Bernhard Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1475
Nürnberg (Mittelfranken)

Nürnberg, Stadtteil Fischbach, Pellerschloß

Eines der schönsten und am authentischsten wirkenden Patrizierschlößchen ist das sog. Pellerschloß im Nürnberger Stadtteil Fischbach (Pellergasse 3a). Das heute im Besitz der Stadt Nürnberg befindliche Schloß steht malerisch am Rande einer sich im Norden des Gebäudes erstreckenden öffentlichen Grünanlage mit Bachlauf, während es an den anderen Seiten von modernerer Bebauung eingegrenzt wird. Der größte Teil des einstigen Wassergrabens ist heute verfüllt. Erst im Jahre 1751 wurden die Befestigungen niedergelegt. Die große Halle im Erdgeschoß und auch die ehemaligen Wohnräume im Obergeschoß stehen für Veranstaltungen zur Verfügung. Es handelt sich um einen für die Nürnberger Landschaft typischen Herrensitz des 16. Jh., auf einer ehemaligen Insel in einem früher ringsum verlaufenden Wassergraben stehend, auf einem steinernen, wehrhaften und nur mit Schießscharten durchfensterten Sockel stehend. Darüber erheben sich zwei Obergeschosse aus Fachwerk, die über den Steinsockel auskragen. Schräg im Mauerwerk verankerte Balken stützen die Horizontalbalken der Auskragung. Nach Osten kragt ein kleines, in die Fachwerkkonstruktion einbezogenes Chörlein aus. Das Gebäude wird nach oben mit einem Satteldach mit winzigen Walmansätzen zu beiden Seiten abgeschlossen.

Blick von Nordosten und Osten auf das Pellerschloß. In der linken Abbildung sieht man die Position des Peller-Wappens zwischen den beiden Stützbalken über dem nordseitigen Stichbogeneingang. In der rechten Abbildung sieht man den kleinen Fachwerkerker der Ostseite.

Das Peller-Wappen zeigt einen geteilten Schild, oben in Gold ein schwarzer, rotgezungter Steinbock, unten in Rot ein silberner Sparren. Das Wappen wird beschrieben bei Schöler, S. 80, Tafel 94, sowie im Siebmacher Band: Bay Seite: 102 Tafel: 123, Band: BayA2 Seite: 173 Tafel: 107, Band: BayA1 Seite: 52. Das hier nicht abgebildete Oberwappen wäre auf dem Helm mit rechts schwarz-goldenen und links rot-silbernen Decken ein wachsender schwarzer Steinbock zwischen zwei Büffelhörnern, das rechte schwarz-golden, das linke silbern-rot geteilt. Statt dessen zieht sich entlang des oberen Schildrandes eine elfperlige Krone. Die Familie der Peller (Peller von Schoppershof) stammt ursprünglich aus Radolfzell am Bodensee. Als Kaufleute kamen sie nach Nürnberg und ließen sich dort nieder und stiegen schnell in die wohlhabendsten Bürgerschichten auf. Insbesondere war die Familie eng mit der ebenfalls aufsteigenden und materiell äußerst erfolgreichen Familie Viatis verbunden. Martin I. Peller erfuhr seine Kaufmannsausbildung in Venedig und war mit Bartholomäus Viatis in dessen Handelshaus aktiv; 1590 heiratete er dessen Tochter Maria Viatis. Im Jahre 1585 wurden die Peller-Brüder Martin I. (1559-1629) und Balthasar II. (gest. 1623) von Kaiser Rudolf II. in den Adelsstand erhoben. Aus diesem Anlaß wurde auch das Familienwappen vermehrt, das vorher in schwarz-golden geteiltem Feld auf grünem Dreiberg einen rotgezungten Steinbock in verwechselter Tinktur zeigte und als Helmzier zu schwarz-goldenen Decken einen wachsenden goldenen Steinbock hatte. Die Peller hatten sich eigentlich einen gevierten Schild gewünscht, doch dem wurde nicht entsprochen, so ist das vermehrte Wappen nur geteilt. Martin, der 1596 das Bürgerrecht von Nürnberg erwarb, und der 1597 Genannter des Größeren Rates wurde, und sein Schwiegervater Bartholomäus Viatis gründeten gemeinsam eine wirtschaftlich sehr erfolgreiche Handelsgesellschaft. Martin Peller erbaute 1602-1605 das berühmte Pellerhaus am Egidienplatz, einer der schönsten Prachtbauten der Renaissance, von dem nach den Kriegsschäden leider nur noch Teile des Innenhofes übrig sind, der übrigens rekonstruiert werden soll. 1719 verkauften die Peller ihre Anteile an der Handelsgesellschaft. Die jüngeren Generationen waren jetzt weniger als Händler, sondern mehr als Beamte in Diensten der Reichsstadt tätig. 1747 gab es eine weitere kaiserliche Wappenvermehrung. Die Familie wurde später kooptiert. Am 3.1.1789 bestätigte Kaiser Joseph II. nach seiner Wahl dem Christoph Gottfried III. Peller von Schoppershof per Diplom die Zugehörigkeit zum Nürnberger Patriziat und die Ratsfähigkeit. jedoch wurden sie bei den Ratswahlen nicht berücksichtigt. Erst 1788 und 1798 schafften es Mitglieder der Familie, als Genannte des Größeren Rates bestellt zu werden. Ein Tiefschlag für das Ansehen der Familie war eine Veruntreuungsgeschichte im Jahre 1801, Karl Gustav Christoph von Peller, Kassierer im Leihamt, brachte seine Familie in Bedrängnis und ruinierte das Ansehen. 1870 sind die Peller mit dem Enkel des unglückseligen Kassierers ausgestorben, Hauptmann Friedrich Peller von Schoppershof. Der letzte Peller verstarb an den Verwundungen, die er in der Schlacht bei Wörth (Bataille de Reichshoffen) am 6.8.1870 erhalten hatte, einer für beide Seiten äußerst verlustreichen Schlacht im deutsch-französischen Krieg.

Auf der Rückseite des Peller-Schlosses (Südseite), nur durch einen schmalen Gang zwischen den Mauern des Sockels und der angrenzenden Gebäude zugänglich, befindet sich ein älterer Wappenstein, auf 1573 datiert. Er gehört zu Thomas Philipp von Murach zu Niedermurach (in Rot ein silberner Zickzackbalken, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein hoher Hut, mit dem silbernen Zickzackbalken belegt und oben mit Federn besteckt) und seiner Frau Felicitas von Murach, geborene von Redwitz (in Blau hier vier silberne Balken, belegt mit einem roten schrägrechten Wellenbalken, Helmzier Kopf und Hals eines roten Einhornes, Helmdecken blau-silbern oder rot-silbern). Dieser Stein wurde anläßlich der Vollendung der Reparaturarbeiten nach den Zerstörungen des zweiten Markgräflerkrieges angebracht.

Linkerhand (also im Osten) befindet sich ein Anbau aus dem 20. Jh., dessen Glastürgriffe von heraldischem Interesse sind. Die beiden langrechteckigen, über die ganze Breite gehenden Türgriffe aus Metall sind modernes Kunsthandwerk und zeigen die Wappen aller Geschlechter, die im Laufe der Geschichte diesen Herrensitz besaßen. Von optisch links nach rechts sind das: Holzschuher (in Gold ein schwarzer, oft auch rot gefütterter Holzschuh mit silberner Einfassung) - sie besaßen angeblich das Gut um 1400, der sichere Nachweis steht noch aus. Der nächste Schild ist der der Melber (in Silber ein blauer Balken, belegt mit einer goldenen, silbern bebutzten Rose), die als Eigentümer sicher belegt sind, denn Nürnberg erreichte 1517 von Matthias Melber, der seit 1506/07 Besitzer war, ein Öffnungsrecht des befestigten Ansitzes. Der dritte Schild ist der der Welser (in silbern-rot gespaltenem Schild eine Lilie in verwechselten Farben), sie erwarben den Sitz 1527, Jakob Welser hatte ihn inne und ab 1541 sein Sohn, ebenfalls Jakob Welser (1553 kinderlos verstorben). Der vierte Schild ist der der Schmidtmayer (in golden-rot schrägrechtsgeteiltem Schild drei auf die Teilungslinie schrägrechtsbalkenweise gelegte Rosen in verwechselten Farben), sie hatten den im Zweiten Markgrafenkrieg 1552/53 in den Obergeschossen zerstörten Sitz ab 1557 inne und leiteten den Wiederaufbau ein.

Nach den Schmidtmayer folgten 1573 die Murach (siehe oben, Gebäude-Südseite), die die Reparatur vollendeten, dann, erster Schild des zweiten Türflügels, die Imhoff 1609 (in Rot ein goldener See-Löwe mit einem über dem Kopf schwingenden Fischschwanz, auf dem linken Vorderbein stehend, das rechte vorwärts streckend), die die Schäden des 30jährigen Krieges beheben mußten, schließlich die Paumgartner 1677 (von Silber und Schwarz geteilt, oben ein rot bewehrter grüner Sittich mit rotem Halsband, unten eine silberne Lilie) und dann ab 1687 die namengebenden Peller (geteilt, oben in Gold ein schwarzer, rotgezungter Steinbock, unten in Rot ein silberner Sparren). Jobst Christoph Peller (1638-1709), ein Enkel des oben erwähnten Martin I. Peller, kaufte das Schloß 1687. Die Peller besaßen das Schlößchen bis 1870. Der letzte Schild (in Blau ein goldener Schrägwellenbalken, belegt mit einem blauen Fisch) in der Reihe ist der für die ehemals selbständige Gemeinde Fischbach, die das Schlößchen nach häufigem Eigentümerwechsel 1962 erwarb. Seit der Eingemeindung 1972 ist die Stadt Nürnberg Eigentümerin.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6

Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN 978-3-87191-333-4.
Geschichte Fischbachs und seiner Herrensitze: http://www.herrensitze.com/fischbach.html
Peller-Schloß: http://www.herrensitze.com/fischbach-iii.html
Ulrich Kretschmer: Fischbach. In: Nürnberger Stadtteile im Wandel der Jahrhunderte. Hrsg. v. Bürgerverein Nürnberg-Südost e.V., Nürnberg 1999.
Robert Giersch, Andreas Schlunk, Bertold von Haller, Burgen und Herrensitze in der Nürnberger Landschaft, Verlag Altnürnberger Landschaft, 560 S., über 600 z. T. farb. u. hist. Abb., mit Übersichtskarte u. Orts- u. Personenreg., 2007, ISBN 978-3-00-020677-1

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