Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 788
Im Banne der
Weser-Renaissance: Hehlen
Wasserschloß Hehlen
Schloß Hehlen ist eines der frühesten Schlösser der sog. Weserrenaissance. Es ist ein wuchtiges, vierflügeliges, dreistöckiges Wasserschloß, eine gewaltige und wehrhafte Anlage an der Einmündung des Bachs Weißenwasser in die Weser gelegen. Im Grunde ist es ein Schloß, das durch seine malerischen Mauern und seine Lage im Wasser wirkt, denn der typische Renaissance-Schmuck fehlt gänzlich. Keine Giebel, keine Fassadengliederung, schlicht und wuchtig ist das Schloß. Heute präsentiert sich das Schloß in unverputztem Bruchsteinmauerwerk, früher muß man es sich verputzt vorstellen. Die schlichten Außenflächen werden durch mehrere Aborterker über dem Wassergraben aufgelockert.
Vom Grundriß her ist das Schloß ein Quadrat, mit den vier Ecken in die vier Himmelsrichtungen zeigend. Die Westecke und die Ostecke sind jeweils mit einem hohen, runden Turm versehen, während die Nordecke und die Südecke keinen eigentlichen turmartigen Anbau an die Gebäudeecke zeigen, sondern einen kleinen, turmartigen Aufbau aus Fachwerk im Süden und einen Renaissance-Erker auf der Nordecke. Im Innenhof gibt es zwei polygonale Treppentürme, einer in der Westecke und einer genau gegenüber in der Ostecke des Hofes, so daß im Grundriß das auf der Spitze stehende Quadrat in Ost-West-Richtung von einer linearen Abfolge von allen vorhandenen vier Türmen durchschnitten wird. Das Markante an diesen Türmen sind die hohen, geschwungenen Hauben. Von Südwesten gibt eine Brücke über den Wassergraben Zugang zum Innenhof. Nach Nordwesten führt eine spätere Treppenanlage frei über den Wassergraben auf die Uferwiesen der Weser. Im Süden des Schlosses liegen die Wirtschaftsgebäude.
Geschichte
von Schloß Hehlen:
Von 1485 - 1558 war
das Dorf Hehlen im Besitz der von Frenke als Lehen der Herzöge
von Braunschweig. Sie besaßen ein Rittergut in Hehlen (seit ca.
1500 bezeugt) und hatten die niedere Gerichtsbarkeit inne. Die
von Frenke starben 1558 aus. Im Jahre 1560 belehnte der Herzog
von Braunschweig den Söldnerführer Reichsfreiherr Fritz von der
Schulenburg zum Dank für treue Dienste als Kriegsoberst und
herzoglicher Rat mit Dorf und Gut Hehlen (neben anderen Gütern).
Bis 1807 war die Geschichte des Dorfes und seiner Hintersassen
nun engstens mit der Familie der Freiherren von der Schulenburg
verbunden, die seit 1728 Reichsgrafen waren. Da das
Befestigungsrecht ein hoheitliches Recht war, wurde 1564 dem
Freiherren Fritz von der Schulenburg von Herzog Heinrich d.J. das
Recht zugestanden, ein adeliges Haus in Hehlen zu bauen, sprich:
eine Befestigung. Schon 1568 ist die Rede von einem neu gebauten
Adelssitz, womit sicherlich erst die allerersten Bauten der
Gesamtanlage gemeint sind. Aber es war im wesentlichen nicht
Fritz von der Schulenburg (gest. 6.1.1589) selbst, der dieses
vierflügelige Schloß auf seinem neuen Lehen errichten ließ,
sondern seine Frau Ilse von Saldern (geb. 1539, gest. 1607). Das
kam, weil Fritz von der Schulenburg selbst ein anderes Schloß
bewohnte und Hehlen seiner Frau überließ. Erst wurde 1560-1564
die steinerne Scheune gebaut, an der das Allianzwappen von der
Schulenburg / von Saldern zu sehen ist. Dann folgten Torhaus,
zwei Mühlen, landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude. 1579 bis
1584 entstand schließlich in fünfjähriger Bauzeit das massive
und wuchtige Schloß mit seiner Gräfte, dessen Wehrhaftigkeit
aber eher als standesgemäße Repräsentation zu sehen ist. Das
Schloß ist eine rechteckige allseitig geschlossene
Vierflügelanlage vom Kastelltyp mit Türmen an den Ecken und
Zugbrücke über den wassergefüllten Graben.
Schloß Hehlen ist eine der ersten vollendeten Vierflügelanlagen im Weserraum mit einem regelmäßigen Grundrißkonzept, ein von klaren Achsenkonzepten durchzogenes Quadrat mit winkelständigen Treppentürmen im Hof.
Im Hof (privat, keine Besichtigung) sind über zwei Rundbogenportalen einmal ein Doppelporträit des Bauherrenehepaares und einmal deren Allianzwappen angebracht. Im Osten des Hofes ist ein Epitaph des Bauherren zu sehen.
In der Folgezeit verwurzelten sich die eigentlich ortsfremden Freiherren in Hehlen. Sie waren eng mit den Welfen verbunden und hatten fast alle höhere Stellungen als Beamte oder Offiziere im Herzogtum Braunschweig bzw. später im Kurfürstentum bzw. Königreich Hannover. 1886-1888 erfolgten im Inneren Veränderungen. Ein historistisches Treppenhaus wurde eingebaut, der Rittersaal im Weserflügel wurde umgestaltet, die Ausstattung der Räume wurde dem Zeitgeschmack entsprechend verändert, und die Freitreppe vom ersten Stock herab über den Wassergraben zur Weser hin wurde angebaut.
1956 wurde das Familienstammgut Hehlen der Reichsgrafen von der Schulenburg von Graf Johann-Heinrich (Industriekaufmann, gest. 1974) verkauft und beendete eine fast vierhundertjährige Kontinuität. Das war für die Familie besonders schmerzlich vor dem Hintergrund des Verlustes aller ostdeutschen Besitzungen. Käufer war die Hannoversche Siedlungsgesellschaft. Die Ausstattung wurde verkauft und gelangte auf den freien Antiquitätenmarkt, ein Teil der Bilder in das Landesmuseum in Hannover, die Büchersammlung in die Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. 1958 erwarb das Schloß Walter Koch (16.12.1911-24.7.1998), gebürtiger Hehlener, der Schloß und Park sanieren ließ und wesentlich zur Erhaltung dieses wunderschönen Ensembles beitrug. Das Schloß ist heute in Privatbesitz und kann ab dem auf die Brücke zuführenden Weg nicht besichtigt werden, aber von dem Wirtschaftshof im Süden eingesehen werden.
Wappen
von Christian Günther Graf v. d. Schulenburg:
Da die
Wappendarstellungen im Hof und an dem Denkmal für den berühmten
Söldnerführer für den Besucher unzugänglich sind, müssen wir
uns auf die Darstellungen an den Eingangspfeilern und an der
Scheune beschränken. Auf dem linken Torpfosten wird uns das
freiherrliche Wappen der Familie von der Schulenburg
präsentiert.
Stammwappen: In Silber 3 (2:1) rote, aufwärtsgerichtete Raubvogelfüße (sog. Greifenklauen oder Adlerfänge). Auf ungekröntem Helm zwei rote Raubvogelfänge (sog. Greifenklauen oder Adlerfänge) nebeneinander mit den Krallen nach oben gekehrt. Helmdecke rot-silbern. Als Familienwappen tauchten die Raubvogelfänge erstmals in einer Urkunde von 1324 auf, den Ritter Bernhard I. von der Schulenburg betreffend, der als Stammvater des weißen Stammes gilt.
Freiherrliches Wappen (hier dargestellt): 1565 wurde Daniel von der Schulenburg von Kaiser Ferdinand I in den Freiherrenstand erhoben. Hauptschild: geviert:
Ein Helm: gekrönt, ein wachsender, grün bekränzter wilder Mann, oben mit drei roten Federn besteckt, in jeder Hand einen roten Raubvogelfuß (sog. Greifenklaue) mit den Krallen nach oben haltend (Stammkleinod von der Schulenburg). Helmdecken rot-silbern. Schildhalter zwei grün bekränzte wilde Männer, mit Federn besteckt, in jeder freien Hand einen roten Raubvogelfuß (sog. Greifenklaue) haltend. Devise: Nach Gott und Ehren steht mein Begehren.
Die von der Schulenburg sind altmärkischer Uradel, Erbküchenmeister in Brandenburg, und in mehreren Linien weit verzweigt, teilweise in den Freiherren- bzw. Grafenstand erhoben worden (im Siebmacherschen Wappenwerk werden 7 Grafendiplome und 17 gräfliche Speziallinien genannt, die sich in zwei Hauptlinien, die weiße und die schwarze, zusammenfassen lassen). Ihre Stammburg ist die Schulenburg, eine kleine Turmhügelburg bei Stappenbeck (Altmark), die aber schon im 14. Jh. verfallen war, worauf 1345 die nahe gelegene Burg Beetzendorf zum Stammsitz wurde, seit dem 18. Jh. ebenfalls Ruine. Die gräflichen Linien Hehlen und Wolfsburg sind im Braunschweigischen begütert. Das gräfliche Wappen nach dem Diplom vom 7.12.1728 (für den Preußischen Generalleutnant Adolf Friedrich Freiherr von der Schulenburg) sieht wie folgt aus:
Drei Helme:
Schildhalter zwei grün bekränzte, wilde Männer, in jeder freien Hand einen roten Raubvogelfang (sog. Greifenklaue) mit den Krallen nach oben haltend.
Linien der
Freiherren und Grafen von der Schulenburg
Die verschiedenen Linien
lassen sich in zwei Hauptstämme einteilen: Dietrich II
(13041340) begründete den Schwarzen Stamm. Berhard I. von
der Schulenburg begründete den Weißen Stamm, der heute stärker
vertreten ist. Von allen Zweigen des Geschlechts breitete sich
der Wolfsburger Zweig des Weißen Stammes am stärksten aus. Der
Schwarze Stamm ist / war anzutreffen in: Barchnau, Beetzendorf
und Radach. Den Weißen Stamm finden wir in Altenhausen, Angern,
Beetzendorf, Bodendorf, Burgscheidungen, Emden, Burg Falkenberg,
Farsleben, Filehne, Hehlen, Hovedissen, Rittergut
Kirchscheidungen, Lodersleben bei Querfurt, Mildenau, Schönbrunn
bei Denkendorf, Trampe, Tressow, Vitzenburg,
Wolfsburg-Nordsteimke.
Wappen
von Hedwig Ernestine v. Steinberg
Die Schildhalter beider Wappen
sind vom Typus identisch, und beidesmal ein schulenburgischer
Schildhalter, ein grün
bekränzter, wilder Mann, in der freien Hand einen roten
Raubvogelfuß (sog. Greifenklaue) haltend, auch bei der Ehefrau Hedwig Ernestine von
Steinberg.
Die von Steinberg waren niedersächsischer Uradel (Lüneburg, Hildesheim, Calenberg, Wolfenbüttel), in Raum Hildesheim begütert und in Bodenburg und Düstertal im Braunschweigischen ansässig, des weiteren in Brüggen. Die Familie besaß im 17. Jh. das Amt Westerburg. Im Bereich des Erzstiftes Magdeburg wurden Güter zu Klein Ottersleben und Rothensee gekauft.
Das Wappen derer von Steinberg zeigt in Gold einen aufgerichteten, schwarzen Steinbock. Auf gekröntem Helm eine rote, mit einem Pfauenspiegel besteckte Säule (bzw. ein Schaft) zwischen einem schwarzen, mit einem goldenen Schrägbalken sparrenweise belegten Flug. Helmdecken schwarz-golden. Alternative Kleinod-Tingierungen werden im Siebmacher beschrieben, die Säule zwischen einem schwarz-golden übereck geteilten Flug bzw. zwischen einem Flug, dessen rechter Flügel gold und mit einem schwarzen Schrägbalken belegt ist, der linke Flügel invers. Auf Siegeln taucht häufig nur der Flug auf. Statt Gold erscheint auch häufig Silber.
Wappen
von Fritz VIII. Graf v. d. Schulenburg und Ilse Gräfin v.
Saldern
An der alten Scheune
aus dem späten 16. Jh. finden wir das Allianzwappen des
Bauherrenehepaares, auch wenn hier eher nur Ilse v. Saldern schaltete und waltete, wie sie
wollte, und sich der Gemahl Fritz VIII. Graf v. d. Schulenburg um
andere Dinge kümmerte, so sind sie doch formal hier als
Ehewappen vereint. Zur optisch Linken finden wir das
freiherrliche Wappen von der Schulenburg mit geviertem
Hauptschild:
Hier haben wir das schon weiter oben beschriebene Wappen als Vollwappen dargestellt mit einem gekrönten Helm, darauf ein wachsender, grün bekränzter, wilder Mann, oben mit drei roten Federn besteckt (hier als scharfe Spitzen variiert), in jeder Hand einen roten Raubvogelfuß (sog. Greifenklaue) mit den Krallen (die Krallen werden hier von der endständigen Spirale der Helmdecke umzirkelt) nach oben haltend (Stammkleinod von der Schulenburg). Helmdecken rot-silbern.
Scheune, die Perspektive wird durch einen verdeckenden Baum bedingt.
Auf der optisch rechten Seite finden wir das Wappen der Ilse v. Saldern, braunschweigischer Uradel. Das Stammhaus liegt heute in Salzgitter (Salzgitter-Salder). Sie führen als Stammwappen in Gold eine rote Rose. Helmzier ein schwarzer Adlerflügel bzw. Flug. Helmdecken rot-golden. 1744 erhielt das uradelige Geschlecht eine Bestätigung des Reichsadelsstandes.
1840 erhielt eine Linie die Grafenwürde. Dabei handelt es sich um die Linie namens Saldern-Ahlimb, denn 1830 erhielt Hermann von Saldern die Erlaubnis, Namen und Wappen seiner Gemahlin, der letzten von Ahlimb, mit dem seinigen vereinigen zu dürfen. Daraus wurde dann das vermehrte gräfliche Wappen (nach dem Siebmacherschen Wappenwerk):
Drei Helme:
Zum Vergleich: Das Wappen derer von Ahlimb war geteilt (Siebmacher, Brandenburgischer Adel, S. 3, Tafel 2):
Helmzier auf blau-silbern bewulstetem Helm ein wachsendes, silbernes Einhorn vor einem Pfauenstoß. Erst später wurden aus den ganzen Einhörnern im unteren Bereich aus den Rändern hervorkommende Einhörner, so wurden sie auch in das Saldern'sche Wappen übernommen. Die Farben sind umgekehrt. Aus dem wachsenden Einhorn der Helmzier wurde nun ein ganzes.
Stammfolge der Schloßbesitzer von Hehlen
Fritz VIII. Graf v. d. Schulenburg (1517/1518 - 6.1.1589), vermählt mit Ilse v. Saldern (1539 - 1607), kinderlos
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
(Lippe, Hannover, Braunschweig, Anhalt, Mecklenburg, Thüringen,
Preußen etc. )
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont
Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Dr. Dieter Lent, Die Geschichte von Hehlen: http://www.hehlen.de/data/downloads/chronik.pdf
Gemeinde: http://www.hehlen.de
Heimatverein Hehlen: http://www.heimatverein-hehlen.de Schriften: http://www.heimatverein-hehlen.de/buch.html
Johann Friedrich Danneil: Das Geschlecht von der Schulenburg.
Schmidt, Salzwedel 1847 (Textband, Tafelband)
Dr. Georg Schmidt, Das Geschlecht von der Schulenburg, I. Teil
Ursprung, Wappen und Lehnswesen, Kommissionsverlag von Max
Niemeyer, Halle 1908
Dr. Georg Schmidt, Das Geschlecht von der Schulenburg, II. Teil
Stammreihe, Beetzendorf 1899
Dietrich Werner Graf von der Schulenburg, Hans Wätjen:
Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg 1237-1983.
Wolfsburg 1984, ISBN 3-87327-000-5
Otto Grotefend: Urkunden der Familie von Saldern, 1932-1938
(Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hannover,
Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und Bremen)
Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage
2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
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