Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1963
Bad Wimpfen (Landkreis Heilbronn)

ehem. Dominikanerkirche, Epitaph für Engelhard VIII. von Weinsberg

Dieses Epitaph ist als Pendant zu demjenigen der Anna von Ehrenberg an der Südseite des Kirchenschiffes in die Wand eingelassen, zu finden direkt rechts neben der den Chor abgrenzenden Balustrade und mit etwas Abstand links neben der Kanzel, unterhalb der mittelalterlichen Wandmalereien, zum Teil mit den Fialen in sie hineinreichend. Beherrschend ist die Darstellung des Verstorbenen in ritterlicher Rüstung mit Kettenhemd und Kettenhaube, mit Arm- und Beinschienen und mit Panzerhandschuhen, mit einem das Gesicht freilassenden Helm und mit umgegürtetem Schwert auf der linken Körperseite und mit Dolch auf der anderen Seite. Nur ein einziges Wappen ist dargestellt, dafür ist es ein Vollwappen mit Kleinod, und es nimmt das ganze Giebelfeld unter dem krabbengeschmückten Kielbogen ein. Eine Inschrift fehlt. Die rechte Hand ist eingebogen, als würde sie eine nicht mehr vorhandene Lanze oder Fahnenstange halten.

Das Epitaph ist für den seit 1359 urkundlich belegten und am 1.6.1417 verstorbenen Engelhard VIII. von Weinsberg. Er war der Sohn von Engelhard VII. von Weinsberg (- 20.12.1391) und dessen Frau Hedwig von Erbach (Tochter des Konrad VI. Schenk von Erbach und der Ida von Steinach). Sein Bruder war Konrad d. Ä. von Weinsberg (1340-1396), Erzbischof von Mainz. Engelhard VIII. von Weinsberg war verheiratet mit Anna Gräfin von Leiningen (-22.2.1413), Tochter des Grafen Emich VI. v. Leiningen-Hartenburg (-17.2.1381) und dessen Frau Luitgard (Lukard) v. Falkenstein. Er war 1391 österreichischer Landvogt im Breisgau und aller österreichischen Vorlande (Vorderösterreich) und 1404 Hofrichter des Königs Ruprecht III. von der Pfalz (1400-1410 römisch-deutscher König). 1411-1417 war er kurpfälzischer Rat.

Seit 1407/11 war er Reichserbkämmerer, ein 1407 erlangtes Erbamt der Herren von Weinsberg, mit dem Engelhard und Konrad von Weinsberg anläßlich der Königskrönung in Frankfurt offiziell 1411 belehnt wurden. Die Markgrafen von Brandenburg waren zwar die Erzkämmerer (Archicamerarius), die als Amtszeichen in blauem Herzschild ein goldenes Reichszepter führten, aber die Herren von Weinsberg waren als deren Stellvertreter die Reichserbkämmerer bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1507 mit Philipp d. J. von Weinsberg, worauf dieses Amt an die Grafen von Hohenzollern ging, die bereits 1504 eine Anwartschaft darauf erhalten hatten, 1505 eine Erbverbrüderung mit Philipp von Weinsberg über beiderseitige Belehnung mit dem Erbamt eingegangen waren und später als Zeichen dieser Würde einen roten Herzschild mit zwei schräggekreuzten goldenen Szeptern führten. Die Aufgabe des Reichserzkämmerers bzw. in Stellvertretung desselben des Reichserbkämmerers war es, bei der Krönungszeremonie im Hl. Röm Reich symbolisch dem König eine Schale Wasser zum Händewaschen und ein Handtuch zu reichen. Ein solches Erbamt brachte erhebliche Repräsentationspflichten mit sich, und so war normalerweise mit dem Erbamt als Lehen die Grafschaft Falkenstein und die Herrschaften Münzenberg und Königstein verbunden, doch es gelang den Herren von Weinsberg trotz ihrer Prozesse mit den Erben der 1418 ausgestorbenen Falkensteiner nie, sie wirklich zu besitzen. Engelhard IV. und Konrad II. von Weinsberg hatten beide Erbtöchter des letzten, 1255 verstorbenen Münzenbergers Ulrich II. geheiratet, aber 1270 kauften die Falkensteiner ihnen ihren Erbteil ab, und bei der nächsten großen Verteilung dieses riesigen und reichen territorialen Kuchens in der Wetterau gingen die Herren von Weinsberg leer aus. Die Herren von Weinsberg hatten also das Erbamt, aber nicht die Dotierung dazu, ein Grund, warum die Familie letztlich in finanzielle Schwierigkeiten geriet.

 

Die Herren von Weinsberg führen in Rot drei (2:1) silberne Schildchen. Die Helmzier zu rot-silbernen Decken ist ein wachsender, gekrönter Jungfrauenrumpf zwischen zwei gestürzten, S-förmig mit den Mäulern einwärts gekrümmten Fischen (Barben). Das Wappen wird beschrieben im Band: WüA Seite: 145 Tafel: 79, im Alberti S. 1024, im Aschaffenburger Wappenbuch und im Münchener Kalender 1907.

Dabei gibt es mehrere Versionen der Helmzier, 1.) zwei rote, außen mit silbernen Lindenblättern oder Kleestengeln besteckte Schirmbretter, 2.) zwei gestürzte silberne oder silbern-rote Fische (Speyersches Lehensbuch), 3.) eine wachsende gekrönte Jungfrau mit den Fischen in den Händen, 4.) der gekrönte Jungfrauenrumpf mit den Fischen anstelle der Arme (wie hier). Auch hinsichtlich der Tingierungen der letzten Version, die sich schließlich durchsetzte, gibt es gänzlich unterschiedliche Literaturangaben. Otto Hupp zeichnet ein silbern-rot gespaltenes Gewand und die Fische rechts rot, links silbern und jeweils mit schwarzen Flossen. Ungekrönt und in von Rot und Silber gespaltenem Gewand finden wir die Jungfrau in einem Lehensbuch der Kurpfalz, die Fische sind rot und silbern. Im Ingeramschen Wappenbuch (Codex Cotta) ist die Gewandung zur Gänze rot, die Fische sind beide silbern, und aus der Krone der Jungfrau ragt ein Pfauenfederbusch. Im Grünenbergschen Wappenbuch sind die Fische gar golden, und so werden sie auch im Aschaffenburger Wappenbuch gezeigt. Als Besonderheit, die auf das Reichserbkämmereramt hinweist, werden manchmal zwei Fahnen hinzugefügt, wobei die rechte mit Spitzen silbern-schwarz geteilt ist und die linke in Blau ein Zepter zeigt (Grünenbergsches Wappenbuch, danach im Alberti; ebenso im Bayhartschen Wappenbuch).

Der Sohn des hier Dargestellten war Konrad IX. von Weinsberg (-18.1.1448), ebenfalls Reichserbkämmerer, seit 1415 alleine, dazu kaiserlicher Statthalter zu Basel, Protektor des Konzils zu Basel 1439-1440, und Landvogt der österreichischen Vorlande. Die kostspielige Durchführung der Konzile ruinierte die Familie vollends. Zur Aufbesserung der Finanzen war er Pfandinhaber der Reichsmünzstätten zu Frankfurt, Basel und Nördlingen. 1413-1426 war er kurpfälzischer Rat. Eine eigene Landesherrschaft konnte er sich trotz seiner herausgehobenen politischen Stellung dennoch nicht aufbauen, und trotz der Pfandschaft über die Münzstätten sank die Familie immer weiter in die Schulden, die letztlich zum Verlust der Stammburg Weinsberg unter Konrads Erben führten.

Literatur, Links und Quellen:
Thomas Berger, Dominikanerkloster Wimpfen: http://www.kloester-bw.de/klostertexte.php?kreis=&bistum=&alle=&ungeteilt=&art=&orden=&orte=&buchstabe=W&nr=96&thema=Geschichte
Dominikanerkirche Wimpfen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dominikanerkirche_%28Bad_Wimpfen%29
Bernd Fuhrmann, Weinsberg, Adelsfamilie, im Historischen Lexikon Bayerns
: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45371
Herren von Weinsberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herren_von_Weinsberg
Engelhard VIII. von Weinsberg,
in den Hessischen Biographien: http://lagis.online.uni-marburg.de/en/subjects/print/sn/bio/id/3517, sein Vater Engelhard VII. von Weinsberg, in den Hessischen Biographien: http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/3520
ein überholter Stammbaum der Herren von Weinsberg:
Ferdinand L. Dillenius, Weinsberg, vormals freie Reichs-, jetzt württemb. Oberamtsstadt. Chronik derselben, Stuttgart 1860, 53, online: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/image/artikel/artikel_45371_bilder_value_5_weinsberg9.jpg
Friedrich Battenberg, Reichskämmerer Konrad von Weinsberg und die Falkensteiner Erbschaft, die Prozesse am Reichshofgericht, am Hofgericht Rottweil und am königlichen Kammergericht 1420-1447, in: Archiv für hessische Geschichte und Alterthumskunde, Neue Folge 35, 1977, S. 99-176.
Genealogie:
http://www.geneall.net/D/per_page.php?id=1879017
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Otto Hupp, Münchener Kalender 1907
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 27 Seite 61, 134
Siebmachers Wappenbücher, Band Württemberg
J. Siebmachers Grosses Wappenbuch Band E. Württembergisches Adels- und Wappenbuch. Im Auftrage des Württembergischen Altertumsvereins begonnen von Otto v. Alberti, Bauer & Raspe 1975 (Reprint), S. 1024-1026.
Pfarrgemeinde Heilig Kreuz:
http://www.bistummainz.de/pfarreien/dekanat-bergstrasse-ost/bad-wimpfen/index.html
Ein herzliches Dankeschön an Herrn P. Sijoy Peter Thevarakatt für die Publikationserlaubnis der Innenaufnahmen

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