Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1941
Bad Wimpfen (Landkreis Heilbronn)
ehem. Dechanei des Stifts Wimpfen
Dieses barocke Haus steht in Bad Wimpfen, aber in der Talebene. Es ist Teil des ehemaligen Ritterstiftes Wimpfen, dessen erhaltene Gebäude nach wie vor die westlichen Bereiche der Talstadt bestimmen. Neben der Stiftskirche St. Peter mit Konvent, Klostergarten und Kreuzgang sind rings um den Lindenplatz die Dechanei (Nr. 5), die Kustodie (Nr. 4), das Vikar-Anwesen (Nr. 3) und das Mesner-Anwesen (Nr. 7) erhalten. Entlang der Corneliastraße können wir heute noch von den ehemaligen Stiftsgebäuden die Stiftskellerei (Nr. 17), verschiedene Chorherrenhäuser (Nr. 20, 26, 28), die Stiftskelter (Nr. 21), den Vikars-Wohnsitz (Nr. 18) und das Präsenzmeisterhaus (Nr. 27) sehen. Weitere Gebäude des einstiges Stifts befinden sich in der Stiftsgasse, so das Kornmesser-Anwesen (Nr. 4), die Stiftsküferei (Nr. 5, 7) und weitere Verwaltungsbauten (Nr. 12, 14, 16).
Das Stift blickt auf eine lange Geschichte zurück, denn es wurde vermutlich im 9. Jh., spätestens im 10. Jh. gegründet und bestand bis zum Reichsdeputationshauptschluß 1803; damals fiel es wegen seiner Zugehörigkeit zu Worms zunächst an Hessen-Darmstadt. Damit ist die Talstadt älter als die Bergstadt Wimpfen mit ihrer Kaiserpfalz, die um 1200 entstand. Bereits 965 hatte die Talsiedlung schon Marktrecht. Die Vogtei über das Stift (militärischer Schutz und Gerichtsbarkeit) war erst beim Hochstift Worms, kam 1143 an die Grafen von Lauffen, 1281 an das Reich, 1382 an die Pfalzgrafen bei Rhein und 1504 an das Herzogtum Württemberg. Für das Hochstift Worms war Wimpfen durch seine Lage an einer Neckarbrücke ein wichtiger Stützpunkt der Missionierung des Neckarraumes.
Das in geistlicher Hinsicht dem Bistum Worms unterstehende, aber selbst reichsunmittelbare Stift war zunächst klösterlich organisiert, hatte jedoch seit der Umwandlung im 10. Jh. und der Stiftsreform im 13. Jh. die Struktur eines adeligen Chorherrenstiftes mit einem gewählten Propst an der Spitze, einem gewählten Dekan als Verwalter und zwölf Chorherren, die Nutznießer einer Pfründe waren und selbst nur die niederen Weihen empfangen hatten. Der Dekan war der eigentliche Manager des Stifts, während der Propst eher wenig Bedeutung hatte, deshalb wurde das Amt des Propstes ab dem frühen 17. Jh. nicht mehr besetzt. Der Leiter des Stifts war zugleich einer der vier Archidiakone der Wormser Diözese, was die besondere Bedeutung des Stifts für Worms unterstreicht.
Das Chorherrenstift versorgte nichtbegüterte Mitglieder adeliger Familien, insbesondere nachgeborene Söhne, durch ein System von Pfründen, und es erlaubte jederzeit wieder den Übertritt in den nichtgeistlichen Stand, sofern Familienbelange dies erforderten. Die Anzahl der Pfründen für Stiftsherren betrug zwölf, im 13. Jh. kamen noch weitere sechs Halbpfründen hinzu, die Sexpräbenden (bitte nicht mißverstehen!) genannt wurden, die auch von Nichtadeligen besetzt wurden. Sichtbarstes Zeichen dieser Stiftsstruktur ist, daß man nicht wie Mönche in einer gemeinsamen Einrichtung (Dormitorium etc.) lebte, sondern in getrennten Häusern. Denn typischerweise war für Stiftsherren Privateigentum erlaubt, im Gegensatz zum klösterlichen Gemeinschaftseigentum bei gleichzeitigem Armutsgelübde der Mitglieder dieser Gemeinschaft. Auch die anderen typischen Mönchsgelübde wurden von Chorherren nicht geleistet.
Chorvikare, die nicht dem Adel angehörten, übernahmen ab dem Hochmittelalter die liturgischen Pflichten. Sie wohnten zunächst im klosterähnlichen Kernbereich, bezogen aber dann ebenfalls eigene Häuser in der Stadt. Diese Chorvikare waren die eigentlichen Träger der religiösen Pflichten, da die Chorherren nur eine geringe Anwesenheitspflicht hatten, meistens noch von anderen Pfründen an weniger abgelegenen Orten lebten und eine dortige Bleibe für den Rest des Jahres vorzogen. Sie kamen bald nur noch zu den beiden regelmäßigen Kapitelversammlungen an Weihnachten und an St. Peter und Paul. Für Chorvikare waren 22 Vikariatspfründen vorgesehen. Die Anzahl der Pfründen schwankte in späteren Zeiten in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen und politischen Situation. Bei der Auflösung 1802/1803 wurden die o. g. Zahlen deutlich unterschritten, es gab unter dem letzten Dekan, Philipp Christoph von Hohenfeld, nur noch sechs Kapitulare, drei Domizellare und vier Vikare.
An diesem Gebäude, ehemaliger Sitz des Dekans des Ritterstiftes, befindet sich über dem Oberlicht des Eingangsportals in einer üppigen Rocaille-Kartusche das Wappen von Dekan Franz Theodor Mohr vom Wald. Dieser war nicht nur erst Kanoniker und dann Stiftsdekan in Wimpfen, sondern er hatte auch noch weitere Pfründen inne. Am 16.10.1741 wurde er am Stift St. Burkard in Würzburg Domizellar (Anwärter auf eine Kapitularsstelle) und am 24.1.1757 wurde er schließlich in St. Burkard Kapitular. Vom 16.10.1770 bis 1780 war er dort Kantor. Er war ebenfalls erst Domherr, dann Domdekan in Worms und Geheimer Rat des Hochstifts. Und im zivilen Leben war er kurpfälzischer Geheimer Rat. Franz Theodor Mohr vom Wald verstarb am 30.4.1780 in Wimpfen, aber er wollte nicht in der Provinz, sondern in der Kreuzkapelle des Wormser Domes beigesetzt werden.
Das Wappen des Stiftsdekans befindet sich heraldisch rechts, aber in der Gesamtkomposition etwas tiefer gesetzt. Die Mohr vom Wald führen in Gold ein hier zu acht Plätzen schwarz-golden in zwei Reihen geschachtes Schildhaupt. Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu schwarz-goldenen Decken ein wachsender Mohrenrumpf, die Gewandung in den Formen und Farben des Schildes, mit golden-schwarzer, nach hinten abfliegender Kopfbinde (Gruber, Loutsch, Zobel Tafel 352, Siebmacher NaA S. 40, T. 67, Lux S. 11, T. 10, Lot S. 43, T. 29). Die Familie ist nur vier Jahre nach dem Tod dieses Stiftsdekans, 1784, mit Joseph Anton Philipp Lothar Franz Freiherr Mohr vom Wald d'Autel erloschen. Gegenüber befindet sich als Symbol für das Stift Wimpfen eine Darstellung des Hl. Petrus mit den Schlüsseln, weil die Stiftskirche diesem Heiligen geweiht ist.
Ein Schlüssel des Petrus taucht übrigens auch im Stadtwappen von Bad Wimpfen auf, und zwar silbern und balkenweise gelegt im Schnabel des schwarzen Adlers auf goldenem Grund. Hinsichtlich dieses Schlüssels gibt es einen Bezug zum Hochstift Worms.
Literatur,
Links und Quellen:
Stift Wimpfen: http://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Wimpfen
Kurt Andermann, Stift Wimpfen: http://www.leo-bw.de/detail-gis/-/Detail/details/DOKUMENT/labw_kloester/97/Kollegiatstift+St+Peter+Wimpfen und http://www.kloester-bw.de/klostertexte.php?kr.....97&thema=Geschichte
Das Ritterstift St. Peter zu Wimpfen im Tal, in: Hans Ulrich
Rudolf (Hrsg.), Alte Klöster, neue Herren Die
Säkularisation im deutschen Südwesten 1803, Ostfildern 2003,
Bd. 2.1, S. 560562.
Stift Wimpfen: http://www.kloester-bw.de/?nr=97
Stiftskirche St. Peter: http://www.zeit-und-wahrheit.de/stiftskirche-st-peter-in-bad-wimpfen-4642/
Stiftskirche St. Peter: http://de.wikipedia.org/wiki/Stiftskirche_St._Peter_%28Bad_Wimpfen%29
Stift Wimpfen: http://www.michls.de/mauern-von-wimpfen/chorherren.html
Kloster: http://www.kloster-bad-wimpfen.de/index.php?id=4
Photos: http://www.hic-sunt-dracones.de/CCC2/ritterstift_bw.php - http://www.hic-sunt-dracones.de/CCC2/ritterstift_bw_kl.php
Franz Theodor Mohr vom Wald: Lebenslauf in Germania Sacra, Neue
Folge 40, Das Bistum Würzburg 6, Die Benediktinerabtei und das
adelige Säkularkanonikerstift St. Burkard in Würzburg, bearb.
von Alfred Wendehorst, S. 228-229. Online: http://books.google.de/books?id=NHg0HVaN5n0C und http://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0005-745C-F bzw. http://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858......khard.pdf?sequence=1 - http://personendatenbank.germania-sacra.de/files/b.......20Burkhard.pdf S. 249-250
Die Mohr vom Wald: http://www.jahrbuch-daun.de/VT/hjb2005/hjb2005.79.htm
Franz Theodor Mohr vom Wald: http://books.google.de/books?id=0JpAAAAAcAAJ S. 452
Wimpfen im Tal: http://burgen.strasse-online.de/2-hassmersheim-heilbronn/2-10-wimpfen-im-tal/index.html
Wolfgang Willig,
Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische
Spurensuche, Selbstverlag Willig, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 590.
Dr. Jean-Claude Loutsch, Armorial du
pays de Luxembourg, 1974
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung
des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V.,
Aschaffenburg 1983
Otto Gruber: Wappen des
mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl.
Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen
Jahrgängen der "landeskundlichen
Vierteljahresblätter".
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands
GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.
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