Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2193
Innsbruck (Österreich, Bundesland Tirol)

Das Trautsonhaus (Herzog-Friedrich-Straße 22)

Das sog. Trautsonhaus, eines der typischsten und bedeutendsten Altstadthäuser Innsbrucks mit einer vierachsigen Straßenfront, befindet sich auf der Westseite der Herzog-Friedrich-Straße (Nr. 22). Es fügt sich ein in die malerische Bebauung dieser Straße mit den typischen, polygonalen Erkern, deren schlanke Strukturen der Straße ihren ganz besonderen Reiz verleihen. Das fünfstöckige Trautsonhaus besitzt sogar zwei davon, einen drei- und einen vierflächigen, und das Besondere ist, daß beide an allen drei Brüstungen mit Reliefschmuck versehen sind, also insgesamt 21 Reliefplatten zum Schmuck angebracht wurden. Der Bildhauer dieser Platten aus grauem Sandstein war Gregor Türing (-1543), der wie schon sein Vater Niklas Türing d. Ä. (-1518) und später sein Sohn Niklas Türing d. J. (-1558) erheblich zur Verzierung der Innsbrucker Altstadthäuser beigetragen hat und der auch den Erkerschmuck am Prechthaus angefertigt hat. Beide Erker, welche sich in der ersten und in der dritten Fensterachse befinden, sind dreigeschossig.

 

Ebenso typisch für die Innsbrucker Altstadthäuser, insbesondere der Herzog-Friedrich-Straße, ist der im Erdgeschoß hinter den drei Spitzbogenarkaden verlaufende Laubengang, der im Gewölbe mit einem rot hervorgehobenen, phantasievollen, spätgotischen Fischblasenmuster verziert ist. Tragend sind diese Ornamente nicht, darunter liegt konstruktiv ein kräftiges Kreuzgratgewölbe. Besonders sehenswert ist auch das im Bild unten links angeschnittene Rundbogenportal mit seinen reich verzierten Gewänden. Das Haus ist vom Typ her ein spätgotisches Laubenhaus mit Lichtschacht, welches im Jahr 1541 unter dem damaligen Besitzer Hanns Trautson von Matrei, Sprechenstein und Schroffenstein (auch: Schrofenstein), Erbland-Marschall von Tirol, seit eben diesem Jahr im Freiherrenstand, nach dem Erwerb durch den genannten Baumeister Gregor Türing umgebaut und aufgestockt wurde und seine heutige Gestalt erhielt. Dabei wurde hauptsächlich der straßenseitige Bereich umgebaut, die hinteren Gebäudeteile sind älter. Die Brüstungen des rückwärtig gelegenen Treppenhauses weisen ebenfalls reiche Verzierungen mit spätgotischem Maßwerk auf. Seine Bedeutung erhält dieses Haus durch das Auftreten der typischen Merkmale wie Lauben, Portal, Eingangsgewölbe, Erker, Erkerschmuck, Fassadenmalerei (die hier mit den antikisierenden Motiven bereits in die Renaissance verweist, was den stilistischen Übergang unterstreicht), Lichtschacht etc. jeweils in besonders reicher und künstlerisch elaborierter Form.

Zur Besitzgeschichte des Hauses sei vermerkt, daß der erste greifbare Besitzer Oswald Mor war. Im Jahre 1450 tauschte er es gegen ein gegenüber gelegenes Haus, welches Chunz (Kunz) Ircher gehörte. Von 1541 an war es im Besitz der Freiherren von Trautson. 1775 wird als Besitzer Johann von Delama genannt. Joseph Bader tritt als Besitzer im 19. Jh. auf. Eine erste Restaurierung fand 1889 statt, eine erheblich gründlichere war 1946-1947 nach Bombentreffern 1943 und 1944. Heute präsentiert sich das restaurierte Gemäuer in Bestform.

Architektonisch bemerkenswert ist, daß der linke Erker sogar über einem Bogen errichtet wurde, während der rechte die sonst übliche, sich verjüngende Konsole als Auflager besitzt. Die beiden Wappenreliefs befinden sich an dem linken, vierseitigen Erker an der Brüstung unterhalb der Fenster des ersten Obergeschosses. Die äußeren Platten zeigen Renaissanceornamente mit Scheinarchitekturen als Rahmen. Die Inhalte der anderen Schmuckreliefs sind eher ornamental mit spätgotischem Maßwerk in verschiedenartiger Ausführung.

Heraldisch rechts ist das Wappen des Bauherrn Hanns (Johann) III. Trautson (1509-29.12.1589) von Matrei, Sprechenstein und Schroffenstein, Erbland-Marschall von Tirol. Die Erbmarschallwürde bekam Johann II. von Trautson (-1531) im Jahre 1531 verliehen. Das Stammwappen der von Trautson, wie es z. B. im Scheiblerschen Wappenbuch auf Folio 303 abgebildet wird, zeigt in Blau ein silbernes, mit den Stollen nach unten gelegtes Hufeisen, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken auf einem blauen, silbern bequasteten Kissen ein gestürzter, rot aufgeschlagener Hermelinhut, aus dessen Öffnung ein Busch schwarzer Straußenfedern hervorkommt. Nach Siebmacher ist es ein gestürzter, hermelingestulpter, blauer Hut, aus dem ein Busch roter Straußenfedern hervorkommt, oder eine Variante mit silbernem Hut und schwarzen Federn.

Das vermehrte Wappen, wie wir es hier am Haus sehen, wird beschrieben im Siebmacher Band: FstA Seite: 268 Tafel: 363, Band: NÖ2 Seite: 375-379 Tafel: 180-183, Band: Bö Seite: 209 Tafel: 90, Band: OÖ Seite: 488 Tafel: 114. Es ist geviert, Feld 1 und 4: in Blau ein silbernes, mit den Stollen nach unten gelegtes Hufeisen (Trautson), Feld 2 und 3: in Silber auf einem schwarzen Dreiberg ein einwärts gekehrter, schwarzer Hahn mit rotem Kamm, den rechten Fuß emporhaltend (Matrei), zwei Helme: Helm 1 (rechts): auf einem blauen, silbern bequasteten Kissen ein gestürzter, rot aufgeschlagener Hermelinhut, aus dessen Öffnung ein Busch schwarzer Straußenfedern hervorkommt (Trautson), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem schwarzen Dreiberg ein schwarzer Hahn mit rotem Kamm, den rechten Fuß emporhaltend (Matrei).

Hanns (Johann) III. Trautson (1509-29.12.1589), der Bauherr dieses Innsbrucker Stadthauses, wurde 1541 durch Ferdinand I. zum Freiherrn von Sprechenstein erhoben. Dazu bekam die Familie den Herrenstand von Österreich unter der Enns zugebilligt. Die nächste Entwicklungsstufe des freiherrlichen Wappens, die am Haus aber noch nicht verwirklicht wurde, zeigt einen gevierten Schild mit Herzschild, Feld 1: in Gold ein schwarzer Doppeladler mit goldener Kaiserkrone darüber und zwei abflatternden blauen Bändern (Gnadenzeichen), Feld 2: in Rot ein silberner Balken, überdeckt von einem silbernen Falken, der auf einem silbernen dreispitzigen Felsen sitzt (Falkenstein), Feld 3: in Silber auf schwarzem Dreiberg ein einwärts gerichteter, rotbewehrter schwarzer Hahn (Matrei), Feld 4: in Gold ein halber schwarzer Steinbock mit silbernen Hörnern (Schroffenstein), Herzschild: in Blau ein silbernes, mit den Stollen nach unten gelegtes Hufeisen (Trautson). Dazu werden fünf Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm ein schwarzer Doppeladler mit goldener Kaiserkrone darüber und zwei abflatternden blauen Bändern (Gnadenhelm), Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem schwarzen Dreiberg ein schwarzer Hahn mit rotem Kamm, den rechten Fuß emporhaltend (Matrei), Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken auf einem silbernen dreispitzigen Felsen ein silberner Falke sitzend (Falkenstein), Helm 4 (rechts unten neben dem Schild): Stammhelm, Helm 5 (links unten neben dem Schild): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender schwarzer Steinbock mit silbernen Hörnern (Schroffenstein).

Im Jahre 1598 wurde Paul Sixtus von Trautson Graf zu Falkenstein (-30.7.1621), kaiserlicher Geheimrat, Erbmarschall in Tirol, Statthalter in Niederösterreich, der Sohn des hier mit Wappen vertretenen Ehepaares, durch Kaiser Rudolf II. zum Graf von Falkenstein erhoben. Das gräfliche Wappen von 1598 ist dem zuvor beschriebenen sehr ähnlich, hat aber einige kleinere Änderungen im Detail. Es zeigt einen gevierten Schild mit Herzschild, Feld 1: in Gold ein schwarzer Doppeladler, beide Köpfe kaiserlich gekrönt, mit einem goldenen Buchstaben „R" auf der Brust (Gnadenzeichen, R für Rudolph II.), Feld 2: in Rot ein silberner Balken, überdeckt von einem silbernen Falken, der auf einem silbernen dreispitzigen Felsen sitzt (Falkenstein), Feld 3: in Silber auf schwarzem Dreiberg ein einwärts gerichteter, rotbewehrter schwarzer Hahn (Matrei), Feld 4: in Gold ein halber schwarzer Steinbock mit silbernen Hörnern, der aus fünf roten Flammen aufwächst (Schroffenstein), Herzschild: in Blau ein silbernes (eisenfarbenes), mit den Stollen nach unten gelegtes Hufeisen (Trautson). Dazu werden fünf Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm ein schwarzer Doppeladler, beide Köpfe kaiserlich gekrönt, mit einem goldenen Buchstaben „R" auf der Brust (Gnadenhelm), Helm 2 (rechts innen): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem schwarzen Dreiberg ein schwarzer Hahn mit rotem Kamm, den rechten Fuß emporhaltend (Matrei), Helm 3 (links innen): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken auf einem silbernen dreispitzigen Felsen ein silberner Falke sitzend (Falkenstein), Helm 4 (rechts außen): Stammhelm, Helm 5 (links außen): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender schwarzer Steinbock mit silbernen Hörnern (Schroffenstein). Im Detail gibt es zahlreiche Varianten bei der Beschreibung, die Änderungen betreffen die genaue Art der Kronen in Feld 1 und auf dem mittleren Kleinod, die Flammen beim Kleinod Nr. 5 und die genaue Verteilung der Helmdeckenfarben.

Johann Leopold Donatus Graf von Trautson und Falkenstein (21.5.1659-18.10.1724), Obristkämmerer und danach kaiserlicher Obersthofmeister, bekam am 19.3.1711 von Kaiser Joseph I. den Reichsfürstenstand in der Primogenitur verliehen. Das fürstliche Wappen von 1711 behält im Wesentlichen die vorgenannten 5 Inhalte und 5 Helme bei, addiert aber als Prunkstücke einen Fürstenhut auf dem oberen Schildrand und einen aus einem Fürstenhut herabfallenden Wappenmantel.

Die zum Tiroler Uradel gehörende und 1134 erstmalig urkundlich erwähnte Familie teilte sich in eine ältere Linie zu Reifeneck und eine jüngere Linie zu Sprechenstein. Letztere teilte sich in einen älteren Ast zu Sprechenstein und einen jüngeren zu Falkenstein, welcher sich in einen älteren Zweig zu Poisbrunn und einen jüngeren zu St. Pölten gabelte. Das Geschlecht starb mit dem zweiten Fürsten, Johann Wilhelm Fürst von Trautson Graf zu Falkenstein (3.1.1700-31.5.1775), Obrist-Erbland-Hofmeister und Landmarschall in Österreich unter der Enns, Obrist-Erblandmarschall in Tirol, k.k. Obrist, wirklicher geheimer Rat, Kämmerer und Landmarschall in Niederösterreich, im Mannesstamm aus. Universalerbe war der Enkel Carl Joseph Franz de Paula Ursula von Auersperg Fürst von Trautson (21.10.1750-8.12.1822), der so Besitzer von Steinach, Matrei und Sprechenstein wurde.

Das zweite Wappen auf dem Feld optisch rechts der Mitte gehört zur dem Bauherrn 1539 in Trient angetrauten Ehefrau, Brigitta Baronessa di Madruzzo, di Quatri Vicariati (-27.4.1576), Tochter von Freiherr Giangaudenzo de Madruzzo Signore di Nanno, di Castel Toblino (1485-20.8.1550) und dessen Frau, Euphemia von Sparrenberg (-1571). Giangaudenzo de Madruzzo war der Sohn von Giovanni Gaudenzio I. d'Enno di Madruzzo, welcher 1523 signore di Nanno wurde, 1525 Freiherr (Barone del Sacro Romano Imperio, Barone di Madruzzo), 1540 cosignore di Quattro Vicariati Imperiali della Val Lagarina und 1544 signore di Castel Toblino. Die hier durch das Wappen repräsentierte Brigitta di Madruzzo hatte als Bruder u. a. den Kardinal und Bischof von Trient Christoph di Madruzzo (5.7.1512-5.7.1578).

Der Schild der di Madruzzo, geviert, Feld 1 und 4: fünfmal blau-silbern schrägrechtsgeteilt (Wappenbild der Familie Nano, ital.: bandato d'azzurro e d'argento di sei pezzi), Feld 2 und 3: in Schwarz ein silberner Fünfberg (hier eher ein Siebenberg), der mit einem roten Sparren belegt ist (redendes Wappen der Familie Sparrenberg oder Sparemberg, ital.: di nero, al monte scorciato da cinque cime (al monte di cinque punte), d'argento, caricato da uno scaglione di rosso, hier ist es abweichend ein gefenstertes Dreieck), Herzschild: in Rot zwei silberne, oben verkürzte Schildfußpfähle (Stammwappen Madruzzo, ital.: in cuore, di rosso a due pali, ritirati sotto il capo (ritirati verso la punta), d'argento - wobei angemerkt werden muß, daß die Farbe der Pfähle ursprünglich im Stammwappen golden war). Das Wappen findet sich im Rietstap. Im alten Siebmacher und auch in anderen Quellen wird oft fälschlicherweise eine Kirchenfahne in den Herzschild gesetzt, weil die verkürzten Pfähle nicht als Schildbild, sondern als Lücken zwischen den Hängeln gesehen wurden. Vermutlich wurde erst die Schildstärke als Schildbord gesehen, dann wurde aus dem Negativ ein Positiv, und dann wurden oben noch die drei Ringe angesetzt, um den Irrtum vollständig zu machen. Das Stammwappen sind jedenfalls die beiden verkürzten, bis an das Schildhaupt reichenden Pfähle, und die obere Trennlinie unter dem Schildhaupt hat da eigentlich nichts verloren.

Dazu werden drei Helme geführt, Helm 1 (Mitte, al centro): auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken ein schwarzer, golden bewehrter und rotgezungter Adler (ital.: un'aquila in maestà in nero armata e beccuta d'oro, linguata di rosso, lambrecchini d'oro e di rosso), Helm 2 (rechts, a destra): auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken zwei Büffelhörner, mehrfach blau-silbern schräggeteilt, rechts schräglinks, links schrägrechts (ital.: due corni di bufalo sbarrato di destro, bandato di sinistro, entrambi in campo, lambrecchini d''argento e d'azzurro), Helm 3 (links, a sinistra): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem roten Mützchen ein aufspringender, gekrönter, goldener Löwe (ital.: un leone d'oro, coronato dello stesso, su un cappello di rosso, lambrecchini d'argento e di nero).

Literatur, Links und Quellen:
Denkmalgeschützte Objekte: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgeschützten_Objekte_in_Innsbruck-Innsbruck/H-K
Hinweistafel am Objekt
Trautsonhaus auf Burgen-Austria:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=1000
Trautsonhaus:
http://www.innsbruck.antonprock.at/website/sehenswuerdigkeiten/trautsonhaus.html
Siebmacher Wappenbücher wie angegeben
Madruzzo:
http://it.wikipedia.org/wiki/Madruzzo
Madruzzo:
http://www.trentinocultura.net/asp_cat/main.asp?IDProspettiva=10&TipoVista=Scheda&IdObj=48632&cmd=new&SearchType=SINGLEROW_SEARCH
Madruzzo:
http://xoomer.virgilio.it/rinaldo_madruzzo/stemmi.htm
Trautson:
http://de.wikipedia.org/wiki/Trautson
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Johanna Felmayer: Die profanen Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck, Altstadt-Stadterweiterungen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, Teil der Österreichischen Kunsttopographie, hrsg. vom Institut für Österreichische Kunstforschung, Verlag A. Schroll, 1972
Türing:
https://books.google.de/books?id=-MAlCv4xROAC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false

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