Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1493
Amberg (Oberpfalz)
ehemalige
kurfürstliche Regierungskanzlei
Die frühere kurfürstliche
Regierungskanzlei in Amberg (Regierungsstraße 8) ist seit 1879
Sitz des Amberger Landgerichts. Der Bau besteht aus mehreren
Flügeln aus ganz unterschiedlichen Zeiten. Der älteste Teil ist
der entlang der Regierungsstraße und stammt aus der Renaissance
(1544-1547). Die dreistöckige Sandsteinfassade aus unverputzten
Quadern ist schmucklos bis auf einen reichverzierten Erker auf
zwei Säulen über der Toreinfahrt. Der Bauherr war Kurfürst
Friedrich II. von der Pfalz, der hier aber nur selten weilte,
sondern in Heidelberg residierte und hier einen Statthalter die
Amtsgeschäfte regeln ließ. Die neue Kanzlei sollte die
Verwaltung von der Hofhaltung im Schloß räumlich abtrennen. Im
ersten Obergeschoß sind an der Erkerbrüstung die beiden Wappen
des Bauherrn und seiner Frau angebracht, und im zweiten
Obergeschoß trägt die Erkerbrüstung insgesamt vier
lorbeerumkränzte Portrait-Medaillons, das des Bauherrn,
Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz, das seiner Frau, Dorothea
Prinzessin von Dänemark, auf der Frontseite sowie die der beiden
Väter auf den Seitenflächen, Kurfürst Philipp von der Pfalz
und Christian II., König von Dänemark, Schweden und Norwegen.
Ein Erweiterungsbau datiert von 1597/98. Im Hof kam neben dem
hofseitigen Erkervorsprung von 1546 mit den damaligen
Hauptsünden (Blindheit
und Geiz, Maßlosigkit und Völlerei, Zorn, Abfall vom Glauben) ein Treppenturm mit polygonalem Querschnitt im
Jahr 1601 hinzu, der ebenfalls dreigeschossige, dreiflügelige
Nordflügel mit einem Sandsteinportal mit zweiflügeliger
Rokokotür wurde 1768-1770 durch den Münchner Hofbaumeister
Leonhard Gießl erbaut, wobei das Steinmaterial der abgebrochenen
Teile des unweit gelegenen kurfürstlichen Schlosses sehr gelegen
kam.
Das Wappen von Kurfürst Friedrich
II. von der Pfalz (9.12.1482 - 26.2.1556) ist geviert
mit Herzschild:
- Hauptschild: geviert
- Feld 1 und 4: in Schwarz ein
goldener, rot gekrönter Löwe (Pfalz)
- Feld 2 und 3: von Blau und
Silber schräg geweckt (Wittelsbach)
- Herzschild: in Rot ein goldener
Reichsapfel (Erzamt des Erztruchsessen)
Um den Schild die Ordenskette
des Ordens vom Goldenen Vlies.
Genealogie der alten Kurlinie
der Kurfürsten von der Pfalz:
- König Ruprecht (5.5.1352 -
18.5.1410), Pfalzgraf bei Rhein, als Ruprecht III.
dritter Kurfürst von der Pfalz 13981410, gen. der
Gerechte (Rigorosus), 21.8.1400 Gegen-König, 6.1.1401
Krönung, vermählt 1374 mit Elisabeth v.
Hohenzollern-Nürnberg (1358 - 26.6.1411) - Anschluß
siehe oben
- Ludwig III., vierter Kurfürst
v. der Pfalz (1376/78 - 30.12.1436), gen. der
Bärtige (Barbatus), 1410 Kurfürst und
Pfalzgraf, vermählt mit Mechthild v. Savoyen
(ca. 1390 - 1438)
- Friedrich I., sechster
Kurfürst v. der Pfalz (1.8.1425 -
12.12.1476), gen. der Siegreiche
(Victoriosus), auch der Friedfertige,
1451 Kurfürst
- Ludwig IV., fünfter
Kurfürst v. der Pfalz (1.1.1424 -
13.8.1449), gen. der Sanftmütige
(Mansuetus), 1436 Kurfürst, vermählt
mit Margareta v. Savoyen (- 30.9.1479)
- Philipp,
siebter Kurfürst v. der Pfalz
(14.7.1448 - 28.2.1508), gen. der
Aufrichtige (Ingenuus), 1476
Kurfürst, vermählt mit
Margarete v. Bayern (7.11.1456 -
1501)
- Ludwig
V., achter Kurfürst v.
der Pfalz (2.7.1478 -
1544), gen. der
Friedfertige (Pacificus),
1508 Kurfürst
- Friedrich
II.,
neunter Kurfürst v. der
Pfalz (9.12.1482
- 26.2.1556), gen. der
Weise (Sapiens), 1544
Kurfürst, vermählt am
26.9.1535 in Heidelberg
mit Dorothea
Prinzessin von Dänemark
(10.11.1520 - 1580)
- Philipp
Bischof v. Freising
- Ruprecht
Pfalzgraf bei Rhein,
Bischof v. Freising
(14.5.1481 - 20.8.1504),
1491 Pastor zu Hofheim,
Domherr zu Würzburg,
1492 Domherr zu Freising,
1493 Propst von St.
Mariengreden zu Mainz,
1496-1498 Bischof v.
Freising, 1498
Resignation zwecks
Fortführung der Familie,
heiratet Elisabeth
Herzogin v. Bayern (ca.
1476/1478 - 15.9.1504)
- Otto
Heinrich Kurfürst v. der
Pfalz (10.4.1502 -
12.2.1559), gen. der
Hochherzige, Mangnanimus,
erbt die Junge Pfalz
(Neuburg und Sulzbach),
1505 zu Neuburg, 1507
Pfalzgraf, 1556 Kurfürst
von der Pfalz zu
Heidelberg, mit ihm geht
die Kurfürstenwürde an
die ältere Linie
Pfalz-Neuburg, mit ihm
erlischt die ältere
Linie Pfalz-Neuburg und
zugleich die gesamte alte
Kurlinie. Er war
vermählt mit Susanne v.
Bayern (2.4.1502 - 1543)
- Philipp
Pfalzgraf bei Rhein
(12.11.1503 - 4.7.1548)
Das optisch rechte Wappen ist das für Dorothea Prinzessin von Dänemark (10.11.1520 - 1580). Es ist das Wappen der Könige
von Dänemark, wie es unter König Christian II verwendet wurde.
Im Gegensatz zum letzten Aufriß von Christian I taucht erstmals
Stormarn auf. Über dem Schild die Laubkrone. Hier, bei seiner
Tochter, fehlt die Ordenskette des Ordens vom Goldenen Vlies,
ansonsten ist es identisch mit dem Wappen des Vaters. Friedrich I
änderte das Wappen wieder. Hier wird die Rautenschildform für
das Wappen der Frau verwendet.
- Hauptschild: Durch ein silbernes, rot
gesäumtes Kreuz (Danebrog-Kreuz, wurde
seit der Zeit Eriks VII. von Pommern Bestandteil des
Wappens) geviert
- Feld 1: In goldenem, mit roten
Herzen bestreuten Feld drei blaue gekrönte,
hersehende Löwen übereinander (Königreich
Dänemark)
- Feld 2: In Blau 3 (eigentlich
2:1, hier aber wegen des Rautenschildes 1:2)
goldene Kronen (Königreich Schweden,
wurde seit der Zeit Eriks VII. von Pommern
Bestandteil des Wappens, später auch Kalmarer
Union Dänemark/Schweden/Norwegen)
- Feld 3: In Rot ein goldener
Löwe, der in den Vorderpranken eine
krummgestielte Streitaxt schwingt (Königreich
Norwegen, wurde seit der Zeit Eriks VII.
von Pommern Bestandteil des Wappens)
- Feld 4: In Rot ein goldener
Drache oder Lindwurm (Königreich der
Wenden. 1440 wurde dieses Element unter
König Christoph III von Bayern hinzugefügt, um
auf den früheren Sieg über die heidnischen
Wenden hinzuweisen, seitdem blieb es im Schild)
- Mittelschild: geviert
- Feld 1 und 4: In Gold zwei
blaue, rotbewehrte, hersehende Löwen
übereinander (Herzogtum Schleswig,
seit 1245 bekannt, wurden 1460 unter Christian I
Teil des Wappens des dänischen Königs)
- Feld 2: In Rot ein silbernes
Nesselblatt, je nach Darstellung an den drei
Ecken zu einem Nagel ausgezogen, in der Mitte ein
silbern-rot geteiltes Schildchen (Herzogtum
Holstein, ursprünglich das Wappen der
Schauenburger, kam 1460 unter König Christian I
ins Wappen)
- Feld 3: In Rot ein silberner,
schwarz bewehrter Schwan mit einer goldenen Krone
um den Hals (Herrschaft Stormarn,
kam zum ersten Male 1476 in einem Siegel des
späteren König Hans (Johann I) als Electus vor
und gelangte unter König Christian II 1515
dauerhaft ins Wappen)
- Herzschild: In Gold zwei rote Balken (Grafschaft
Oldenburg, wurden zuerst in das Wappen
Christians I. aus dem Hause Oldenburg eingefügt)
Genealogie der Prinzessin Dorothea von
Dänemark (10.11.1520 - 1580), die am 26.9.1535 in Heidelberg
Friedrich II. geheiratet hatte:
- Christian I. (VII) König von
Dänemark und König von Schweden und Norwegen (1425 -
21.5.1481), vermählt mit Dorothea Markgräfin v.
Brandenburg (- 10.11.1495)
- Johann König von Dänemark
(8.7.1455 - 1513), vermählt mit Christina v.
Sachsen (25.12.1461 - 8.12.1521, Tochter von
Ernst I. Kurfürst v. Sachsen (24.3.1441 -
26.8.1486) und Elisabeth v. Bayern (2.2.1443 -
5.3.1484))
- Christian II. König
von Dänemark und König von Schweden und
Norwegen (2.7.1481 - 1552/1559),
verheiratet mit Isabella von Kastilien
(18.7.1501 - 19.1.1526, Tochter von
Felipe I. König von Kastilien und Léon
(22.6.1478 - 1506) und Juana Königin von
Kastilien und Aragon (6.11.1479 - 1555))
- Dorothea
Prinzessin von Dänemark (10.11.1520 - 1580)
Das Wappen des Bauherren und seiner Frau
findet sich auch am Heidelberger Schloß mit den gleichen
Inhalten wieder, aber nicht in Rautenschildform.
Literatur,
Links und Quellen:
Felix Mader: Die
Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern. II. Die Kunstdenkmäler
von Oberpfalz und Regensburg, Band XVI: Stadt Amberg. München
1909 (Nachdruck 1981), S. 127-140
http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/ministerium/ministerium/denkmalschutz/denk_amberg_reg8.pdf
http://www.amberg.de/index.php?id=3764
http://www.stbaas.bayern.de/hochbau/projekte/landgericht.php
http://www.nefershapiland.de/amberg.htm
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Siebmachers Wappenbücher, Band Landesfürsten
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