Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2191
Innsbruck (Österreich, Bundesland Tirol)

Schlossergasse: Karlsburg, Kolbenturm und angrenzende Häuser

Dieses heraldisch interessante Objekt ist im östlichen Teil der Schlossergasse zu finden, wo die Kiebachgasse auf erstere trifft und sich zu einem kleinen Platz weitet. Die Randbebauung der Schlossergasse zeichnet die ehemalige Stadtmauer nach, an die die Häuser hier mit ihrer Rückwand unmittelbar stießen. Erst 1873 bekam die Gasse den Namen Schlossergasse nach den vielen hier ansässigen Metallhandwerkern, vorher hieß sie zeitweise Judengasse. Das markanteste Ensemble an dieser Stelle ist die Karlsburg mit dem wie ein Torturm über die Schlossergasse erbauten Kolbenturm (Schlossergasse 3). Dieser Turm ist benannt nach der Familie Kolb, deren Mitglieder diesen im 13./14. Jh. entstandenen Wohnturm auf einem dem Kloster Wilten gehörenden Grundstück errichtet hatten. Die Kolb sind 1435 erloschen, aber den Turm hatten sie bereits 1412 veräußert. Kurzfristig erwarb Marquard von Ems (-1445) das Haus, verkaufte es aber noch im selben Jahr an den Innsbrucker Bürger Hans Dorn. Die angrenzenden Häuser, die mit dem Turm ein Ensemble bilden, wurden später angefügt.

Der nächste Besitzer des Anwesens wurde der Kammerpräsident Wilhelm von Schurff (1484-11.4.1556), der Schloß Schönwer von den Fieger kaufte und seit 1510 die Herrschaft Ambras als Pfandlehen des Kaisers Maximilian I. innehatte. Den Namen "Karlsburg" bekam das Anwesen aber erst unter seinem Enkel, Karl von Schurff (1548-2.4.1626), am 9.9.1608 mit Genehmigung des Erzherzogs Max III.

Dieser Karl von Schurff zu Schönwer (Schönwerth, Schönwörth, Schönwer in Volders), Niederbreitenbach und Karlsburg, Freiherr auf Mariastein, war Erblandjägermeister von Tirol und Pfandinhaber des Urbar-, Zoll- und Umgelteramts der Herrschaft Kufstein. Er war erzherzoglicher Rat sowie Kämmerer, Erzherzog Ferdinands oberster Hofmarschall, und außerdem Pfleger von Rottenburg, Schloßhauptmann zu Kufstein, Viertelshauptmann der Städte und Herrschaften Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel. Er war es, der den Kolbenturm 1582-1585 um zwei Geschosse erniedrigte und mit Renaissance-Freskenschmuck versah, der 1959 nach vorgefundenen Resten erneuert wurde. Wilhelm von Schurff erhielt für den städtischen Ansitz am 9.8.1550 eine Steuerbefreiung, Karl von Schurff bekam 1585 das Freisassenrecht. Im Jahre 1587 hatte Karl das Schloß und die mit Gerichtsbarkeit ausgestattete Hofmark Mariastein bei Kufstein von den Freiherren Ilsung erworben, und davon leitete er den Freiherrentitel ab. 1608 wurde das Anwesen Karlsburg zum freien Adelssitz. Karl Schurff, unter dem die Familie den größten Reichtum, den größten Einfluß und die größte Macht hatte, verstarb 1626 in Kufstein.

Er hatte noch einen Bruder, Christoph Schurff, der Domherr des Erzstiftes Salzburg war. Karls Sohn, Ferdinand Schurff, trat das Oberjägeramt an die Fieger ab. Und dann ging es ganz schnell bergab mit der Familie. Bis 1629 wohnte in der Karlsburg noch Karls Witwe, Maria Polyxena geb. von Closen (-27.8.1629). In der Mitte des 17. Jh. kam die Karlsburg in landesherrlichen Besitz, als Erzherzog Ferdinand Karl 1653 das Anwesen für seine Edelknaben zur Unterkunft kaufte. Im Jahre 1665 kam das Haus an den Regierungspräsidenten Johann Georg Graf Königsegg zu Aulendorf (1598-11.2.1666), vermählt mit Eleonore von Hohenems. Der Ansitz blieb bis 1730 im Besitz der Grafen Königsegg, dann gehörte er von 1764 bis 1862 den Grafen Sarnthein zu Rottenbuech, Kellerburg und Kränzlstein, von 1862 bis 1901 dem Kaufmann und Papierwarenhändler Franz Serafin Tschoner (1810-1901), der hier ein Ladengeschäft betrieb, und ab 1902 der Stadt Innsbruck. Heute wird das Anwesen als Wohn- und Geschäftshaus genutzt.

Die obige Abb. (unten eine Ausschnittsvergrößerung des Schildes) zeigt das an der Fassade der Karlsburg neben dem Durchgang zum Marktgraben angebrachte Wappen von Karl Schurff zu Schönwer (Schönwörth, Schönwerth). Der Feuerstein bzw., um den redenden Charakter des Wappens zu verdeutlichen, das Schurfeisen befindet sich sowohl im Schild als auch in der Helmzier, wobei das Schurfeisen der Helmzier oben in der Mitte mit einem Schaft besteckt ist, der hier zwar abgebrochen ist, vermutlich aber einmal einen Federbusch trug, was aber wegen der Zerstörung der obersten Partie heute nur noch gemutmaßt werden kann. Im Siebmacher Band BayA3 Seite: 75 Tafel: 46 wird das Wappen einer Tiroler Familie Schurff beschrieben, mit blauem Feld und goldenem Schurfeisen, die Decken blau-golden, die Helmzier golden mit schwarzem Hahnenfederbusch, so nach dem Kernschen Stammbuch. Zwei Löwen dienen hier im Relief als Schildhalter. Der Stein stammt von 1585 und ist heute an einer modernen Fassade eingemauert. Der südliche Gebäudetrakt, an dem sich das Wappen befindet, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und wiederaufgebaut.

Ein vermehrtes Wappen der Familie Schurff ist in Kufstein auf einem an der Außenwand der Dreifaltigkeitskirche eingelassenen Grabstein zu sehen; es ist für die Ehefrau des Karl Schurff.

Literatur, Links und Quellen:
Rudolf von Granichstaedten-Czerva: Alt-Innsbrucker Stadthäuser und ihre Besitzer, Band 1-4, Sensen-Verlag, Wien 1962-1966.
Dieses Haus betreffender Auszug:
http://www.austroaristo.com/themen/genealogie/59-gen-chroniken/gra-innsbruckhaus/2660-gra-karlsburg.html
Denkmalgeschützte Objekte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgeschützten_Objekte_in_Innsbruck-Innenstadt/L-Z
Austria-Forum:
http://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Burgen_und_Schlösser/Tirol/Karlsburg
Dehio-Handbuch, die Kunstdenkmäler Österreichs - Tirol, bearb. von Gert Amman, Erich Egg, Johanna Felmayer, Josef Franckenstein, Wolfram Heike, Horst R. Huber, Herta Öttl, Meinrad Pizzinini, Wien 1980, S. 24 ff.
Kolbenturm:
http://www.sagen.at/fotos/showphoto.php/photo/43964
Karl Schurff:
http://monasterium.net/mom/DE-BayHStA/KUFrauenchiemsee/1394_1/charter
Geschichte der Schlossergasse:
http://issuu.com/innsbruckinformiert/docs/_innsbrucker_stadtnachrichten_198706_nr06_gesamt/32 - http://www.literature.at/viewer.alo?objid=1031755&viewmode=fulltextview&rotate=&scale=3.33&page=32
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben.
Ludwig Hohenbühel genannt Heufler zu Rasen: Beiträge zur Geschichte des Tiroler Adels, Jahrbuch Adler 1891, Seite 52-54. Betr. Abschnitt online:
http://www.austroaristo.com/themen/genealogie/62-gen-chroniken/hohenbuehel/3350-heuf-schurf.html

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