Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 787
Im Banne der
Weser-Renaissance: Hülsede
Schloß Hülsede
Schloß Hülsede im gleichnamigen Ort im Landkreis Schaumburg ist eine in einer Gräfte stehende Vierflügelanlage aus der frühen Renaissance. Nach dem 16. Jh. wurde kaum noch etwas verändert, so daß die Bausubstanz weitgehend original ist, was den besonderen kunst- und kulturhistorischen Wert der Anlage ausmacht. Das bestens restaurierte und gepflegte Schloß ist in Familienbesitz und jenseits der Brücke normalerweise innen nicht zugänglich, kann aber vom Vorplatz außen auf zwei Seiten besichtigt werden. Das restaurierte Schloß steht jedoch für Arrangements und Events (privat oder geschäftlich) zur Verfügung und hat sogar Gästezimmer.
Abb.: Blick von Westen
Die Geschichte von Hülsede beginnt um 1310, als der Graf von Schaumburg die Familie von Rottorp mit dem Hof belehnt. Diese Familie hatte das Anwesen bis 1584 inne. 1529 wird das vorhandene Steinhaus umgebaut. Der vordere Teil des linken Flügels entsteht ebenfalls unter Claus (Clawes) von Rottorp (gest. 1559), noch zur Verteidigung mit Schießscharten ausgestattet. Der Bauherr war Droste im Amt Wölpe und als solcher in die Rottorfsche Fehde verwickelt. Kernbau ist der Westteil des Nordflügels, 1529 bezeichnet. Er hat einfache Dreiecksgiebel und steht noch stark in mittelalterlicher Tradition, berücksichtigt vermutlich noch ältere Bauteile. Um 1548 wird die vierflügelige Gesamtanlage mit Außenwall, vier Eckrondellen, Zugbrücke und zweitem Graben fertiggestellt. Dieser äußere Wassergraben mit seinen zusätzlichen Verteidigungsanlagen ist heute weitgehend verschwunden. Bauherr ist Clawes (Claus) von Rottorp, ein damals berühmter Heerführer. Der Südflügel entstand 1548, er wurde 1555 und 1589 umgebaut. Der Ostflügel mit Backhaus, Schlachthaus und Waschhaus sowie der ältesten erhaltenen Küche von Hülsede entsteht 1555, ebenso die Arkaden des Torflügels. Der Ostteil des Nordflügels kommt 1563-1565 hinzu und schließt die Vierflügelanlage. 1584 stirbt die Familie von Rottorp im Mannesstamm aus. Die Ansprüche des Schwiegersohnes, Ernst von Reden, konnten sich nicht durchsetzen, die Grafen von Schaumburg verfügten neu über das heimgefallene Lehen.
Abb.: Blick von Norden
Als nächstes kommt die Familie von Mengersen in den Besitz des Wasserschlosses, westfälischer Uradel, zur schaumburgischen Ritterschaft gehörend. 1584 wird Hermann von Mengersen (gest. ca. 1585), Droste in Rodenberg und Sachsenhagen, von den Grafen von Schaumburg mit dem Gut in Hülsede belehnt. Neue Bautätigkeit setzt ein, bis 1600 werden das Torgebäude mit dem hier besprochenen (später angebrachten) Wappenstein und der gegenüberliegende Wirtschaftsflügel aufgestockt. Am Schloß werden Erweiterungen im Stile der Hochrenaissance vorgenommen, darunter zwei in die Flügel integrierte Treppentürme (der im südöstlichen Hofwinkel ist auf 1589 datiert), die offene Galerie (Trompetergang, vgl. Schlösser in Detmold und Bückeburg, wo jeweils ein ganz ähnlicher Gang ist) im Innenhof. Die Brüstung derselben ist um 1560 an anderer Stelle entstanden und wurde hier zweitverwendet. Auch die drei reich durchfensterten Außenerker stammen aus dieser Zeit, als man dem wehrhaften Bau mehr Wohnqualität und den Innenräumen mehr Licht gab. 1908 wird das ehemalige Lehen freier Besitz der Familie von Mengersen.
Als weiterer Besitz der Familie von Mengersen im Laufe der Geschichte werden genannt: Mensdorf, Burgmannensitz in Blomberg, Meinberg, Reelkirchen, Schwalenberg. Die von Mengersen sind Erbtürhüter im Fürstentum Paderborn. 1814 wurden sie Grafen in Person des Königl. Preuß. Khr. Friedrich Wilhelm Bruno von Mengersen (gest. 1836).
Abb.: Blick von Norden auf Nordostflügel (Wohnbau mit den ältesten Bauteilen) und Nordwestflügel (Torbau)
1970 erfolgt ein weiterer Wechsel in der Familie. Monika von Bronsart, geborene von Mengersen, übernimmt den Besitz. Seit 1979 hat eine ebenso umfangreiche wie feinfühlige Restaurierung Schloß Hülsede zu einem der nicht nur besterhaltenen, sondern auch authentischsten Renaissance-Wasserschlösser werden lassen. Alle Dächer, heute wie damals von Sandsteinplatten gedeckt, wurden dabei erneuert, was nicht ohne Erneuerung des die ungeheure Last tragenden Dachstuhles möglich war, der Giebel des rechten Flügels mußte neu aufgemauert werden, die Erkerbekrönungen wurden wiederhergestellt. Auch der Park wurde neu angelegt.
Abb.: Wappenstein über dem Hauptportal im Westflügel
Über dem Eingang ist ein Wappenstein von 1670 mit folgender Inschrift: "HERMAN V MENGERSHEIM FÜRSTL SÄCHSISCH WEIMERISH GEWESENER HOFFMEISTER VND OBERKAMMER IVNCKER ANNO 1670 DEN I OCTOB SOPHIA ELISABET GEBOHREN V MÜNCH FRAW V MENGERSHEIM"
Das Wappen von Mengersen (= von Mengersheim) zeigt in Gold zwei rote Flügel, die unten durch einen silbernen (auch roten) Fingerring, mit dem Stein abwärts gekehrt, verbunden sind. Helmzier ebenfalls zwei rote Flügel, die unten durch den beschriebenen Fingerring verbunden sind. Helmdecken rot-golden. Aus darstellerischen Gründen ist hier der Fingerring fast jeweils in der Mitte der Flügel durch die Saxen gestochen.
Abb.: Details des Wappensteines über dem Portal
Das Wappen der Ehefrau ist das der Familie Münch, ebenfalls ein altritterliches westfälisches Geschlecht, das in Lübbecke und anteilig auf Kl. Waddewarden ansässig war. Der Schild zeigt in Silber zwei rote, gegeneinandergekehrte Flügel, Helmzier ein roter Flug. Helmdecken rot-silbern. Interessant ist, daß die beiden Flügel bei der hier vorliegenden Darstellung unten ebenfalls durch einen kleinen Ring verbunden werden, was nicht der Darstellung im Siebmacher entspricht.
Abb.: Blick von Westen auf die steinerne Brücke
Das Schloß ist auch heute noch allseitig von Wassergräben umgeben. Neben dem Erker ist über dem Tor der Wappenstein zu erkennen. Vor der steinernen Brücke über die Gräfte stehen zwei Torpfosten aus dem 19. Jh., ebenfalls wappengeschmückt. Der linke Pfosten trägt dabei das Datum 1816 und die Initialen von Johann Christoph Wilhelm v. Mengersen, der rechte von Friederike Sophie Eleonore v. Mengersen geborene v. Itzenplitz-Grieben. Beide Wappen werden von je zwei Löwen gehalten. Die von Itzenplitz sind märkischer Uradel und führen in Rot einen silbernen Schrägrechtsbalken, belegt mit drei schwarzen Bärenköpfen, die später jeder ein goldenes Halsband bekamen, wie auch hier dargestellt. Helmzier ein wachsender schwarzer Bär mit goldenem Halsband, in der rechten Pranke nach Siebmacher drei Pfauenfedern haltend, hier drei Pfeile haltend. Helmdecken rot-silbern.
Abb.: Wappen der westlichen Pfosten diesseits der Steinbrücke
Das Wappen der von Itzenplitz wurde später als gräfliches Wappen vermehrt (preußische Grafen 1798 und 1815), eine der typischen "Wappenverbesserungen" des 19. Jh., die viel eher eine Verschlimmbesserung waren: Der silberne Schrägbalken des Stammwappens wurde auf einmal blau, die Helmdecke blau-rot, und daraus wurde im vermehrten Wappen ein golden bordierter Schild, gespalten von Rot und Rot (!), vorne das Stammwappen, der Schrägbalken blau (!), die schwarzen Bärenköpfe mit goldenen Halsbändern, hinten ein silberner Kesselring in der Form eines Hufeisens, zwischen dessen Schenkeln ein silbernes Grabkreuz steht (Lestwitz). Zwei Helme, Helm 1 Stammhelm, Helm 2 ein silbernes, geharnischtes, abgehauenes, kniendes Bein, zuweilen auch mit oben herausspritzendem Blut dargestellt, Decken rechts blau-rot (!), links rot-silbern. Wie schön war dagegen doch das heraldisch korrekte Stammwappen!
Das Wappen der heutigen Besitzer, der Familie von Bronsart, einer ostpreußischen Uradelsfamilie, ist übrigens in Silber ein roter Balken, von sieben (4:3) blauen Wecken beseitet (ohne Abb.). Helmzier zwei silberne Büffelhörner, von einem roten Balken belegt, der von blauen Wecken beseitet wird. Helmdecken rot-silbern und blau-silbern.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
(Lippe, Hannover, Braunschweig, Anhalt, Mecklenburg, Thüringen,
Preußen etc. )
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont
Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Erholung mit Kunst und Kultur:
Die Weserrenaissance 1-3, herausgegeben vom
Fremdenverkehrsverband Teutoburger Wald e.V. in Detmold,
Bielefeld 1988, ISBN 3-926843-16-0
Informationstafeln an Schloß Hülsede
Kulturpfad Schaumburg - Ein
Reiseführer durch das Schaumburger Land. Herausgegeben von
Schauburger Landschaft, Cadmos Verlag GmbH, 2000. ISBN 3 7842
0599 2
Wasserschloß Hülsede: http://www.wasserschloss-huelsede.de/ Grundrisse http://www.wasserschloss-huelsede.de/grundrisse.php?mn=3&sn=3
http://www.burgen-und-schloesser.net/401/geschichte.htm
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