Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1902
Frankfurt-Heddernheim (Frankfurt am Main)
Schloß Heddernheim
Das Schloß Heddernheim befindet sich im gleichnamigen Frankfurter Stadtteil im Nordwesten der Metropole (Alt-Heddernheim 30, 60439 Frankfurt am Main), etwas versteckt im alten Dorfkern. Der zweistöckige Barockbau besteht aus zwei L-förmig aneinandergesetzten Flügeln, einem neunachsigen Südost-Flügel zur Straße hin und einem siebenachsigen Südwest-Flügel zur Einfahrt hin. Hinten sind moderne Gebäude angesetzt, in denen eine Kindertagesstätte untergebracht ist. Im Südwesten ist ein ummauerter Bereich mit alten Bäumen, im Südosten ein Park in Richtung Nidda-Wiesen, Reste der einstigen Gesamtanlage. Das Heddernheimer Schloß besitzt zwei interessante Wappensteine, einen älteren in der Mitte der Südostfassade und einen jüngeren in der Mitte der Südwestfassade über dem Eingang.
Das Heddernheimer Schloß ist das einzige Überbleibsel einer komplexen Herrschaftsgeschichte des Ortes, der bis zur Säkularisation ein Lehen des Mainzer Domkapitels war. Dabei müssen wir das abgegangene Alte Schloß, die abgegangene Burg Philippseck und das Neue Schloß unterscheiden. Die alten Ortsherren waren die Ritter von Praunheim. Ihre Stammburg war das aus dem 14. Jh. stammende Alte Schloß, eine auch Klettenburg genannte Wasserburg am Steinbach, nach der sie auch den Namen von Praunheim-Klettenberg führten. Philipp Wolfgang von Praunheim-Klettenberg erbaute 1584 die neue Burg Philippseck und gab das alte Gemäuer im Sumpf auf. Er wohnte bis zu seinem Tod auf seiner neuen Burg. Die Herren von Praunheim bestimmten die Geschicke des Ortes bis 1618, und in diesem Jahr traten die Freiherren von Riedt das Erbe des Klettenberger Zweiges der Ritter von Praunheim in Heddernheim an. Beide Familien waren verwandtschaftlich verbunden, so hatte beispielsweise Albrecht vom Riedt (-3.6.1590) im Jahre 1575 Susanna Walburg von Praunheim gen. Klettenberg geheiratet, und seine Schwester Walburg hatte ihrerseits Philipp Wolf von Praunheim gen. Klettenberg geheiratet, und des Erstgenannten Enkelin Maria Elisabeth heiratete 1657 einen Johann Heinrich Wilhelm von Praunheim.
Jedenfalls beerbten die von Riedt Philipp Wolfgang von Praunheim-Klettenberg (1530-1618) nach dessen Tod. Es gab aber langjährige Erbstreitigkeiten mit anderen Zweigen der von Praunheim, so daß die von Riedt erst 1720 ihr Erbe ungestört genießen konnten. Nachdem sich Philipp Wilhelm von Riedt am 27.5.1720 verpflichtet hatte, die auf dem Lehen Heddernheim haftende Schuld zu begleichen, konnte am 3.7.1720 die erzbischöfliche Belehnung erfolgen und am 17.1.1725 die entsprechende dompropsteiliche Belehnung. Das Alte Schloß wurde hingegen im 17. Jh. an den Grafen Johann August von Solms-Rödelheim verkauft und bekam nach seinem neuen Besitzer den neuen Namen Augustusburg. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. wurde die Burg abgetragen. Die neue Burg Philippseck wurde ein Opfer des Dreißigjährigen Krieges, sie wurde nie wieder aufgebaut, verfiel schließlich zur Gänze. Was die Zeiten überdauerte und uns heute als Schloß erfreut, ist nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges, der zur völligen Entvölkerung von Heddernheim geführt hatte, als Ersatz für die zerstörte Burg Philippseck entstanden. Philipp Wilhelm von Riedt ließ das Neue Schloß, das heutige Heddernheimer Schloß, ab 1740 als Familienwohnsitz erbauen.
Der Wappenstein auf der Südostseite besteht aus zwei unter einer Krone einander zugeneigten Wappenschilden für das Erbauerehepaar. Die heraldisch rechte Kartusche steht für Philipp Wilhelm von Riedt, kurmainzischer Kammerherr, General des Kurfürstentums Mainz und Kommandant der Stadt und Festung Mainz. Das Wappen der von Riedt (oder vom Riedt oder auch von Riedt von Lorch) zeigt in Silber ein rotes Schräggitter, von einer roten Leiste überdeckt. Das hier nicht dargestellte Oberwappen wäre auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner Flug mit rotem Schräggitter, beiderseits belegt mit einer roten Leiste. Das Wappen wird beschrieben im Gruber, im Aschaffenburger Wappenbuch auf Tafel 2, Seite 153, im Siebmacher Band: NaA Seite: 34 Tafel: 56 und im Zobel auf Tafel 276. Die von Riedt sind ein aus Lorch am Mittelrhein stammendes Geschlecht, deren Mitglieder in kurmainzischen Diensten standen. Neben dem Mainzer Lehen in Heddernheim, das ihnen im Jahr 1618 zugefallen war, und der abgegangenen Burg Philippseck besaßen sie den Zehnten zu Linter (bei Limburg) und zu Kahlbach (bei Königstein/Ts.). Das Geschlecht erlosch im Mannesstamm mit dem hier genannten Wappenträger im Jahre 1764, welcher zwei Töchter hatte. Davon hatte Maria Franziska Eleonore Carolina 1743 Anselm Franz Freiherr von Ritter zu Grünstein geheiratet, wobei die Ehe kinderlos war. Die andere Tochter heiratete in die Familie von Breidbach-Bürresheim ein und erbte alles.Interessant ist die Ähnlichkeit des Wappens mit dem der Schetzel von Lorch (golden mit rotem Schräggitter, darüber ein roter Balken, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein golden gestulpter roter Hut, oben mit einer silbernen Kugel mit schwarzen Hahnenfedern besteckt, beschrieben im Gruber, mehrere Helmzier-Varianten bei Zobel Tafel 208), dem der Borngass von Lorch (wie zuvor beschrieben, Siebmacher Band: NaA Seite: 31 Tafel: 49, Zobel Tafel 208) und dem v. Braubach (in Rot ein silbernes Schräggitter, darüber ein silberner Balken, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter, wie der Schild bez. Flug, viele Farb-Variationen in Siebmacher Band: NaA Seite: 17 Tafel: 22, Band: WüA Seite: 35 Tafel: 29, siehe auch Gruber und Zobel Tafel 47); eine Verbindung im Sinne einer Wappengruppe ist möglich und wahrscheinlich.
Die heraldisch linke Kartusche steht für Maria Eleonore Catharina Knebel von Katzenelnbogen, Ehefrau des Philipp Wilhelm von Riedt. Das vermehrte Wappen der Knebel von Katzenelnbogen ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein rotes Schildchen, im rechten Obereck von einem schwarzen Ring begleitet (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Schwarz ein goldener Balken, von drei (2:1) goldenen Ballen (Kugeln) begleitet (von Grärod, Grarath, Graurod, Graenrodt - alle möglichen Schreibweisen lassen sich finden). Auch wenn das Motiv hier wie Ringe aussieht, es handelt sich korrekterweise um Kugeln. Dazu würden an Helmen gehören (hier nicht abgebildet): Helm 1: auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein rotes rechtes und ein silbernes linkes Eselsohr (oder umgekehrt, Stammkleinod). Helm 2: auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender schwarz gewandeter Mann mit schwarzem Gürtel, eine Breithacke auf der Schulter tragend (Kleinod von Grärod, Grarath, Graurod). Das Wappen der Knebel von Katzenelnbogen wird beschrieben im Gruber, im Aschaffenburger Wappenbuch auf Tafel 27 Seite 123 und im Siebmacher Band: Bad Seite: 58 Tafel: 35, Pr Seite: 49 Tafel: 62, Band: NaA Seite: 18 Tafel: 25, außerdem im Zobel auf Tafel 63. Die Literatur spiegelt die üblichen Variationen: Das Gewand der zweiten Helmzier wird im Gruber und im Siebmacher Preußen sowie Nassau als schwarz beschrieben, im Band Baden als silbern gewandeter Mann mit schwarzem Gürtel. Im Siebmacher Preußen sind die Kugeln silbern, ein Fehler. Eine Abb. im Siebmacher Baden zeigt komplett rot-silberne Decken, ein unplausibler Widerspruch zum Text. Das Wappen der 1650 mit Melchior von Grärod erloschenen und angeheirateten von Grärod alleine findet sich im Gruber und im Aschaffenburger Wappenbuch, Tafel 2, Seite 53, 113, sowie im Zobel auf Tafel 119. Des erwähnten Melchior von Grärods Tochter Anna Maria Sidonia hatte Johann Philipp Knebel von Katzenelnbogen geheiratet (sie war seine vierte Ehefrau), und so kam das Wappen an diese. Die beiden Genannten waren übrigens die Eltern des Eichstätter Fürstbischofs (s. u.).
Die Knebel von Katzenelnbogen sind rheinischer Uradel. Sie hatten Besitzungen in Niedertiefenbach bei Hadamar und die Burg Heppenhof. Ihren Namen haben sie von der Burg Katzenelnbogen des gleichnamigen Grafengeschlechtes; sie stellten aber Burgmannen und nannten sich nach der Burg, sind also mitnichten ein Zweig des ausgestorbenen gräflichen Geschlechts. In der Frühzeit führten verschiedene Zweige der Familie auch andere Beizeichen im Obereck zur Unterscheidung. Die Familie erlangte mit Philipp Christoph Knebel von Katzenelnbogen, kurmainzischer Geheimrat und Hofmarschall, Ritterhauptmann und Direktor der beiden oberrheinischen Ritterkantone, am 11.8.1710 zu Wien den erblichen Reichsfreiherrenstand. Bedeutung erlangte Johann Philipp Christoph von Knebel von Katzenelnbogen 1684-1687 als Oberamtmann in Tauberbischofsheim, später als Obrist-Hofmarschall, Ober-Landrichter und ab 1712 als Vizedom in Mainz, auch war er General-Direktor der Reichsritterschaft am Rhein in Schwaben und in Franken. Mit Johann Anton Knebel von Katzenelnbogen stellte die Familie 1705-1725 einen Fürstbischof von Eichstätt. Der Letzte des Geschlechts in männlicher Linie war der k. u. k. Kämmerer und Gesandte Philipp Franz Johann Knebel von Katzenelnbogen, der 1816 verstarb, und das gesamte Geschlecht erlosch 1832 mit Luise Charlotte Freiin von Knebel.
Auf der Südwestseite des Anwesens ist ein weiterer Wappenstein über der mittig angeordneten Tür angebracht. Dieser Stein ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein blau gekrönter roter Drache, Feld 2 und 3: in Silber ein rotes, verflochtenes Schräggitter, darüber ein roter Balken. Es stellt die Vereinigung der Wappen der von Breidbach zu Bürresheim und der von Riedt dar. Der Wappenschild wird oben von einer Laubkrone überspannt, dahinter sind helmdeckenartige Phantasieornamente, die nicht gutem heraldischem Stil entsprechen, denn Helmdecken setzen einen Helm voraus, der hier komplett fehlt, der andererseits bei Verwendung einer Rangkrone anstelle eines Oberwappens auch stilistisch verfehlt wäre.
Die Erbtochter von Philipp Wilhelm von Riedt, dem Letztem seines Geschlechts, und dessen Ehefrau Maria Eleonore Catharina Knebel von Katzenelnbogen hatte einen Herrn von Breidbach-Bürresheim geheiratet. Diese Familie spaltete sich dadurch in zwei Linien, wovon die ältere mit Franz Ludwig Anselm von Breidbach-Bürresheim (1718-21.2.1796) ausstarb und die jüngere 1764 das Erbe der von Riedt mit dem Dorf Heddernheim nebst zugehörigen Besitzungen in Praunheim, Ginnheim, Eschersheim, Niederursel, Bonames und Harheim unter dem vereinigten Namen der Freiherren von Breidbach-Bürresheim gen. v. Riedt antrat.
Das hier nicht dargestellte Oberwappen des vermehrten Wappens der Freiherren von Breidbach-Bürresheim gen. v. Riedt wären zwei gekrönte Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der rote Drache (Stammkleinod), Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner, mit einem roten, verflochtenen Schräggitter und darüber einer roten Leiste belegter Flug (v. Riedt). Das vermehrte Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Na Seite: 5 Tafel: 6. 1763 war die kaiserliche Bewilligung erfolgt, Namen und Wappen zu vereinigen. Diese Nebenlinie überdauerte die Hauptlinie. Die Freiherren von Breidbach-Bürresheim gen. v. Riedt bewohnten das Heddernheimer Schloß bis 1878. Sie erlebten die Säkularisierung ihres Lehnsherrn, wodurch Heddernheim eine Exklave des Herzogtums Nassau wurde. Nachdem die Familie fortzog, wurde das Schloß zunächst ab 1889 als "Auguste-Victoria-Stift" (eine Verbeugung vor der Ehefrau des deutschen Kaisers) für adelige Damen genutzt und schließlich im Jahre 1908 mit allen zugehörigen Ländereien an die Stadt veräußert, die das Schloß im Ersten Weltkrieg als Krankenhaus nutzte und danach Mietwohnungen einrichtete. Anfang dieses Jahrhunderts wurden zwei Wohnungen dem Bürgerverein Heddernheim als neues Domizil und als Museum zur Verfügung gestellt.
Literatur,
Quellen und Links:
Wappen
Knebel v. K.: Alfred F.
Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des
Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg
1983, Tafel 27 Seite 123
Wappen Knebel v. K.: Otto Gruber: Wappen des
mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl.
Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen
Jahrgängen der 'landeskundlichen Vierteljahresblätter'
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Wappen Grärod: Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch,
Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg
e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 2, Seite 53, 113
Knebel von K.: http://de.wikipedia.org/wiki/Knebel_von_Katzenelnbogen
Wappen von Riedt: Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch,
Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg
e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 2, Seite 153
Heddernheim: http://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurt-Heddernheim
Weidenbuch, Die Freiherren von Breidbach zu Bürresheim, in:
Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 24, 1872
(S. 70-125)
Peter Heinemann, Heimat Nida-Heddernheim, die Geschicht unseres
Ortes, Frankfurt 1950.
Franz Joseph Bodman, Rheingauische Alterthümer oder Landes-
und
Regiments-Verfassung des westlichen oder Niederrheingaues im
mittleren Zeitalter http://books.google.de/books?id=6VxNAAAAcAAJ oder http://books.google.de/books?id=hldTAAAAcAAJ S. 340
Klaus Gülden, die ganze Wahrheit über Burg
Philippseck http://www.heddernheim.de/web/index-news.asp?ID=2844&Head=Die%20ganze%20Wahrheit%20%C3%BCber%20Burg%20Philippseck
Wolfgang Pülm, Heddernheim -die wechselvolle Geschichte eines
Frankfurter Stadtteils, Frankfurt 1996 http://www.rhein-main-wiki.de/index.php?title=Heddernheim#Geschichte
http://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurt-Heddernheim
http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2345293&_ffmpar_az[_stadtteil_name]=Heddernheim
http://www.heddernheim.de/1-news-detail.asp?ID=2424&head=
http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3865&_ffmpar[_id_inhalt]=2461095
http://www.heddernheim.de/web/index-wissen3.asp?ID=202&kapitel=200&Titel=1704%20-%201750
http://www.heddernheim.de/web/web-news.asp?ID=3679&head=Bei%20ihm%20wird%20Geschichte%20lebendig
http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2835&_ffmpar[_id_inhalt]=61764
http://kirchen.wikispaces.com/Geschichte+der+Katholischen+Kirche+Heddernheim
http://www.heddernheim.net/web/index-news.asp?ID=2424&Head=Im%20alten%20Schloss%20geht%92s%20nicht%20voran
http://www.stadtgeschichte-ffm.de/abteilungen/abteilung_3/03604inhalt.html
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