Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 819
Burgen und Schlösser in Franken: Unteraufseß

Schloß Unteraufseß

Rabenturm und Meingoz-Haus
Schloß Unteraufseß, einst ein freier Besitz der uradelig fränkischen Familie, später ab 1378 ein Lehen, gliedert sich in drei Einheiten gänzlich unterschiedlichen Charakters: Der älteste Teil ist ein mittelalterlicher Bergfried (sog. Rabenturm) auf einem Felsen, direkt angrenzend ein winziges Haus, das sog. Meingoz-Steinhaus, das älteste Wohnhaus des Schlosses. Beide kleben förmlich auf dem Felsen und stehen bildlich für das "Aufsitzen". Dieser Teil der Burganlage geht wohl auf das 12. Jh. zurück. 2 m dickes Mauerwerk, ursprünglicher Zugang in 12 m Höhe, nur schmale Schießscharten als einzige Öffnungen, ein absolut trutziger und finsterer Bergfried. Ursprünglich war der Bergfried noch ein wenig höher, nach Zerstörungen im 30jährigen Krieg wurde er gekürzt.

Abb.: Der Bergfried

Das Wohnschloß
Auf der anderen Seite des Burghofes befindet sich das neue Schloß in Form eines offenen Winkels mit drei Ecktürmen außen (siehe Abb. unten) und einem Treppenturm in der inneren Winkelecke. Und zwischen beiden Bauteilen, Wohnschloß und Bergfried, befindet sich als drittes Element die Schloßkapelle (Turmhelm in der Abb. oben neben dem Bergfried zu sehen).

Abb.: Blick vom Tal auf den Südflügel

Die neue Kemenate von Otto I. von Aufseß (1296-1338) steckt im Kern noch im Wohnschloß, im Südteil. Das ist der älteste Teil des heutigen Wohnschlosses. Diverse Umbauten machten aus der Burganlage ein wohnliches Schloß. Der angrenzende Flügel wurde 1615 hinzugefügt, desgleichen stammen die vier Türme gleichen Stils aus dem frühen 17. Jh. Der 30jährige Krieg brachte Zerstörung und Not über Aufseß. Bis 1677 dauerte die Wiederherstellung der Anlage.

Abb.: Blick auf den Treppenturm zwischen Südflügel (rechts) und Ostflügel (links)

Der Wappenstein am Treppenturm, dessen untere Bereiche mit schräg geschnittenen Fenstern versehen sind, stammt von 1615 und steht für Jakob von Aufseß (1562-1618, Biedermann Gebürg Tafel 17) und seine Gemahlin Katharina von Wiesenthau (16.10.1549-8.9.1628). Dieses Bauherren-Ehepaar ist verantwortlich für eine größere Erweiterungsphase von Schloß Aufseß: An den älteren Bau, unter Otto von Aufseß entstanden, fügten sie in einem Winkel von ca. 110 Grad im Nordosten einen neuen Flügel an, den heutigen Ostflügel. Davon kündet ein Allianzwappen über dem Eingang zum Treppenturm, der zeitgleich mit dem Erweiterungsflügel entstanden ist. Dieser Erweiterungsphase dürften auch die drei charakteristischen Rundtürme mit Zwiebeldächern an den drei Außenecken des nun zweiflügeligen Hauptbaues zuzuordnen sein.

Man beachte bei diesem wunderschönen, aber stark verwitterten Wappenstein die beiden Löwengesichter an den beiden unteren Ecken, Konsolen für das Basisgesims bildend, desgleichen über dem oberen Gesims unter dem kleinen Dreiecksgiebel mit der Jahreszahl 1615 zwei Meerjungfrauen, einem Kranz gemeinsam zwischen sich haltend.

Abb.: Wappenstein am Treppenturm

Das Wappen ist ein zusammengeschobenes Ehewappen und vereinigt in gespaltenem Schild die Wappen von Ehefrau (heraldisch links) und Ehemann (heraldisch rechts):

Vorne: Wappen von Aufseß: In Blau ein weißer Balken, belegt mit einer roten Rose. Die zugehörige Helmzier zeigt zwischen zwei wie der Schild bez. Büffelhörnern einen Pfauenstoß. Die Helmzier unterliegt einer gewissen Variabilität, mal ist es ein Pfauenstoß, wie am Treppenturm (hier), mal kommt er aus einem goldenen Halter, wie am Torbogen (s.u.). Der Halter kann kürzer oder länger sein, für die verschiedenen Varianten finden sich Beispiele in der Schloßkirche. Helmdecken blau-silbern.

Hinten: Wappen von Wiesenthau: In Silber oder Gold ein aus waagerecht liegenden roten Wecken gebildeter Pfahl. Die Farbe des Feldes kann silbern oder golden sein, das wechselt. Helmzier zwei schwarze Büffelhörner mit roten oder silbernen Kugeln bzw. Knöpfen in den Öffnungen (fehlen hier, hier mit offenen Mündungen dargestellt). Helmdecken schwarz-silbern oder schwarz-golden.

Auf jeder Seite noch eine viergliedrige Ahnenprobe, auf der Seite der Ehefrau beispielsweise zu erkennen die Schilde von Wiesenthau, von Schöf(f)stall (in Blau ein rotbekleideter Fährmann mit goldenem Hut und Ruder in goldenem oder silbernem Boote stehend). Katharina von Wiesenthau war eine Tochter von Friedrich von Wiesenthau und Walburgis von Schöffstall (Biedermann Gebürg Tafel 17). Das Geschlecht der von Schöffstall ist 1544 im Mannesstamme, 1552 gänzlich erloschen). Weiterhin erkennt man die Wappen der von Aufseß und der von Schaumberg (geviert, Feld 1 und 4: gespalten, rechts in Gold eine schwarze Schafschere, links in Rot ein silberner Sparren, in 4 vorne und hinten ausgetauscht, Feld 2 und 3: von Silber, Rot und Blau halbgespalten und geteilt). Auf der Schwertseite oben der Schild von Aufseß und darunter vermutlich der von Waldenfels (in Blau ein silbernes Einhorn) und zwei weitere. Hier besteht keine Kongruenz zur Genealogie bei Biedermann (das müßten dann Aufseß, Giech, Rosenbach und Streitberg sein), die im Zweifelsfall wie so oft nicht stimmt.

Das Schloß Unteraufseß ist privat und wird heute noch von der Familie bewohnt. Führungen nach Vereinbarung, Gästesuiten und Nutzung der Räumlichkeiten siehe http://www.schloss-unteraufsess.de/.

Die Ringmauer
Der gesamte Komplex ist noch von einer Ringmauer umgeben, deren Aussehen nicht mehr ursprünglich ist. Sie ist niedriger als früher und ringsum ihrer Wehrgänge verlustig gegangen. Links im zweiten Bild ist das sich nach Südwesten öffnende Burgtor zu sehen. Die Errichtung dieses Tores geht auf Otto I. von Aufseß (1296-1338) zurück, der im Südosten der alten Anlage eine neue Kemenate erbaute, für die ein weiteres Tor benötigt wurde. Die Mauer ist im Kern mittelalterlich, erhielt aber um 1700 ihr heutiges Aussehen mit den flachbogig gewölbten Schießscharten barocker Machart statt des früheren Wehrganges. Diese Mauer markiert aber nur den inneren Teil der einstigen Gesamtanlage; das Vorhandensein ausgedehnter Vorburgen wird angenommen. Der Raum zwischen innerer und äußerer Ringmauer war die sog. Muntat.

Nach dem Niedergang im 17. Jh., Zerstörungen des 30jährigen Krieges, finanzieller Not, Streit, Bevölkerungsdezimierung, Überholung der Verteidigungstechnik durch Rüstungstechnik etc. wurde nur der innere Bereich wiederaufgebaut, so daß die einstigen Außenanlagen und Vorburgen verschwunden sind. Dafür wurde der innere Bereich wohnlich zum Schloß ausgebaut. Und das einst innere Tor ist jetzt ein Außentor.

Abb.: Wappenstein über dem eingezogenen südwestlich ausgerichteten Eingangstor

Über dem Burgtor befindet sich ein Aufseß-Wappen, das stilistisch gotischem Formenkanon folgt. Die Einrahmung mit gekreuztem gotischem Stabwerk, die sich fast zur Kreisform ergänzenden Büffelhörner, die nicht nach außen schwingen, die starke Neigung des Dreieckschildes, die kurze, ungezaddelte Helmdecke, straff nach hinten wehend, das hinter dem Wappenschild abgestellte Schwert mit Schwertgurt - all diese Merkmale weisen auf ein hochgotisches Vorbild dieser Bildhauerarbeit, man vergleiche die Parallelen zum Epitaphium des Albrecht von Aufseß von 1356 in der Schloßkapelle, insbesondere das hier wie dort gleichermaßen dargestellte Schwert.

Die Schloßkirche
In der Kirche befinden sich weitere heraldisch interessante Objekte: An der Herrschaftsempore am Mittelpfosten ein Aufseß-Vollwappen, eine Grabplatte des Kreuzfahrers Albrecht von Aufseß in gotischem Stil von 1356, über dem Hochaltar ein Allianzwappen der Ursula Regina von Aufseß und des Christoph Ludwig Lochner von Hüttenbach (von Rot und Blau gespalten und mit einem silbernen Balken überzogen. Helmzier ein Paar Büffelhörner, insgesamt wie der Schild tingiert, Helmdecken rechts rot-silbern, links blau-silbern. Man beachte neben der heraldischen auch die mutmaßliche tatsächliche Verwandtschaft mit den Groß von Trockau). Ferner sind in der Schloßkirche zu finden eine Gedenkplatte mit dem Allianzwappen von Aufseß und von Redwitz, hoch oben an der Wand unter dem Auge Gottes noch ein Allianzwappen von Christoph Ludwig von Aufseß und seiner Frau aus dem Hause Stiebar von Buttenheim, von zwei schildhaltenden Löwen flankiert.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
http://www.fraenkische-schweiz.com/burgen/schloss_aufsess.html
Gustav Voit, Brigitte Kaulich, Walter Rüfer: Vom Land im Gebürg zur Fränkischen Schweiz - Eine Landschaft wird entdeckt. Verlag Palm & Enke Erlangen 1992.
Schloß Unteraufseß:
http://www.schloss-unteraufsess.de/ Geschichte: http://www.schloss-unteraufsess.de/Geschichte/Mittelalter/mittelalter.html, http://www.schloss-unteraufsess.de/Geschichte/Neuzeit/neuzeit.html Rundgang: http://www.schloss-unteraufsess.de/Rundgang/rundgang.html, http://www.schloss-unteraufsess.de/Rundgang/Bergfried/bergfried.html, http://www.schloss-unteraufsess.de/Rundgang/Ringmauer/ringmauer.html, http://www.schloss-unteraufsess.de/Rundgang/Schloss/schloss.html, Kapelle: http://www.schloss-unteraufsess.de/Rundgang/Schloss/Kapelle/kapelle.html, Ahnensaal: http://www.schloss-unteraufsess.de/Rundgang/Schloss/Ahnensaal/ahnensaal.html
Bedeutende Persönlichkeiten: Hans von Aufseß
http://www.schloss-unteraufsess.de/Geschichte/Ahnen/ahnen.html

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