Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1539
Porrentruy (Pruntrut, Schweiz, Kanton Jura)

Das Bischofs-Schloß von Porrentruy

Das Schloß von Porrentruy, das von der Vertreibung der Basler Fürstbischöfe durch die Reformation 1527 bis zur Eroberung der Ajoie durch französische Truppen 1792 bischöfliche Residenz war, befindet sich im Norden der Altstadt jenseits des Flusses auf einer Anhöhe. Der dreistöckige, 1588-1591 unter Fürstbischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee nach Plänen von Johann und Nicolaus Frick im Stil der Renaissance errichtete und 1720 veränderte Hauptbau (fürstbischöfliche Residenz, "Résidence", Abb. links) erstreckt sich in West-Ost-Richtung. Rechts des Treppenturmes schließt sich die zweistöckige Kanzlei ("Chancellerie") vom Ende des 16. Jh. an. An diese ist in spitzem Winkel ein dritter Flügel parallel zum tief darunter liegenden Faubourg de France angesetzt, von dem aus heute ein direkter Zugang zum Hochschloß besteht. Am äußeren Eck der Kanzlei ist ein mächtiger Rundturm genau in der Nordostecke angesetzt worden, der "Tour du Coq". Im Westen umschließt eine runde Wehrmauer relativ geringer Höhe den ältesten erhaltenen sichtbaren Teil der Burg, einen runden Wehrturm aus Buckelquadern ("Tour Réfous") der 1271 erbaut wurde, und im Südwesten dieser Mauer ist das Tor zum Schloßbereich.

Der vom Hof aus nicht sichtbare, aber weithin das Tal beherrschende "Tour du Coq" trägt seinen Namen wegen des auf seine Außenwand gemalten und weithin sichtbaren Wappens des Bauherrn, Fürstbischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee. Die massive Konstruktion enthält vier Stockwerke mit runden Räumen, deren Gewölbe jeweils auf einem zentralen Pfeiler ruhen. Hier waren von 1756 bis zur Revolution die fürstbischöflichen Archive untergebracht, ein weiteres Mal 1842-1898, und auch heute ist hier ein Depot des Kantons-Archives untergebracht. Das Wappen besteht aus zwei sich einander zuneigenden Schilden, rechts das Wappen des Hochstifts Basel, in Silber ein roter Baselstab, links in Silber ein roter, golden bewehrter Hahn, der Kamm und der Kehllappen jeweils mit einem goldenen Kreuzchen belegt. Die hier nicht abgebildete Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein wachsender roter Hahnenkopf wie beschrieben. Das Wappen der Blarer von Wartensee wird im Basler Wappenbuch beschrieben, dort allerdings nur mit einem einzigen, silbernen Kreuzchen auf dem Kamm, im Rietstap/Rolland ohne ein einziges Kreuzchen, ferner im Siebmacher Band: Bad Seite: 45 Tafel: 27, dort wird auch das spätere vermehrte Wappen angegeben.

Der Bauherr, Fürstbischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee, wurde am 11.5.1542 auf Schloß Rosenberg (Gem. Berneck) als Sohn von Wilhelm (oder Wolf-Dietrich) Blarer Herr von Wartensee geboren, der hier fürstäbtlich-St. Gallischer Obervogt war. Seine Mutter war Helena von Hallwyl, Tochter Kaspars und der Barbara von Hohenlandenberg. Die Familie der Blarer stammt ursprünglich aus St. Gallen. Sie waren im Handel tätig, insbesondere im Leinwandhandel. Im 14. Jh. ging ein Zweig nach Konstanz, der sich in eine protestantische (erloschen 1865) und eine katholische Linie (kurzlebig) aufspaltete. In der Mitte des 14. Jh. spaltete sich die Linie der Blarer von Wartensee vom Hauptstamm ab, wobei die Namenserweiterung von einer Heirat mit Töchtern des Burgherrn von Wartensee herrührt. Von diesen zweigte wiederum eine jüngere Linie der Blarer von Wartensee-Kempten-Goldberg ab, die 1636 den Freiherrenstand erlangte. Die Familie teilte sich auch im älteren Ast in eine katholische Linie und eine protestantische Linie (erloschen 1868). Aus der erstgenannten stammt der Bauherr dieses Turmes.

Nach Studien in Freiburg im Breisgau in den Jahren 1557-1559 wurde Jakob Christoph Blarer von Wartensee 1559 Domherr in Basel, 1570 Archidiakon, und schließlich wurde er am 22.6.1575 zum Bischof gewählt. Jedoch erhielt er erst nach seiner Wahl die Priesterweihe, und erst eineinhalb Jahre danach, nämlich am 10.2.1577, die Bischofsweihe. Am 15.11.1577 erfolgte die kaiserliche Investitur. Unter ihm nahm Porrentruy einen bemerkenswerten Aufschwung, rege Bautätigkeit und wirtschaftliche Blüte kennzeichneten seine Regierungszeit. Seine Amtszeit ist aber auch geprägt von der Restauration des Basler Fürstbistums, von Reformen des Klerus, von der Förderung der Gegenreformation und von Versuchen zur Wiederherstellung der fürstbischöflichen Macht und der Rekatholisierung des Herrschaftsgebietes, aber auch vom Streit um Besitzungen und Burgrechte, was letztendlich zu einer Aufteilung der Gebiete nach dem Grundsatz cuius regio, eius religio und hohen Entschädigungen für abgetretene Besitzungen führte. Mit der Stadt Basel wurde 1585 der Vertrag von Baden geschlossen, mit der Stadt Bern ein ähnlicher Vertrag 1599, mit Biel 1606. Unter den Nachfolgern des Fürstbischofs Jakob Christoph Blarer von Wartensee wurde Pruntrut in die Wirren des 30jährigen Krieges hineingezogen und mehrfach belagert, erobert und geplündert.

Der Fürstbischof sorgte dafür, daß sich der Schwerpunkt der Familie gänzlich nach Basel verlagerte, indem er seinen Bruder Wolfgang Dietrich, gest. 1612, bischöflicher Vogt auf Birseck, zum Obervogt von Pfeffingen einsetzte, ein Amt, das fortan bis zum politischen Ende des Fürstbistums in Familienhand blieb. Viele Familienmitglieder hatten als geistliche Würdenträger einflußreiche Posten inne. Ein weiterer, späterer Machtposten der Familie war die Besetzung der Fürstpropstei Ellwangen mit Johann Jakob Blarer von Wartensee. Die Neffen des Fürstbischofs waren Wilhelm, geb. 1578, gest. 1649, Propst zu St. Ursanne und Dompropst von Basel, und Jakob Christoph, geb. 1588, gest. 1644, bischöflicher Vogt auf Pfeffingen, dessen Söhne waren Franz Wilhelm, dessen Nachkommenschaft in der nächsten Generation erloschen ist, und Johann Jakob Christoph, bischöflicher Vogt auf Pfeffingen. Des Letztgenannten Söhne waren 1.) Beat Hermann, Autor, gest. 1755, Dompropst von Basel, 2.) Johann Jakob Hyazint, gest. 1733, Archidiakon von Basel, und 3.) Johann Konrad Franz Joseph, Herr zu Aisch. Des Letztgenannten Söhne waren 1.) Franz Konrad, Mönch in Murbach, 2.) Franz Jakob Anton, zu Aisch, geb. 1700, gest. 1764, bischöflicher Rat, 3.) Johann Baptist, Domherr in Basel und Worms, 4.) Franz Ignaz, Domherr in Basel, und 5.) Franz Joseph, Deutschordens-Ritter. Die Familie wurde von der Nachkommenschaft des Franz Jakob Anton in Basel fortgesetzt.

Im Faubourg de France

Diese beiden Wappen, das eine in Stein gehauen, das andere auf eine Hauswand gemalt, befinden sich unweit der Porte de France im Faubourg de France unterhalb der bischöflichen Burg. Das neuzeitlich gefertigte Wappen wurde vermutlich anläßlich der Renovierung des einzigen erhaltenen Stadttores in den Jahren 1942-1943 angefertigt. Das plastische Wappen ist gespalten, das gemalte Wappen ist geviert, Komponenten wie oben beschrieben.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Hinweistafeln am Schloß
Historisches Lexikon der Schweiz: Catherine Bosshart-Pfluger, Blarer von Wartensee:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D22771.php
Historisches Lexikon der Schweiz: Catherine Bosshart-Pfluger, Jakob Christoph Blarer von Wartensee:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17030.php
J. Baumann, Die Blarer von Wartensee und das Blarer-Schloß zu Aesch, in BHB 8, 1959, S. 72-91
Schweizerisches Geschlechterbuch, 12, S. 1-14
Wappenbuch der Stadt Basel. Unter den Auspizien der historischen u. antiquarischen Gesellschaft in Basel herausgegeben von W. R. Staehelin, Zeichnungen Carl Roschet, F. Gschwind, Lothar Albert et al., 3 Teile in mehreren Folgen, Band 2, Basel
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon:
http://www.bbkl.de/b/blarer_wartensee_j_c.shtml
Historisches Lexikon der Schweiz: François Kohler: Geschichte von Pruntrut:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D3003-3-1.php

zwei Brunnen
Baselstab

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