Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 605
Wallfahrtskirche Klausen (Eifel)

Die Wallfahrtskirche Klausen

Direkt an der Trier und Wittlich verbindenden Eifelautobahn liegt der Ort Klausen, in dem ein für die Südeifel bedeutendes Werk der Spätgotik steht: Die Wallfahrtskirche St. Maria. Keimzelle dieser Kirche war ein Bildstock, der um 1440 von einem Marienverehrer namens Eberhard errichtet wurde. Schnell entwickelte sich eine ausgeprägte Verehrung des Ortes mit entsprechender Wallfahrt, so daß bald erst eine kleine Kapelle, dann größere Gebäude nötig waren. Das Gebiet gehörte damals den Herren von Esch. Der 1445 errichteten Kapelle folgte dann mit Unterstützung des Erzbistums Trier eine spätgotische Kirche, die 1449 geweiht wurde. 1474 wurde deren Chor erneuert, 1491 bekam die Kirche eine neue Sakristei, und 1502 wurde ein noch größerer Kirchenbau geweiht, das ist der, den wir heute noch besuchen können, eine zweischiffige Hallenkirche mit einem 28.50 m langen Hauptschiff und einem 23.80 m langen Chor. In dieser letzten Bauphase wurde auch der Westturm um zwei Geschosse aufgestockt.

Die unteren Teile des eingebauten Westturmes, um die es hier geht und die die Wappensteine tragen, stammen noch vom Bau, der 1449 geweiht wurde. Sonst stammen aus der Zeit nur noch Teile der südlichen Langhauswand. Das Turmportal hat eine sehr tiefe Laibung auf beiden Seiten des Durchganges. Es ist kielbogenförmig zugeschnitten und wird von Stabwerk eingefaßt. Rings um das Portal sind die fünf hier besprochenen Wappenschilde angebracht.

1456 wurden die ersten Augustiner-Chorherren in Eberhardsklausen angesiedelt. Das Kloster gehörte der Windesheimer Kongregation an. 1802 wurde der Konvent aufgelöst.

Wappen 1: Position links (optisch) vom Portal: Wappen des Gotthard von Esch. Die Edlen Herren von Esch führen einen von Gold und silbern-blauem Feh geteilten Schild, oben ein roter Löwe wachsend. Die Helmzier wäre je nach Linie entweder der rote Löwe wachsend zwischen einem Flug oder nur ein Flug oder aber analog zu dem Epitaph im Vorraum zwei Federstöße auf einem Hut zu rot-goldenen Decken. Die zwei Federstöße finden sich auch an einem Epitaph in Münstermaifeld. Das Wappen befindet sich ganz links an der Kirchenfront, ist also gewendet.

Cave 1: Es gibt noch eine Familie Metzenpenninck von Esch, die im Gegensatz zu unseren Esch einen von Gold und silbern-schwarzem Feh geteilten Schild führen, oben ein roter Löwe wachsend, Helmzier ein Pfauenstoß.

Cave 2: Im Siebmacher Band Nassau findet sich eine gänzlich fälschliche Wiedergabe mit Lilien, die zum Glück im Band Preußen relativiert wird.

Cave 3: Hier ist die gefehte Fläche wie Wolkenfeh dargestellt. Üblich wird später der Eisenhutfeh, und als solcher ist er auch bei Gruber beschrieben. Auch die Grabdenkmäler von Philipp von Ottenesch und Gotthard von Esch zeigen beide eindeutig Eisenhutfeh, datieren aber später als die Wappenschilde am Turmsockel.

Die Ritter von Esch gründeten die Wallfahrtskirche Klausen auf ihrem Territorium (Esch ist der Nachbarort von Klausen). Sie waren sozusagen die Hausherren der Kirche.

Wappen 2: Position ganz rechts außen auf der Mauervorlage: In Silber ein schwarzer Löwe. Beachtlich der lange Schwanz des Löwen. Seine Zuordnung ist ungeklärt.

Wappen 3: Position Mitte links (optisch) über dem Portal: Wappen des Trierer Erzbischofs Johann II von Baden. Das Wappen ist vom Hochstift Trier und vom Stammwappen geviert:

Aus dem Leben des Johann II von Baden
geb. 1430 als badischer Prinz, Sohn von Markgraf Jakob I von Baden und Katharina von Lothringen
1456 Wahl zum Erzbischof von Trier
1459 ff. Unterstützung von Adolf II von Nassau in der Mainzer Stiftsfehde gegen Dieter von Isenburg
Förderung des Anschlusses der Benediktinerklöster an die Reformbewegung des Ordens
gest. 9.2.1503 in Koblenz-Ehrenbreitstein

Wappen 4: Position Mitte rechts (optisch) über dem Portal: Wappen des Trierer Erzbischofs Jakob von Sierck (reg. 1439-1456). Das Wappen ist vom Hochstift Trier und vom Stammwappen geviert:

Dabei sind die Schrägrechtsbalken zu Schräglinksbalken geworden. Der Grund hierfür ist nicht etwa Courtoisie, denn gerade dieses Wappen ist rechterhand angebracht - viel eher war es dem Steinmetz zu kritisch, zwischen die Kreuzarme auch noch sauber einen Schrägrechtsbalken einzupassen, da hat er ihn kurzerhand gespiegelt. Der Steinmetz war wohl eher grobmotorisch veranlagt, denn um eine hinreichende Detailgenauigkeit bei den Pilgermuscheln zu erreichen, hat er die Balken vergrößert und läßt sie ins Nachbarfeld gehen, heraldisch nicht ganz sauber, erfüllt aber seinen Zweck. In früheren Jahrhunderten hat man solche Dinge wohl mit einer gewissen Großzügigkeit gehandhabt. Genauso, wie Trier im Gegensatz zum Schild des Nachfolgers zur Linken in anderen Feldern zu liegen kommt. Man beachte auch die kraftvolle Dreidimensionalität der Steinmetzarbeit.

Aus dem Leben von Jakob I von Sierck
geboren ca. 1398 in Sierck-les-Bains als Sproß des alten Rittergeschlecht von Sierck und Sohn des Arnold von Sierck, benannt nach der Stammburg Sierck über dem gleichnamigen Moselort in Lothringen nahe der deutsch-luxemburgischen Grenze. 1661 kam der Ort übrigens erst an Frankreich (Vertrag von Vincennes).
Ca. 1414 Domizellar (Kanonikatsanwärter) im Trierer Domkapitel, auch noch Domizellar in Metz
1415-1418 Studien in Heidelberg, Florenz und Rom
1418 Domkapitular in Trier
1423 Domscholaster in Trier
1439 Wahl zum Erzbischof und Kurfürst von Trier. Bischofsweihe im Familiensitz Burg Meinsberg. Eigentlich war das sehr kompliziert, weil er schon ein paar Jahre früher gewählt worden war, aber Raban von Helmstatt wegen unklarer Verhältnisse (Doppelwahl) den Vortritt überließ, nicht ganz uneigennützig, denn er ließ sich dafür entschädigen und bei seiner eigenen Wahl nach Rücktritt seines Vorgängers von diesem unterstützen.
seit 1441 Reichskanzler Kaiser Friedrich III
1441 Reformstatuten für die Trierer Kollegialstifte St. Simeon und St. Paulin, weitere Klosterreformen folgen
Planung der Gründung der Trierer Universität, die aber wegen Geldmangels erst 1473 unter seinem Nachfolger tatsächlich erfolgte.
gest. 28.05.1456 in Pfalzel, Grabdenkmal in der Trierer Liebfrauenkirche von Nikolaus Gerhaert van Leyden, datiert auf 1462

Wappen 5: Hier ein weiteres Wappen eines Mitgliedes aus dem Hause der Herren von Sierck, Position optisch rechts neben dem Portal. Diesmal ist der Schrägbalken richtig herum. Dies ist das vermehrte Wappen der Herren von Sierck (Siebmacher: "Sirk"). Das Stammwappen der Herren von Sierck, das identisch ist mit dem heute vom Ort Sierck-les-Bains geführten Wappen, zeigt in Gold einen roten Schrägrechtsbalken, der mit drei silbernen Jacobsmuscheln (hier überhaupt nicht plastisch) belegt ist. Hier ist das Wappen mit dem von Montclair (Siebmacher: "Moncler") geviert::

Übrigens haben wir bei den drei letzten Wappen frühe Beispiele für historisch begründete Farbregelverstöße, denn bei den vier Feldergrenzen stoßen jeweils Silber und Gold aneinander. Da es sich aber historisch so ergeben hat, ist das absolut legitim. Jedes Feld für sich gehorcht nämlich einwandfrei der Farbregel, und schließlich konnten es sich die Herren von Sierck nicht aussuchen, mit welcher Herrschaft sie zusätzlich belehnt wurden oder in welchem Hochstift sie erfolgreich waren (neulich im Domkapitel: "Nein, der ist nicht episcopabilis, dessen Stammwappen hat ein Metall als Feld und keine Farbe"....).

Das Kleinod der Herren von Montclair ist ein wachsender silberner Pferderumpf, kann mit dem roten Schlüssel belegt sein, das der Herren von Sierck ist ein Paar Büffelhörner, mit dem Schrägbalken aus dem Schild belegt. Beide wurden kombiniert zu einem wachsenden silbernen Pferderumpf zwischen einem Paar Büffelhörner, jene mit dem Sierckschen Schrägbalken belegt.

Und warum führt Montclair einen Schlüssel? Montclair war nicht der ursprüngliche Name des Anfang des 15. Jh. ausgestorbenen Geschlechtes - sondern der Name hat sich aus Clémont - Claramonte - Monteclaro - Montclair entwickelt, und da steckt im ursprünglichen Namen der Schlüssel: Clé, clef- also ein redendes Wappen.

Wie kommt jetzt Montclair in das Wappen derer von Sierck?
Um die Burg Montclair, bei Mettlach im Saarland auf dem langgestreckten, von der Saar umflossenen Bergrücken gelegen und heute noch in gut restaurierten Ruinen zu bewundern, gab es lange Streit im Wechselspiel der Kräfte zwischen Luxemburg und Trier, die beide gemeinsam Besitzer der Burg Montclair (Muncler, Moncler) waren. Die Ansprüche der Herren von Sierck auf Monclair lagen darin begründet, daß Arnold von Sierck (Vater des Trierer Erzbischofs Jakob von Sierck) ein Enkel von Jacob von Montclair's Witwe war (Arnolds Eltern waren Jacob von Sierck und Else von Montclair), und daß der Trierer Erzbischof Werner von Falkenstein ihm für den Fall, daß Johann von Montclair (Onkel von Arnold von Sierck) ohne Erben aus dem Leben schiede, dessen Lehen in Aussicht gestellt hatte, was dann auch 1427 eintrat, allerdings lief im Detail nicht alles so glatt, denn nach Trierischen Lehensrecht wurde ein Lehen nicht automatisch an die weibliche Nachkommenslinie vererbt, daher die begleitenden Unstimmigkeiten. Arnold von Sierck, Herr zu Meinsberg, wird schließlich 1433 nach dem Erlöschen der Montclair im Mannesstamme von neuem mit dem erzstiftlichen Teil des von Burg Montclair nach Zerstörungen noch stehenden Turmes als Erblehen belehnt und erhält die Erlaubnis, hier auf dem Berg wieder eine Burg zu bauen. 1434 bekommt Arnold von Sierck von Herzog René I von Lothringen die ihm zustehenden Teile des Berges und des Turmes ebenfalls zum Erblehen. 1436 wird der Besitz komplett, denn der Trierer Erzbischof Raban von Helmstatt bestätigt nicht nur erneut das Erblehen und die Bauerlaubnis für die neue Burg Montclair, sondern er gibt Arnold von Sierck auch alle anderen Lehen seines verstorbenen Onkels Johann von Montclair. 1439 kann damit der Bau der neuen Burg (dritte und letzte Burg auf diesem Bergrücken) beginnen. Noch besser wird die Situation, als Erzbischof Jacob I von Sierck, ein Sohn von Arnold von Sierck, den Trierer Bischofsstuhl besteigt. Dieser sichert das Lehen durch erneute Bestätigung ab. Arnold von Sierck (1366-1455) läßt Burg Meinsberg erbauen, die zum Hauptsitz der Familie wurde. Von Burg Meinsberg - übrigens vor wenigen Jahren mit großem Aufwand wiederhergestellt - aus wurde auch Montclair verwaltet. Die Herren von Sierck wurden 1442 von Kaiser Friedrich III in den Reichsgrafenstand erhoben. Das Lehen der Herren von Sierck, frischgebackenen Grafen, wurde zur Grafschaft, allerdings machten die Herren von Sierck nie von diesem Titel Gebrauch. Ein weiterer Herr von Sierck, der Amt und Würden im Trierer Hochstift erlangte, war Philipp von Sierck, Dompropst zu Trier (gest. 1492). Später im 15. Jh. gingen die Herren von Sierck der Herrschaft Montclair mangels männlicher Nachkommen wieder verlustig: Als Philipp von Sierck, der Dompropst, 1492 starb, verzichtete dessen Tochter (!) Elsa, verheiratet mit Johann von Kellenbach, auf alle Rechte an Montclair zugunsten des Trierer Erzbischofs Johann von Baden, welcher genau wie Lothringen zunächst einen Burgvogt einsetzte. Später ging Montclair an die Grafen von Sayn, mit der eine Tochter Arnolds verheiratet war. Die weiteren komplexen Verwicklungen sind hier nicht wichtig, Tatsache ist, daß während des 15. Jh. die Herren von Sierck - genauer der Vater des Trierer Bischofs - einen Anspruch auf das Lehen Montclair an der Saar hatten und dort eine neue Burg bauten, selbst aber in Meinsberg wohnten.

Abb.: Blick auf die Wallfahtskirche Klausen von Nordnordwest. An der rechten Schmalseite unter dem eingebauten Turm befinden sich die besprochenen Wappenschilde. Im Chor wiederholen sich die gleichen Wappenschilde auf den Schlußsteinen des Gewölbes.

Weiterhin sind im Innern der Kirche zwei sehenswerte Grabdenkmäler mit 4er Ahnenprobe:

Literatur und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Pilgerbuch Klausen
Kunstdenkmäler Landkreis Wittlich
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Tobias A. Kemper für wertvolle Hinweise
Peter Dohms: Eberhardsklausen - Kloster, Kirche, Wallfahrt
http://www.burg-montclair.de/frameset.htm
Umfassende Geschichte der Verbindung Sierck mit Montclair: http://www.tourist-info.mettlach.de/mettlach/geschichte/montclairchronik.html

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