Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1201
Schmalkalden (Landkreis Schmalkalden-Meiningen, Thüringen)
Heiliggrabbehausung
Die sogenannte Heiliggrabbehausung ist ein Anwesen in der Pfaffengasse 26. Das Haus ist komplett aus Stein errichtet worden und besitzt zwei Treppengiebel. Es zählt zu den sogenannten "Kemenaten" der Stadt. Der Keller und ein Teil des Erdgeschosses sind noch romanische Bausubstanz. Die Obergeschosse stammen aus dem 15. Jh. Auf der rechten Seite wurde im 16. Jh. ein Anbau angefügt. Am Haus ist ein auf das Jahr 1515 datierter Wappenstein der Grafen von Henneberg über der Tür angebracht. Das Haus gehört seit über 100 Jahren der Schmalkalder Optiker-Dynastie Familie Rudolph. Der Name "Heiliggrabbehausung" kommt wohl daher, daß hier einst Vikare der bei Asbach gelegenen Kapelle "Zum Heiligen Grab" wohnten.
Die Inschrift über dem Wappen lautet: "Von gott(es) gnade(n) wilhel(m) / Grave und herr zu hen(n)ebe(rg)". Im Wappenfeld folgt noch die Datierung "Anno d(omi)ni m d x v", also 1515. Wilhelm ist ein häufiger Name bei den Grafen von Henneberg, denn die Reihe beginnt mit Wilhelm I. v. Henneberg-Aschach, der im späten 14. und frühen 15. Jh. lebte, und endet mit Wilhelm VII. von Henneberg (5.12.1500-30.1.1503), der als Kind verstarb. Es kommt hier von den Lebensdaten nur Wilhelm VI. Graf und Herr von Henneberg-Schleusingen (29.1.1478-24.1.1559) in Frage, der Sohn von Wilhelm IV. Graf und Herr von Henneberg-Schleusingen (12.3.1434-1480) und Margarete von Braunschweig-Wolfenbüttel (1451-13.2.1509).
Wilhelm VI. wuchs am Hof von Pfalzgraf Philipp zu Heidelberg auf und wurde am 5.7.1492 Mitregent der Mutter. Er wurde 1495 auf dem Reichstag zu Worms mit den Reichslehen belehnt. Er heiratete im Jahr 1500 in Neustadt an der Aisch Markgräfin Anastasia von Brandenburg (17.3.1478-4.7.1557), wofür er am 3.7.1499 einen Ehedispens bekam, wegen bestehender Verwandtschaft 3. und 4. Grades. Wilhelm IV. gründete 1502 das Franziskanerkloster in Schleusingen. 1542 tauschte er das Amt Mainberg gegen Meiningen mit Würzburg. 1543 trat er die Regierung an seinen Sohn Georg Ernst Graf und Herr von Henneberg-Schleusingen (27.5.1511-27.12.1583) ab, mit dem dann auch das Grafenhaus erlöschen sollte. Die anderen Söhne waren entweder bereits verstorben (Wilhelm VII., Wolfgang II., Kaspar) oder geistlich (Christoph, Poppo XII. resignierte später und verzichtete auf das Erbe) geworden oder beides (Johann IV.).
Als sich das Aussterben der Familie abzeichnete, schloß Wilhelm VI. 1554 eine Erbverbrüderung mit den ernestinischen Herzögen Johann Friedrich II., Johann Wilhelm I. und Johann Friedrich III. dem Jüngeren von Sachsen, den Kahlaer Vertrag, gemäß dem bei kinderlosem Ableben der Henneberger Linie die Übernahme der Henneberger Besitzungen durch die Sachsen-Herzöge vorgesehen war. Die Gegenleistung für diesen Anspruch war die Übernahme der Schulden der Henneberger. Problematisch war, daß bei Eintritt des Erbfalls 1583 sowohl die ernestinischen als auch die albertinischen Wettiner gleichermaßen Erbansprüche stellen konnten und auch stellten, worauf sich langwierige Erbstreitigkeiten entwickelten. Eine Sonderrolle nahm die Herrschaft Schmalkalden ein, denn hier kam der hennebergische Anteil aufgrund der Vereinbarungen des zwischen Graf Georg Ernst von Henneberg, Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel und Vertretern des ernestinischen Sachsens geschlossenen Salzunger Vertrages von 1583 an die Landgrafschaft Hessen-Kassel, die bereits die andere Hälfte besessen hatte.
Das Wappen der Grafen von Henneberg-Schleusingen ist geviert, Feld 1 und 4: geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender schwarzer Doppeladler, unten hier in zwei Reihen silbern-rot geschacht, Feld 2 und 3: in Gold auf grünem Dreiberg eine schwarze Henne mit rotem Kamm und ebensolchem Kehllappen. Dazu werden zwei Helme geführt: Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein roter, hermelingestulpter Hut, mit eigentlich zwei, hier nur einem sichtbaren, schwarzen, hier roten Rohrkolben besteckt, Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarz (Literatur: golden oder rot) bekleideter Jungfrauenrumpf mit Krone, hohem Hut, dessen hier grüner (Literatur: goldener) Schaft mit der schwarzen Henne belegt ist und dessen Spitze mit einem Pfauenfederbusch besteckt ist. Der zweite Helm ist der Stammhelm der Henneberger, wobei die Gewandung und der Hutschaft bei Otto Hupp (Münchener Kalender 1910), in der Zimmernschen Chronik und im Scheiblerschen Wappenbuch (Folio 23) jeweils golden tingiert werden. In mehreren anderen historischen Wappenbüchern ist der Frauenrumpf hingegen rot gewandet; es gibt also eine gewisse Bandbreite der Farbgebung, genauso wie beim Dreiberg, auf dem die Henne steht.
Die Henneberger Wappen werden weiterhin beschrieben im Siebmacher Band: Souv2 Seite: 123 Tafel: 123-125, Band: Souv1 Seite: 20 Tafel: 28, bei Schöler S. 56, T. 68 und im Deutschen Wappenkalender 1930. Das älteste Wappen ist der Adler, Farbe unbekannt. Graf Poppo VII. führte 1212 den Schild geteilt, oben ein wachsender Adler, unten in drei Reihen geschacht. Ebenso wurde das Wappen vom Minnesänger Otto von Botenlauben in der Manessischen Liederhandschrift geführt, gest. 1254. Die Henne führt Graf Poppo VII. zuerst 1237. Das Namenswappen (Henne) ist erst später entstanden und hat das alte Motiv an die zweite Stelle gedrängt. Hier ist das ältere Wappen auf den höherwertigen Plätzen zu sehen. Diese Kombination ist typisch für die Linie Henneberg-Schleusingen. Die Linie Henneberg-Römhild führte statt dessen die Säule mit dem Stammwappen kombiniert. Der Präfekt der Stadt Rom, Antonius de Columna, erteilte 1466 den Grafen Friedrich, Philipp, Georg, Otto, Berthold und Heinrich von der Römhilder Linie eine Bescheinigung über die Abstammung ihres Geschlechts von den Columna (Colonna) und das Recht, das redende Wappen derselben (goldgekrönte silberne Säule in Rot) zu führen. Diese Wappenschenkung bestätigten Papst Paul II. und Kaiser Friedrich III. beide im Jahre 1467. Die Säule war fortan das Unterscheidungsmerkmal der Römhilder Linie, auch wenn die Geschichte dahinter natürlich allerhöchst abgesegnetes Wunschdenken war und gar nicht der Wahrheit entsprechen konnte.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@50.7233465,10.4535613,18.96z - https://www.google.de/maps/@50.7233465,10.4535613,141m/data=!3m1!1e3
Stadtrundgang: http://www.peterheckert.org/index.php?option=com_content&view=article&id=103&Itemid=109
Bilder der Altstadt: https://www.stadtbild-deutschland.org/forum/index.php?thread/3279-schmalkalden-galerie/
Stadtrundgang: http://www.schmalkalden-ferienhaus-bierstaedt.de/index.php?option=com_content&view=article&id=75:chronik-der-anderen-art-teil-1&catid=79&Itemid=469
Henneberger: https://de.wikipedia.org/wiki/Grafschaft_Henneberg - https://de.wikipedia.org/wiki/Henneberg_(Adelsgeschlecht)
Stammliste der Henneberger: https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_von_Henneberg
Kahlaer Vertrag: https://de.wikipedia.org/wiki/Kahlaer_Vertrag
Herrschaft Schmalkalden: https://de.wikipedia.org/wiki/Herrschaft_Schmalkalden
Salzunger Vertrag: https://de.wikipedia.org/wiki/Salzunger_Vertrag
Carl Knetsch: Die Erwerbung der Herrschaft Schmalkalden durch
Hessen, Inaugural-Dissertation, 68 S., Verlag: Forgotten
Books, 2018, ISBN-10: 0666861846, ISBN-13: 978-0666861849
Grafen von Henneberg im Historischen Lexikon Bayerns: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Artikel_45640
Heinrich Wagner: Zur Genealogie der Grafen von Henneberg, in:
Mainfränkisches Jahrbuch 32 (1980), 70-104
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