Bernhard
Peter
Die
heraldische Rose
Die Rose
in der Heraldik
Standardmäßig versteht man
unter einer heraldischen "Rose" eine einzelne
Rosenblüte. Abweichungen werden angegeben, etwa in Form einer
"gestielten Rose", oder, wenn eine ganze Pflanze
gemeint ist, ggf. mit mehreren Blüten oder gar mehreren,
verzweigten Blütentrieben, von einem "Rosenstock"
o.ä. Standardmäßig wird eine Rose dargestellt mit fünf
gerundeten, oft an den Rändern leicht nach innen eingerollten
Blütenblättern, einer Mitte für die Staubblätter und fünf in
den Lücken zwischen den Kronblättern befindlichen
Kelchblättern. Meistens wird eine Rose so gelegt, daß sich oben
mittig ein Kronblatt und keine Spalte dazwischen befindet, dies
ist jedoch keine bindende Gepflogenheit, genauso finden sich
Gegenbeispiele, und es bleibt letztendlich dem ästhetischen
Empfinden des Künstlers übelassen.
Abb. links: historische Zeichnung,
heraldische Rosen als Schildbild und Helmzier, entworfen von
Prof. Adolf M. Hildebrandt (1844-1918) für
Charles Hofman (Exlibris aus dem Jahr 1895)
Abb. rechts: historische Zeichnung, gestielte und beblätterte
heraldische Rosen als Helmzier, entworfen von Alexander
von Dachenhausen (1848-1916) für Carl Heyer aus Asch in Böhmen (Exlibris aus dem Jahr 1901, s. u.).
Die
Kelchblätter der Rose
Es gibt fünf Kelchblätter
(Ausnahme: Rosa sericea hat nur vier, aber das ist heraldisch
irrelevant). Die grünen Kelchblätter sind meist lanzettlich und
laubblattartig gestaltet, ungeteilt oder geteilt. Wegen der
geringen Größe eines Kelchblattes werden Kelchblätter meistens
ungeteilt gezeichnet (eine Ausnahme siehe Abb.), farblich
abstechend vom Untergrund und meist auch abgesetzt von der Farbe
der Kronblätter. Die korrekte Ansprache ist entweder "bespitzt"
oder "mit ...Kelchblättern", wenn die
abweichende Farbe erwähnt werden muß. Der manchmal leider zu
findende Audruck "bebutzt" ist falsch für
Kelchblätter (s. u.). Manchmal findet man den veralteten
Ausdruck "bebartet" - gemeint sind auch die
Kelchblätter, manchmal sind bei den Rosen die Kelchblätter
behaart, doch es reicht wohl kaum, um es als Bart wahrzunehmen.
Man sollte diesen Ausdruck zwar kennen, aber wegen seiner
Ungeeignetheit in Ruhe Geschichte werden lassen.
"Bebartet" sind Männerköpfe, auch Schlüssel, da
gehört der Begriff von der Logik her hin. Geeignet für die
Kelchblätter einer Rose sind die Begriffe "bespitzt",
weil das genau die optisch wahrnehmbare und typische Form
wiedergibt, oder "mit ... Kelchblättern", weil das der
botanischen Realität entspricht.
Abb. links: historische Zeichnung,
heraldische Rose, ohne Kelchblätter, entworfen von Lorenz
M. Rheude (1863-1939) aus München für Hans Wolff
(Exlibris aus dem Jahr 1920).
Abb. rechts: historische Zeichnung, heraldische Rose im Schild,
mit dreispitzigen Kelchblättern, entworfen von Lorenz M.
Rheude (1863-1939) aus München für Otto von
Saldern-Brallentin (Exlibris aus dem Jahr 1919).
Die
Kronblätter der Rose
Die Blütenblätter machen bei
der Blasonierung kaum Schwierigkeiten, es ist die angegebene
Grundfarbe der Rose, die hier zum Tragen kommt. Die genaue Form
der Blütenblätter unterliegt zeitgebundenen und geschmacklichen
Einflüssen und braucht nicht blasoniert zu werden, wobei die
gezeichnete Form nicht allzu stark von der runden, leicht
eingerollten Form abweichen sollte, um Verwechslungen mit
Mispelblüten, Fünfblättern etc. zu vermeiden, wobei die
Grenzen manchmal fließend sind und die Deutungshoheit beim
Wappenstifter liegt.
Standardmäßig hat eine Rose botanisch fünf (bei einer Art
vier) Kronblätter, und wenn nichts anderes blasoniert wird, gilt
diese Zahl als der Normalfall. Genauso wie bei vielen
Kulturformen die Blüte durch Umwandlung von Staubblättern in
Kronblätter gefüllt sein kann, so gibt es auch in der Heraldik
die "gefüllte Rose" mit mehreren,
konzentrischen, auf Lücke gesetzten Kronblätterkreisen. Handelt
es sich um genau zwei Kreise, spricht man von einer "doppellagigen
Rose" als Spezialfall einer "gefüllten Rose".
Cave: Eine gefüllte Rose besitzt korrekterweise nur außen
Kelchblätter, keine zusätzlichen zwischen innerem und äußerem
Kronblattkreis, denn sonst wäre es eine Rose, mit einer
kleineren Rose belegt. In der Praxis findet man leider allzu oft,
daß die darstellenden Künstler und die beschreibenden
Heraldiker diesen Überlegungen weniger Gewicht beigemessen haben
als vonnöten wäre.
Abb.: Doppellagige Rose, die innen auch Kelchblätter hat, was botanisch und darstellerisch nicht korrekt ist, gezeichnet von von Georg Otto (1868-1939) für Robert Freiherr v. Welck (Exlibris von 1918).
Die
"Mitte" der Rose
Nun zur Mitte: Dort sitzen bei
einer echten Rosenblüte die epipetal stehenden und am Rande des
Blütenbechers ansetzenden Staubblätter, die durch sekundäre
Polyandrie in ihrer Anzahl erhöht sind, bis über 200 Stück. Am
Grund oder an der Wand des Blütenbechers sitzen die zahlreichen,
nicht verwachsenen Fruchtblätter. Das alles läßt sich
keinesfalls mehr zeichnen, das gäbe einen schwarzen Fleck.
Folglich läßt man die Mitte entweder als Kreis frei, oder man
deutet Substrukturen nur an. Diese Mitte nennt man "bebutzt".
Allgemein bezeichnet ein "Butzen" in der
Heraldik die nicht näher differenzierte runde Mitte einer Blüte
in Aufsicht. Da "Butzen" ganz allgemein ein rundes oder
vorgewölbtes "Ding" (Flaschenbutzen, Butzenscheiben)
bezeichnet, ist der Ausdruck ohne botanische Vertiefung der
Betrachtung absolut geeignet. "Bebutzt" meint immer die
Blütenmitte, die Verwendung des Ausdrucks für Kelchblätter
etc. ist falsch. Ebenso findet man in der Fachsprache den
Ausdruck "besamt" für die Mitte. Diesen
Ausdruck halte ich für ungeeignet. Selbst dem botanisch nicht
vorbelasteten Besucher eines mittelalterlichen Burggartens
dürfte nach spätestens einer Saison vertraut sein, daß seine
Rosa canina ihre wunderschönen rosa Blüten nach der Bestäubung
und Befruchtung verliert und daß dann erst langsam die Hagebutte
heranreift. Man sieht also entweder die rosa Blütenblätter oder
die Hagebutte, aber nicht beides zusammen. Betrachten wir es nun
botanisch, wird der Ausdruck noch ungeeigneter: Denn eine
Hagebutte ist eine Scheinfrucht, eine Sammelnußfrucht. Der
Blütenboden quillt fleischig auf, und innendrin sind die
eigentlichen Früchte, Nußfrüchte, eingebettet. Erst wenn man
davon die äußerste Schicht wegdenkt, kommt man an den Samen.
Was wir bei einer Hagebutte sehen, ist also weder ein Samen noch
eine Frucht, sondern der aufgeblähte Blütenboden. Der Ausdruck
"besamt" oder "Samenstand" wird
verwendet, gilt als heraldisch korrekt, ist aber ungeeignet. Wir
sollten die Freiheit nutzen, unsere botanische Bildung zu
berücksichtigen und "bebutzt" verwenden. Ebenso
falsch ist es jedoch, die Mitte als "bespitzt"
anzusprechen, wie die Kelchblätter als "bebutzt".
Abb. links: Eine heraldische Rose mit
deutlich abgesetztem Butzen, gezeichnet von Charles William Sherborn
(1831-1912) für Sir Clinton Edward Dawkins (Exlibris von 1902)
Abb. rechts: drei heraldische Rosen, gezeichnet von Ernst Krahl
(26.10.1858-22.11.1926) für Guidotto Fürst von Donnersmarck
(Exlibris von 1925).
Wie
blasoniert man eine heraldische Rose angemessen?
Eine korrekte Blasonierung
einer heraldischen Rose lautet daher: "Eine ......
(Rosen-Farbe), ........(Kelchblatt-Farbe) bespitzte und ......
(Staubblätter-Farbe) bebutzte Rose" oder "eine ......
(Rosen-Farbe), ...... (Staubblätter-Farbe) bebutzte Rose mit
.......(Kelchblatt-Farbe) Kelchblättern", oder - heraldisch
ebenso korrekt, wenn auch nicht botanisch - mit dem
unzutreffenderen Ausdruck "Eine ...... (Rosen-Farbe),
........(Kelchblatt-Farbe) bespitzte und ......
(Staubblätter-Farbe) besamte Rose" oder "eine ......
(Rosen-Farbe), ...... (Staubblätter-Farbe) besamte Rose mit
.......(Kelchblatt-Farbe) Kelchblättern". Eine abweichende
Anzahl von Kronblättern wird angegeben.Leider finden sich in den
Sammlungen, selbst in der DWR, Blasons, die sich diesen
grundlegenden und systematischen Überlegungen nicht gestellt
haben.
Abb. links: historische Zeichnung,
gestielte und beblätterte heraldische Rosen im Schild, entworfen
von Alexander von Dachenhausen (1848-1916) für Carl Heyer aus Asch in Böhmen (Exlibris aus dem Jahr 1901).
Die Heyer von Rosenfeld sind ein
adeliges, ursprünglich hessisches Geschlecht. Das Wappen und
die Geschichte beider Familien mit dem Namensübergang sind
beschrieben im Siebmacher, Band He, Seite: 13. In Silber aus
grünem Dreiberg wachsend drei rote, grün beblätterte Rosen.
Auf dem gekrönten Helm aus grünem Dreiberg wachsend drei rote,
grün beblätterte Rosen.
Abb. rechts: historische Zeichnung, heraldische Rosen im Schild,
entworfen von Lorenz M. Rheude (1863-1939) aus
München für Hans von Rosenberg (Exlibris aus dem Jahr 1917).
Das Wappen der Freiherren von Rosenberg ist ein redendes, denn im
goldenen Schild wird ein roter Balken von drei (2:1) roten Rosen
begleitet. Auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken drei
Straußenfedern, eine rote zwischen zwei goldenen. Das Wappen
dieses kurländischen und ostpreußischen Geschlechtes, von dem
wir viele Mitglieder in preußischen Militärdiensten sehen, wird
beschrieben im Siebmacher Band Pr Seite: 333 Tafel: 386, PrA
Seite: 72 Tafel: 53 sowie im Band Ost Seite: 188 Tafel: 52, so
auch im kurländischen Wappenbuch, ferner im Siebmacher Band OÖ
Seite: 776 Tafel: 160 als Rosenberg zu Trauneck.
Spezielle
Rosen: die Tudorrose
Die englische Heraldik hat
eine spezielle Rose entwickelt, die Tudorrose, Symbol und Badge
der Tudor-Dynastie. Entstanden ist sie aus zwei Einzelsymbolen,
der roten Rose des Hauses Lancaster und der weißen Rose des
Hauses York, die Badges beider opponierender Häuser vereinend
und den Zwist (Rosenkriege) auch heraldisch-symbolisch beendend:
Die Tudorrose ist außen rot und innen weiß. Streng genommen
brachte dabei jede Rose ihre Kelchblätter mit, als sie
übereinander gelegt wurden, deshalb ist es auch keine gefüllte,
sondern eine spezielle Rose. In der Praxis findet man beide
Darstellungen, mit oder ohne "innere Kelchblätter".
Unterscheidend von allen anderen Rosen ist die typische
Farbkombination.
Spezielle
Rosen: die Lutherrose
Die Lutherrose ist ebenfalls
eine spezielle heraldische Rose, ein mit einem roten Herz belegte
silberne Rose, wobei das Herz noch einmal mit einem schwebenden
lateinischen schwarzen Kreuz bezeichnet ist. Es handelt sich um
ein Zeichen, das von Martin Luthers Siegel, wie er es ab 1530
verwendete, abgeleitet ist.
Ein Beispiel für eine solche Lutherrose ist das Gemeindewappen von Rodgau-Dudenhofen (auf eine Hauswand in der Nähe der ev. Kirche gemalt), wie es von der Verleihung 1954 bis zur Eingemeindung 1977 geführt wurde, es ist geteilt, oben in Gold drei rote Sparren, unten in Blau eine silberne fünfblättrige Rose, die mit einem roten Herz belegt ist, in dessen Mitte sich ein schwarzes Kreuz befindet (sogenannte Lutherrose). Es sei angemerkt, daß die Lutherrose üblicherweise mit einem Blütenblatt oben in der Mitte dargestellt wird, und nicht mit einem Kelchblatt auf Lücke wie hier.
Die obere Hälfte erinnert an die ehemalige Zugehörigkeit des Ortes zur Grafschaft Hanau, die Lutherrose erinnert daran, daß der Ort eine evangelische Enklave im ansonsten katholischen Umland war.
Das heutige Wappen der Stadt Rodgau stammt aus dem Jahr 1978 und enthält ebenfalls die Lutherrose: Von Blau und Rot durch einen silbernen, schräglinken, mit fünf schwarzen, fünfzackigen Sternen belegten Wellenbalken geteilt, begleitet oben rechts von einer silbernen Rose mit silbernen Kelchblättern, diese belegt mit einem roten Herzen, dem ein schwarzes Kreuz aufliegt (Lutherrose), unten links von einem sechsspeichigen silbernen Rad. Die Symbolik liegt auf der Hand: Der Fluß Rodau wird durch den schräglinken Wellenbalken symbolisiert, die Sterne geben die einst selbständigen Gemeinden wieder, das Rad erinnert an Kurmainz als Territorialherr in Nachfolge der Herren von Eppstein, und die Lutherrose steht für die evangelische Enklave Dudenhofen.
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