Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 411
Trier: Im
Schatten der glanzvollen Kurfürsten
Kloster St. Martin und Martiner Hof
Das
Kloster St. Martin
Das ehemalige
Benediktinerkloster St. Martin bzw. das, was von ihm noch übrig
ist, liegt verkehrsumtost im Nordwesten von Triers Altstadt
zwischen den Straßen Martinsufer und Ausoniusstraße und den
Häuserzeilen der Merianstraße, unweit des Brückenkopfes der
Kaiser-Wilhelm-Brücke und damit der wichtigsten
Straßenverbindung nach Bitburg und in die Eifel. Die heutige
Bebauung der Anlage ist in Längsrichtung zweigeteilt: Der lange,
mehrteilige Westflügel ist ein 21-achsiger, 1626 unter Abt Franz
Holzer vollendeter Putzbau mit mehreren Renaissancegiebeln.
Dieser und der kurze halbe Nordflügel sind historische
Bausubstanz im Stil der Renaissance bzw. des Barocks, während
die Fortsetzung des Nordflügels, der Südflügel und der gesamte
Osten des Ensembles moderne Betonarchitektur sind und die meisten
Zimmer des Studentenwohnheimes Martinskloster beherbergen, das
insgesamt 220 Zimmer bereitstellt. Wo sich früher die
Klosterkirche befand, ist eine Kopie eines von Adelheid von
Besselich gestifteten Kalvarienberges aufgestellt (siehe dazu
ausführlich im Kapitel über die Gangolfskirche).
St. Martin war eine von insgesamt vier Benediktinerabteien in Trier. Das Martinskloster bildet zwar die Nordwestecke des Altstadtquadrates, lag aber dennoch früher außerhalb der Trierer Stadtmauern. Wie St. Paulin, St. Matthias, St. Medard, Heiligkreuz, St. Marien und St. Maximin lag die erste Anlage bereits außerhalb inmitten eines spätrömischen Gräberfeldes. Vielleicht entstand eine erste Kirche im Haus eines römischen Proconsuls namens Tetradius bereits in der zweiten Hälfte des 4. Jh. als Vorläuferbau, gemäß einer unbelegten Überlieferung seiner Konversion. Die Weiternutzung antiker Gebäude durch die Franken ist hingegen plausibel. Im Jahre 587 ließ Bischof Magnerich (570-596) jedenfalls eine Sankt-Martins-Kirche erbauen. Als Todesjahr des hl. Martin von Tours wird das Jahr 397 angenommen. Ob damals Ende des 6. Jh. schon ein Konvent bestand, ist unsicher. In der zweiten Hälfte des 9. Jh. entwickelte sich daraus ein Benediktinerkloster. 882 wurde St. Martin von den Normannen zerstört. Abt Regino von Prüm (amtierte 892-899 in Prüm, wurde aber vertrieben), mit dem die nachvollziehbare Reihe der Äbte des Martinsklosters begann, baute Sankt Martin wieder auf. Abt Regino verstarb 915, dann folgte ein Niedergang der Abtei unter seinen Nachfolgern. Im 10. Jh. wurde das Martinskloster kurzzeitig in ein Kanonikerstift umgewandelt mit Säkularklerikern anstelle von Mönchen, aber um 973 wurde nach einer Phase des Niedergangs durch Erzbischof Theoderich (965-977) die Kirche instandgesetzt und das benediktinisch orientierte Klosterleben in St. Martin wiederhergestellt. Zwischenzeitlich entfremdete Güter wurden zurückerstattet. 1097 brannte die Kirche ab und wurde erneuert. Im Zuge der monastischen Reform des 15. Jh. schloß sich das Martinskloster 1469 unter Johannes V. der Bursfelder Benediktinerkongregation an. Gegen Ende des 15. Jh. profitierte St. Martin wirtschaftlich sehr von den Zuwendungen der Trierer Stifterin Adelheid von Besselich, die der Abtei 1494 ihre gesamten Güter in Pfalzel übergab, eine Heiligkreuzbruderschaft gründete und 1498 die Kreuzigungsgruppe spendierte.
Die antike und die mittelalterliche Mauer machten hier am Nordwesteck der Stadt einen leichten Bogen, so daß das gesamte Klostergelände schutzlos extra muros lag und das wie viele andere Klöster der Stadt das Schicksal häufiger Zerstörungen ereilte. Trier erlebte einige Belagerungen und mußte sich verteidigen, so 1433 gegen Ulrich von Manderscheid, 1522 gegen Franz von Sickingen, 1552 gegen Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg (St. Martin entging nur knapp der Plünderung dank eines beträchtlichen "Weinopfers" durch den abteilichen Schultheißen Peter Malburg) und 1568 gegen den eigenen Landesherrn, Fürstbischof Jakob von Eltz. Den kurz nach Vollendung des Westflügels ausbrechenden Dreißigjährigen Krieg überstand das Kloster relativ unbeschadet, aber die häufigen französischen Besetzungen im späten 17. und im 18. Jh. richteten großen Schaden an. In den französischen Reunionskriegen zerstörte General Vignory 1674 alle Vorstädte und Kirchen außerhalb der Stadtmauern. Abt und Konvent wurden vertrieben, und die ausgeraubten Gebäude wurden französisches Lazarett. Zeitweise wurde der Standort des 1690-1697 erneut verwüsteten Martinsklosters von den Franzosen zur Festung ausgebaut, die 1690 in der Amtszeit von Abt Jacob de Bellevaux begonnen und 1706 landseitig erweitert wurde: Die arg mitgenommenen Klostergebäude standen damals inmitten eines Forts im Vaubanschen Stil. 1714 wurde das Fort wieder geschleift, ein Ergebnis des Friedens zu Rastatt. Danach wurde die zerstörte Bausubstanz der außerhalb liegenden Klöster barock wieder hergestellt. Auch im Martinskloster, das mehrfach, zuletzt während des Spanischen Erbfolgekrieges und dann noch einmal ab 1734-1736, zeitweise verlassen werden mußte, erfolgten nach dieser Zeit Umbauten und Erweiterungen unter den Äbten Benedikt Henn (amtierte 1701-1747) und Paul Lejeune (1747-1778). Das Ende für die Trierer Klöster kam nach erneuter französischer Besetzung der Stadt am 9.8.1794 im Ersten Koalitionskrieg und Beschlagnahme aller geistlichen Güter schließlich am 13.2.1802 mit der offiziellen Aufhebung der Stifte (dem Konvent von St. Martin gehörten damals nur noch 6 Mönche an), dem ein Abbruch etlicher Sakralbauten folgte; und so wurde auch die Kirche des Martinsklosters nach 1808 teilweise abgerissen. Die letzten Mönche siedelten ins Kloster St. Agneten um. Ein Aquarell von Lothary aus dem Jahre 1808 zeigt die Klosterkirche St. Martin noch intakt. Nach 5 Jahren Leerstand zog für die nächsten zwanzig Jahre eine von Christian Josef Deuster gegründete Porzellanmanufaktur in die Klostergebäude ein, die aber bereits 1823 wieder geschlossen wurde. Danach war anscheinend eine Sektkellerei in den Gebäuden untergebracht. Die erhaltenen Gebäudetrakte des ehemaligen Martinsklosters wurden 1971-1974 grundlegend saniert und zum Studentenwohnheim umgebaut. Die Renaissancefassaden des Altbaus wurden erneut 1989 renoviert.
Im Innenhof befindet sich unterhalb des Zwerchgiebels des Westflügels eine Darstellung des hl. Martin (Abb. oben). Ein weiteres Relief mit einer Mantelteilung befindet sich an der südlichen Stirnseite des Martinsklosters (ohne Abb.). Am kurzen Nordtrakt ist ein Wappenstein im Stil des Rokoko über einer Tür angebracht (Abb. unten), der anläßlich von Erneuerungsarbeiten unter Abt Paul Lejeune (1747-1778) angebracht wurde. Zwei Rocaille-Kartuschen sind einander zugeneigt, die heraldisch rechte trägt eine Rose als persönliches heraldisches Zeichen von Abt Paul Lejeune; die linke Kartusche trägt ein schwebendes lateinisches Kreuz. Zwischen beiden Kartuschen ist ein Krummstab durch eine Inful gesteckt.
Der
Martiner Hof in Pallien
Weil es thematisch eng
zusammenhängt und denselben Abt betrifft, sei hier noch ein
ehemaliges Klostergut auf der anderen Moselseite mitbeschrieben:
Der Martiner Hof ist ein außerhalb Triers Altstadt auf der
westlichen Moselseite im Stadtteil Pallien gelegener, ehemaliger
Klosterhof des Stifts St. Martin (Palliener Straße 19). Der
ehemalige klostereigene Zehnt- und Wirtschaftshof steht unterhalb
der steil abfallenden Buntsandsteinfelsen des Trierer Talkessels
straßenbildprägend an der Palliener Straße, kurz bevor diese
auf einer Steinbrücke den Sirzenicher Bach überquert. Hier
befand sich einst ein wichtiger Mühlenstandort. Der
langgestreckte Haupttrakt entlang der Straße besteht aus zwei
Gebäudeteilen und hat einen stumpfen Knick in der
straßenseitigen Fassade. Rechts des mit einem Krüppelwalmdach
versehenen Haupthauses führt ein Steinportal in den rückwärtig
gelegenen Hof mit weiteren Wirtschaftsgebäuden. Im Inneren des
Kopfbaus befindet sich noch Malerei des 19. Jh.
In dem Gebäude ist heute das Hauptquartier der Stadtgarde Augusta-Treverorum 1977 e. V. Weiterhin hat hier die Fachhochschule Trier eine Nutzung für den Aufbaustudiengang Baudenkmalpflege. Außerdem ist hier noch das Künstler-Atelier Viktoria und Slawa Prischedko. Das Gebäude wurde 1985 durch die Trier-Gesellschaft e. V. restauriert.
Straßenseitig befindet sich in der zweiten Achse von rechts das spätbarocke, von Pilastern mit Rocailleformen auf den Flächen und Kapitellen eingerahmte Prunkportal aus Sandstein. Die unteren Bereiche sind durch Feuchtigkeit verlorengegangen und wurden schmucklos ergänzt. In den Zwickeln des flach gespannten Bogens befindet sich die Datierung auf das Jahr 1752, aufgeteilt in zwei Ziffernpaare. Vermutlich wurde der spätbarocke Bau auf älteren Teilen von Vorgängerbauten errichtet. Mit dieser Datierung fällt die Entstehungszeit dieses Prunkportales in die Amtszeit des drittletzten Abtes, Paul I. Lejeune, der 1747-1778 Abt des Klosters St. Martin war. Auf dem Gebälk ist ein geschweifter und verkröpfter Giebel mit konkav geschwungenen Seitenpartien und konvexer zentraler Partie. Im Bogenfeld befindet sich das Wappen des Bauherrn.
Das persönliche Wappen von Abt Paul Lejeune zeigt hier in blauem Feld eine grüne, golden bebutzte Rose mit goldenen Kelchblättern. Für die Verifizierung der Tinkturen fehlt ein Literaturnachweis. Die Kartusche wird von einem doppelten Rand von Rokoko-Dekor eingefaßt. Charakteristisch ist das hinter dem Wappen aufragende gezähnte Kreuz, das ebenso am Klosterwappen am Josephshof in Graach zwischen Inful und Krummstab auftritt, die auch hier schrägrechts auf dem Kartuschenrand bzw. schräglinks hinter der Kartusche hervorkommend zu sehen sind.
Liste
der Äbte von St. Martin vom 14. Jh. bis zur Auflösung
(hervorgehoben der hier mit
Wappen vertretene Abt):
Literatur,
Links und Quellen:
Kloster St. Martin: https://www.studiwerk.de/upload/dokumente/20061.pdf
Kloster St. Martin: http://www.mosel.de/region/baukultur/details/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=152&cHash=3db3c54d9cfa3893f1cba0e4dc5675b2
Kloster St. Martin: https://de.wikipedia.org/wiki/Abtei_St._Martin
Kloster St. Martin: http://www.klosterlexikon-rlp.de/mosel-saar/trier-st-martin.html
Kloster St. Martin: http://abel-perl.de/Kloester-frueher-und-heute/Abtei-St-Martin,-Trier/
https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-94450-20140613-8
Kloster St. Martin: http://martinuswege.eu/ausflugstipps-details-eu.php?kategorie=16&id=1397&start=Trier
Kloster St. Martin: http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=161
Martiner Hof: http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=34
Martiner Hof: http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/client/einObjekt.php?id=19219
Dorothe Trouet: Die Hofgüter der Abtei St. Martin in Trier, ihre
Geschichte, Funktion und architektonische Gestaltung, in:
Rheinische Heimatpflege, Jahrgang 2/1997.
Peter Krause: Rechtswissenschaften in Trier: Die Geschichte der
juristischen Fakultät von 1473 bis 1798, Böhlau Verlag, Köln,
2007, ISBN 978-3-412-23006-7, Anhang 11, S. 438-442, online https://books.google.de/books?id=XcAbHh0ulEoC
P. Petrus Becker: Abtei St. Martin, in: Klöster in Trier von der
Spätantike bis zur Gegenwart, Katalog zur Ausstellung der
Katholischen Erwachsenenbildung anläßlich der 2000-Jahr-Feier
der Stadt Trier vom 25.3. bis 1.11.1984 im Domkreuzgang,
Konzeption: Prof. Dr. Franz J. Ronig
Kurt Böhner: Die Anfänge der ehemaligen Abteikirche St. Martin
zu Trier, in: Rheinisches Landesmuseum (Hrsg.): Trierer
Zeitschrift für Geschichte und Kunst des Trierer Landes, Trier
1949
Klaus-Josef Scherer: Die Anfänge der Benediktinerabtei St.
Martin zu Trier, Trier 1964.
Alfred Heit: Trier - St. Martin, in: Germania Benedictina, Band
IX, Rheinland-Pfalz/Saarland, Trier 1999.
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