Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2063
Hall in Tirol (Österreich, Bundesland Tirol, Bezirk
Innsbruck-Land)
Die Pforten der Pfarrkirche St. Nikolaus in Hall in Tirol
St. Nikolaus in Hall in Tirol ist eine Pfarrkirche am Oberen Stadtplatz in der Altstadt. Mit zunehmender Bedeutung der Stadt Hall wurde die aus dem 13. Jh. stammende Kirche mehrfach umgebaut, erst 1352 erweitert, dann 1420-1440 zu einer dreischiffigen Kirche umgebaut, wobei der alte, 1312-1318 errichtete Chor behalten und lediglich erhöht wurde, so daß er heute achsenversetzt steht. Bedeutende Ein- und Anbauten sind die Waldauf-Kapelle im Norden (geweiht 1501) und die Fieger-Kapelle im Westen (fertiggestellt 1490). Beide Familien haben reiche heraldische Spuren in der Kirche hinterlassen, und sowohl die Vorhalle unter der Fieger-Kapelle als auch die Arkaden des ehem. Friedhofs enthalten viele heraldisch interessante Grabtafeln. Bei all der Pracht dieser Tafeln übersieht man leicht die mit heraldischen Motiven verzierten Schloßblätter der Kirchentüren, prachtvolle Meisterwerke der Schmiedekunst aus dem frühen 16. Jh., hier sowohl in natürlichem Tageslicht als auch nächtens mit Seitenblitz photographiert.
An der Nordtür der Pfarrkirche befindet sich eine einflügelige Tür, deren Schloßblende in filigraner Arbeit das Motiv des Stadtwappens vor Arabeskenhintergrund trägt. Das Stadtwappen von Hall in Tirol zeigt in Rot eine von zwei gekrönten goldenen Löwen gehaltene, silberne Salzkufe mit goldenen Reifen (Siebmacher Band: St Seite: 4 Tafel: 5). Das Wappen mit dem aus Holzdauben gefertigten Salztransportgefäß ist seit 1316 nachweisbar, und die beiden Löwen sind eine Wappenbesserung aus dem Jahr 1501; sie wurden der Stadt von Kaiser Maximilian I. gewährt. Die Salzkufe illustriert die wirtschaftliche Bedeutung des Salzbergbaus für Hall.
Zwei weitere, gleichermaßen mit Wappen versehene, filigran durchbrochene Schloßschilde sind an den beiden Flügeln der westlichen Hauptzugangstüren der Pfarrkirche zu sehen. Die beiden gleichgearbeiteten Blenden zeigen jeweils das Allianzwappen von Florian von Waldauf und seiner Gemahlin Barbara Mitterhofer (auch: Mittenhofer). Die gleichen Wappen begegnen uns im Innern der Kirche am Gitterabschluß der Waldaufschen Kapelle, welche die letzte Ruhestätte des 1510 verstorbenen kaiserlichen Rates und seiner Frau ist. Und das Waldauf-Wappen ist dort auch als farbig gestaltetes Fenster zu sehen.
Das Stammwappen der Waldauf zeigt in Schwarz zwei pfahlweise nach außen gekehrte, miteinander verschränkte goldene Schlangen, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken die Schildfigur. Das vermehrte Wappen der Waldauf Ritter von Waldenstein ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz zwei pfahlweise nach außen gekehrte, miteinander verschränkte goldene Schlangen (Stammwappen Waldauf), Feld 2 und 3: in Rot zwei silberne Doppelsparren übereinander. Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken zwei pfahlweise nach außen gekehrte, miteinander verschränkte, gekrönte goldene Schlangen, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Flug, beiderseits mit zwei silbernen Doppelsparren übereinander belegt. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 241 Tafel: 134 und im Alberti S. 963. In der Literatur wird das Motiv in den Feldern 2 und 3 als Zickzackbalken angesprochen, was nicht zutreffend ist, denn ein solcher ist meist fünfmal abgeknickt, drei sparrenförmigen Teilstücken entsprechend, während eine Figur mit zwei solcher Elemente als Doppelsparren angesprochen wird. Das Wappen der Ehefrau Barbara Mitterhofer zeigt einen goldenen Greifen, der in seinen vorderen Klauen eine goldene Krone emporhält, auf dem gekrönten Helm die Schildfigur (Tinktur nach Gitter, Hinweise auf vollständige Tinkturen und Literaturstellen willkommen). Florian Waldauf hatte im Jahre 1491 die Tochter eines Baumeisters aus Schwaz geheiratet, und die Beiden hatten drei Söhne, von denen aber zwei schon früh verstarben. Der dritte Sohn war Hans (Johann) Waldauf von Waldenstein, er war mit Margarethe Stöcklin verheiratet, blieb aber kinderlos. Lt. Alberti wurde jedoch ein Christoph Waldauf von Waldenstein 1551 von Herzog Christoph von Württemberg mit dem Schloß Waldenstein belehnt, das die Familie noch 1586 besaß.
Der um 1450 im osttirolischen Anras geborene und im Jahre 1510 am 13.1. in Kolsassberg verstorbene Florian Waldauf Ritter von Waldenstein war von einfacher bäuerlicher Herkunft. Sein Vater war der Landwirt Jörg (Georg) Waldauf aus Asch (Anras), seine Mutter war Walburga Wiser. Florian hatte noch vier Brüder: Hans, Lienhard, Nicolas und Peter. Florians Lebensgeschichte ist die eines beispielhaften gesellschaftlichen Aufstiegs. Der Sohn von Bergbauern wurde zunächst Schreiber in der Innsbrucker Hofkanzlei im Dienste des Erzherzogs Sigismund des Münzreichen, und danach trat er in die Dienste des römisch-deutschen Königs Maximilian I. von Habsburg. Er arbeitete nicht nur in der Kanzlei, sondern diente auch im Heer. Für seine tapfere Haltung und seine Bemühungen, seinen Herrn zu befreien, als beide 1488 in Brügge von den dortigen Bürgern gefangengesetzt worden war, überschüttete ihn Maximilian mit seiner Gunst: Er erhob ihn in den Adelsstand mit dem Titel "von Waldenstein". Waldenstein ist ein Schloß in Württemberg, welches der Familie gehörte. Florian Waldauf von Waldenstein gehörte von nun an zur engeren Entourage und zu den engsten Mitarbeitern des Königs und begleitete diesen auf seinen Reisen und Kriegszügen. 1490 wurde er vom Kaiser in Stuhlweißenburg in Ungarn in den Ritterstand erhoben. Florian Waldauf Ritter von Waldenstein ebnete als Gesandter in königlichem Auftrag in Spanien die Wege für die Hochzeit von Maximilians Sohn Philipp I. (22.6.1478-1506) mit Juana Reyna de Castilla y de Aragón (6.11.1479-1555) einerseits und von Maximilians Tochter Margarethe v. Österreich (10.1.1480-1530) mit Juan Infante de Castilla y de Aragón (28.6.1478-4.10.1497) in die Wege zu leiten. Die erste, wichtigere Hochzeit fand am 21.8.1496 in Lier statt, und aus dieser Ehe ging der spätere Kaiser Karl V. hervor. Durch diese beiden Hochzeiten wurde der Grundstein zur Vereinigung beider Reiche gelegt. Sein Auftraggeber und Gönner Maximilian, der seit 1493 Erzherzog von Österreich war, wurde 1508 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. 1509 beauftragte Kaiser Maximilian Florian Waldauf, sich um den Bau seines Mausoleums in Innsbruck zu kümmern. Florian Waldauf wurde auch Mitglied des angesehenen Kannenordens.
Florian Waldauf Ritter von Waldenstein war in Tirol Pfandbesitzer des fürstlichen Schlosses Rettenberg in der Gemeinde Kolsassberg, welches er 1492 wieder aufbaute und dessen Ruinen wir heute sehen können. Rettenberg war eigentlich eine Burg der Rottenburger. Heinrich von Rottenburg, der Letzte seines Geschlechtes, lehnte sich 1410 gegen den Tiroler Landesherrn auf mit dem Ziel, ihn abzusetzen, zog aber bei seinem Aufstand den Kürzeren, geriet in Gefangenschaft und verlor alle seine Herrschaften und seine beiden Hauptburgen Rottenburg und Rettenberg an Erzherzog Friedrich IV. 1411 übernahm Hanns von Emps die Pflegschaft von Rettenberg. 1419 gingen die recht heruntergewirtschaftete und vernachlässigte Burg und das Gericht Rettenberg gegen 8000 Gulden an Eberhard Graf von Kirchberg, der Agnes von Wertenberg geheiratet hatte, die Witwe des Aufrührers Heinrich von Rottenburg. 1492 verzichtete Graf Eberhard d. J. von Kirchberg auf Rettenberg, es fiel zurück an den Landesherrn, der es gegen 9000 Gulden an Florian Waldauf Ritter von Waldenstein verpfändete, und dieser baute 1500-1510 nordwestlich der alten Burg das Schloß Neu-Rettenberg nach modernsten Erfordernissen der Wehrtechnik (und auch der Repräsentation) neu auf. Die alte Burg diente als Steinbruch. 1506 war das Wohnschloß fertig. Bis zu seinem Tod investierte er die riesige Summe von 12000 Gulden in den Neubau. Sein Herr und Gönner Maximilian war oft zur Jagd zu Besuch auf Rettenberg. Auf diesem Schloß verstarb Florian Waldauf 1510, wobei das neue Schloß insgesamt noch nicht ganz fertiggestellt war - bei den Verteidigungsanlagen gab es noch etwas zu tun. Nach dem Tod des Florian Waldauf kam Rettenberg 1528 an Oswald von Wolkenstein, weil sich der einzige überlebende Sohn Hans (Johann) Waldauf von Waldenstein nicht um die Burg kümmerte, bis er die Pfandherrschaft für 14000 Gulden an den Erstgenannten veräußerte, der die Wehranlagen fertigstellte, 1535 folgten Simon und Hans von Wolkenstein als Pfandherren. Dann kam Rettenberg 1559 an Wilhelm Gienger, an die Puchheim, 1594 an Johann Kolowrat, an Anton Freiherr von Landau, an Erasmus von Landau, 1610 an den Hofsekretär Johann Dücker von Haslau, 1611 an dessen Witwe und schließlich 1649 (Pfandherrschaft für 24300 Gulden) bzw. 1791 (Erwerb als Eigentum) an die Grafen Fieger von Friedberg, unter denen es verfiel. Danach wurde das Schloß 1798 an Viktor Frhr. von der Lochau verkauft. Das 24 x 19 m große, einst fünfgeschossige Wohngebäude des Schlosses wurde im 19. Jh. größtenteils abgebrochen, die erste Plünderung zur Gewinnung von Baumaterial setzte 1810 durch Pfarrer Ruef von Kolsass ein. Nur die rechteckige Ringmauer mit vier nach innen offenen Eckrondellen blieb erhalten, dazu ein innerhalb der Mauern gelegenes Bauerngehöft.
Eine ganz andere Facette der Persönlichkeit von Florian Waldauf war seine fromme Seite. Seiner Frömmigkeit verdanken wir mehrere Stiftungen, darunter auch die Waldaufkapelle der Haller Pfarrkirche St. Nikolaus. Die Vorgeschichte dazu ist eine Seefahrt, bei der König Maximilian und sein Vertrauter 1489 bei einer Reise in die Niederlande in der Zuidersee in Seenot gerieten. Zur Abwendung eines Unglücks gelobte Florian von Waldauf eine fromme Stiftung. Glücklich gerettet und zurück in der Heimat, begann er das Gelöbnis in Form einer an die Nordseite der Pfarrkirche angebauten und im Jahr 1500 eingeweihten Marienkapelle mit einer umfangreichen (und größtenteils falschen) Reliquiensammlung umzusetzen, wobei letztere, das Ergebnis langjähriger Sammeltätigkeit quer durch Europa und eine der größten Sammlungen der Zeit, 1501 in einer gigantisch aufwendigen Prozession von Schloß Rettenberg in die Kapelle überführt wurde (sog. Haller Heiltumssammlung). Sein Dienstherr Maximilian war stets der Garant für die Durchführung dieser Stiftung, so bestätigte er am 4.11.1494 in Antwerpen die Stiftung einer Kapelle in der St. Nikolaus-Kirche zu Hall samt einer ewigen Prediger- und Kaplansstelle sowie weitere fromme Stiftungen in Kolsass und Schwaz, weiterhin nur wenige Tage später, am 12.11.1494 in Antwerpen die Stiftung sowie die Einsetzung des Bürgermeisters und des Rates der Stadt Hall als Prokuratoren, falls Waldauf vor Durchführung der Stiftung stürbe. Kurz zuvor hatte Florian Waldauf sich bereits am 27.10.1494 in Mecheln von Maximilians Kanzlei eine andere Stiftung bestätigen lassen, nämlich die Übertragung der Stiftung einer ewigen Messe, eines ewigen Jahrtags mit Vigil, Amt und Messe sowie etlicher Vespern und Ämter und ein ewiges Licht für den Großvater seiner Frau, Georg Mitterhofer im Stockach zu Schwaz, von der Liebfrauenkirche zu Schwaz auf die Kirche St. Nikolaus in Hall. Eine weitere Stiftung, die an die Seenot in den Niederlanden erinnert, ist die sog. Frauensteiner Schutzmantelmadonna in Molln, unter deren Mantel Kaiser Maximilian und Florian Waldauf mit seinen beiden Frauen zu sehen sind. Der Stifter dieser Madonna war Maximilian. Weiterhin begegnet uns die Familie auf einer Tafelmalerei von Marx Reichlich (1460-1520) im Stadtmuseum Hall, dort ist auf einer Tafel eines Flügelaltars Barbara Mitterhofer mit der Hl. Barbara und der Hl. Brigitta von Schweden zu sehen, auf einer anderen Tafel Florian Waldauf mit dem Hl. Georg und dem Hl. Florian. Die Tafeln stammen vom ehemaligen Altar der Marienkapelle. Auch der Pfarrkirche in Kolsass machte er zahlreiche Schenkungen. Doch die bedeutendste Hinterlassenschaft des Ritters ist wohl die von ihm begründete Bibliothek, deren Bestand, seit 2003 als Leihgabe in der Universitätsbibliothek Innsbruck, zu den wichtigsten kirchlichen Bibliotheken Österreichs aus der Zeit um 1500 zählt.
Literatur,
Links und Quellen:
St.
Nikolaus: http://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_St._Nikolaus_(Hall_in_Tirol)
Abb. in: Archiv für Stamm- und Wappenkunde, Organ des Roland,
Vereins zur Förderung der Stammkunde, red. v. Lorenz Rheude,
4.
Jahrgang 1903-1904, Gebr. Vogt, Papiermühle bei Rhode S.-A.
1904, S. 105.
Abb. in: Emil Zellner, Das heraldische Ornament in der Baukunst,
Ernst & Sohn, Berlin 1903, 115 s/w Abb., VII, 104 S.
Hall in Tirol: http://de.wikipedia.org/wiki/Hall_in_Tirol
Liste der historischen Monumente: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgeschützten_Objekte_in_Hall_in_Tirol
Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber, Allgemeine
Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste, Verlag
von Johann
Friedrich Gleditsch Leipzig 1827, S. 260
Eduard Widmoser, Tiroler Wappenfibel, Tyrolia-Verlag, Innsbruck
1978, ISBN 3-7022-1324-4, S. 20.
Florian Waldauf: http://de.wikipedia.org/wiki/Florian_Waldauf
Wien HHSA, rrb X/1, 64v-68v. http://www.regesta-imperii.de/regesten/14-1-0-maximilian/nr/1494-11-12_11_0_14_1_0_1155_1150.html
Wien HHSA, rrb X/1, 58?60v. http://www.regesta-imperii.de/en/regesten/14-1-0-maximilian/nr/1494-10-27_5_0_14_1_0_1112_1108.html
Wien HHSA, rrb X/1, 60v?64. http://www.regesta-imperii.de/en/regesten/14-1-0-maximilian/nr/1494-11-04_4_0_14_1_0_1132_1128.html
R. Harb, Geschichte des Gerichtes und der Burg Rettenberg http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/VeroeffFerd_62_0073-0087.pdf
Wappen Waldauf: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Florian_Waldauf_Wappen.jpg = http://daten.digitale-sammlungen.de/0002/bsb00025552/images/index.html?fip=193.174.98.30&id=00025552&seite=9
Ernst Verdroß-Droßberg, Florian Waldauf von
Waldenstein,
Schlern-Schriften 184, Innsbruck 1958.
Stadtmuseum Hall: http://archive.is/1iJrW
Rettenberg: http://burgen.tibs.at/burgen_schlosser_tirol/rettenberg.htm
Rettenberg: Georg Clam Martinic, Österreichisches
Burgenlexikon
- Schlösser, Burgen und Ruinen, 1991
Burg Rettenberg: http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=1007
Rettenberg: Wilfried Bahnmüller, Burgen und Schlösser
in Tirol,
Südtirol und Vorarlberg, Niederösterreichisches
Pressehaus
2004, ISBN 3-85326-333-X, S. 44-45
Verena Friedrich, Romedio Schmitz-Esser, Hall in Tirol,
Pfarrkirche St. Nikolaus, PEDA-Kunstführer Nr. 665/2007, ISBN
978-3-89643-665-8
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