Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 791
Im Banne der Weser-Renaissance: Grevenburg

Nieheim-Sommersell (Westfalen): Wasserschloß Grevenburg

Das Gut Grevenburg liegt WNW von Marienmünster bei Höxter, nördlich der Straße nach Steinheim, in einem kleinen Waldstück verborgen. Im Norden liegen die landwirtschaftichen Nutzgebäude aus dem 19. Jh., im Süden, von einem unregelmäßig geformten Wassergraben umgeben, die vierflügelige Anlage des Herrenhauses. Nach Westen ist der Zugang zum Hof gegeben. Ein mächtiges, giebelständiges Torhaus ragt im Westen weit aus dem Rechteck des Grundrisses hinaus. Der Kern desselben, die spitzbogige Durchfahrt, dürfte der Zeit ab 1536 entstammen, dem Jahr, in dem Arndt von Oeynhausen den Vorgängerbau des heutigen Herrenhauses übernommen hatte. Die Grevenburg, benannt nach dem Bach Greve, wurde das Stammgut sämtlicher Linien der Familie von Oeynhausen, nachdem eine ältere Höhenburg (Oldenburg bei Marienmünster) aufgegeben worden war.

Über dem Torbogen befindet sich auf der Außenseite des Torhauses, vor dem früher die Zugbrücke war, ein Allianzwappen von Oeynhausen / von Kerssenbrock. Die Inschriften mit den Namen sind durch Verwitterung unkenntlich geworden. Das kleine Textband zwischen beiden Helmkleinoden trägt aufgemalt die Jahreszahl 1566. Drei Jahrzehnte nach der Übernahme des Besitzes baute die Familie von Oeynhausen das Herrenhaus aus, dem entspricht die Jahreszahl.

Die von Oeynhausen sind eine Familie des westfälischen Uradels und seit dem 11. Jh. urkundlich belegt. Sie gehörten zur Calenbergischen Ritterschaft. Das Stammwappen von Oeynhausen zeigt in Blau eine aufgerichtete, viersprossige, silberne Leiter. Helmzier eine in der Mitte senkrecht zerspaltene, viersprossige, silberne Leiter, jeder Teil mit den halben Sprossen nach auswärts gekehrt, so wie hier dargestellt. Helmdecken blau-silbern.

Zur optisch Rechten befindet sich das Wappen von Kerssenbrock: In Gold ein blauer Schrägbalken, hier als Schräglinksbalken ausgeführt, mit drei roten, golden besamten Rosen belegt. Helmzier ein offener Flug, beiderseits wie der Schild tingiert. Die Helmdecken werden in verschiedenen Bänden des Siebmachers als rot-golden (Ost), blau-golden (Preußen) sowie auch gold/blau/rot beschrieben (Hannover). Die von Kerssenbrock sind westfälischer Uradel, aus dem Ravensbergischen. Bereits 1298 werden sie als Burgmannen der Burg Ravensberg bei Minden erwähnt. Der älteste Sitz ist Gröneburg. Sie gehörten auch zur eingewanderten Lüneburgischen Ritterschaft und sind im Raum Hannover begütert.

Neben dem Torhaus wurde der Fachwerk-Südflügel mit außen vorkragenden Obergeschossen 1566 errichtet. Der Treppenturm zwischen westlichem Eingangsflügel und südlichem Fachwerkflügel wurde 1579 errichtet. Am Eingang in den steinernen Unterbau des südlichen Fachwerkflügels befinden sich die Wappen von Oeynhausen und von Kerssenbrock in schwachem Relief in einem einzigen großen Stein, der den leicht gekielten Bogen schließt. In der Mitte ist die Jahreszahl 1566 zu erkennen, ferner unter den Wappen die Initialen R(ABE) A(RENDT) V(ON) O(EYNHAUSEN) und M. V(ON) K(ERSSENBROCK). Am Turm finden wir über dem Portal von 1579 die gleiche Kombination mit ein paar Buchstaben mehr: RAB(E). A(RENDT) V(ON) O(EYNHAUSEN) und MATLEN V(ON) K(ERSSENBROCK). Nord- und Ostflügel sind in Stein ausgeführt. Beide wurden 1572-1573 gebaut und schlossen die Burg zu einer Vierflügelanlage mit zwei in gegenüberliegenden Ecken befindlichen Treppentürmen, von denen der südwestliche ebenerdig zugänglich ist, der nordöstliche sein Haupt-Portal im ersten Obergeschoß hat und über eine Treppenanlage zugänglich ist. Rechts vom Renaissance-Portal ist ein Doppelwappen in die Wand des Treppenturmes eingelassen. Es nennt FALCK A(RENDT) V(ON) O(EYNHAUSEN) und KATRINE V(ON) K(ERSSENBROCK). Dieser nordöstliche Treppenturm hat auch noch einen ebenerdigen Kellereingang, verziert mit für die Weserrenaissance typisch geometrisch gestalteten Bossenquadern und einem eindrucksvollen Neidkopf auf dem Schlußstein, um Unheil vom Gutshaus und seinen Bewohnern fernzuhalten. In der Wand des Ostflügels befindet sich ein wesentlich späteres Allianzwappen, datiert auf 1715, heraldisch rechts P. A. V(ON) O(EYNHAUSEN), heraldisch links S. C. V(ON) H(AXTHAUSEN).

Im 18. Jh. verfiel die Anlage zunehmend. Erst in neuerer Zeit wurden die Gebäude wiederhergestellt, der Wall abgetragen (ein äußerer Erdwall, der bis zum Dachansatz der Burg gereicht haben soll), die Gräben (einst bis zu 18 m breit) teilweise verfüllt und die Ökonomie wiederhergerichtet. Auf den neu gewonnenen Flächen wurde ein Landschaftspark angelegt. Im Osten entstand aus Resten der Gräfte ein größerer Teich, im Süden ein kleinerer zweiter. In der Mitte des 20. Jh. wurde der Park umgestaltet, der vor allem durch seinen alten Baumbestand beeindruckt. Das Gut befindet sich heute in Privatbesitz (Frhr. v. Oeynhausen’sche Forstverwaltung), eine Innenbesichtigung ist nicht möglich.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Burgen, Schlösser und historische Adelssitze im Kreis Höxter, Höxter 2002
Christine Alber-Longère: Grevenburg in Marienmünster. In: Schlösser, Burgen, Herrensitze in Ostwestfalen-Lippe, Bielefeld 1986, S. 167-169.
http://www.burgen-und-schloesser.net/011/home.htm

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