Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1850
Leonberg (Landkreis Böblingen)

Grabdenkmäler der Leonberger Stadtkirche: Justina Dreher

Dieses Epitaph befindet sich in der Vorhalle der Leonberger Stadtkirche, an der Südwestecke. Es ist für Justina Dreher, geb. 1517, gest. 8.1.1581. Die Verstorbene kniet im Halbprofil nach optisch rechts gewandt vor einem Gekreuzigten. Ihre beiden aus reich gefälteltem Gewand hervorkommenden Hände hat sie zum Gebet zusammengelegt. Eine eng gefältelte Krause über steifem Kragen umgibt den Hals. Am Fuß des Kreuzes liegen Knochen und ein Totenschädel. Zu beiden Seiten verläuft ein Ornamentband, und oben sind drei Wappenschilde nebeneinander angebracht.

 

Die Inschrift im halbkreisförmigen Aufsatz lautet: "ANNO DOMINI 1581 DEN 8. TAG IANVARII STARB DIE ERNTVGENTSAM FRAW IVSTINA WEILAND DER ERNHAFFTEN VND FÜRNEMEN HANSEN ENGELHARTS VND HANSEN AICHMANS BEIDER VNDERVÖGTS ALHIE SELIGER GEDECHTNVS HINDERLASNE WITIB DEREN GOT GNEDIG SEIN WÖLE AME(N)."

Das Wappen der Verstorbenen selbst befindet sich in der Mitte zwischen den beiden Wappen ihrer beiden Ehemänner. Justinas Familie Dreher führte erst in Blau eine auf fünf (2:3) grünen Kugeln stehende, goldene, doppelbauchige Kanne mit Ausguß. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 40 Tafel: 31. Die hier nicht dargestellte Helmzier war auf gekröntem Helm mit blau-silbernen Decken die goldene, doppelbauchige Kanne mit Ausguß zwischen zwei silbern-blau übereck geteilten Büffelhörnern, so nach dem Rumohrschen Wappenbuch ("Dreer v. Speyer"). Johann Drewer (= Dreher), württembergischer Amtmann zu Leonberg, hatte mit Diplom vom 18.2.1545 von Kaiser Karl V. zu Brüssel den rittermäßigen Adelsstand erhalten, der mit einer Wappenbesserung einherging. Im alten Siebmacher ist die neue farbliche Variante in den handschriftlichen Nachträgen zu sehen, die fünf Kugeln werden silbern angegeben, die Decken blau-golden, die Büffelhörner sind golden-blau übereck geteilt, ferner steht die Kanne auch im Kleinod auf den fünf Kugeln, und so wird das Wappen auch im Siebmacher Band: WüA Seite: 154 beschrieben.

Justina war die Tochter von Johannes (Hans) Dreher, Untervogt in Leonberg, und Lucia Volland. Der Vater war nach dem für die herzoglichen Schäfereien zuständigen Zahlmeister Martin Heusler der zweitreichste Mensch in Leonberg, denn 1544/45 wurde sein Vermögen mit der damals großen Summe von 4750 Gulden veranlagt. Besser kann man sich das vorstellen, wenn man es so ausdrückt: Martin Heusler und Hans Dreher nannten damit gemeinsam ca. ein Fünftel des Leonberger Gesamtvermögens ihr eigen.

Optisch links ist das Wappenbild ihres ersten Ehemannes Hans (Johann) Engelhardt (1520-23.6.1553) zu sehen. Es ist ein redendes Schildbild, denn es zeigt in Blau auf grünem Boden (Dreiberg) einen silberngekleideten Engel mit goldenen Flügeln, in der Rechten ein goldenes Kreuz, in der Linken eine goldene, doppelbauchige Kanne haltend. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bg5 Seite: 74 Tafel: 84, nach den handschriftlichen Nachträgen zum Alten Siebmacher, hiernach die Farbangaben. Das Kleinod wiederholt das Schildbild. Mit dem aus Pforzheim stammenden Hans Engelhardt, den sie 1539 heiratete, hatte Justina eine Tochter, die ebenfalls Justina hieß, eine weitere Tochter namens Maria Margarete und zwei Söhne namens Christoph und Aristoteles. Hans Engelhardt wurde 1547 Nachfolger von Justinas Vater in der Position des Untervogtes zu Leonberg. Nach dem Tod ihres ersten Mannes lebte Justina ca. 20 Jahre lang als wohlhabende Witwe in Leonberg, ehe sie zum zweiten Mal vor den Traualtar trat.

Optisch rechts ist das Wappenbild ihres zweiten Ehemannes Hans (Johannes) II. Aichmann zu sehen. Es ist ein redendes Schildbild, denn es zeigt in Gold einen schwarzen Schrägbalken, der nach der Figur mit drei Eicheln belegt ist, die gestielten Näpfe nach links unten gelegt. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: WüA Seite: 116 Tafel: 63. Justina Drehers zweiter Ehemann Hans Aichmann (1507-16.12.1578), der aus Waiblingen stammte und den sie 1573 geheiratet hatte, war Untervogt in Leonberg, ein Amt, das zuvor auch ihr anderer Ehemann bekleidet hatte. Für ihn war das ebenfalls die zweite Ehe, denn in erster Ehe hatte Hans Aichmann Walpurga Lindler geheiratet. Ihnen verblieben nur fünf gemeinsame Jahre, ehe Justina zum zweiten Mal Witwe wurde.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Heiner Bruckmann, Margot Dongus und Peter Hartmann: Die Grabdenkmäler der Leonberger Stadtkirche, im Auftrag des Fördervereins zur Rettung der Grabdenkmäler an der Leonberger Stadtkirche, online:
http://www.ev-kirche-leonberg.de/fileadmin/mediapool/gemeinden/GK.....Stadtkirche__1998_.pdf
Anneliese Seeliger-Zeiss, Volker Trugenberger: "ein seliges end und fröhliche ufferstehung", die Leonberger Grabmäler des Bildhauers Jeremias Schwartz in ihrer sozial- und kunstgeschichtlichen Bedeutung, 1998, Beiträge zur Stadtgeschichte, Band 5, hrsg. v. d. Stadt Leonberg, Stadtarchiv.
Genealogien:
http://gedbas.genealogy.net/person/show/1109378820 - http://gedbas.genealogy.net/person/show/1125434091 - http://gedbas.genealogy.net/person/show/1125438085 - http://gedbas.genealogy.net/person/show/1068152511 - http://gedbas.genealogy.net/person/show/1068150682 - http://gedbas.genealogy.net/person/show/1104282244
Volker Trugenberger: Der Leonberger Raum an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit:
http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/volltexte/2009/4021/pdf/Trugenberger_Volker_Der_Leonberger_Raum_an_der_Wende_vom_Mit.pdf

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