Bernhard
Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1436
Nürnberg (Mittelfranken)
Häuser in Nürnberg, Theresienstraße 7
In der modernen straßenseitigen Fassade in der Theresienstraße 7 (Haus zur goldenen Rose, Welserhof, auch Krafftsches Haus genannt nach dem letzten Besitzer vor dem Erwerb durch die Stadt, kunsthistorisch wertvoller Innenhof, einer der wenigen teilerhaltenen Altstadtinnenhöfe aus dem frühen 16. Jh.), ist dieser historische, auf 1739 datierte Wappenstein eingelassen. In dem im Krieg fast völlig zerstörten und 1961-1963 wiederaufgebauten Gebäude sind heute Ämter der Stadt Nürnberg untergebracht, Gesundheitsamt, Rechnungsprüfungsamt, Steueramt, Stadtkämmerei und die Vollstreckungsabteilung der Stadtkasse.
In einem spätbarocken Rahmen mit Palmwedeln und Blumengehänge sind zwei ovale Kartuschen einander zugeneigt, davon zeigt die heraldisch rechte das vermehrte Pfinzing-Wappen: Geviert: Feld 1: geteilt, oben in Gold ein schwarzer Adler, unten in Rot ein silberner Ring (Pfinzing, eigentliches Stammwappen), Feld 2: korrekt wäre von Gold, Blau und Silber zweimal geteilt (Henfenfeld), hier unrichtigerweise alle drei Zonen blau mit goldener Damaszierung, Feld 3: golden-schwarz geteilt (ererbtes Wappen der Geuschmid), Feld 4: gespalten; rechts in Rot zwei goldene Löwen übereinander, links golden-schwarz fünfmal schräggeteilt (Gründlach). In dieser Form ist das ein Wappen, das alle Felder vereint, es ist das Wappen der Pfinzing von Gründlach (Siebmacher Band: BayA1 Seite: 52 Tafel: 52). Das "normale" vermehrte Wappen der Pfinzing sah anders aus und hatte Feld 4 nicht: Geviert mit Herzschild: Feld 1 und 4: geteilt, oben in Gold ein schwarzer Adler, unten in Rot ein silberner Ring (Pfinzing), Feld 2 und 3: golden-schwarz geteilt (Geuschmid), Herzschild von Gold, Blau und Silber zweimal geteilt (Henfenfeld). Zum Wappen der Pfinzing von Gründlach wären zwei gekrönte Helme mit schwarz-goldenen Decken geführt worden, Helm 1 (rechts): ein Paar golden-schwarz geteilter Büffelhörner, Helm 2 (links) ein sitzender goldener Löwe zwischen einem golden-schwarz geteilten Flug. Die heraldisch linke Kartusche zeigt das Wappen der Tucher. Der Schild ist geteilt, oben von Schwarz und Silber fünfmal schräggeteilt, unten in Gold ein Mohrenkopf. Diese Kombination paßt zu Christoph Karl Pfinzing-Gründlach (1680-1739), der Helena Katharina Tucher (1684-1720) geheiratet hatte. Sie hatten keine Nachkommen, er war der letzte der Linie zu Gründlach, und er verfügte zu Lebzeiten, daß der Markt Gründlach und der zugehörige Herrensitz und weitere Länderein nach seinem Tod wieder dem Gesamtgeschlecht gehören sollten. Er fiel 1739 an die Henfenfelder Linie und nach deren Aussterben 1764/66 an die Haller von Hallerstein. Die Nebenlinie der Pfinzing zu Gründlach entstand 1572, als Karl Pfinzing d. Ä. (1578-1629), 1599 vermählt mit Klara Holzschuher (1599-1627), 1616 Gründlach erbte. Das war eigentlich nur "Plan B", denn Katharina Welser, Karls Tante mütterlicherseits, hatte Gründlach zusammen mit Ihrem Mann mit ihres Vaters Geldern erworben und hatte den Besitz eigentlich ihrem Neffen Hans Welser zugedacht. Doch dieser verhielt sich so unmöglich, daß er damit seines Erbanspruchs verlustig ging, und Katharina bedachte statt seiner Karl Pfinzing. So kam auch der Welserhof an die Pfinzing. Daß dieser Sympathieentzug mit erheblichen finanziellen Einbußen nicht unangefochten von Hans Welser hingenommen wurde, lag auf der Hand, und beide Familien führten erbitterte Prozesse deswegen gegeneinander, auch der Sohn, Karl d. J. Pfinzing (1610-1668) wurde mit hineingezogen. Einmal echauffierte sich dieser deswegen so, daß man ihn zur Abkühlung des erhitzen Gemütes in einen Stadtturm warf. Schließlich entschied man 1660/61 zugunsten der Pfinzings, wobei die Auferlegung einer Entschädigungszahlung den Welsern das Akzeptieren der Entscheidung erleichterte. Und man stritt zeitweise auch um eine Ruine, denn 1634 wurde Gründlach von kurbayerischen Truppen aus Forchheim heimgesucht und zerstört. Ca. 50 Jahre lang war der Herrensitz ruinös. Karl d. Jüngeren Sohn war Karl Sebastian Pfinzing (1647-1685), oder genauer Karl Sebastian "Pfinzing von Henfenfeld (denn sein Vater war seit 1635 Administrator von Henfenfeld) auf Gründlach (siehe oben), Reutles, Heuchling und Weigelshof (seine Mutter Eleonora Scheuerl hatte das in die Ehe gebracht)". Er war der dritte der Linie zu Gründlach und der Vater des Christoph Karl Pfinzing-Gründlach, der Gründlach wiederaufbaute, die Linie beschloß und dessen Wappenstein wir hier sehen. Einen weiteren Wappenstein dieses Paares kann man im reich mit Stuck ausgestatteten Theatersaal des Schlosses von Gründlach sehen.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers
Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag
Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999,
Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6
Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger
Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte,
herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg.
Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS
Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN
978-3-87191-333-4.
Geschichte von Schloß Gründlach: http://www.herrensitze.com/grossgrundlach-ii.html
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