Bernhard Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1504
Nürnberg (Mittelfranken)

Schloß Neunhof

Schloß Neunhof (Neunhofer Schloßplatz 1-3) im Norden der Stadt Nürnberg (1972 eingemeindet) ist einer der schönsten und typischsten Patriziersitze in der Nürnberger Landschaft, vor allem einer, der sein ursprüngliches Erscheinungsbild bewahren konnte. Das Hauptgebäude mit zwei Geschossen aus Sandstein und überkragendem, verputztem drittem Geschoß aus Fachwerk sowie einem noch einmal etwas weiter überstehenden, zweistöckigen Fachwerkdachgeschoß ist im Grundriß rechteckig (Grundfläche 13.3 x 9.65 m). Besonders malerisch ist die H-förmige Dachlandschaft, die sich nach Norden wie nach Süden mit je zwei an das in West-Ost-Richtung verlaufende Satteldach angesetzten, quer zum First stehenden Zwerchgiebeln mit Fachwerk präsentiert. Der Bau steht frei auf einer fast quadratischen Plattform mit einem kleineren Nebengebäude in der Nordostecke und einem längeren Nebengebäude (Pferdestallung von 1736) entlang der Ostseite der Zwingermauer. Diese Plattform ist ringsum von einer Zwingermauer mit teilweise noch vorhandenen Schießscharten und einem auf beiden Seiten gemauerten Graben umgeben, der einst mit Wasser gefüllt war, heute aber trockengelegt ist und den im Südwesten eine gedeckte Brücke zur privat bewohnten Vorburg im Westen der Anlage überspannt, eine weitere Brücke führt nach Süden in einen formalen Garten mit geometrischen Bosketts. Vom Typ her ist das Herrenhaus ein "Weiherhaus", wie es häufiger in der Nürnberger Gegend anzutreffen ist. Großzügige Gartenanlagen, 1978/79 als Park im Stil des Frühbarocks neu angelegt, schließen sich im Osten und Nordosten an, durch die der Zugang für Besucher führt. Schloß Neunhof ist Museum (Jagdmuseum) und kann besichtigt werden. Es ist eine Dependance des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg.

Im Innern des Schlosses befindet sich in einem der Obergeschosse die durch gemalte Wappenschild-Paare illustrierte Besitzgeschichte des Herrensitzes: Neunhof war ein Besitz der Burggrafen von Nürnberg (Wappen: Friedrich IV. v. Zollern Burggraf v. Nürnberg / Margareta v. Kärnten, deren Sohn Johann II. v. Zollern Burggraf v. Nürnberg / Elisabeth v. Henneberg-Schleusingen), der dann 1342 an die Derrer ging (Wappen: Friedrich Derrer / Adelheid Behaim) und schließlich an die Kreß (Wappen: Friedrich Kreß / Margaretha Stroblin, Conrad Kreß / Vorchtel / Adelheid Holzschuher, Brechtel Kreß / Ehingerin). Es folgen Wappen für Conrad Ehinger / Ebnerin und Herman Ebner / Openforthin, dann geht es wieder weiter mit Kraft Kreß und seiner Frau Adelheid, Konrad Kreß und seinen beiden Frauen Beatrix Haller und Walburga Waldstromer, Sebald Kreß / Barbara Haller und Hans Kreß / Elisabeth Pfinzing. Hans Wilhelm Kreß erbaute einen ersten Herrensitz um 1479 auf seinen Gütern, und ein Teil des Fachwerks stammt noch aus dieser Zeit. Gegenüber der Reichstadt Nürnberg bestand eine Öffnungsverpflichtung, die diese auch im Landshuter Erbfolgekrieg wahrnahm und Truppen in den Herrensitz legte. Da Kreß ohne Nachkommen verstarb, wurde der Besitz an Georg Fütterer verkauft, der den Herrensitz Anfang des 16. Jh. weiter ausbaute und befestigte. In dieser Ausbauphase entstand im wesentlichen das heute noch erhaltene Hauptgebäude nebst den Grabenbefestigungen, auch die typischen Doppel-Zwerchgiebel dürften unter Georg Fütterer entstanden sein. Entsprechend geht die gemalte Wappenreihe im Innern weiter mit Georg Fütterer / Barbara Tucher / Ursula Meichsner. Die nächsten Besitzer von Neunhof wurden durch Verkauf zwei Brüder Reich, unter denen Schloß Neunhof im zweiten Markgräflerkrieg 1552 schwer beschädigt wurde. Die Wappenreihe zeigt Thomas Reich / Catharina Pfinzing. Durch weiteren Verkauf ging der Herrensitz an die Familie Gutthäter oder Guthetter, welche den Wiederaufbau und die Behebung der Schäden 1558-1594 durchführten (Wappen: Hans Guthetter / Barbara Söldnerin, Hans Guthetter / Helena Ayrer). 1594 ging der wiederhergestellte Herrensitz schon wieder in die Hände einer weiteren Patrizierfamilie über, er wurde nämlich an Erkenbrecht VI. Koler verkauft, der das Dach neu mit Flachziegeln eindecken ließ und die oberen Fachwerkgeschosse verputzen ließ. Seine Tochter aus der Ehe mit Susanna Seckler, ebenfalls Susanna mit Namen, heiratete 1615 Johann Wilhelm Kreß von Kressenstein. Entsprechend wird die gemalte Wappenreihe fortgeführt mit Erkenbrecht Koler / Susanna Secklerin und Hans Wilhelm Kreß / Susanna Koler.

An der Nordseite des Hauptgebäudes befindet sich ein auf 1633 datierter Wappenstein im Stile der Renaissance, der die Schlüsselverbindung zwischen Susanna Koler, geb. 1596, gest. 1668 (in Rot ein silberner Ring) und Johann Wilhelm Kreß von Kressenstein, geb. 1589, gest. 1658 (in Rot ein schräggestelltes, hier gewendetes, silbernes Schwert) anzeigt. Johann Wilhelm machte im Rat Karriere, wurde 1615 Genannter des Größeren Rates, 1619 Schöffe am Bauerngericht, 1620 das Gleiche am Stadtgericht, 1625 jüngerer Bürgermeister, 1631 Rugherr, 1633 Leihherr, 1636 Landpfleger, 1637 älterer Bürgermeister, 1654 dritter Oberster Hauptmann, 1655 Vorderster Losunger. Wir erinnern uns, daß die Familie Kreß das Schloß früher schon mehrfach besessen hatte, nun war sie erneut Eigentümer. Von dieser Heirat 1615 an war Schloß Neunhof längere Zeit im Besitz dieser Patrizierfamilie, bis der Familienzweig 1856 mit Christoph Wilhelm Karl von Kreß ausstarb. Der 30jährige Krieg machte zwar den namengebenden Kressenstein im benachbarten Kraftshof zur Ruine, die nicht mehr aufgebaut wurde, verschonte aber weitgehend Neunhof.

Die Reihe der gemalten Wappenschilde der Besitzer im Innern geht weiter mit Wilhelm Kreß / Clara Viatis, Christoph Hieronymus Kreß / Dorothea Rosina Tetzel, Johann Wilhelm Kreß / Maria Dilherr, Georg Jacob Kreß / Cord. Harsdörffer, nach einer zerstörten Zone geht es weiter mit Johann Adam Kreß / Susanne Helene Stromer, Christoph Wilhelm Kreß / Maria Holzschuher, Christoph Wilhelm Carl Kreß / Philip. Jacob. Hed. Fürer. Eine bauliche Veränderung gab es unter Johann Adam Kreß 1736/37, der die Wehrhaftigkeit zugunsten der Fenster opferte, die barocke Hauskapelle einrichtete und den Schloßgarten anlegen ließ. Die Liste der Besitzer geht anhand ihrer Wappen weiter mit Johann Conrad Rhau. 1856 kam das Schloß an die Holzschuher. 1965 wurde das Herrenhaus an das Germanische Nationalmuseum verpachtetet. Von heraldischem Interesse sind im Innern neben der beschriebenen gemalten Wappengalerie der Besitzer verschiedene Ausstellungsstücke des Museums wie zahlreiche historische Dokumente mit wappengeschmückten Genealogien, wappengeschmückte Portraits und Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Die Innenausstattung ist weitgehend original und zeigt die Wohnkultur Nürnberger Patrizier im 17.-19. Jh..

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6

Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN 978-3-87191-333-4.
Robert Giersch, Andreas Schlunk, Bertold von Haller, Burgen und Herrensitze in der Nürnberger Landschaft, Verlag Altnürnberger Landschaft, 560 S., über 600 z. T. farb. u. hist. Abb., mit Übersichtskarte u. Orts- u. Personenreg., 2007, ISBN 978-3-00-020677-1
Schlösser und Burgen in Mittelfranken, von Ruth Bach-Damaskinos, Jürgen Schabel, Sabine Kothes. Hofmann Verlag Nürnberg, ISBN 3-87191-186-0.
Schloß Neunhof:
http://www.herrensitze.com/neunhof-i.html
Dependancen des Germanischen Nationalmuseums:
http://www.gnm.de/dependancen.html
Horst-Dieter Beyerstedt, Neunhof. Geschichte eines Dorfes im Knoblauchsland (Schriftenreihe der ANL Bd. 43). Simmelsdorf 1996.
Renate Freitag-Stadler, Neunhof bei Kraftshof, ein Nürnberger Patriziersitz. In: MVGN 61 (1974), S. 129-160.
Irene Spille, Das Patrizierschloß Neunhof bei Nürnberg. Dependance des Germanischen Nationalmuseums. Nürnberg 2001.

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