Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1766
Ettenheim (Ortenaukreis)
Das "Prinzenschlößle" in Ettenheim
Das sog. "Prinzenschlößle" oder auch Ichtratzheimsches Haus (es gehörte lange Zeit der Familie von Ichtratzheim) genannte Gebäude in der Rohanstraße 21 ist berühmt, weil hier seit 1801 der Emigrant Prinz Louis Antoine Henri de Bourbon-Condé, duc d'Enghien (2.8.1772-21.3.1804) wohnte, bis er auf Befehl Napoléons in der Nacht zum 15.3.1804 hier ausgehoben und entführt wurde, ein klarer Völkerrechtsbruch, der das seit der Säkularisierung und dem Reichsdeputationshauptschuß zum Großherzogtum Baden gehörende Ettenheim europaweit bekannt machte. Sechs Tage später, am 21.3.1804, wurde der Herzog von Enghien nach einem Scheinprozeß wegen Hochverrats im Festungsgraben des Château de Vincennes erschossen, weil er als Bourbonen-Nachfahre die letzte Hoffnung der Monarchisten war. Das Haus Condé war eine jüngere Linie der Bourbonen, das jeweilige Familienoberhaupt war der Prinz von Condé, und der jeweilige älteste Sohn war zu Lebzeiten des Vaters der Herzog von Enghien. Falls letzterer Vater wurde, rutschte der Titel des Herzogs von Enghien zum Enkel, und der Papa wurde zum Herzog von Bourbon, bis er seinem Vater nachfolgen konnte. Der Hintergrund für diese völkerrechtlich empörende, die Souveränitätsrechte Badens und des Reiches verletzende und juristisch unhaltbare Aktion war, daß es 1803 eine Verschwörung gegen Napoléon gegeben hatte, und dieser brauchte unbedingt einen vorzeigbaren Sündenbock, am besten irgendeinen Bourbonen, und der nicht weit jenseits der Grenze im Exil lebende, eigentlich völlig unbedeutende Herzog war eine relativ leicht zu fangende symbolische Beute, und so statuierte man an ihm ein Exempel, das die Royalisten einschüchtern sollte. Im Innern war daraufhin Ruhe, die Rechnung war aufgegangen, aber außenpolitisch hatten Napoléon und sein Polizeiminister Joseph Fouché einen Scherbenhaufen angerichtet.
Was im beschaulichen Ettenheim zurückblieb und uns heute delektiert, ist ein hübsches, zweigeschossiges, 1744 erbautes Haus mit Walmdach und fünf Achsen, und über dem Eingangsportal aus Sandstein prangt ein älteres, auf 1626 datiertes Allianzwappen, bei dem beide Schilde unter einem einzigen, mittig gestellten Helm mit Kleinod des Ehemannes zusammengestellt werden. Die im Halbkreis umlaufende Inschrift trifft die Zuordnung: "IOHANN LVDWIG ZORN VON BVLACH". Johann Ludwig Zorn von Bulach war mit Maria Jakobea Zandt von Merl, Tochter von Friederich Zandt von Merl zu Merl und Margret von Landsberg. verheiratet. Ihr Sohn war Friedrich Zorn von Bulach, und ihre Tochter war Eva Felicitas Zorn von Bulach, vermählt mit Johann Werner Reich auf Platz. Ein Johann Ludwig Zorn von Bulach findet sich 1644 als Oberstleutnant, als Oberamtmann zu Benfelden und 1660 als Besitzer des halben Gutes von Görstheim.
Die seit dem 13. Jh. bekannte niederelsässische Familie Zorn, die zu den Straßburger Patriziern gehörte, hier in der Linie der Zorn von Bulach, führt einen rot-golden geteilten Schild, oben ein achtzackiger silberner Stern. Die Zorn, deren wichtigste von vielen Linien die Zorn von Bulach und die Zorn von Plobsheim sind, führten je nach Linie unterschiedliche Kleinode, wobei im Siebmacher Band Elsaß insgesamt 33 verschiedene Kleinode aufgelistet und abgebildet werden (Seite: 24-25 Tafel: 28-30). Die hier wiedergegebene Helmzier der Zorn von Bulach, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken das Oberteil eines gestürzten Schwertes (Schwertheft) mit silbernem Klingenstück und goldenem, schräg rot umwundenen Griff, findet sich auch im Siebmacher Band: Bad Seite: 27 Tafel: 18. |
Das Wappen der Ehefrau ist das der Zandt von Merl, in Rot drei (2:1) silberne, golden gekrönte Löwen, auf dem Helm zu rot-silbernen Decken ein sitzender, golden gekrönter, silberner Löwe. Das Wappen wird beschrieben im Gruber, Zobel, Wolfert, Siebmacher Band: Pr Seite: 71 Tafel: 93, Band: Sa Seite: 53 Tafel: 62 und im Loutsch. Bei Gruber und in Lissingen ist als Variante zu finden der Löwe vor einem schwarzen Hahnenfederbusch. Es gibt drei Varianten des Kleinods im Loutsch: nur der sitzende Löwe, der sitzende Löwe mit aus der Krone hervorkommenden Pfauenfedern, sitzender Löwe vor grünem Ölzweig. Nach Loutsch sind die Löwen blau gezungt und bewehrt. Die rheinisch-moselländische Familie besaß seit dem 16. Jh. auch einen Teil der Seigneurie de Bourscheid in Luxemburg. |
Literatur,
Links und Quellen:
Hinweistafel am
Gebäude
Ettenheim: http://de.wikipedia.org/wiki/Ettenheim und http://www.ettenheim.de/
Der Herzog von Enghien: http://de.wikipedia.org/wiki/Herzog_von_Enghien und http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Antoine_Henri_de_Bourbon-Cond%C3%A9,_duc_d%E2%80%99Enghien
Der Fall d'Enghien: http://www.napoleon-series.org/research/miscellaneous/c_enghien.html
Genealogie Zorn von Bulach: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1919bd3/0387/image?sid=b8e85ed2f03ede8c10c08a680c2288f3
Zorn von Bulach: http://books.google.de/books?id=IphBAAAAcAAJ&pg=RA2-PA5.......ch&f=false
Zorn von Bulach: http://de.wikipedia.org/wiki/Zorn_%28Adelsgeschlecht%29
Zorn von Bulach: Otto Hupp, Münchener
Kalender 1923, Buch u. Kunstdruckerei AG, München und Regensburg
1923.
Zorn in der Hyghalmen-Rolle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6d/Zorn_Wappen_coat_of_arms.jpg
alle Scans von Wappenvarianten der Zorn aus dem Neuen Siebmacher:
http://www.zornfamilyhistory.com/zornfamilycoatofarms.htm
Zandt: Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen
Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls
veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der
'landeskundlichen Vierteljahresblätter'
Zandt: Dr. Jean-Claude Loutsch, Armorial du pays de Luxembourg,
1974
Rundgang Ettenheim: http://www.ettenheim.de/dynasite.cfm?dsmid=639
Ahnentafel Zandt von Merl bei Humbracht
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine
kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN
978-3-9813887-0-1, S. 137
Stadttore - Straßburgisches Amtshaus (Palais Rohan) - Ettenheimmünsterer Äbte
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter
2012
Impressum