Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1309
Freiburg (Breisgau)

Das Alte Rathaus von Freiburg

So einheitlich, wie sich uns heute das Alte Rathaus präsentiert, ist der Baukörper nicht. Er entstand im Laufe seiner Geschichte 1557-1559 durch An- und Umbauten aus mehreren älteren Gebäuden, die wiederum 1561 und um 1600 ergänzt wurden. Drei von der Stadt erworbene Häuser bildeten den Anfang und wichen 1557-59 der Kanzlei, 1561 wurde das nördlich angrenzende Haus erworben, 1599 das Haus "am Roteneck" an der Turmgasse, und beide wurden umgebaut und mit der Kanzlei verbunden. Das Rathaus wurde 1999-2002 komplett renoviert.

Die Fassade war früher immer gänzlich bemalt, wenn auch nacheinander in gänzlich unterschiedlichen Fassungen, aber nach dem kriegszerstörungsbedingten Wiederaufbau 1952-1954 hat man die Farbfassung schlichter und einheitlich sandsteinrot gewählt, so daß der heraldische Schmuck, der den Herrschaftsverhältnissen des 16. Jh. entspricht, ganz im Vordergrund steht. Der Giebel ist mit Elementen des österreichischen Wappens geschmückt. Im Zentrum des obersten Giebelfeldes unterhalb des Glockenaufsatzes befindet sich das österreichische Wappen, von einer Collane des Ordens vom Goldenen Vlies umgeben und einem golden nimbierten und ebenso bewehrten schwarzen Doppeladler aufgelegt, über dem die Kaiserkrone schwebt.

In dieser Kombination entspricht das dem damaligen Landesherrn im Breisgau und späteren Kaiser Ferdinand I (10.3.1503 - 25.7.1564), Bruder von Kaiser Karl V, Sohn von Philipp I König von Kastilien und León und Johanna Königin von Kastilien und Aragon. Er war seit 1521 Erzherzog von Österreich und von Geburt her Prinz von Spanien. Als Infant von Spanien wurde er erzogen, und er sollte eigentlich erst die Königreiche Spanien und Neapel-Sizilien erben. 1516 fand eine Testamentsänderung zugunsten seines älteren Bruders Karl statt, und Ferdinand wurde mit Ober- und Niederösterreich abgespeist, ein Erbe, das er 1521 nach dem Teilungsvertrag zu Worms und Übergabe des Elsasses, der Steiermark, Kärntens, Krains, Tirols und Vorderösterreichs gegen Widerstände der Bevölkerung antrat. Der Hauptschild, der nur aus Böhmen und Ungarn besteht, erinnert daran, daß Ferdinand nach dem Tod von König Ludwig II 1526 in der Schlacht von Mohács am 24.2.1527 die Wenzelskrone in Prag empfing und am 5.11.1527 König von Ungarn wurde. Eine Episode machte ihn noch zum Herrn von Württemberg, denn der Schwäbische Bund hatte dieses 1519 an Österreich verkauft, und Ferdinand wurde 1530 mit Württemberg belehnt (Reichslehen). Als Herzog Ulrich sein Land 1534 wiedereroberte, kam es im Vertrag von Kaaden dazu, daß er es als Afterlehen von Österreich erhielt. Dieser Zustand endete 1552. Ferdinand wurde am 5.1.1531 zum römischen König und Nachfolger des Kaisers gewählt und am 11.1. in Aachen gekrönt, und am 12.9.1556 (Anerkennung 1558 in Frankfurt) wurde er römischer Kaiser.

Drei horizontale Bänder strukturieren den Giebel, jede Stufe einer Volute der äußeren Begrenzung entsprechend. Am Ansatz befindet sich zu beiden Seiten je ein Wappenschild mit einer Komponente des österreichischen Wappens nebst dem Freiburger Stadtwappen.

Details vom Giebel: Abb. links: in Rot ein silberner Balken, Erzherzogtum Österreich. Abb. Mitte: in Silber ein golden bekrönter (fehlt hier) und ebenso bewehrter roter Adler mit goldenen Kleestengeln, gefürstete Grafschaft Tirol, hier um den Kopf zwei grüne Lorbeerzweige. Abb rechts: in Rot ein goldener Schrägrechtsbalken, begleitet oben und unten von drei 1:2 bzw. 2:1 nach der Figur gestellten goldenen Kronen, die unteren gestürzt, Oberelsaß, Landgrafschaft Elsaß. Die Grafen von Habsburg hatten die Landgrafschaft im Oberelsaß seit dem 11. Jh. inne, wo sie u. a. Gründer von Ottmarsheim waren.

Details vom Giebel: Abb. links: in Gold ein eigentlich blau gekrönter (fehlt hier) und ebenso bewehrter (fehlt hier) roter Löwe, Grafschaft Habsburg. Abb. Mitte: in Blau fünf (2:2:1) goldene Adler, Niederösterreich, Erzherzogtum Österreich unter der Enns. Abb rechts: Stadtwappen von Freiburg, in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz.

In dem langgestreckten Bau mit den asymmetrisch angeordneten Fensterachsen zwischen den das Dach durchbrechenden Brandmauern läßt sich noch gut der Kanzleibau von 1557/59 wahrnehmen. Rückseitig befindet sich der architektonisch herausragende Wendeltreppenturm. Drei wappengeschmückte Eingänge weist der Bau zum Rathausplatz (Franziskanerplatz) hin auf. Zwei davon sind repräsentative Renaissance-Portale, und der dritte Eingang mit noch der Spätgotik verhaftetem Stabwerk ist etwas unscheinbar dazwischen gelegen. Alle drei Eingänge sind heraldisch gleich mit einer Kombination aus dem Freiburger Stadtwappen und dem österreichischen Bindenschild ausgestattet. Österreich bekommt dabei stets den Ehrenplatz auf der heraldisch rechten Seite.

Der heutige Hauptzugang, das Portal der ehemaligen Durchfahrt zum Rathaushof, ist heute verglast. Das Datum am Bogen ist das der Renovierung. In den Zwickeln zwischern dem Bogen und den die Attika tragenden Säulen befinden sich die beiden Wappenkartuschen mit eingerollten Spitzen und tief eingeschnittenen Rändern.

An allen drei Eingängen sehen wir optisch links in Rot einen silbernen Balken für das Erzherzogtum Österreich und optisch rechts in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz für die Stadt Freiburg.

Das kleinere Portal ist auf 1517 datiert. es hat keinen prunkvollen Renaissance-Rahmen wie die anderen, sondern Zierrat aus doppeltem, sich überschneidendem Stabwerk im Stil der Spätgotik.

Das prächtigste Portal ist das rechte in der Fassade des Kanzleibaues, welches auf 1558 datiert ist. Hier werden in der pilastergetragenen Attika beide Wappenschilde von goldenen Löwen als Schildhaltern präsentiert.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Rosemarie Beck, Helmut Hartwig, Vom Adler zum Kreuz, Wappen in Freiburg erzählen Geschichte, 1993, Rombach Verlag Freiburg, ISBN 3-7930-0676-X.
Peter Kalchthaler, Freiburg und seine Bauten, ein kunsthistorischer Stadtrundgang, Prom Verlag GmbH Freiburg, 2006, ISBN 978-3-923288-45-8.
Hinweistafel am Gebäude
Genealogien und Lebensläufe: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9

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