Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1625
Colombo (Sri Lanka)

Grabsteine an der Wolvendaal-Kirche in der Pettah von Colombo

Die Pettah, ein sich im Nordosten an das Hafenviertel im Nordwesten und das Viertel "Colombo-Fort" im Westen anschließendes und von lebhaftem Handel geprägtes buntes Stadtviertel der Hauptstadt von Sri Lanka, heute mit vorherrschend muslimischem Bevölkerungsanteil, beherbergt mit der 1749 ff. erbauten und 1757 geweihten Wolvendaal Church (auch: Wolfendhal Church) eine der historischen Kirchen aus holländischer Zeit. Rings um die auf einer Anhöhe stehende Kirche sind innerhalb der Mauereinfriedung etliche ältere Grabsteine aufgestellt, wovon die älteren meist aus der untergegangenen holländischen Kirche des einstigen Forts zu Beginn des 19. Jh. hierher verbracht wurden. Der Name "Wolvendaal" ist eine holländische Übersetzung des portugiesischen "Agoa de Loupe", wörtlich Tal der Wölfe, wobei das wohl eher Schakale gewesen sein dürften, die dem Ort den Namen gaben. Mit der Vertreibung der Portugiesen wurde der Begriff in die holländische Sprache übersetzt. Mit dem Verfall der Kirche im einstigen Fort übernahm die Wolvendaal Church deren Rolle als Hauptkirche der Vereinigten Ostindischen Kompanie in Colombo. Die Briten fanden bei der Machtübernahme die Fort-Kirche bereits als Ruine ohne Dächer vor, und sie verbrachten die Gräber 1813 in die Wolvendaal Church, so daß wir hier Grabsteine finden, deren in den Inschriften angegebene Daten vor dem Baujahr der Kirche liegen.

Dieser Grabstein gehört zu Joan van Vliet, in seinem Leben "Oppercoopman en hooft op Tutucoryn", geb. 11.1.1656, gest. 19.8.1690. Er starb im Alter von 34 Jahren, 7 Monaten und 8 Tagen, wie die zugehörige Inschrift verrät. Joan van Vliet entstammt einer Familie aus Schiedam, der mehrere Mitglieder der Vereinigten Ostindischen Kompanie entstammten. Trotz seines jungen Alters hatte er bereits dreimal in seinem Leben geheiratet, erstens am 2.6.1675 in Tuticorin Susanna Alvarez, zweitens Maria van Rhee, und drittens am 16.8.1682 in Colombo Wilhelmina de Witt aus Utrecht, Witwe des aus Haarlem stammenden Kaufmanns Willem van Dielen. Das Wappen zeigt drei schräglinks gelegte Speere, auf dem bewulsteten Helm ein aufrechter Speer zwischen einem Flug. Die Darstellung weist einige heraldische und darstellerische Mängel auf, z. B. daß die Flügel unterhalb des Wulstes ansetzen und die Helmdecke nur hinter dem Nacken hervorkommt. Eine hervorragende Beschreibung der Grabdenkmäler findet sich bei Lewis (s. u.), dort werden auch die Inschriften und Lebensdaten der Betreffenden aufgeführt, die dortigen Blasons enthalten jedoch nur unvollständige Angaben und sind mit einer gewissen Vorsicht zu sehen.

Dieser Grabstein gehört zu Marten Scholte (Scholtes), geb. 12.11.1620, gest. 3.12.1686. Sein Vorname wird zwar nicht in der Inschrift genannt, sondern seine Identität geht aus ihr hervor, denn er wird als Held ("LEYT DEN VERMAERDEN HELT" = liegt der berühmte Held) in den Kriegen gegen die Portugiesen ("DEN TROTSEN LVYSITAEN" = die hochmütigen Lusitanier) gefeiert. Marten Scholte, Offizier und Captain aus Galle, hatte sich in mehreren Kriegen und insbesondere 1656 bei der Belagerung von Colombo hervorgetan, und er war der erste, der am 5.3.1656 die Wälle der Bastion St. Joan des Forts von Colombo überwand, wobei er aber am Arm verwundet wurde. Im Jahre 1665 nahm er an der Inbesitznahme einiger Provinzen teil, die man dem König von Kandy wegnahm, gemeinsam mit van Goens, einem Kaufmann, und du Pont, einem Captain. Er war vermählt mit Sibilla Hervendonk. Sein Wappen zeigt eine Weintraube an einem Rebenstück mit drei Blättern, auf dem bewulsteten Helm drei Straußenfedern. Die Darstellung weist einige heraldische und darstellerische Mängel auf, z. B. daß die Helmdecke nur hinter dem Nacken hervorkommt, und ein weiterer Teil derselben zusammenhangslos beiderseits hinter dem Schild hervorwächst, ferner passen die ganzen Proportionen nicht zusammen. Aber bei diesen Grabdenkmälern fern der Heimat darf man nicht die gewohnten ästhetischen Maßstäbe anlegen.

Hier sehen wir das Ehewappen der als Tochter von Rutgerus von Kriekenbeek in Wyk in der Provinz Utrecht am 1.10.1640 geborenen und am 24.10.1696 im Alter von 56 Jahren verstorbenen Henrietta von Kriekenbeek. Ihr Vater war der Stammvater des Familienzweiges in Sri Lanka, und gemeinsam mit ihm erreichten sie 1659 mit dem Schiff "Zeelandia" die Insel. Sie wurde am 1.8.1661 in Galle die Ehefrau des Rates von Indien und Gouverneurs von Ceylon Thomas van Rhee, geb. 16.12.1634, gest. 31.3.1701 in Batavia. Das Wappen ist gespalten, rechts drei (2:1) Hirschköpfe mit Hals, die obersten zwei sich ansehend, links unter einem Schildhaupt mit einem Wolf oder Fuchs 10 (3:3:3:1) Schildchen, vermutlich Feh andeutend (Literaturhinweise willkommen).

Grabstein für Leutnant Joan Pieter Clop van Solingen, geb. 1.8.1700, gest. 2.10.1737 im Alter von 37 Jahren, 2 Monaten und 23 Tagen. Sein Wappen zeigt einen mit drei Kugeln oder Besanten belegten Schrägrechtsbalken zwischen zwei Löwen, auf dem Helm ein wachsender Mann, in der Rechten einen Hammer, in der Linken einen Säbel haltend. Die Helmzier wird von Symbolen der Vergänglichkeit, Sanduhr und Totenschädel, beseitet. Auch hier muß man die Darstellung cum grano salis betrachten, weil die Helmdecken-Voluten neben dem Ovalschild zum gleichgewichteten Ornament werden und die Proportionen darunter leiden.

Dieser Grabstein gehört zu Hercules Lindeborn, der aus "Drontem" (Trondheim, Norwegen) stammte. Er starb im Alter von 42 Jahren, 7 Monaten und 11 Tagen am 24.5.1664. Seine Ehefrau war Johanna Lindeborn, seine beiden Töchter hießen Sara und Elisabeth, sie sind in Pulicat an der Koromandelküste begraben. Hercules Lindeborn war "vrycoopman kapiteyn der burgerye ende viesepresis van't Civile Collegie deser stat Colombo". Sein Wappen zeigt auf einem Berg oder Hügel einen umzäunten Baum, auf dem Helm wiederholt sich der Baum.

Diese Wappenkombination (Abb. oben und unten) gehört zu Jacomina Rosegaard, geb. 1616 in Leyden als Tochter des Bartholomäus Rosegaard, und Esther de Solemne, geb. 1640, Tochter von David de Solemne und Catherina Malbergh, den Frauen des Rycklof van Goens. Jacomina hatte am 13.9.1640 in Batavia Rycklof van Goens sen. geheiratet, Rat von Indien, Gouverneur von Ceylon, Malabar und Madurai. Sie starb am 3.1.1667. Es war übrigens ihre zweite Ehe, denn in erster Ehe war sie mit dem Leutnant Jan Lievens vermählt. Die zweite Frau verstarb am 22.6.1668. Das erste Ehewappen ist gespalten, rechts halbgespalten und geteilt, in Feld 1 ein halber Adler am Spalt, in Feld 2 ein abgewandter aufspringender Hirsch, Feld 3: ein liegendes Stundenglas, links: geviert, Feld 1: eine strahlende, gesichtete Sonne, Feld 2: siebenmal geteilt, der mittlere Platz mit fünf schräggelegten Hämmern belegt, Feld 3: gespalten, vorne eine halbe Lilie am Spalt, hinten siebenmal geteilt, Feld 4: einen Schräglinksbalken überkreuzend ein aufspringender Löwe. Die vordere Spalthälfte des Wappens zeigt die drei Elemente des Wappens van Goens, welches im Rietstap in anderer Form wiedergegeben wird, geviert aus Hirsch und halbem Adler mit dem Stundenglas als Herzschild. Literaturhinweise und verläßliche Farbangaben willkommen.

Im zweiten Wappen auf dem gleichen Stein ist die Trennung der zu Mann und Frau gehörenden Motive übersichtlicher, zwei Schilde werden unter der gemeinsamen genutzten Helmzier des Rycklof van Goens (wachsender Hirschrumpf zwischen einem Adlerflug) zusammengestellt, heraldisch rechts der Schild des Ehemannes wie oben beschrieben, heraldisch links ein Rautenschild mit dem Wappen der Rosegaard, es ist geteilt, oben in Blau ein Rosenzweig mit drei (1:2) goldenen Blüten, ebenso gestielt und beblättert, unten ein schreitendes schwarzes Lamm. Im Rietstap finden sich folgende Blasonierungen: Roosegaarde: Coupé: au 1, d'azur, à trois roses d'or, tigées et feuillées du même, les tiges croisées; au 2, d'argent, à un agneau passant de sable, und Rosegaert (Utrecht): Coupé: au 1, d'azur, à un rosier d'or; au 2, d'or, à un agneau arrêté de sable, was beidesmal im Prinzip das gleiche Wappen beschreibt, nur mit dem Unterschied der Hintergrundtinktur im unteren Feld, außerdem ist es einmal ein Rosenbusch und im anderen Fall sind es drei Rosen mit gekreuzten Stielen. Im Rolland ist letzteres abgebildet.

Dieser Stein erinnert an drei Geschwister (RUST PLAATS DER 3. GESUSTERJES"), allesamt Töchter des Arnold Moll und seiner Ehefrau Christina van Reede, gest. 13.4.1731 in Batavia. Constantia Moll, Adriana Henrietta Moll und Bitterina Moll verstarben gemäß Inschrift am 16.4., 25.4. und 7.5.1719. Sie waren alle noch Kinder, geboren am 27.5.1711, 27.4.1712 und am 4.8.1714 (jeweils in der Reihenfolge der o.g. Namen). Als Orte des Ablebens werden in der Inschrift Jaffna und Galle genannt. Das Wappen ist geteilt, oben drei (2:1) Maulwürfe, ein Spiel mit dem Namen "Moll", unten zwei Zickzacklinien (s. u.). Auf dem Helm ein Schildchen mit einem schräggestellten Maulwurf zwischen einem Flug. Maulwürfe sind ein sehr seltenes Motiv in der Heraldik (z. B. Krethlow, DWR Band: LIII Seite: 81 Nummer: 9305/90, Moll von Mollenstern, Siebmacher Band: Kro Seite: 124 Tafel: 90, Molle, Nr. 85286, Moll, Familie in Köln und Lennep, Neues Bergisches Wappenbuch bürgerlicher Familien, S. 215, T. 83, desgl. bei Macco, Molle, Familie aus Amsterdam im Rietstap). Das Wappen der holländischen Moll wird beschrieben in Nederland's Patriacaat, Jg. 1910, S. 279. Hier sind die Maulwürfe mit ihren spitzen Schnauzen und stummelförmigen Füßen gut identifizierbar. Es werden hier in geteiltem Wappenschild vermutlich die beiden Wappen der Eltern der drei verstorbenen Kinder kombiniert, oben die väterlichen, redenden Maulwürfe, unten in Silber zwei schwarze Zickzackbalken der Familie van Reede mütterlicherseits. Blasonierung nach Lewis: "Party per fess, in chief three moles, in base, argent, two barrulets dancette sable." Zu beiden Seiten des Schildes finden sich je drei Totenköpfe und drei Stundengläser als Symbole der Vergänglichkeit und des Todes, dreimal, weil es sich um drei Geschwister handelt. Der weibliche Vorname "Bitterina" hat Seltenheitswert, es ist eine weibliche Form von "Bitter", ein in der Familie van Reede traditionell vorkommender männlicher Vorname.

Die Wolvendaal-Kirche: Eine Oase der Ruhe in der Pettah, dem lebhaften Viertel der Händler und Geschäfte

Literatur, Links und Quellen:
John Penry Lewis, List of inscriptions on tombstones and monuments in Ceylon, of historical or local interest, with an obituary of persons uncommemorated, 1913 - online: http://www.archive.org/details/cu31924007648516 - http://www.archive.org/download/cu31924007648516/cu31924007648516.pdf
Nederland's Patriacaat, Jg. 1910, S. 279
Max von Spießen (Hrsg.): Wappenbuch des Westfälischen Adels, mit Zeichnungen von Professor Ad. M. Hildebrandt, 1. Band, Görlitz 1901 - 1903.
Rietstap/Rolland
ein herzliches Dankeschon an Philipp Frhr. v. Hutten für wertvolle Hinweise.

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