Bernhard Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1435
Nürnberg (Mittelfranken)

Häuser in Nürnberg, Tetzelgasse 4

Viel ist von diesem Haus in der Tetzelgasse 4 nach der Zerstörung nicht übriggeblieben, eigentlich nur dieser gerettete Stein. Im 13. Jh. stand hier einmal ein Wehrturm, der 1718 eingerissen wurde. 1720 wurde an dieser Stelle das Tetzelsche Stiftungshaus errichtet. Der aus den Kriegstrümmern geborgene Stein ziert heute ein stilloses Wohnhaus von 1958.

Das Rokoko-Wappen ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Rot eine nach links aufspringende silberne Katze (Tetzel, gewendet), Feld 2 und 3: von Silber und Blau geteilt, oben ein halbes rotes Rad mit drei Speichen, unten eine silberne Lilie (Volckamer), Herzschild: in Rot ein silberner Wellenschrägbalken mit drei Fischen darin. Dieses ist weder ein vermehrtes Tetzel-Wappen noch ein vermehrtes Volckamer-Wappen, denn erstere führten keine vermehrte Variante, und letztere führten seit 1696 ein anderes geviertes Wappen, Feld 1 und 4: von Silber und Blau geteilt, oben ein halbes rotes Rad mit drei Speichen, unten eine silberne Lilie (Stammwappen), 2 und 3: in Rot ein gekrönter silberner Löwe, im goldenen Herzschild ein schwarzer, mit einem goldenen L (Leopold) belegter Reichsadler mit darüber schwebender goldenen Krone. Dazu zwei gekrönte Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein unterhalbes rotes Rad mit drei Speichen, oben mit einem schwarzen Hahnenfederbusch besteckt, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender, silberner, golden gekrönter Löwe zwischen zwei Pfauenstößen. Dieses hier vorliegende Wappen spiegelt vielmehr die besondere Situation der Tetzel-Stiftung wider: Gegründet wurde sie von den Tetzel, verwaltet wurde sie von den Volckamer, und der Hauptwert war Kirchensittenbach, und als die jüngere Linie der Tetzel 1736 ausstarb, erwarben die Volckamer noch die andere Hälfte von Kirchensittenbach hinzu. Das kam so:

Jobst Friedrich Tetzel (1556-1612), in zweiter Ehe vermählt mit Anna Schlüsselfelder (1565-1639), der Erbauer des Schlosses Kirchensittenbach, mit 23 Ortschaften rings um Kirchensittenbach reich begütert, hatte keine Erben und gründete 1612 ein halbes Jahr vor seinem Tod die Tetzel-Stiftung. Wohl gab es noch einen Bruder Karl Tetzel (1559-1611), der einen Sohn, mehrere Enkel und Urenkel hatte, doch sollte dieser Karl bzw. mittlerweile seine Nachkommen nach dem Willen des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen werden, denn die beiden Brüder hatten sich gründlich verkracht, und Karl hatte Vorra gekauft, um die Nähe zu seinem Bruder in Kirchensittenbach zu vermeiden. Nutznießer der Stiftung waren abwechselnd die Witwe Anna Schlüsselfelder und die ältere Linie der Tetzel, die viel weiter oben im Stammbaum abzweigte. Als diese mit Philipp Jakob Tetzel 1685 ausstarb, waren die Nutznießer die mehrfach mit den Tetzel ehelich verbundenen Schlüsselfelder alleine, doch auch diese hatten bald darauf ein Erbfolgeproblem: Mit dem kinderlosen Johann Karl Schlüsselfelder (1653-1709), einem Urenkel des Bruders der erwähnten Anna, starben sie aus und überführten ihr eigenes Vermögen ebenfalls in eine Stiftung. Jetzt trat Plan B in Kraft, der ebenfalls schon im Testament von Jobst Friedrich Tetzel (1556-1612) festgelegt war: Weil seine Mutter Anna Volckamer (gest. 1573) war, wurde diese Familie als eine der im Wechsel die Stiftung verwaltenden Treuhänder bestimmt. So wurden 1709 die Volckamer die Nutznießer der Tetzel-Stiftung, und sie nannten sich nun "Volckamer von und auf/zu Kirchensittenbach". Gleichzeitig lebte aber noch die jüngere Linie der Tetzel fort, sie starb erst 1736 aus. Administrator Christoph Gottlieb Volckamer kaufte 1717 für die Stiftung den alten Tetzelhof am Egidienplatz von den Vettern Christoph Friedrich und Heinrich Maximilian von Oelhafen und ließ das Anwesen gemeinsam mit Felix Jakob Tetzel 1717-1720 schloßartig neu erbauen, davon stammt der Stein. 1828 wurde der Tetzelhof veräußert. Die Tetzelstiftung besteht noch heute; als Administratoren folgten den Volckamer 1729 die Pfinzing, 1765 die Behaim und 1925 die Stromer.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6

Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN 978-3-87191-333-4.

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