Bernhard Peter
Besondere Motive: Sternbilder

Sternbilder in Wappen sind kein typisches heraldisches Motiv, obwohl Sterne als solche, einzeln oder zu mehreren, im Gegensatz dazu zu den äußerst beliebten Motiven gehören. Es gibt sehr wohl einige Wappen mit dem Motiv eines Sternbildes im Schild, doch handelt es sich dabei nicht um altüberlieferte Adelswappen, sondern um Wappengestaltungen aus neuerer Zeit.

Warum? Zum einen hat das heraldisch-ästhetische Gründe: Die traditionelle Heraldik arbeitet mit einfachen Strukturen und Elementen, und wenn mehrere dieser Einzelelemente auftreten, dann werden sie meist in rhythmische oder einfach strukturierte Beziehungen zueinander gesetzt, z. B. "besät mit Sternen" oder "Balken, belegt mit drei Sternen" oder in eine Reihung oder Anordnung im Verhältnis kleiner ganzer Zahlen gebracht wie z. B. "6 Sterne, 3:2:1 gestellt" etc. Die komplexe, nicht mit sofort einsichtigen und nicht mit einfachen Worten ohne Zusatzwissen zu beschreibende Beziehung mehrerer Objekte entspricht nicht dem mittelalterlichen heraldischen Kreativitätsverhalten.

Zum anderen gehört zum traditionellen heraldischen Stil, daß einerseits eine raumfüllende Darstellung wünschenswert ist und daß andererseits eine relative Größenvorgabe nicht typisch ist. Wer als traditioneller Heraldiker sechs Sterne darstellen möchte, schafft eine maximal mögliche Einheitsgröße bei gegebener Anordnung im Feld, so daß ein optisch ausgewogenes Verhältnis aus Objekten und Freiflächen entsteht. Typisch für die klassische Heraldik sind einfach zu erfassende Rhythmen wie "bestreut" oder "besät", die zusätzlich zur Information der Einzelform nur ein minimales Plus an Anordnungs-Information erfordern, was zu visuell leicht erfaßbaren Gesamtbildern führt.

Weiterhin ist es im heraldischen Stil üblich, bestimmte Details einer gemeinen Figur durch Vergrößerung zu betonen, um das Wesentliche herauszuarbeiten, so daß man an Darstellungen gemeiner Figuren eher nicht mit der Erwartung der Erhaltung von Proportionen herangeht. Das Abbilden von Sternbildern hingegen ist ein anderes Konzept, weil sich erst durch die komplexe Beziehung mehrerer gleichartiger, aber auch verschieden großer (Größe als Maß für Leuchtkraft) Sterne die Bedeutung ergibt.

Zum anderen hat das auch historisch-kulturelle Gründe: Im Mittelalter war die Wahrnehmung von Astronomie eine deutlich andere als in der Neuzeit, die Beschäftigung mit Sternbildern setzt vor allem eine wissenschaftliche Beobachtung und Differenzierung voraus, die eher weniger typisch für die ritterliche Welt war. Im Mittelalter stand zudem nur wenig Wissensgut der antiken Astronomie zur Verfügung, obwohl die Astronomie eine Disziplin der sog. Sieben Freien Künste war und dort zum sog. Quadrivium gehörte. Erst im Spätmittelalter wurden astronomische Werke durch den Buchdruck verbreitet, jedoch erst die Renaissance führte zu einer Blüte dieser Disziplin als Wissenschaft. Auch aus diesem Grund, der zwingend erforderlichen Hintergrundinformation, ohne die eine Blasonierung auch gar nicht möglich wäre, ist das Auftreten von Sternbildern in Wappen eher ein Phänomen der neuzeitlichen und bürgerlichen oder kommunalen Heraldik.

Als Gestaltungselement eröffnet die Verwendung von Sternbildern die graphisch verschlüsselte Einbringung von zusätzlichen Informationen in eine Gestaltung, z. B. über die Symbolik der Namen der Sternbilder, wenn z. B. eine Familie mit Namen "Schütze" auf redende Weise das Sternbild Schütze verwendet oder mit Namen "Kreuz" das Sternbild Kreuz des Südens, oder wenn das Sternbild Teil eines graphischen Rebus und somit hintergründiger Bedeutungsträger wird. Weiterhin kann ein Sternbild für die Herkunft oder für einen Regionalbezug stehen (siehe Beispiele). So dient bei manchen Staaten der Südhalbkugel typischerweise das Kreuz des Südens als Mittel der Lokalisierung, und bei nordischen Wappen taucht der Große Wagen auf, z. B. auch im Wappen der schwedischen Könige aus dem Hause Bernadotte.

Beispiele von Wappen mit Sternbildern im Siebmacher:

Familie v. Bar

Anm.: Das Sternbild "Großer Bär" ist eigentlich von der Lage her identisch mit dem Großen Wagen (Teilsternbild), und das Siebengestirn ist astronomisch identisch mit den Plejaden. Der Große Bär bzw. der Große Wagen besteht aber ebenfalls aus sieben hellen Sternen, vier (Megrez, Phekda, Merak und Dubhe) für den Wagenkasten und drei (Alioth, Mizar und Benetnasch) für die Deichsel, deshalb wird der Ausdruck Siebengestirn auch für diesen verwendet. Von der Anordnung her ist meistens der Große Wagen in mehr oder weniger abstrahierter Form abgebildet, und wenn der Polarstern mit dargestellt wird, ist die Identität eindeutig.

Beispiele von Wappen mit Sternbildern in der Deutschen Wappenrolle:

Familienwappen Gillert

Beispiele von Wappen mit Sternbildern für Städte, Staaten, Bundesstaaten etc.:

 
Stadtwappen Pudasjärvi   Gemeindewappen Arvidsjaurs

Beispiele von Wappen mit Sternbildern für Kleriker:

Britische Wappen mit Sternbildern:

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere die Bände Bürgerliche
Deutsche Wappenrolle
Anselm van der Linde:
http://www.kath-kirche-vorarlberg.at/organisation/pressebuero/artikel/ernennungsdekret-von-papst-benedikt-xiv - Van der Linde, Anselm, in: Biographia Cisterciensis, online: http://www.zisterzienserlexikon.de/wiki/Van_der_Linde,_Anselm
Pudasjärvi:
http://www.pudasjarvi.fi/ - http://fi.wikipedia.org/wiki/Pudasj%C3%A4rvi
Den Mitgliedern des Forums Heraldik und Kunst ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise
Baron Birdwood:
http://en.wikipedia.org/wiki/Baron_Birdwood
Arvidsjaurs:
http://sv.wikipedia.org/wiki/Arvidsjaurs_kommun

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