Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2115
Molsberg (Westerwaldkreis)

Schloß Molsberg im Westerwald

Das barocke Schloß Molsberg, privat bewohnter Familienbesitz der Grafen von Walderdorff, befindet sich auf einer Terrasse an dem nach Norden abfallenden Eichberg. Am Ende einer dreireihigen Lindenallee trennt ein schmiedeeisernes Gitter den eigentlichen Schloßbereich von den Bereichen der Zufahrt und der Verwaltungsgebäude ab. Ganz untypisch für barocke Konzepte läuft jedoch die zentrale Achse ins Leere, und das aus zwei L-förmig aneinanderstoßenden Flügeln gebildete Herrenhaus liegt linkerhand, während rechts ein paar Felsen aus der Schloßterrasse herausragen. Das zeigt, daß diese Anlage einst viel größer geplant war und nie vollendet wurde: Wir sehen nur den linken Teil einer gewaltigen Anlage, deren Mittelrisalit in der zentralen Achse gelegen hätte, an den sich rechterhand noch einmal der gleiche Baukörper wie heute zu sehen, aber spiegelverkehrt angeschlossen hätte. Der Tod des Bauherrn hatte die Fertigstellung verhindert, und so schließt der Nordflügel an seiner Ostseite ab, wo es eigentlich rechts hätte weitergehen sollen. Das Schloß selbst kann nicht besichtigt werden, aber der angrenzende, im späten 18. Jh. unter der Leitung von W. J. Castello angelegte Landschaftspark im englischen Stil am Hang des Schloßberges mit gewaltigen Bäumen, darunter einige botanische Seltenheiten und Kostbarkeiten, und mit Schloßweiher an der tiefsten Stelle des Geländes steht zur Besichtigung offen.

Vor dem ab 1760 entstandenen Barockschloß stand hier eine hochmittelalterliche Burg auf dem Bergsporn, und zwar die Stammburg der Edelherren von Molsberg. Heute erscheint die idyllische Westerwaldlandschaft wie tiefste Provinz, im Mittelalter jedoch verlief hier eine Straße zwischen Köln und Frankfurt, und genau wie Hartenfels und Weltersburg schützte auch die etwa zeitgleich entstandene Burg Molsberg diese Fernhandelsstraße. Diese Burg und ihre Besitzer werden 1116 urkundlich genannt, und der Erwähnte ist ein Anselmus von Molsberg. Die Herren von Molsberg hatten im nordöstlichen Westerwald und im südlichen Siegerland ausgedehnten Besitz, Allodien und Lehen. Der erste Schritt von vielen zum späteren Übergang von Molsberg an die von Walderdorff war, daß Dieter von Molsberg (1230-1276) seine Stammburg im Jahre 1273 dem Trierer Fürstbischof zu Lehen auftrug. Die Gelegenheit zum nächsten Schritt beim Griff der Fürstbischöfe nach der Burg bot sich anläßlich eines Familienstreites, in dessen Verlauf die eine Partei, vertreten durch Giso II. von Molsberg, den Trierer Fürstbischof Kuno von Falkenstein um Hilfe bat, um Georg von Molsberg zur Herausgabe der Burg zu zwingen. Der Fürstbischof wurde Pfandherr der Burg, und schließlich verkaufte Giso II. von Molsberg seine Burg und seine Ländereien, so daß 1390 Kurtrier zur Gänze Eigentümer war und in der Folgezeit einen Burggrafen zur Verwaltung und Burgmannen zur Verteidigung einsetzte. Das Geschlecht der Herren von Molsberg erlosch in dieser Zeit. Vom neuen Eigentümer wurde die Burg um Burgmannenhäuser und mehrere Vorburgen erweitert.

Die Burg wurde von den Fürstbischöfen immer wieder verpfändet, so 1557 an die von Reiffenberg, danach an die von Eltz. Am 27.3.1657 wurde die Burg wieder ein Lehen, denn der Fürstbischof Karl Kaspar von der Leyen übergab den mittlerweile durch Kriegseinwirkungen arg heruntergekommenen Molsberger Besitz den Brüdern Wilderich, Philipp, Emmerich, Friedrich und Georg Friedrich von Walderdorff als Mannlehen mit dem Ziel, daß diese dafür zum einen die Pfandschulden bei den von Eltz abbezahlen und zum anderen den Wiederaufbau des nach Verlust der Dächer gänzlich verfallenen Gemäuers einleiten. So wurde Molsberg zur Keimzelle des ausgedehnten Walderdorffschen Besitzes im Westerwald, der später durch passende Zukäufe arrondiert wurde. Nach der Übernahme wurde die Burg 1670-1720 stückweise wiederaufgebaut, erst 1677-1679 die beiden Vorburgen, dann 1690-1720 die Kernburg, und dabei barockisiert, aber noch entstand nicht der radikale Neubau. Erst als mit Johann Philipp von Walderdorff ein 1701 auf Molsberg geborenes Familienmitglied seit 1756 auf dem Trierer Bischofsstuhl saß, waren einerseits ein hinreichendes Repräsentationsbedürfnis, andererseits auch der Einfluß und die Mittel gegeben, um den kompletten Neubau in Angriff zu nehmen: Die Burg wurde samt ihren späteren Veränderungen und Zubauten in den Jahren 1758-1759 abgebrochen, und 1760-1768 entstand das Barockschloß, oder vielmehr der linke Teil desselben als Fragment aus linkem Hauptflügel und linkem Seitenflügel, bis der Tod des Fürstbischofs den Geldfluß und damit auch die Bauarbeiten stoppte. Für die Verzögerungen, die letztlich nicht zur Fertigstellung führten, waren der hohe logistische Aufwand und vor allem auch Pfusch am Bau verantwortlich. Der Architekt war zuerst ab 1760 Johann Dillmann aus Mainz, der mit der Verwendung schlechter Materialien, falschen Abrechnungen und eklatanten Mängeln in der Bauausführung mehr schlecht als recht, dafür aber langwierig herumpfuschte, bis er endlich gefeuert und auf Schadensersatz verklagt wurde, und nach 1765 der kurtrierische Hofarchitekt Johannes Seiz, unter dem das Schloß nach Abtragung des unterdessen faulig gewordenen Daches dann zügig weitergebaut wurde und unter dem die Schloßkapelle entstand. Später lebte der Gedanke einer Fertigstellung wieder auf, aber es kam nie zu mehr als Skizzen, das Geld fehlte, und schließlich wandelten sich die Gesellschaft und ihre Bedürfnisse.

Heraldische Zeugnisse finden wir vor Betreten des eigentlichen Schloßbereiches: Der heraldisch linke Torpfosten trägt einen Schildhalterlöwen mit dem Wappen der Grafen von Walderdorff (Abb. oben), es ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz ein rot-silbern geteilter, doppelschwänziger Löwe, golden gekrönt (Stammwappen von Walderdorff), Feld 2 und 3: in Silber zwei rote Balken (Niederisenburg). Kleinode fehlen hier. Der Löwe wendet seinen Kopf der zwischen beiden Torpfosten hindurch verlaufenden Auffahrt zu. Der heraldisch linke Torpfosten trägt einen Schildhalterlöwen mit dem Wappen der Grafen von Stadion (Abb. unten), geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz drei (2:1) goldene Tannenzapfen (Thannhausen), Feld 2 und 3: in Silber ein rotes Kreuz, Herzschild: in Schwarz drei goldene Wolfsangeln (Wolfsanker) gestürzt (mit dem Ring nach unten) und pfahlweise (von Stadion). Zu diesem Wappen gehören drei hier nicht dargestellte Helme mit folgenden Kleinoden: Helm 1 (Mitte): ein schwarzes, golden gestreiftes Kissen, darauf eine goldene Wolfsangel (ein goldener Wolfsanker), mit dem Ring aufwärts, in dem ein Pfauenstoß steckt (von Stadion), Helm 2 (rechts): goldener Tannenzapfen (von Thannhausen), Helm 3 (links): ein schwarzer Flug. Decken schwarz-golden, schwarz-golden, rot-silbern.

Diese Wappenkombination paßt zu Lothar Wilhelm Freiherr von Walderdorff (26.11.1705-14.7.1752) zu Molsberg und Isenburg, kurmainzischer Kämmerer und Obrist der Leibgarde zu Pferd, und seiner am 19.11.1736 geehelichten Frau Maria Anna Philippina von Stadion-Warthausen und Thannhausen (14.1.1718-11.6.1784), Tochter von Johann Philipp Joseph Graf von Stadion zu Warthausen und Thannhausen (6.10.1652-2.1.1742) und Maria Anna Isabella Freiin Wambolt von Umstadt (15.10.1684-12.8.1764). Aus der genannten Verbindung entsproß ein Sohn, Franz Philipp Wilderich Graf von Walderdorff (22.3.1740-20.7.1828) auf Molsberg und Isenburg, der am 15.10.1793 in Eichstätt Maria Mauritia Johanna Freiin von Freyberg-Eisenberg (11.11.1770-21.3.1840) heiratete.

Ein weiteres vermehrtes Walderdorff-Wappen mit zwei widersehenden Löwen als Schildhaltern und bereits oben beschriebenen Inhalten befindet sich gegenüber dem südwestlichen Allee-Anfang jenseits der Straße, auf einer kleinen, mit Stufen zu erreichenden Anhöhe auf einer Wiese abgestellt. Der Schild wird ohne Kleinode geführt und von einer am oberen Rand beschädigten Rangkrone bedeckt.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenwerk wie angegeben
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
EBIDAT-Datenbank:
http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=57
Magnus Backes, Burg Molsberg - Gestalt und Baugeschichte, dargelegt anhand des barocken Burgmodells und der Archivalien des Familienarchivs Walderdorff, in: Die von Walderdorff - acht Jahrhunderte Wechselbeziehungen zwischen Region, Reich, Kirche und einem rheinischen Adelsgeschlecht, hrsg. von F. Jürgensmeier, Köln 1998, ISBN 3-88094-832-1, S. 31-71
Jörg Restorff, Die Schloß- und Residenzbautätigkeit des kurtrierischen Hofarchitekten Johannes Seiz (1717-1779) unter Johann Philipp von Walderdorff, in: Die von Walderdorff - acht Jahrhunderte Wechselbeziehungen zwischen Region, Reich, Kirche und einem rheinischen Adelsgeschlecht, hrsg. von F. Jürgensmeier, Köln 1998, ISBN 3-88094-832-1, S. 271-296
Jens Friedhoff, Barocke Schloßbaukunst zwischen Rhein und Lahn, in: Burgen und Schlösser im Westerwald - historische Wehr- und Wohnbauten zwischen Sieg, Lahn, Dill und Rhein, Hachenburg 1999, S. 61-73.
Hellmuth Gensicke: Molsberg und Weltersburg, in: Nassauische Annalen - Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, Band 69 (1958), S. 202-221.
Familienhomepage:
http://www.walderdorff.de/
Schloß Molsberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Molsberg - http://www.ich-geh-wandern.de/molsberg - http://www2.genealogy.net/vereine/ArGeWe/wewa2/w-orte/wallmerod/WW-Orte/MoWalder.htm - http://www.genealogienetz.de/vereine/ArGeWe/wewa2/w-orte/wallmerod/WW-Orte/Molsbschloss.htm - http://www.lebenimdorf.de/presse/die-vereine-und-gruppen/45-die-dramatische-baugeschichte-von-schloss-molsberg.html
Genealogie:
http://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=en&p=franz+philipp&n=von+walderdorff - http://geneall.net/de/name/993711/franz-philipp-graf-von-walderdorff/ - http://www.stammreihen.de/familygroup.php?familyID=F736N19W&tree=tree1&PHPSESSID=f175460a027aa7f03f901253e6acf2aa
von Walderdorff:
http://de.wikipedia.org/wiki/Walderdorff_(Adelsgeschlecht)
von Stadion:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stadion_(Adelsgeschlecht)

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