Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 632
Wetzhausen
(Franken)
Die Pfarrkirche von Wetzhausen
Stammsitz
der Truchsessen von Wetzhausen
Wetzhausen ist
Stammort der in Franken so wichtigen Familie der Truchsessen von
Wetzhausen. Hier steht das Stammschloß, ein gewaltiger
Steinkubus in leider sehr vernachlässigtem Zustand, die Brücke
über den Graben nicht mehr sicher überschreitbar aufgrund der
weggefaulten Bohlen, das Wappen über dem Eingang
herausgeschlagen, ringsum wuchern Brennesseln, das Gebäude wird
mühsam gegen totalen Verfall gesichert. Es ist nicht der erste
Bau an dieser Stelle, sondern ein Neubau unter Hans Eitel
Truchsess von Wetzhausen im 16. Jh., der den im Bauernkrieg 1525
zerstörten Vorgängerbau ab 1569 ersetzte. Doch das
geschichtliche Herz der Familie der Truchsessen schlägt
woanders: In der hübschen Pfarrkirche nur wenige Schritt im
Osten. Sie bietet im Innern eine ungeheure Anzahl steinerner und
hölzerner Erinnerungen an die Familie, und die unzähligen
Wappen an den Epitaphien lesen sich wie das Who's Who der
nordfränkischen Ritterschaft.
Die
Pfarrkirche
Die Kirche wurde
1707/08 erbaut, Bauherr ist Veit Heinrich Truchseß von und zu
Wetzhausen, "dero römisch kaiserlicher Majestät General
Feldmarschall Lieutenant und Obrist zu Pferd". Genau aus
diesen Kriegsdiensten stammt auch das Geld zum Bau dieser Kirche,
die doch ein relativ stattlicher Bau ist: Im Heer von Prinz Eugen
nahm er an den Kriegen gegen die Türken und der Eroberung
Belgrads teil, Belgrader Beute ist hier zu Stein geworden.
Zugleich war die Stiftung dieser Kirche auch ein Symbol dafür,
daß sich der zurückgekehrte siegreiche Obrist jetzt wieder
seiner Heimat zuwandte. Der Innenraum ist ein großer,
einheitlicher Saal, zwar barock, doch schlicht und
zurückhaltend, bescheiden und festlich zugleich. Die hohe
Stuckdecke gibt Weite und Raum, die einfachen Fenster der vier
Achsen des Langhauses strömen Schlichtheit und bescheidene
Größe aus, die geschmückte Kanzel und die
balustradengeschmückte Empore geben dem Raum Stil und Klasse.
Westfassade der Kirche (bestes Photo-Licht spätnachmittags-abends)
Die Fassade ist schlicht gegliedert, bossierte Eckquader, rundbogige Fensteröffnungen der Emporenebene mit rechteckigen Einfassungen und Dreiecksgiebel in der Mitte und Segmentbogengiebeln außen, das Portal flankiert von zwei korinthischen Säulen, welche das verkröpfte Gebälk tragen, darüber ein großer Segmentbogengiebel. Links neben dem Kirchenschiff sieht man gerade noch die Spitze des viergeschossigen Turmes.
Die
Truchsessen von Wetzhausen
Der Name der Familie
ist auch ihre alte Berufsbezeichnung, sie hatten das erbliche Amt
der Truchsessen der Grafen von Henneberg inne. Die Truchsessen
konnten ihre Herrschaft im Spannungsfeld der Interessen dreier
Mächtiger etablieren: Die Grafen von Henneberg, das Hochstift
Würzburg und das Hochstift Bamberg. Erstmalige Erwähnung findet
sich 1217. Die Stammreihe geht lückenlos bis ins 13. Jh. In dem
Maße, wie die Henneberger an Macht verloren, begann die der
Truchsessen von Wetzhausen zu wachsen. Die Truchsessen wurden
neben den Fuchs zur bestimmenden Familie in den Haßbergen. 1442
wird die Familie durch Kaiser Friedrich III in den
Reichsfreiherrenstand erhoben, seitdem gehören sie zur
reichsunmittelbaren Ritterschaft. Die wichtigsten Besitzungen
sind Wetzhausen (Erwerb 1346), Bettenburg (Erwerb 1343) und
Bundorf (Erwerb 1343). 1447-1571 besaßen sie Unsleben. 1372-1769
hatten sie das Erbförsteramt über den Großen Haßberg, ein
Lehen von Würzburg. 1649 schließlich wurde Oberlauringen
erworben. Die vier Linien der Truchsessen nannten sich nach der
jeweiligen Besitzung - so entstand 1413 die Linie Bettenburg,
1452 die Linie Bundorf und 1679 die Linie Oberlauringen. Bis
1806, dem Ende des Heiligen Römischen Reiches, hatten die
Truchsessen sogar noch die Halsgerichtsbarkeit, konnten also
Todesstrafen verhängen. Als das abgeschafft wurde, hatten sie
immerhin noch bis 1848 die Patrimonialgerichtsbarkeit, also die
niedere Gerichtsbarkeit auf ihren Gütern.
Die Familie stellte vor der Reformation viele Geistliche, Domkapitulare und Äbte, trat aber später mit allen Zweigen zum Protestantismus über. Das lag im wesentlichen an Veit Ulrich Truchseß, der erst Domherr in Würzburg war, diese Stellung aber aufgab und konvertierte, weil seine Heirat die Familie vom Aussterben rettete. Seine Karriere setzte er in der Verwaltung fort. Bekannte Mitglieder der Familie sind Martin Truchseß von Wetzhausen, Hochmeister des Deutschen Ordens 1477-1489; Veit Ulrich Truchseß von Wetzhausen (ein anderer als der oben erwähnte), 1631 königlich schwedischer Rat zu Würzburg, Amtmann zu Neustadt an der Saale, 1637 Oberamtmann zu Coburg, 1649 Ritterhauptmann des Kantons Baunach, sowie Erhard Ferdinand Truchseß von Wetzhausen, k.u.k. Kämmerer, der in den Grafenstand erhoben wurde. Bekannt ist auch der Einsatz von Heinrich Truchseß im Bauernkrieg auf der Seite Würzburgs: Er floh gemeinsam mit dem Bischof Konrad von Thüngen aus dem belagerten Würzburg, holte in Heidelberg Hilfe, kämpfte in der Schlacht von Königshofen und leitete schließlich die Rückgewinnung Würzburgs ein. Heute spielt die Familie sowohl als Politiker als auch als Grundbesitzer in ihren Stammbesitzungen noch eine wichtige Rolle. Sie haben allerdings ihren Namen auf "von Truchseß" verkürzt.
Die
Freiherren von Jöstelsberg und ihr Wappen
Das Wappen der
Ehefrau gehört zur Familie der Freiherren von Jöstelsberg. Das
Stammwappen zeigt in Blau drei (2:1) gestellte goldene
Mondsicheln, die erste nach oben gekehrt, die beiden anderen
senkrecht gestellt und voneinander abgekehrt. Auf dem gekrönten
Helm befindet sich ein rotes Kreuz, dessen drei obere Enden mit
goldenen Mondsicheln besetzt sind, die im Ergebnis wie im Schild
gestellt sind. Die oberste, nach oben gekehrte Mondsichel ist mit
drei rot-silbern-blau tingierten Straußenfedern besteckt.
Helmdecken rot-silbern.
Das vermehrte Wappen der Freiherren von Jöstelsberg, Lindt und Feuersperg ist geviert mit Herzschild und wie folgt aufgebaut:
Zum vermehrten Wappen gehören drei Helme:
Helmdecken rot-silbern, rot-silbern/blau-golden, blau-golden.
Bei den Freiherren von Jöstelsberg handelt es sich um eine sog. Exulantenfamilie aus der Steiermark. Exulanten sind Flüchtlinge protestantischen Glaubens im 16.-18. Jh, die aus überwiegend katholischen Gebieten fortzogen, um ihren Glauben in reformierter Umgebung ausüben zu können. Der Ausdruck "Exulant" kommt von "exulare", in der Verbannung leben, fern von der Heimat leben. Aus den Gebieten der Habsburger kam es immer wieder zu Strömen religiöser Flüchtlinge. Um 1630 herum zogen die Freiherren von Jöstelsberg aus der Steiermark fort und kamen nach Nürnberg und suchten dort den Schutz ihres Glaubens. In der Folgezeit kauften sie sich an, 1638 erwarb Hans Sigmund Jössl von Jöstelsberg, Freiherr zu Lind und Feuersperg, vermählt mit Freiin von Neuhauß zu Greifenfels, gest. 1652, das Gut zu Erlastegen und brachte es in Schuß. Dies war der Anfang der Geschichte der Jöstelsberg in Franken, die aber nicht lange währte, denn 1731 erloschen sie in Franken. Schloß Waizenbach war 1726-1733 im Besitz der Freiherren von Jöstelsberg. Wichtige Mitglieder der Familie sind noch Philipp Johann Freiherr von Jöstelsberg, 1704 Ritterrat des Ritterkantons Steigerwald, sowie Ferdinand Johann Wilhelm Freiherr von Jöstelsbrg, 1723 ebenfalls Ritterrat. Über dieses gemeinsame Engagement in der Leitung des Ritterkantone kamen sich die beiden Familien auch näher. Mit Wolfgang Ferdinand von Jöstelsberg ist die "Gottlobende Gesellschaft" verbunden.
Wappen
der Truchseß von Wetzhausen:
In Gold zwei in zwei
Reihen silbern-rot geschachte Balken, Helmzier: Zwei wie der
Schild bez. Büffelhörner (Balken als Spangen), dazwischen ein
Jungfrauenrumpf in roter Gewandung mit goldenem Zopf und
ebensolcher Krone. Helmdecken rot-golden.
Später hatte die Familie ein vermehrtes Wappen, als sie in einer Linie in den Grafenstand erhoben wurde. Das Stammwappen wurde als Herzschild verwendet, Feld 1 und 4: In Rot oder Silber ein schwarzer gekrönter Adler, Feld 2: In Blau ein silberner Adler, Feld 3: In Gold ein silberner gekrönter Adler. Helm 1 trägt die Stamm-Helmzier, bereichert um zwei Fähnlein, die hinter dem Jungfrauenrumpf gekreuzt sind, rechts in Silber ein schwarzes Kreuz, links in Rot ein silbernes Kreuz, Helm 2 einen doppelköpfigen Reichsadler, Helm 3 ein gekrönter silberner Adler, alle Helme gekrönt. Helmdecken rechts rot-silbern, links blau-gold.
Hauptattraktion:
Die Epitaphien und Gedenktafeln
Im Innern hat die
barocke Kirche viele schöne Epitaphien, die älter sind als die
Kirche, denn sie wurden aus dem Vorgängerbau aus Fachwerk
übernommen und in ungeordneter Folge in den Neubau integriert.
Insgesamt gibt es 33 steinerne und 27 hölzerne Denkmäler für
Familienmitglieder, erstere 31 Epitaphien im Kirchenschiff (die
frühesten aus dem 15. Jh.), 2 im Chor, letztere die überwiegend
plastisch gestalteten und generell bemalten hölzernen
Erinnerungstafeln aus späterer Zeit im abgetrennten
Herrschaftsstand im Westen der Kirche, der die ganze Breite des
Hauptschiffes einnimmt. Die Personen selber ruhen in der Gruft
unter der Kirche, die steinernen Epitaphien erinnern nur:
Die Epitaphien wurden beim Umsetzen in die neue Kirche z. T. stark am Rand beschädigt, so daß viele Inschriften unleserlich geworden sind. Auch heute sind die steinernen Geschichtszeugen bedroht, Feuchtigkeit frißt sich von unten in den Stein und läßt den Sandstein zerbröseln und in morschen Stücken abschilfern, die unteren Zonen sind sehr stark angegriffen und müßten dringend restauriert werden.
Nun zu den hölzernen Denkmälern im Herrschaftsstand: Es handelt sich um 13 plastisch geschnitzte Denkmäler und um 7 flächige Tafeln sehr unterschiedlichen Types. Zum einen haben wir wie bei klassischen Totenschilden, nur nicht in runder Form, eine Erinnerungsinschrift in einer Kartusche und obendrüber das Wappen des Verstorbenen (3 Beispiele). Dieses kann durch 4 Beiwappen wie bei einer Ahnenprobe ergänzt sein (1 Beispiel). Die überwiegende Anzahl der Tafeln präsentiert ein Ehewappen und nennt in der Inschrift beide Ehepartner. Bei zweimal Verheirateten wird das Wappen des Ehemannes von denen beider Ehefrauen flankiert (1 Beispiel). Dazu kommen noch weitere 7 Erinnerungen in Form von Vasen oder Rokoko-Kartuschen und Sonderformen. Im einzelnen finden wir folgende Wappen:
Die 7 flächigen Tafeln (hier nicht im einzelnen aufgeführt) fallen von der künstlerischen Qualität gegenüber den plastischen Gestaltungen ab. Die gezeigten Wappen sind Truchseß von Wetzhausen, von Stetten, von Heßberg, von Schaumberg, von Thüngen.
Beim Lesen der ganzen Inschriften wird einem vor allem auch bewußt, was die Angehörigen der Familie geleistet haben, aber auch, wie kurz damals ein Menschenleben sein konnte, wie viele in Kriegsdiensten gefallen sind, versehentlich erschossen wurden, in jugendlichem Alter ertranken etc, und wie kurz das Eheglück manchmal nur dauerte.
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Blick in die Vergangenheit, in: Beiträge zur Geschichte
Schweinfurts und des nördlichen Mainfranken, hrsg. vom
Humboldt-Gymnasium Schweinfurt 1985, in der Kirche ausliegende
Kopien
B.-A. Hofheim: Wetzhausen, S. 102-111, in der Kirche ausliegende
Kopien
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