Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 362
Ravensburg - Schatzkästlein des Spätmittelalters

Brotlaube / Altes Theater in Ravensburg

Die Brotlaube in Ravensburg ist ein im Jahre 1625 errichtetes Marktgebäude, dessen ganzes Erdgeschoß von einer hohen lichten zweischiffigen Halle mit weitgespanntem Gewölbe eingenommen wird. Zu beiden Seiten öffnet sich die Brotlaube mit einem Doppelbogen. Dieses Marktgebäude war anstelle eines mittelalterlichen Kaufhauses errichtet worden, welches bereits 1364 erwähnt ist. Unter den Bögen verkauften einst die Bäcker ihr Brot, und im ersten Obergeschoß handelten die Kürschner mit ihrer Ware. Oben ein schöner Renaissance-Saal, der anschließend 1698-1881 der bürgerlichen "Komödiantengesellschaft" als Theater diente. Heute ist dort die Städtische Galerie untergebracht. Es handelt sich um das einzige größere Bauwerk der Stadt zwischen der Renaissance und dem Barock. Zugleich ist es das letzte repräsentative Gebäude, das im Auftrag der Reichsstadt errichtet wurde.

Auf der Südseite befindet sich ein Doppelwappen der Reichsstadt Ravensburg, Adler auf der einen Seite und Stadtwappen auf der anderen Seite, unter Angabe des Baujahres 1625.

Ravensburger Stadtwappen: In Silber schwebend eine blaue Burg mit zwei Zinnentürmen und großem offenen Tor mit zum Großteil hochgezogenem Fallgatter. Die Burg zeigt eine nach unten spitz zulaufende Untermauerung. In der heutigen Darstellung zwischen den Türmen schwebend ein kleines blaues Tatzenkreuzchen. Dieses Kreuzchen ist in alten Stadtsiegeln von 1379 und 1434 in einem besonderen Schildchen zwischen den beiden Zinnentürmen untergebracht. Später ließ man es weg. Bei einer moderneren Wappenkorrektur hat man das Kreuzchen wieder aufgenommen, aber ohne Schildchen direkt zwischen die Zinnentürme platziert.

Reichsadler: In Gold ein schwarzer doppelköpfiger Adler, rot bewehrt und gezungt, die Köpfe hier nimbiert (Kaiseradler).

Stadtgeschichte Teil 1:
Ravensburg entstand am Kreuzungspunkt wichtiger Fernhandelswege. Die Ansiedlung entwickelte sich zu Füßen der Ravensburg (heutige Veitsburg), die von Herzog Welf IV erbaut wurde und erstmals 1088 erwähnt wurde und eine welfische Herzogsburg war. Schon im 12. Jh. erhielt die Niederlassung (Suburbium Ravensburg) Stadtrechte, so schnell hatte sich Ravensburg entwickelt. 1152 ist Ravensburg als welfischer Markt (Forum) belegt. 1191 wurde Ravensburg von den Welfen an die Staufer verkauft. Mittlerweile hatte sie sich zur bedeutendsten Handelsstadt zwischen Bodensee und Donau entwickelt. 1276 wurde Ravensburg Reichsstadt. Damit waren die Privilegien eigener Gerichtsbarkeit, der Selbstverwaltung, des Münz-, Markt- und Zollrechtes verbunden. Damit konnte die alte Handelsstadt noch mehr aufblühen, und die hauptsächlich aus dem 14. und 15. Jh. stammende alte Bausubstanz von Ravensburgs Altstadt beweist den wirtschaftlichen Aufschwung und die rasch wachsende Bevölkerung während dieser Zeit. 1330-1370 kam es zu einer großen Stadterweiterung. 1331 tritt Ravensburg dem Bodenseestädtebund bei. Um 1500 war Ravensburg eine der sechs größten Städfte Schwabens. Fernhandel war das Lebenselixier der Stadt. Die Große Ravensburger Handelsgesellschaft entwickelte sich 1380-1530 zur größten privaten deutschen Fernhandelsgesellschaft mit Blüte im 15. Jahrhundert. Einheimische Erzeugnisse, die in ganz Europa begehrt waren, waren in erster Linie oberschwäbische Leinwand. Wichtige Wirtschaftszweige waren Papierherstellung, Lederverarbeitung und Weinbau.

Auf der Nordseite befindet sich ein Treppenturm mit einem Doppelwappen der Reichsstadt Ravensburg über dem Eingangsportal, Adler auf der einen Seite und Stadtwappen auf der anderen Seite.

Stadtgeschichte Teil 2:
Die Wirren der Reformation (Einführung 1544-1548) löste Ravensburg auf salomonische Weise: Man entschied sich im Rat für konfessionelle Parität. Damit war Ravensburg eine der vier Städte im Reich, in denen Katholiken und Protestanten gleichberechtigt waren. Als Folge des Dreißigjährigen Krieges wurde Ravensburg unbedeutend. Große Bauwerke entstanden kaum noch. 1647 hatte Ravensburg nur noch halb so viel Einwohner wie um 1500. Der letzte bedeutende Repräsentationsbau im Auftrag des Rates war die Brotlaube. Danach fehlte es der Stadt an wirtschaftlicher Kraft zur Erneuerung der Bausubstanz. Für die damaligen Bewohner sicher schmerzlich, für uns heute aber ein Glücksfall, denn so haben wir ein noch weitgehend aus dem 14.-16. Jh. geprägtes historisches Stadtbild.

1802 war es aus mit dem Status als Reichsstadt und der damit verbundenen Selbständigkeit: Erst wurde Ravensburg 1802 bayerisch, dann 1810 württembergisch mit Sitz eines Oberamtes. 1828/29 werden die acht alten Zünfte abgeschafft, die Gewerbefreiheit beginnt. Mit Industrialisierung ab ca. 1830, maschineller Textilherstellung, dem Bau der Eisenbahnlinie 1847 nach Friedrichshafen mit Ravensburg als Station und wenig später nach Ulm kam ein neuer ökonomischer Aufschwung. Im WK II wurde Ravensburg glücklicherweise verschont, es war kein Angriffszeil, weil zum Glück keine Rüstungsindustrie ansässig war.

Literatur:
Stadtgeschichte: http://www.ravensburg.de/content/artikel_tourist/3287.htm
Allgemein: http://www.ravensburg.de
Sehenswürdigkeiten: http://www.ravensburg.de/content/artikel_buerger/2948_981.htm

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