtem
baulichen Zustand befindlichen Anlage nach, nachdem das Schloß
bereits 1948 beinahe durch die SMAD (Sowjetische
Militäradministration in Deutschland) abgerissen worden wäre.
Das landwirtschaftliche Gut wurde zur neu gegründeten LPG in
Molsdorf geschlagen. Zum Glück blieb das Schloß erhalten; in
den 1950er Jahren fanden Restaurierungen und geschickte
historisierende Rekonstruktionen im Schloß statt. Die
Innenausstattung war freilich schon verlorengegangen, sie wurde
durch Inventarstücke aus enteigneten Gutshäusern und
Landschlössern der Umgebung sinngemäß ersetzt. Seit 1966 war
das "Thüringer Sanssouci" wieder für die
interessierte Öffentlichkeit zugänglich. Zu DDR-Zeiten fanden
im Schloß Kunst- und Antiquitätenversteigerungen des
staatlichen Kunsthandels statt. Eine weitere Renovierung erfolgte
ab 1990, und seitdem kann man die Prunkräume als Museum
besichtigen. Die Räume werden auch für Ausstellungen und
kulturelle Ereignisse wie Konzertveranstaltungen im Festsaal
genutzt. Schloß Molsdorf gehört seit 1998 der Stiftung
Thüringer Schlösser und Gärten mit Sitz in Rudolstadt. Das
Schloßmuseum betreibt die Landeshauptstadt Erfurt. Im Schloß
befinden sich zwei Sondersammlungen, der Nachlaß des Thüringer
Malers Otto Knöpfer und eine Sammlung erotischer Grafik und
Buchkunst des 20. Jh.
Abb.: Südfassade von Schloß Molsdorf
Die Spur des
Wappens Gotter
Gustav Adolf Reichsgraf von
Gotter hatte nie geheiratet. Die Familie der Herren, Freiherren
und Grafen von Gotter ist erloschen. Caroline von Gotter starb am
12.11.1827 als Stiftsdame im Pfortenkloster zu Halberstadt. Das
Stammwappen wurde später für eine andere Familie
"reaktiviert": Ernst Ludwig Carl Wäcker,
königlich-preußischer Regierungsassessor und Premierlieutenant
im 4. Landwehr-Husaren-Regiment, der mütterlicherseits aus der
Familie Gotter stammt, wurde am 15.1.1868 (publiziert 21.3.1868)
unter dem Namen von Wäcker-Gotter
in den preußischen Adelsstand erhoben. Derselbe wurde am
1.8.1877 zu Gastein in den persönlichen Freiherrenstand erhoben.
Er wurde schließlich kaiserlicher deutscher Ministerresident in
Mexiko. Dabei bediente man sich des Gotter-Wappens mit marginalen
Veränderungen; ein Bord kam hinzu, und in der Zier wurde ein
Flug anstelle der Büffelhörner gewählt. Das Wappen der von
Wäcker-Gotter wird beschrieben im Siebmacher Band: Pr Seite: 431
Tafel: 473, Band: PrGfE Seite: 48 Tafel: 32 sowie Band: PrE
Seite: 85 Tafel: 71 und ist wie folgt aufgebaut: Innerhalb eines
goldenen Bordes in Schwarz zwei voneinander abgewendete goldene
Mondsicheln, begleitet von sechs (3:2:1) goldenen, sechszackigen
Sternen, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein
goldener, sechszackiger Stern angestemmt zwischen einem
schwarzen, beiderseits mit einem goldenen Balken belegten Flug.
In Siebmacher Band: PrE Seite: 85 Tafel: 71 ist der Helm
ungekrönt. Eintrag im Rietstap: "De sable à deux
croissants adossés d'or accompagnés de six étoiles du même 3,
2 et 1, l'écu bordé d'or. Cimier une étoile d'or entre un vol
de sable chaque aile chargée d'une fasce d'or".
Literatur,
Links und Quellen:
Hinweistafeln am Objekt
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Lebensdaten von Gotter in: Detlef Döring und Franziska Menzel,
Rüdiger Otto und Michael Schlott, hrsg. von der Sächsischen
Akademie der Wissenschaften zu Leipzig: Johann Christoph
Gottsched, Briefwechsel, historisch-kritische Ausgabe, Band 10:
1744-1745, Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2016, 794 S, ISBN-10:
3-11-046629-5, ISBN-13: 978-3-11-046629-4, https://books.google.de/books?id=8-rCDAAAQBAJ
Anke Seifert: Rekonstruktion einer Privatbibliothek der
Aufklärung am Beispiel der Schloßbibliothek Molsdorf, Berliner
Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft,
Heft 243, hrsg. von Konrad Umlauf, Humboldt-Universität Berlin,
Berlin 2008, 59 S., ISSN 1438-7662 - http://edoc.hu-berlin.de/series/berliner-handreichungen/2008-243/PDF/243.pdf
Freiherr Röder von Schwende: http://www.rainerknoerle.de/tuttlingen/obervogt.html
August Beck: Graf Gustav Adolf von Gotter. Ein Lebensbild aus der
Zeit Friedrich des Großen und Maria Theresias, Gotha 1867.
Kurt Döbler: Schloß Molsdorf und Graf Gotter. In: Rund um den
Friedenstein 9 (1932), Nr. 15
Kurt Krüger: Gustav Adolph von Gotter. Leben in galanter Zeit,
Erfurt 1993
R. v. Gottschall: Graf Gustav Adolf von Gotter, in: Deutsche
Originalcharaktere des achtzehnten Jahrhunderts, in: Die
Gartenlaube, hrsg. von Adolf Kröner, Leipzig, Heft 22
(1899), S. 680-683, https://de.wikisource.org/wiki/Deutsche_Originalcharaktere_des_achtzehnten_Jahrhunderts/Graf_Gustav_Adolf_von_Gotter
Schwarzer Adlerorden: https://heraldik-wiki.de/wiki/Schwarzer_Adlerorden
Schwarzer Adlerorden: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzer_Adlerorden
Liste der Ritter des Königlich Preußischen hohen Ordens vom
Schwarzen Adler. Decker, Berlin 1851 http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10362193_00007.html
Schwarzer Adlerorden: http://www.ordensmuseum.de/Ordensstatuten/preusen/hoher-orden-vom-schwarzen-adler/
Schwarzer Adlerorden: http://www.preussenweb.de/prorden.htm
Gustav Adolf von Gotter: https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Adolf_von_Gotter
Gustav Adolf von Gotter: http://www.barockresidenz.de/schloss-molsdorf.html
August Beck: Gustav Adolf Graf von Gotter, in: Allgemeine
Deutsche Biographie, Bd. 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879,
S. 451-456 - https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Gotter,_Gustav_Adolf_Graf_von - https://www.deutsche-biographie.de/gnd119258862.html#adbcontent
August Beck: Graf Gustav Adolf von Gotter. Ein Lebensbild aus der
Zeit Friedrichs des Großen und Maria Theresias,
Gotha 1867
Ulrich Heß: Gustav Adolf Graf von Gotter, in: Neue Deutsche
Biographie, Bd. 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN
3-428-00187-7, S. 659 f. - https://www.deutsche-biographie.de/gnd119258862.html#ndbcontent - http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016322/images/index.html?seite=673
Gotter als Freimaurer: http://www.erfurt.de/ef/de/erleben/veranstaltungen/vst/2015/121199.html#pk_campaign=Redirector-Webcode&pk_kwd=ef121199
Heiko Laß: Schloß Molsdorf mit Park, in: Höfische
Kostbarkeiten in Thüringen, historische Anlagen der Stiftung
Thüringer Schlösser und Gärten, hrsg. von Helmut-Eberhard
Paulus, mit Beiträgen von Heiko Laß, Helmut-Eberhard Paulus und
Stefan Winghart, Große Kunstführer der Stiftung Thüringer
Schlösser und Gärten, Band 3, Schnell & Steiner Verlag,
Regensburg 2007, ISBN 978-3-7954-1840-3, S. 147-153
Alexander-Newski-Orden: https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander-Newski-Orden
Sabine Schürholz, Günther Thimm: Schloß Molsdorf mit Park,
amtlicher Führer der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten,
München/Berlin 1998
Ausstellungsreihe "Zwei Räume für sich allein. Maria von
Gneisenau und Schloss Molsdorf", veranstaltet von den
Kunstmuseen der Landeshauptstadt Erfurt, Schloß Molsdorf
17.4.2016-11.12.2016, http://www.erfurt.de/ef/de/erleben/veranstaltungen/ast/2016/124090.html - http://www.zweiraeumeschlossmolsdorf.de/ - http://www.zweiraeumeschlossmolsdorf.de/#wissenswertes
Graf Gustav Adolf von Gotter: https://de.allbuch.online/wiki/Gustav_Adolf_von_Gotter
Schloß Molsdorf: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Molsdorf
Schloß Molsdorf: http://www.thueringerschloesser.de/de/schloesser-burgen-gaerten/schloss-molsdorf-mit-park.html
Schloßbibliothek: https://www.uni-erfurt.de/bibliothek/fb/forschen/projekte/alte-drucke/privatbibliotheken-aus-dem-zeitalter-der-aufklaerung/pb-sm/
Schloß Molsdorf: http://www.thueringerschloesser.de/index.php?id=37
Erfurter Logengeschichte http://www.alpha-ori.de/loge/erfurter-logengeschichte/
Sabine Schürholz, Günther Thimm: Schloß Molsdorf mit Park.
Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1998, ISBN 3-422-06236-X.
Helmut-Eberhard Paulus: Schloß und Garten Molsdorf - Graf
Gotters Residenz der Aufklärung, Großer Kunstführer der
Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Bd. 4, Regensburg,
2012, ISBN 978-3-7954-2604-0.
Steffen Raßloff: Schloß Molsdorf - es lebe die Freude! Beitrag
der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeinen vom
10.5.2014, http://www.erfurt-web.de/Schloss_Molsdorf
Helmut-Eberhard Paulus: Schloß und Garten Molsdorf. Graf Gotters
Residenz der Aufklärung. Regensburg 2012.
Schatzkammer Thüringen. Erbe höfischer Kultur. Regensburg 2010.
http://www.meinanzeiger.de/erfurt/kultur/zu-besuch-bei-graf-gotter-im-schloss-molsdorf-thueringer-schloss-des-jahres-2015-d44037.html
Schloß Molsdorf: http://www.thueringen.info/schloss-molsdorf.html
http://www.seniorbook.de/themen/kategorie/geschichte-und-tradition/artikel/111/schloss-molsdorf-vive-la-joie
http://www.molsdorf.de/index.php?option=com_content&view=article&id=39&Itemid=65
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2016
Impressum