Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1323
Freiburg (Breisgau)

Der Peterhof in Freiburg

Der Peterhof liegt zwischen dem Hauptgebäude der Universität und der Bertoldstraße und beherbergt heute Übungs- und Seminarräume für die juristische Fakultät. Der Peterhof war noch im 16. Jh. ein Konglomerat aus unterschiedlichen Häusern, die ab 1492 vom 1093 von den Zähringern gegründeten Kloster St. Peter erworben wurden und die dem Abt der Benediktiner-Abtei St. Peter auf dem Schwarzwald als Unterkunft während seiner Stadtaufenthalte dienten und außerdem Zimmer für die studierenden Mönche des Klosters enthielten. Ebenso unterhielten andere wichtige Klöster der Umgebung einen Klosterhof in der Stadt Freiburg. Unter diesen erworbenen Häusern war auch die sog. Alte Münze. Erst unter Abt Gallus Vögelin gen. Meier (1585-1597) aus Mindelheim (Schwaben) wurden die Bauten architektonisch zusammengefaßt und umgebaut, so daß ein einheitlich wirkender Bau entstand. Der in West-Ost-Richtung verlaufende Flügel hat auf der Südseite einen vorspringenden Treppenturm an der Grenze zweier unterschiedlicher Baueinheiten, wie an dem Übergang der Dächer zu sehen ist. Auf Abt Gallus Vögelin geht auch der Bau der Kapelle zurück. Im Barock wurde der Kernbau erweitert und bis zur Kapelle fortgeführt, so daß ein Komplex mit zwei im rechten Winkel zueinander stehenden Flügeln entstand.

1731 wurde der Peterhof umgebaut. Nach der Säkularisierung wurde er als Domänenverwaltung des badischen Fiskus genutzt, 1853 wurde er Besitz der Stadt, 1870 ging er an die großherzogliche Garnisonsverwaltung über. 1912 kaufte die Stadt den Peterhof zurück. Zwischenzeitlich dienten die Gebäude als Jugendherberge. Das historische Gebäude wurde ein Opfer der Bomben 1944, es wurde mit Ausnahme der noch original gewölbten Kapelle zerstört und 1958-1960 wieder aufgebaut, außen originalgetreu unter Verwendung erhaltener Steine, innen modern. Seit 1957 gehört das Gebäude der Freiburger Universität. Die letzte Renovierung erfolgte 2004. Insgesamt befinden sich am Gebäude außen vier plastische Wappensteine, einer am erwähnten Treppenturm auf der Südseite des Nordflügels, einer an der südlichen Stirnwand des Westflügels und zwei an dessen Westseite.

Dieser Wappenstein ist am Treppenturm auf der Südseite des Nordflügels zu finden. Es handelt sich um eine große und reichgeschmückte Steintafel mit dem Abtswappen im Zentrum einer reichen Dekoration mit Ornamenten im Stile der Renaissance. Der Wappenschild ist geviert, in den Feldern 1 und 4 stehen in Silber die gekreuzten schwarzen Schlüssel der Abtei St. Peter, ein redendes Wappen unter Hinweis auf die Petrusschlüssel. In den Feldern 2 und 3 befindet sich das persönliche heraldische Symbol des Abtes Gallus Vögelin (1585-1597), zwei aufsteigende Spitzen nebeneinander. Über dem Schild sehen wir eine reichverzierte Inful mit zwei unten daraus hervorkommenden, beiderseits des Schildes wie Helmdecken bewegt herunterhängende Stoffstreifen (den Vittae, Bändern), dazu ist hinter dem Schild ein schräggestellter Abtsstab zu sehen. Die Äbte von St. Peter waren infulierte Äbte und durften mit Privileg von 1436 die eigentlich bischöflichen Insignien Inful und Krummstab tragen.

Abb.: Details des prunkvollen Rahmens. Die dargestellten Figuren sind Allegorien des Ruhmes und der Fruchtbarkeit.

Unter dem Wappen befindet sich ein Inschriftenfeld mit der Zuordnung "Gallus Abb(a)te zue S(t). Peter Prior zue S(t). Ulrichen rt. auff und im Schwartzwald Anno 1586". Über dem Wappen befindet sich ein großes Medaillon mit der Darstellung des Hl. Petrus als Schutzpatron des Klosters, sitzend mit einem großen, pfahlweise gestellten Schlüssel in der Rechten. Umgeben wird das Ganze von einem üppigen Rahmen mit Masken, Engelsköpfen, Figuren, Vasen, Troddeln und Fruchtgebinden zwischen reichlich Roll- und Beschlagwerk.

Der zweite große Wappenstein befindet sich an der ansonsten fensterlosen südlichen Stirnwand des Westflügels. Hinter dieser Mauer befindet sich die Kapelle, die durch je zwei Fenster in der West- und in der Ostwand Licht bekommt. Stilistisch ähnelt der Wappenstein sehr dem oben besprochenen, vermutlich wurde er sogar vom selben Künstler angefertigt, ähnlich ist der opulente Rahmen mit Putten und Fruchtgebinden, gleichfalls ist über der Wappenzone ein Medaillon mit einer Darstellung eines Petruskopfes zwischen den beiden je einen Thyrsosstab (Fruchtbarkeitssymbol, in der antiken Mythologie dem Dionysos-Kult zuzurechnen) haltenden Putten, und unter der Wappenzone ist Raum für zwei - nicht mehr erhaltene oder nicht ausgeführte - Inschriften. Eine rechteckige Scheinarchitektur mit einem Rundbogen auf zentralperspektivisch dargestellten Pfeilern rahmt die Wappenkombination aus zwei Schilden, hinter denen der Abtsstab mit abflatterndem Sudarium schräggestellt ist. In den Bogenzwickeln sind zwei geflügelte Engelsköpfe zu sehen.

Unter einer Inful mit beiderseits abflatternden Vittae (Bändern, die unten aus der Inful heraushängen) sind zwei jeweils gevierte Schilde zusammengestellt. In beiden Fällen zeigen die Felder 1 und 4 die schräggekreuzten Petrusschlüssel der Abtei St. Peter. In den Feldern 2 und 3 des heraldisch linken Wappenschildes sehen wir die gleichen Inhalte wie am Treppenturm, die zwei aufsteigenden Spitzen nebeneinander, das persönliche Symbol des Abtes Gallus Vögelin (1585-1597). Der heraldisch rechts befindliche Schild aber weist neue Inhalte in den betreffenden Feldern 2 und 3 auf, zwei voneinander abgewandte Vögel, wahrscheinlich Falken. Damit ist es das Wappen des Vorgängers von Abt Gallus Vögelin (1585-1597), Abt Johann Joachim Mynsinger von Frundeck (amtierte 1580-1585). Er hatte die Bauarbeiten am Peterhof begonnen, die Gallus Vögelin vollendete, und als dem Initiator des Projektes wird ihm hier vom Vollender desselben der Ehrenplatz auf der heraldisch rechten Seite gegeben.

Nun zu den Wappen auf der weniger vom Sonnenlicht begünstigten Westseite. Über dem Portal ist im gesprengten Segmentbogengiebel ein Rokoko-Wappen mit zwei einander zugeneigten rocaille-verzierten Schilden unter einer Schmuck-Inful. Der mit einer Rosette geschmückte Krummstab lehnt schräg hinter dem Ensemble. Der heraldisch rechte Schild gehört zur Abtei, er ist geviert. Feld 1 zeigt in Silber die schräggekreuzten schwarzen Petrusschlüssel der Abtei St. Peter. Feld 2 zeigt einen Geier für Geiersnest (gehört zu St. Ulrich und war seit 1629 Teil des Priorates, heute zur Gemeinde Bollschweil). Feld 3 zeigt in Blau zwei beiderseits abgeledigte silberne Balken (Priorat St. Ulrich, seit 1560 zu St. Peter), Feld 4 in Silber über einem roten Stern stehend ein rotes Kreuz (Priorat Sölden, unterstand eigentlich erst Cluny, dann de facto St. Ulrich, ab 1560 zu St. Peter, 1598 endgültig eingegliedert). In der Spätzeit des Klosters taten es die Äbte dem Adel durchaus nach, ihre Wappen durch Aufnahme weitere Symbole ihres territorialen Besitzes zu vermehren und dem Zeitgeist entsprechend aufzubessern, wobei die Ästhetik hinter der Bedeutungshascherei oft zurücktrat. Der heraldisch linke Schild ist das persönliche Familienwappen des Abtes Philipp Jakob Steyrer (amtierte 1749–1795, vorletzter Abt vor der Säkularisierung), es ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzes Hirschgeweih, Feld 2 und 3: rot-silbern-schwarz zweimal geteilt (hier darf man die Schraffuren noch nicht in unserem heutigen Sinn verstehen, mal trifft es zu, mal nicht. Es handelt sich bei diesen Feldern mitnichten um den österreichischen Bindenschild). Es sei angemerkt, daß in anderen Darstellungen die Teilungen in den Feldern 1 und 4 liegen und das Hirschgeweih in den Feldern 2 und 3. Im Siebmacher, Band: Klö Seite: 68 Tafel: 83, ist das Feld abweichend mit vier Teilungen (Text "zwei Balken") wiedergegeben.

Ein Vergleichswappen in Farbfassung findet sich besipielsweise in der Pfarrkirche St. Ulrich, St. Ulrich im Schwarzwald, Gemeinde Bollschweil. Dort sind es drei nebeneinandergestellte Schilde, her. rechts St. Peter, in der Mitte Philipp Jakob Steyrer wie beschrieben, aber das Geweih in den Feldern 2 und 3, her. links St. Ulrich wie oben beschrieben. Eine weitere Vergleichsquelle ist eine 1712 entstandene Wappentafel in St. Peter selbst mit den Namen und farblich gefaßten Wappen von 54 Äbten. Unter diesem Abt wurde übrigens die einmalig schöne Bibliothek des Klosters St. Peter vollendet.

Der vierte Wappenstein schließlich, ebenfalls auf der Westseite, ist ebenfalls in barockem Stil ausgeführt und befindet sich über der Toreinfahrt des vom Freiburger Stadtbaumeister Johann Georg Bechter erbauten länglichen West-Traktes, der jetzt den Renaissance-Hauptbau mit der Heiligkreuzkapelle im Süden verband. Ein gevierter Schild mit seitlichen konkaven Einbuchtungen und ausgezogenen Spitzen wird beiderseits von zwei ovalen Kartuschen begleitet, die durch die ausufernde Decke hinter dem Wappen in die Komposition eingebunden werden. Unten rahmen zwei schräggekreuzte Palmzweige die Komposition, oben ruht eine Inful auf einem pausbäckigen Engelskopf. Die Initialen VASP stehen für Udalricus Abbas Sancti Petri, Ulrich Bürgi (amtierte 1719–1739). Der abgesetzte Konsolstein trägt die Jahreszahl MDCCXXXI = 1731, was genau in die Amtszeit paßt. In diesem Jahr ließ er den Peterhof umbauen. Derselbe Abt ließ übrigens die neue, barocke Klosterkirche St. Peter erbauen.

Der Schild ist geviert, die Felder 1 und 4 zeigen die schräggekreuzten schwarzen Petrusschlüssel der Abtei St. Peter in silbernem Feld. In den Feldern 2 und 3 ist das persönliche Wappen des Abtes Ulrich Bürgi (amtierte 1719–1739), ein redendes, denn es zeigt eine Burg mit Tor zwischen zwei spitzbedachten Zinnentürmen. Der Ovalschild heraldisch rechts zeigt das Wappen des Priorates St. Ulrich, in Blau zwei beiderseits abgeledigte silberne Balken. Der Ovalschild auf der anderen Seite zeigt das Wappen des Priorates Sölden, in Silber über einem roten Stern stehend ein rotes Kreuz. Ulrich Bürgi ist der erste Abt, der auch die Priorate in sein Wappen aufgenommen hat. Dieser Trend setzte sich unter seinen Nachfolgern fort (s. o.).

Ausschnitt aus der Liste der Äbte von St. Peter:

  • Daniel Wehinger (amtierte 1566–1580)
  • Johannes Joachim Mynsinger von Frundeck (amtierte 1580–1585) - Wappen an Süd-Stirnseite der Kapelle
  • Gallus Vögelin (amtierte 1585–1597) - Wappen an Süd-Stirnseite der Kapelle und am Treppenturm
  • Michael Stöcklin (amtierte 1597–1601)
  • Johann Jakob Pfeiffer (amtierte 1601–1609) - Wappen auf einem Schlußstein der Kapelle
  • Johannes VIII. Schwab (amtierte 1609–1612) - Wappen auf einem Schlußstein der Kapelle
  • Johannes IX. Held (amtierte 1612–1614)
  • Peter IV. Münzen/Münzer (amtierte 1614–1637)
  • Matthä(us) Wetzenmüller (amtierte 1637–1659)
  • Placidus Rösch (amtierte 1659–1670)
  • Paul gen. Pastor (amtierte 1670–1699)
  • Maurus Höß (amtierte 1699–1719)
  • Ulrich Bürgi (amtierte 1719–1739) - Wappen an der Westseite über Tordurchfahrt
  • Benedikt II. Wulberz/Wülberz (amtierte 1739–1749)
  • Philipp Jakob Steyrer (amtierte 1749–1795) - Wappen an der Westseite im Sprenggiebel des Portals
  • Ignaz Speckle (amtierte 1795–1806)
  • Literatur, Links und Quellen:
    Siebmachers Wappenbücher
    Rosemarie Beck, Helmut Hartwig, Vom Adler zum Kreuz, Wappen in Freiburg erzählen Geschichte, 1993, Rombach Verlag Freiburg, ISBN 3-7930-0676-X.
    Peter Kalchthaler, Freiburg und seine Bauten, ein kunsthistorischer Stadtrundgang, Prom Verlag GmbH Freiburg, 2006, ISBN 978-3-923288-45-8.
    St. Peter:
    Hans-Otto Mühleisen: St. Peter auf dem Schwarzwald. Kunstverlag Josef Fink, 2003, ISBN 978-3898701082.

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