Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1377
Bensheim (Kreis Bergstraße)

Der Hohenecker Hof in Bensheim

Der Hohenecker Hof liegt am Rande der Altstadt (Am Bürgerhaus 8). Es handelt sich um einen alten Adelshof der Familie von Hoheneck, den 1756 Johann Franz Baron von Hoheneck, Mainzer Domdekan, errichten ließ. Das Vorgängergebäude hatte den Herren von Walbrunn, später dem General von Prettlack gehört. Das Gebäude hat ganz unterschiedliche Schauseiten: Zum Bürgerhaus hin nach Osten sehen wir Teile des alten viergeschossigen Adelshofes mit barocken Fachwerkformen. Nach Westen hin zum Grüngürtel erschreckt der um 1900 erfolgte neugotische Umbau, eine Fassade mit Treppengiebel, in roten Klinkern ausgeführt, mit völlig deplaciertem spitzbogigem Maßwerkfenster im von kleinen Zinnentürmchen gerahmten Giebel. Für uns hier von Interesse ist das Hoheneck-Wappen über dem korbbogigen Osteingang im alten Teil des privat bewohnten und nicht zugänglichen Anwesens. Das Wappen ist durch die neugotische Portalanlage mit Gittertor, einer Mischung aus Phantasie und Spolien, jedoch gut zu sehen. Ein ovaler Schild wird von umgebendem Rocaillewerk zur Kartusche geformt. Und trotz Rokoko-Stil bringt man noch zwei Helme unter, diese können wegen einer Rocaille-Bekrönung aber ihren Platz nicht auf dem Schild finden, sondern stehen oben rechts und links neben dem Ovalschild, ein Kompromiß zwischen Rokoko-Kunst und Anforderungen der Heraldik. Die Inschrift lautet: "IO(HANN)ES FRANC(ISCUS) (LIBER) BARO ab HOHENECK DECAN(US) METROP(OLITANI) MOG(UNTIACI) HAS AEDES CUM SUIS APPERTINENTIIS ET ALIIS DIVO MARTINO ET DECANIS SUCCESSORIBUS IN PERPETUUM FEV DM DEDICAVIT A(NN)O MDCCLVI".

Das Wappen der von Hoheneck zeigt in Rot einen silbernen Pfahl, beiderseits begleitet von aufrechten goldenen Schindeln. Der Stammhelm mit rot-silbenen Decken trägt einen wie der Schild tingierten Brackenrumpf als Kleinod. Hier ist er auf der optisch rechten Seite zu vermuten, vom Zahn der Zeit abgenagt. Die gegenüberliegende Inful verweist auf den Stand als Kleriker und ist kein regulärer Bestandteil des Wappens. Ein Domdekan ist jedoch nicht infuliert. Es handelt sich bei den von Hoheneck um rheinischen Uradel, der von der gleichnamigen Burg Hohenecken bei Kaiserslautern stammt, ein Kaiserslauterner Ministerialengeschlecht, das die Burg (bemerkenswert der fünfseitige Bergfried und die gewaltige Schildmauer aus der Stauferzeit) zu Lehen hatte und sich nach ihr nannte. Die zugehörige Herrschaft Hohenecken umfaßte die Dörfer Hohenecken (heute zu Kaiserslautern), Erfenbach, Espensteig, Siegelbach und Stockweiler. Anläßlich um 1560 durchgeführter Erneuerungsarbeiten entstand das untere Burgtor, wo auf dem Schlußstein das Hoheneck-Wappen zu sehen ist. Im Jahre 1668 wurden Burg und Herrschaft Hohenecken an die Herzöge von Lothringen veräußert, im gleichen Jahr wurde die Burg durch kurpfälzische Truppen belagert und zerstört, später durch französische Truppen gesprengt. Freiherrendiplome für die Familie datieren von 1654 und 1716, Grafendiplome von 1713 und 1776. Die Reichsministerialenfamilie starb 1806 mit Philipp Karl von Hoheneck aus. Das Wappen wird beschrieben im Alten Siebmacher von 1605, im Neuen Siebmacher Band: Pr Seite: 175 Tafel: 223 (dort Decken rot-golden angegeben), Band: SchwA Seite: 15 Tafel: 9, bei Zobel auf Tafel 147. In einer seitlichen Darstellung ist die rechte Seite des Brackenrumpfes natürlich nicht zu sehen, denn der silberne Pfahl verläuft vorne über die ganze Brust. Deshalb findet man bei Beschreibungen der Helmzier, die nicht räumlich gedacht sind, Blasonierungen wie "Kopf und Hals eines w. und r. gespaltenen Bracken, die rechte Hälfte mit goldenen Schindeln bestreut" (Siebmacher Band: Pr Seite: 175 Tafel: 223, ähnlich Band: SchwA Seite: 15 Tafel: 9) - nicht nur wird hier rechts und links nicht heraldisch verwendet, sondern es wird nicht gesehen, daß ein mit dem symmetrischen Schildbild belegter Brackenrumpf eben von der Seite so aussieht, daß man eben nur die linke Hälfte des Schildbildes wahrnimmt. Es ändert nichts an der Tatsache, daß er dennoch mit dem ganzen Schildbild belegt ist. Das alte Ortswappen von Hohenecken verwendet übrigens Elemente aus dem Hoheneck-Wappen, die rote Feldfarbe und drei der goldenen Schindeln, aber anstelle des silbernen Pfahles einen silbernen schräglinken Wellenbalken und darunter noch eine goldene Rose.

Das Wappen der v. Hoheneck taucht übrigens später auch in einem Fugger-Wappen auf, dem der Fugger-Hoheneck: Gevierter Schild mit Herzschild: 1. u. 4. blau-golden gespalten mit zwei Lilien in verwechselten Farben (Fugger), 2. in Silber eine golden gekrönte Jungfrau mit grünem Mieder und schwarzem Rock, vorwärtsgekehrt, die Linke in die Seite gestützt, in der Rechten eine dreiperlige Krone haltend (Kirchberg, veränd.), 3. in Rot drei silberne Hifthörner (Jagdhörner) mit Bändern übereinander (Weissenhorn), Herzschild: In Rot ein silberner, von aufrechten goldenen Schindeln begleiteter Pfahl (Frhr. v. Hoheneck). Zwei Helme: Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken eine blau-golden gespaltene Lilie zwischen einem rechts goldenen, links blauen Paar Büffelhörner, Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken wachsend eine golden gekrönte Jungfrau mit grünem Mieder und schwarzem Rock, vorwärtsgekehrt, die Linke in die Seite gestützt, in der Rechten eine dreiperlige Krone haltend (Kirchberg, veränd.). Oder mit dem Hoheneck-Helm: Zwei Helme: Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit blau-goldenen Decken eine blau-golden gespaltene Lilie zwischen einem rechts goldenen, links blauen Paar Büffelhörner, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein wachsender Brackenrumpf (Brackenkopf), rot, vorne mit silbernem Pfahl belegt, auf den beiden Seiten goldene aufrechte Schindeln (Hoheneck). Dieses Wappen wird beschrieben im Siebmacher Bay Seite: 11 Tafel: 5, Gf Seite: 7 Tafel: 18a und Bad Seite: 2 Tafel: 3.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Informationstafel am Gebäude
Kulturdenkmäler in Hessen: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=437&event=Query.Details
Hohenecken:
http://www.burg-lemberg.de/ger/burgreg/hohenecken/
Burg Hohenecken:
http://www.kimmle.de/Hauptseiten/Hohenecken.html
Rolf Zobel: Wappen an Mittelrhein und Mosel, Books on Demands GmbH, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-5292-3, 527 S.

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