Bernhard
Peter
Besondere
Motive: Schneekristall
Der Schneekristall ist ein relativ neues
heraldisches Motiv. In historischen Wappensammlungen wie dem
Siebmacher, dem Westfälischen Wappenbuch oder dem Basler
Wappenbuch u.v.a.m. taucht der Schneekristall weder als Motiv
noch als Begriff auf. Wohl gibt es Wappen, in denen Schnee
vorkommt, aber entweder, um silberne Kugeln anschaulich als
"Schneeballen" zu beschreiben oder bei den
landschaftsgemäldeartigen Wappen der Verfallszeit in Form
schneebedeckter Gipfel eines Gebirges. Als heraldisches Motiv
taucht der Schneekristall erst sehr spät auf, weil man sich erst
seit Ende des 16. Jh. überhaupt mit dem Phänomen der
Kristallformen und ihrer Vielfalt bei gefrorenem Wasser
systematisch auseinandersetzte. Thomas Harriot, ein englischer
Mathematiker, war der erste Wissenschaftler Europas, der sich mit
Schneeflocken beschäftigte und die C6-Symmetrie erkannte, daß
alle Flocken und Kristalle auf einer Sechszähligkeit beruhen,
denn die Winkel der Einzelteile können nur 60° oder 120° sein.
Das war im Jahre 1591, es ist also müßig zu erwarten, daß eine
solche Erkenntnis weite Kreise erreichte, zumal er seine
Einsichten nicht allgemein zugänglich publizierte. Auch Kepler
und Descartes arbeiteten über die Formenvielfalt der
Schneekristalle, aber auch das war Wissenschaft weitab von der
heraldischen Realität. Erst im 20. Jh. wurde auch die
Begeisterung für die Vielfalt der Strukturen und Formen einer
breiteren Masse zugänglich, es wurden synthetische Schneeflocken
erzeugt, und die verbesserten mikroskopischen Techniken brachen
der Entdeckerfreude Bahn. Und so kam es, daß man erst in neuerer
Zeit die Möglichkeiten erkannte, mit einer auf geometrischen
Prinzipien basierenden gemeinen Figur winterbezogene Namen mit
einem Familienwappen auf Schneekristallbasis illustrieren zu
können, und auch Gemeinden, insbesondere solche mit Bedeutung
für den Wintersport, entdeckten die Gestaltungsmöglichkeiten.
Bindend ist die hexagonale Geometrie, frei sind die
Verästelungen im Detail.
Schneekristalle
in der DWR:
- Winter aus Lutzingen,
Kreis Dillingen (Deutsche Wappenrolle DWR Band: LI Seite:
93 Nummer: 9018/88): In silbern-rot gespaltenem Schild
vorn ein rotes Spinnrad, hinten zwei silberne
Schneekristalle übereinander. Auf dem rot-silbern
bewulsteten Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Flug
mit silbernen Schwungfedern, belegt mit einem
aufgerichteten silbernen Flammenschwert.
- Winter aus Sontop,
Kr. Neutomischel, Prov. Posen (Deutsche Wappenrolle DWR
Band: LXXI, Nummer: 10969/05): Durch abgeflachte
Doppelsturzspitze von Blau und Silber geteilt; oben drei
(1,2) silberne Schneekristalle, unten ein blauer Kahn.
Auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen
Decken eine blaue Kornblumenblüte, oben angestemmt
zwischen zwei sturzsparrenförmig voneinander abgekehrten
blauen Sensenblättern.
- Mayer aus Gerading,
Krs. Traunstein (Deutsche Wappenrolle DWR Band: XLII
Seite: 19 Nummer: 8216/84): Über einem mit einem blauen
Becher belegten silbernen erhöhten Wellenschildfuß in
Blau drei silberne Schneekristalle nebeneinander,
dazwischen zwei goldene Weizenbüschel zu je drei Ähren.
Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender,
blau mit vier silbernen Knöpfen, silbernen Kragen- und
Ärmelaufschlägen bekleideter blondhaariger Mann mit
rotem, mit schwarzen Hahnenfedern bestecktem Hut, am
schwarzen Leibgürtel ein schwarzgeschaftetes blaues
Messer hängend, mit beiden Händen einen
schwarzgeschafteten blauen Speer schrägrechts vor sich
haltend.
- Nix aus Romsthal,
Krs. Schlüchtern (Deutsche Wappenrolle DWR Band: XVIII
Seite: 53 Nummer: 6096/66): In blau-golden
schräglinksgeteiltem Schilde oben ein silberner
Schneekristall, unten ein blauer Schlägel und blauer
Maurerhammer schräggekreuzt, beides pfahlweise
überdeckt von einer gestürzten blauen Maurerkelle. Auf
dem blau-golden bewulsteten Helm mit blau-goldenen Decken
die drei blauen Maurerwerkzeuge (Schlägel, Maurerhammer,
Maurerkelle) überhöht von dem silbernen Schneekristall.
- Carmellini aus Arco,
Prov. Trient/Italien (Deutsche Wappenrolle DWR Band: XXXV
Seite: 34 Nummer: 7635/80): In Blau über einer
durchgehenden gemauerten silbernen Doppelbogenbrücke in
der Schildfußstelle, drei (2, 1) silberne
Schneekristalle. Auf dem blau-silbern bewulsteten Helm
mit blau-silbernen Decken ein blauer Flug, belegt mit
einem silbernen Schneekristall.
- Wittmann aus
Frankenrieth, Krs. Vohenstrauß (Deutsche Wappenrolle DWR
Band: XXXIX Seite: 29 Nummer: 7891/82): In blau-golden im
Deichselschnitt gespaltenem Schild oben silbern-blau
gespalten, belegt mit einem Schneekristall in
verwechselten Farben, vorn ein mit der Schallöffnung
oben einwärts gekehrtes goldenes Posthorn, hinten
pfahlweise nebeneinander zwei mit der Schneide einwärts
gekehrte gestürzte blaue Sensenklingen. Auf dem Helm mit
schwarz-goldenen Decken ein wachsender goldenhaariger
Bauer (Mann), bekleidet mit schwarzer Jacke, roter Weste
und schwarzem Hut, in der Rechten einen hölzernen
Bierkrug haltend, die Linke in die Hüfte gestützt.
Schneekristalle
in der ADW:
- Balter aus Losheim
(Allgemeine Deutsche-Wappenrolle ADW, Nr. 80139): In
goldenem damasziertem Schilde ein schwarz-rot geteilter
Herzschild, darin oben eine goldene halbe Strahlensonne,
unten ein silberner halber Schneekristall, beide an der
Teilungslinie. Auf dem schwarz-golden bewulsteten Helm
mit schwarz-goldenen Decken zwischen einem schwarzen Flug
ein kleines rotes Haus mit goldenem gezinntem Vorbau und
offenem Tor.
- Weiss aus
Wilhelmsbrück, Stadt Fürstenwalde (Allgemeine
Deutsche-Wappenrolle ADW, Nr. 83475): In blau-golden
geviertem Schilde ein silberner Schneekristall. Auf dem
blau-golden bewulsteten Helm mit blau-goldenen Decken
eine goldene Waage im Gleichgewicht, in jeder der blauen
Waagschalen ein silberner Schneekristall.
- Fehlinger (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 84110):
In Blau ein sechsarmiger Schneekristall, in den Winkeln
begleitet von je einem aus dem Schildrand hervorkommenden
Spickel, alle Figuren silbern. Auf dem blau-silbern
bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken zwei gekreuzte
Kröseleisen, das schrägrechte silbern, das andere blau.
- Kaltenschnee
(Allgemeine Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter
Nr. 92068): In Blau eine grüne Spitze bis zur
Hauptstelle, an der Hauptstelle balkenweise und längs
ihren eigenen Kanten besetzt mit einer silbernen Kette
von aneinanderhängenden Schneekristallen. Auf dem Helm
mit rechts blau-silbernen und links grün-silbernen
Decken auf goldener Halbkugel stehend ein flugbereiter
rotbewehrter silberner Greifvogel.
- Kaltmaier (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 95132):
Grün-golden durch zwei eingebogene Mittelspitzen
geteilt, an der Schildhauptstelle nebeneinander drei
silberne Schneekristalle und an der Herzstelle eines, im
Schildfuß die Büste eines schwarzen Wolfes. Auf dem
grün-golden bewulsteten Helm mit grün-goldenen Decken
zwischen zwei schwarzen Hirschstangen angestemmt eine
beblätterte goldene Weintraube.
- Keltenich (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 84487):
In blau-silbern geviertem Schilde ein Schneekristall in
verwechselten Farben. Auf dem Helm mit blau-silbernen
Decken ein je mit einem silbernen vierblättrigen
Kleeblatt belegter blauer Flug.
- Mochow (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 91092):
In Blau zwei zu einem Sturzsparren bis zur Mitte
ausgezogene goldene Flanken, dieser im Schnittpunkt nach
oben in eine Ähre, im Scheitelpunkt nach unten in ein
von drei (2,1) silbernen Schneekristallen begleitetes
Schaufelblatt ausgezogen. Auf dem blau-golden bewulsteten
Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender goldener
Fuchs, einen blauen Merkurstab zwischen den Vorderläufen
haltend.
- Schnaibel (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 90148):
In Schwarz ein silberner Sechseckrahmen mit blauer
Füllung, darin ein silberner Schneekristall. Auf dem
schwarz-silbern-blau-silbern bewulsteten Helm mit rechts
schwarz-silbernen und links blau- silbernen Decken der
Rahmen wie beschrieben, aber blau und silberngefüllt,
darin auf einem anstoßenden Gürtler-Amboß
schräggekreuzt ein Stichel und eine Bleifeder, diese
Figuren schwarz.
- Schnebele (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 95033):
In Rot eine S-förmig geringelte Schlange, der Kopf unten
rechts, an der Pfahlstelle zwei Schneekristalle
einschließend, alle Figuren silbern. Auf dem
rot-silbern-rot-golden bewulsteten Helm mit rechts
rot-silbernen und links rot-goldenen Decken ein
wachsender goldener Hirsch, zwischen den Läufen ein
goldenbeschnittenes, rot mit goldenen Beschlägen
gebundenes Buch haltend.
- Wimmer (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 83227):
In Blau ein silbernes Kreuz, der Fuß in eine silberne
Pflugschar gesteckt, begleitet oben rechts und unten
links von einem silbernen Schneekristall, oben links und
unten rechts von einer grüngestielten und -beblätterten
goldenen Trollblume. Auf dem blau-silbern bewulsteten
Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender goldener
Löwe, das Kreuz wie beschrieben haltend.
- Winter (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 82492):
In Blau ein silberner sechsarmiger Schneekristall. Auf
dem Helm mit blau-silbernen Decken zwei abgewendete
aneinanderstoßende gestürzte silberne Fische mit blauen
Flossen und blauen Mäulern.
- Frost (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 87109):
In rot-silbern gespaltenem Schilde ein Eiskristall in
verwechselten Farben. Auf dem rot-silbern bewulsteten
Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsendes silbernes
Roß, den Eiskristall wie im Schilde zwischen den Beinen
haltend.
- Kastning (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 87291):
In durch einen silbernen Wellenschrägbalken rot-grün
geteiltem Schilde oben ein silberner Eiskristall, unten
eine goldene Flamme. Auf dem Helm mit rechts
grün-silbernen und links rot-silbernen Decken ein
rotbewehrter silberner Schwan.
- Schwecke (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 80305):
Unter rotem Schildhaupt, darin ein mit einem gestürzten
goldenen Zeichendreieck verschränkter goldener Zirkel,
begleitet rechts von einem goldenen Eiskristall und links
von einer goldenen Sonne, in Gold ein schwarzer
altertümlicher Tisch mit gekreuzten Beinen und besetzt
mit einem schwarzen Hobel, aus dem braune Späne
hervorquellen. Auf dem schwarz-golden bewulsteten Helm
mit schwarz-goldenen Decken vor dem Fußende eines
naturfarbenen Laubbaumes zwei abgewendete goldene
Pferdeköpfe, der rechte den linken teilweise
überdeckend.
- Winter (Allgemeine
Deutsche Wappenrolle ADW, eingetragen unter Nr. 82129):
In Blau ein goldener, oben mit einem silbernen
Eiskristall besetzter Ring. Auf dem Helm mit
blau-goldenen Decken ein silberner Eiskristall.
Weitere
Familienwappen mit Schneekristallen:
Winter
(Koblenz): Dreimal von Blau und Silber geteilt, die
Teilungslinien erst nach oben, dann nach unten zu den
jeweils beiden Hälften von sechs (3:2:1) aufrechten,
sechszähligen Schneekristallen ausgezogen, auf dem Helm
mit blau-silbernen Decken ein wachsender, silberbärtiger
Mann in blauem, mit silbernem Pelz aufgeschlagenen Mantel
und mit ebensolcher Mütze, in der Rechten einen
silbernen Eiszapfen haltend, in der Linken einen
silbernen Schneekristall vor sich haltend.
Kommunalwappen
mit Schneekristallen:
- Gemeinde Böxlund
(Kreis Schleswig-Flensburg, Schleswig-Holstein): Von Gold
und Blau durch eine eingebogene halbe Spitze geteilt.
Oben eine grüne geöffnete Buchecker und eine grüne
über Eck gestellte Egge, unten ein silberner Eiskristall
(Schneekristall).
- Kehlbach,
Gemeindeteil von Steinbach am Wald (Landkreis Kronach,
Oberfranken): In Blau über einem gesenktem silbernen
Wellenbalken zwei schräg gekreuzte goldene Glaspfeifen
mit silbernem Glas, beiseitet im oberen und unteren
Winkel der Glasbohrrohre von einem silbernen
Schneekristall. Hier stehen die Schneekristalle für
Kälte ("Kehl").
- Saalbach-Hinterglemm,
eine Doppelgemeinde im Bundesland Salzburg (Österreich):
In Rot zwei schräggekreuzte goldene Ski, oben begleitet
von einem silbernen Schneekristall und unten von drei
(1:2) aneinanderstoßenden silbernen Kugeln, die Skier
überdeckt von einem silbernen Wellenbalken.
- Kirchschlag bei Linz
(Oberösterreich): In Blau ein silberner Hügel, darin
eine blaue Scheibe, belegt mit einem silbernen
Schneekristall, aus dem rechten Obereck hervorbrechend
eine goldene Sonne, links eine aus dem linken Schildrand
hervorkommende silberne Kirche.
- Gemeinde Sandl
(Oberösterreich): In Gold ein grüner, mit einer
silbernen, goldengegrifften Zugsäge belegter
Schräglinksbalken, begleitet oben von einer
Sandlbildrose mit schwarzem Stiel und schwarzen Blättern
und unten von einem blauen Schneekristall.
- Sankt Lorenzen am
Wechsel (Gemeinde in der Steiermark): In blauem Schild
mit acht goldenen Schneekristallen in zwei Reihen (5 : 3)
oben und einer goldenen Strahlensonne unten balkenförmig
ein rot unterlegter goldener Rost, an den Ecken besteckt
mit schrägauswärts gekehrten Lilien.
- Tauplitz (Gemeinde in
der Steiermark): In silbernem Schild ein von je drei
auswärts gekehrten roten Alpenrosen begleiteter blauer
Schrägrechtsbalken, darin ein dreistufiger silberner
Balken, dieser bewinkelt von sechs silbernen
Schneekristallen.
Literatur,
Quellen und Links:
http://www.stiftungswf.ch/fusion-vs-riederalp.htm
http://www.h-u-m-rueegg.li/heraldik-riederalp.htm
http://www.h-u-m-rueegg.li/heraldik-saas%20fee.htm
Deutsche Wappenrolle wie angegeben
Allgemeine Deutsche Wappenrolle wie angegeben
Schneekristalle: http://www.its.caltech.edu/~atomic/snowcrystals/
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