Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2068
Klausen (Chiusa, Italien, Provinz Bozen, Region
Trentino-Südtirol)
Grabsteine an der Pfarrkirche zum Hl. Andreas in Klausen
An der spätgotischen, vom Brixner Meister Benedikt Weibhauser errichtete und im Jahre 1494 eingeweihte Pfarrkirche zum Hl. Andreas in Klausen befinden sich außen zwei heraldisch interessante Grabsteine: Der erste Grabstein ist der älteste der Pfarrkirche und trägt die Inschrift: "HI(E)R LI(E)GT BEGRABEN DER ED(E)L VEST MICHAEL LVZ ZV GLATSCH SO DER 17. TAG JVNI IM 1582 IA(H)R VND DIE ED(E)LTVGENTSAME FRAV ROSINA LVZIN GEBOR(E)NE LEOPOLDIN SEIN EHELICHE GEMAEHL WELICHE DEN LETSTEN IANVARII IM 1605 IA(H)R IN GOTT CHRISTENLICHEN VERSCH(IE)DEN DEREN SAMBTLICHEN CHRISTGLAVBIGEN SEIHEN DER ALLMA(ECHTIG(E) GOTT GN(A)EDIG SEIN VND AINE FRO(EH)LICHE AVFERSTEHVNG ZVM EWIGEN LEB(E)N VERLEIHEN WOLLE AMEN". Es handelt sich also um Michael Luz zu Glätsch (gest. 17.6.1582) und seine Gemahlin Rosina Leopold (gest. 31.1.1605).
Das große Ehewappen über der Inschrift zeigt heraldisch rechts das Wappen des Ehemannes, das der Familie Luz zu Glätsch, es ist geviert, Feld 1 und 4: in Blau ein silberner, mit drei roten Kugeln (Ballen) belegter Schrägbalken zwischen zwei goldenen Sternen, Feld 2 und 3: in Gold ein golden gekrönter, schwarzer Adler. Auf dem bewulsteten Helm mit rechts rot-silbernen, links schwarz-goldenen Decken ein goldener Stern zwischen einem rechts rot-silbern, links golden-schwarz geteilten Flug. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Tir Seite: 23 Tafel: 26. Hanns Luz hatte von Kaiser Karl V. am 14.8.1544 aufgrund geleisteter Kriegsdienste zusammen mit seinen Brüdern Michael, Caspar und Ambrosi den Adelsstand erhalten. Der genannte Michael Luz kaufte den Sitz Glätsch in der Herrschaft Villanders im Eisacktal oberhalb von Klausen, Hans hingegen erwarb 1598 den Sitz Camp bei Klausen.
Im Rietstap wird das Wappen ebenfalls geführt mit dem Eintrag: "Écartelé aux 1 et 4 d'azur à la bande d'argent chargée de trois tourteaux de gueules et accompagnée de deux étoiles d'or, aux 2 et 3 d'or à l'aigle de sable couronnée du champ, Casque couronné, Cimier une étoile d'or entre un vol coupé à dextre de gueules sur argent à senestre d'or sur sable. Lambrequins conformes aux émaux du vol" - einziger Unterschied ist hier der Wulst anstelle der angegebenen Helmkrone. Seine Frau hat das redende Wappen der Familie Leopold (Leupold, Leupoldt), im schwarzen Schild einen silbernen, rotbewehrten Löwen, derselbe auf gekröntem Helm wachsend zu schwarz-silbernen Decken. Die Familie ist 15. Jh. von Münchberg in Oberfranken nach Innsbruck ausgewandert. Von dieser Familie gab es später noch ein vermehrtes Wappen, geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz der silberne Löwe, Feld 2: in Blau ein silbener, schreitender Hirsch, Feld 3: in Rot eine silberne, eingebogene Spitze, Herzschild: in Blau zwei schräggekreuzte silberne Schlüssel. Dazu werden zwei Helme geführt, Helm 1 (rechts): Stammhelm mit dem silbernen Löwen zu schwarz-silbernen Decken, Helm 2 (links): ein wachsender silberner Hirsch zu blau-silbernen Decken. Zum Herzschild würde ein außen mit Straußenfedern besteckter Ring oder Kranz als Helmzier gehören. Ein vermehrtes Wappen ist auf einem Grabstein im Alten Friedhof von Brixen (Bressanone) zu sehen (siehe dort).
Der zweite Grabstein trägt die Inschrift: "STA VIATOR QVI MARTE VINCI N(ON) POTVIT A MORTE VICT HIC IACET FRANCISCVS L(IBER) B(ARO) DE ZVNGENBERG PATER EI FVIT LEOPOLDVS BALTHASAR QVI ANNO 1686 IN OBSIDIONE BVDENSI CVM FILIO HOC SVO CAPTVS MELIOREM IN CAPTIVITATE LIBERTATEM INVENIT DVM EIVRATO MACHOMETE SACRATVM DIXIT DEO CAESARI TVRCARVM HOSTIS EX CIVE FACTVS ACERRIMUS PATRE MINOR N(ON) ERAT FILI MARTII SPIRIT EX ASSE HAERES TESTIS EST ROMANVM IMPERIVM GALLIA ITALIA HVNGARIA TVRCIA VBI DOMVIT HOSTES EXPVGNAVIT VRBES ET VIRTVTIS PRAEMIA RETVLIT VVLNERA MILITARIS GLORIAE FASTIGIVM NON ALIENIS EVECTVS HVMERIS SED PROPRIIS CONSCENDIT MERITIS PRIMVM CAPITANE EQVESTER TVM SVPREM VIGILIARVM PREFECT POSTEA PRO TRIBVNVS ET TRIBVNVS ACTVALIS LEGIONIS EQVITVM HVNGARORVM DENIQ CAMPI MARSCHALLI LOCVM TENENS EX ITALIA PROFECTVRVS IN AVSTRIAM IPSA IN VIA AETERNITATIS ITER EST INGRESSVS ET VITAM CLAVSIT CLVSINAE ANNO 1735 DIE 17 FEB(RVARII) CECIDIT MORTIS VICTIMA QVI PRO RELIGIONE AC CAESARE ANNIS 30 ET VLTRA IN ARMIS STETIT SI VITA TERMIN SPECTES ANNOS 59 NATVS SI GLORIA IMORTALIS." Danach folgt eine zweite Inschrift aus Majuskeln und Minuskeln, die ein Chronostichon bildet: C + I + C + I + C I + L + I + I + V + L + L + L + I + C + I + C + V + L + I + C + I + V + C + I + C + V + I + L + D + V + L + L = 1736.
Freie Übertragung: Halt an, Wanderer! Der im Krieg nicht besiegt werden konnte, wurde vom Tod besiegt. Hier liegt Franz Freiherr von Zungenberg. Sein Vater war Leopold Balthasar, der im Jahr 1686 bei der Belagerung von Buda zusammen mit diesem seinen Sohn gefangen wurde und dann in der Gefangenschaft eine bessere Freiheit fand, als er Mohammed abschwor und Gott und dem Kaiser den Treueid leistete und so von einem ihrer einstigen Mitbürger zu einem Feind der Türken wurde. Leidenschaftlicher Kampfgeist zeichnete den Sohn nicht weniger als den Vater aus, in allem sein Erbe. Zeugen sind das Römische Reich, Frankreich, Italien, Ungarn und die Türkei, wo er Feinde zähmte, Städte erkämpfte und als Quittung seiner Tapferkeit verwundet wurde, Höhepunkt seines Kriegsruhms. Nicht durch fremde Schultern emporgetragen, sondern durch eigene Verdienste stieg er auf. Zuerst war er Rittmeister, später Generalfeldwachtmeister der ungarischen Reiterlegion, schließlich Feldmarschalleutnant. Als er von Italien nach Österreich ziehen wollte, hat er auf diesem Weg die Reise in die Ewigkeit angetreten und sein Leben in Klausen am 17. Februar 1735 beschlossen. Er fiel als Opfer des Todes, nachdem er für Religion und Kaiser mehr als 30 Jahre unter Waffen stand, 59 Jahre alt, schau, wie sein Leben endete, was für ein unsterblicher Ruhm. Errichten ließ (den Grabstein) auf Anordnung des Kaisers der Wirkliche Sekretär des Hofkriegsrates Franciscus Gabriel von Sonnenburg und Sallegg.
Welche Lebensgeschichte in bewegten Zeiten verbirgt sich hinter diesen Zeilen! Der von der österreichischen Heeresleitung aufgestellte Stein erinnert an Franz Leopold Freiherr von Zungenberg, Sohn von Leopold Balthasar von Zungenberg (andere Schreibweisen: Zungaberg, Czungenberg; der Vater wird auch als Joseph Balthasar geführt). Diese aus Bosnien stammende Familie hieß ursprünglich anders, der 1641 geborene Vater Mehmed-Beg war Vizepascha und wurde ungarisch Czonka-Beg (Bey) genannt. Das hatte seine Ursache im Verlust der linken Hand, die durch eine metallene Prothese ersetzt wurde, und wörtlich hieß der Spitzname "verstümmelter Anführer". Bei den Osmanen hieß er Colak Beg. Bei der Belagerung von Budapest (Ofen) im Jahre 1686 gerieten der im türkischen Heer als Offizier dienende Vater und sein 1676 geborener Sohn in österreichische Gefangenschaft und wurden in Wiener Neustadt gefangengesetzt. Ofen bzw. Buda war seit 1541 unter osmanischer Herrschaft und war nun vom österreichischen Heer zurückerobert worden. Vater und Sohn wurden 1688 unter dem Einfluß der ortsansässigen Jesuiten bekehrt, schworen dem muslimischen Glauben ab, traten zum Katholizismus über und erlangten so die Freiheit, und den bosnisch-türkischen Namen änderten sie in das dem "Czonka-Beg" ähnlich klingende "Zungenberg", in dem die Herkunft von einem "verstümmelten Anführer" kaum noch erkennbar weiterlebt. Die Taufe der Familie fand am 6.1.1696 in der Wiener Hofburgkapelle durch den Erzbischof Ernst Graf Trautson statt. Czonka-Begs Ehefrau Fatima wurde auf den Namen Maria Magdalena Elizabeth getauft. Das Kaiserpaar Leopold und Eleonora übernahm die Patenschaft für die Familie. Aufgrund des bisherigen hohen Ranges wurde die Erhebung in den erblichen Adelsstand des Kaiserreiches ausgesprochen. Der Sohn Franz Leopold von Zungenberg trat nach seiner in Wien erfolgten Erziehung auf Kosten des Kaisers in das österreichische Heer ein und war auf allen Kriegsschauplätzen seiner Zeit zu finden: Frankreich, Korsika, Norditalien, Ungarn, Türkei, Serbien. Den ungarischen Freiherrenstand bekam Franz von Zungenberg am 10.6.1709. Er wurde 1702 Rittmeister im Husarenregiment seines Vater, dann in Husarenregiment Czobor, 1730 Oberst und Kommandeur des Regiments, 26.10.1733 Generalfeldwachtmeister, 15.5.1734 Feldmarschalleutnant der Kavallerie und beschloß sein Leben am 17.2.1735 in Klausen auf der Heimreise nach Wien, nachdem er in der Schlacht von Guastalla während des polnischen Erbfolgekrieges am 19.9.1734 schwer verwundet worden war und ihn beim Übergang des Oglio ein Schlagfluß getroffen hatte. Von ihm wurde gemäß Testament vom 21.6.1721 die Jesuiten-(Vorstadt-)Kirche in Wiener Neustadt gestiftet (sog. Zungenbergsche Stiftung), deren Grundstein am 6.2.1738 gelegt wurde und die am 14.11.1745 dem Hl. Leopold geweiht wurde.
Das Wappen der Freiherren von Zungenberg zeigt auf golden gekröntem Dreiberg einen gestümmelten, geharnischten, abgewinkelten Arm, dazu zwei gekrönte Helme: Helm 1 (rechts): ein wachsender ungarischer Krieger mit Hut und mit einem Streitkolben in der Rechten, die Linke eingestemmt, Helm 2 (links): auf dem Helm ein mit dem Ellenbogen aufgestützter, abgewinkelter Arm mit Krummsäbel in der Faust vor einem Flug, Hinweise zu den Tinkturen willkommen, gemäß einem gemalten Portrait ist der Arm anscheinend rot, der Flug schwarz, insgesamt heraldisch nicht einwandfrei. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Un Seite: 738 Tafel: 504, aber mit dem Hinweis, daß die Tinkturen noch zu eruieren sein dürften. Die Symbole sind allesamt Elemente, die sich auf die Familiengeschichte beziehen: der Ungar, der gestümmelte Arm, der zungenförmige Drei-Berg; und die militärischen Versatzstücke und Trophäen rund um das Wappen passen zu der militärischen Karriere des Franz Freiherr von Zungenberg. Er hinterließ seiner Witwe, Eva von Kellió, die einst von der Gräfin Czoher käuflich erworbene Herrschaft Branitsa im Neograder Komitat; Kinder hatte das Paar nicht.
Literatur,
Links und Quellen:
Grabstein: http://www.kgv-klausen.it/cms/front_content.php?idcat=33
Grabstein: http://www.kgv-klausen.it/cms/front_content.php?idcat=34
Pfarrkirche: http://www.kgv-klausen.it/cms/front_content.php?idcat=31
restaurierte Kunstdenkmäler: http://www.kgv-klausen.it/cms/front_content.php?idcat=7&lang=1
Zungenbergsche Stiftung: http://www.computerschule.at/leopold/main_geschichte.htm
Vorstadtkirche St. Leopold: http://www.planet-vienna.com/spots/vorstadtkirche/vorstadtkirche.htm
Biographie F. L. v. Zungenberg: http://192.124.243.55/cgi-bin/gkdb.pl?x=u&t_show=x&wertreg=PER&wert=zungenberg%2C+franz+leopold+freiherr+von++-+BIOGRAFIE&reccheck=,90793
Zungenberg sen.: http://www.kuk-wehrmacht.de/biograph/f0027czungenberg.html
Karl Teply, Mehmed Colak-Beg / Leopold Frhr. v Zungenberg.
Mitteilungen des Instituts für österreichische
Geschichtsforschung Nr.80, 1972, S.113 - Rezensionen S. 156
Zungenberg: http://www.meinbezirk.at/theresienfeld/politik/eine-erfolgreiche-integrationsgeschichte-aus-theresienfeld-d687652.html (mit falschem Sterbeort)
Zungenberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_kaiserlichen_Generale_der_Fr%C3%BChen_Neuzeit/C
Zungenberg jr.: http://www.kuk-wehrmacht.de/biograph/f0011czungenberg.html
ein herzliches Dankeschön an Herrn Albrecht
Leupold aus Heroldsbach für wertvolle Hinweise zur Familie
Leopold und zu den Tingierungen
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2014
Impressum