Bernhard Peter
Besondere Motive: Der Mohr in der Heraldik

Der Mohr in der Heraldik:
Mohrenwappen sind allgegenwärtig, und der Mohr ist sowohl im Schildbild als auch als Helmzier ein unverzichtbarer Bestandteil des heraldischen Formenschatzes, dessen Wurzeln und Bedeutungen im Detail vielschichtiger sind als vordergründig angenommen wird. Schon in der Züricher Wappenrolle tauchen neun Mohrenwappen auf, sei es als Schildbild oder als Helmzier. Typischerweise wird der Mohr mit schwarzer, seltener mit brauner Farbe dargestellt, mit negroiden Gesichtszügen, aufgeworfenen Lippen, breiter Nase, mit krausem Haar, mit Schmuck, typischerweise goldenen Ohrringen, manchmal auch mit Halsreif oder Halskette, ein weiteres typisches Merkmal ist eine Stirnbinde (Schapel) mit nach hinten abfliegenden Bändern, meistens aus Kontrastgründen silbern oder zweifarbig. Alternative Kopfbedeckungen sind die Krone, ggf. als Heidenkrone, oder ein Turban. Frühe Mohrenwappen zeigen meistens nur den Kopf in Profilansicht oder einen Rumpf, Ganzfiguren kommen später auf. Ganzfiguren werden gerne in Lendenschurz dargestellt, aber es gibt auch genauso Mohren in zeitgenössischer europäischer Kleidung. Wenn die Mohren mit Gegenständen ausgestattet werden, sind dies typischerweise Pfeil und Bogen oder Lanzen. Beim Mohren wird ethnisch im allgemeinen nicht unterschieden, ein Mohr kann ein Afrikaner oder Inder sein, das wird nicht differenziert, es darf davon ausgegangen werden, daß die Stifter eines Mohrenwappens sich in der Regel nicht von ethnologischen Betrachtungen leiten ließen. Es ist allgemein ein Schwarzer, wobei weder die Ausdrücke "Schwarzer" noch "Neger" Eingang in die Sprache der Blasonierung gefunden haben, sondern "Mohr" oder "Mohrin".

Warum ein Mohr?
Der Mohr ist sogar ein relativ häufiges Wappenbild. Zum einen gibt es eine riesige Gruppe von Mohrenwappen, in denen der Mohr auf irgendeine Weise offensichtlich der redenden Umsetzung eines Familiennamens dient. Eine weitere Gruppe von Mohrenwappen hat Bezüge zum Hl. Mauritius. Ebenso gibt es in Einzelfällen Bezüge zum Vornamen Maurus. Denkbar sind auch Bezüge zu Balthasar oder Caspar als Namen (Vornamen) über die Brücke der Hl. drei Könige, von denen einer traditionell schwarz dargestellt wird. Und eine große Gruppe von Mohrenwappen entsproß einer Mode des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jh., insbesondere im Bereich des städtischen Bürger- und Patriziertums. Daneben gibt es aber auch viele Mohrenwappen, bei denen zu Recht bezweifelt werden darf, daß tatsächlich ursprünglich ein Neger dargestellt ist, wie unten jeweils mit Beispielen ausgeführt werden wird. Es handelt sich um nachträglich mißverstandene Figuren, die ab einem gewissen Zeitpunkt als Mohr gedeutet wurden. Viele Erklärungsversuche gibt es für die Mohrenwappen, wenige sind offensichtlich oder belegt. Eine oft gegebene Erklärung ist der Kontakt mit dem Morgenland während der Kreuzzüge, das entpuppt sich aber als unlogisch, denn zum einen sind die dort angetroffenen Araber nicht schwarz, und die höchstens als Sklaven anzutreffenden Neger spielten keine Rolle bei den Kriegen im Heiligen Land. Viele Erklärungen entpuppen sich bei nährerem Hinsehen und Nachrechnen als reine Wappenlegenden, und belegte Fälle bilden die Ausnahmen. Es bleibt höchstens als Resultat der Reiz des Fremdartigen, der Einfluß auf die zentraleuropäische Kultur ausübte. Die große Welle der Mohrenwappen kam aber erst später auf, insofern ist der Zusammenhang auch zeitlich nicht logisch. Die Reconquista in Spanien war für Zentraleuropa ebenfalls nicht bestimmend für die große Masse der Mohrenwappen, in Einzelfällen ist aber durchaus ein Bezug vorhanden (vgl. Holzschuher). Die Kämpfe gegen die Türken und Mauren im 16. Jh. spiegelten sich da schon mal eher wieder, hier gibt es als belegtes Beispiel sogar das Wappen Poller von 1591, wo verdienten Kämpfern gegen Türken und Mauren ein Schwarzer mit Pfeil und Bogen im Wappen verliehen wurde (da kann man gut sehen, wie alles Außereuropäische in einen Topf geworfen wurde). Eine andere spekulative Erklärung ist der Kontakt von Fernkaufleuten zu dunkelhäutigen Menschen, eine hübsche Erklärung, die vielleicht auch hier mal im Einzelfall zutreffen mag, wofür sich aber kein wirklicher Beleg finden läßt. Es bleibt lediglich im Zeitalter der Entdeckungen die allgemeine Neugier auf die aufregende Welt da draußen, die Lust am Neuen. Für die überwiegende Mehrheit der nicht-redenden Mohrenwappen lassen sich nämlich keine Erklärungen der oben genannten Art finden. Tatsache ist, daß in der Heraldik jede gemeine Figur in jeder heraldischen Farbe festgelegt werden kann und darf. Deshalb bedarf es keiner besonderen Begründung, wenn man einen Menschen als schwarze Darstellung festlegt. Und Tatsache ist, daß der Mohr ab einer gewissen Zeit richtig in Mode kam, chic war, und genauso wie eine Mode akzeptieren wir dies am besten als Zeitströmung.

Offensichtlich redende Familienwappen mit Mohren (1):
Namen, die assoziativ etwas mit Mohr zu tun haben, auch wenn dies nicht die wahre Etymologie sein sollte:

Beispiel: Hans Mohr, Oppenheim
Ein bestens erhaltenes und wunderschön plastisch gearbeitetes Wappen finden wir an der Platte für Hans Mohr, gest. 1587, Kirchenvorsteher zu St. Katharinen. Es ist ein redendes Wappen, Mohr mit Namen, Mohrenkopf in Profildarstellung im Wappen, mit krausem Haar, dicken Lippen, kugeliger Nase und einer Kopfbinde, die hinten eine Schleife bildet. Die umlaufende Inschrift lautet: "ANNO 1587 DEN 26 DECEM(BRIS) STARB DER EHRBAR HANS MOHR BVRGER VND KIRCHENIVRAT ALHIE ZV S. CATHERINA DER SEHLEN GOT(T) GENEDIG SEI": Im Zentralfeld unter dem Wappen die Worte des Herrn: "ICH BIN DIE AVFERSTEHVNG VND DAS LEBEN WER AN MICH GLAVBET WIRDT LEBEN OB ER GLEICH STIRBE VND WER DA LEBT VND GLAVBET AN MICH DER WIRDT NIM(M)ERMEHR STERBEN", Zitat aus "IOANN AM II CAP" - Joh 11,25 ff.

Verwendung der Aufnahme aus der Katharinenkirche zu Oppenheim mit freundlicher Erlaubnis von Frau Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator vom 19.06.2008 (http://www.katharinen-kirche.de)

Offensichtlich redende Familienwappen mit Mohren (2):
Namen, die etwas mit der Farbe Schwarz zu tun haben, und wo der Mohr so eine mögliche und naheliegende Erklärung hat:

Namen, die etwas mit Kohle oder dem Herstellen oder Verarbeiten von Kohle zu tun haben:

Namen, die etwas mit Pech oder Teer und ihren Produkten zu tun haben, und wo der Mohr möglicherweise eine redende Umsetzung des Namens ist:

Namen, die etwas mit der Farbe Braun zu tun haben, und wo auch hier die Assoziation Mohr = brauner Mann naheliegt:

Namen, die etwas mit "Heide" zu tun haben, wobei der Mohr möglicherweise den Heiden symbolisieren könnte

In anderen Sprachen kommen analoge Assoziationen vor, in Frankreich sind das beispielsweise Familien mit den Namen Morot, Morin, Noir, Noiraud, la Poix (Pech), Charbonnier (Köhler) usw.

Andere Familienwappen mit Mohren:
Natürlich ist das Vorkommen von Mohrenwappen nicht auf solche redenden Wappen beschränkt, das Feld ist wesentlich vielgestaltiger als das Motiv vordergründig vermuten läßt. Stellvertretend für die Vielzahl der überlieferten Mohrenwappen hier nur eines:

Abb. links: Ein historisches Exlibris aus dem Jahr 1893, entworfen von Clemens Kissel (3.5.1849 - 25.12.1911) für Curt von Münchow, Buchdrucker aus Gießen (Clemens Kissel, 25 Bücherzeichen, entworfen und ausgeführt von Clemes Kissel zu Mainz, J. A. Stargardt Verlag, Berlin 1894). Abb. rechts: Ein historisches Exlibris aus der Zeit um 1900, entworfen von Adolf M. Hildebrandt (1844-1918) für Herm. Rud. Curt von Münchow. Das Wappen zeigt in Silber drei (2:1) schwarze Mohrenköpfe mit rot-golden gewundenen Stirnbinden. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein Busch schwarzer Hahnenfedern oder grüner Schilfblätter oder Palmzweige (je nach Quelle).

Mohrenwappen mit Bezug zum Hl. Mauritius: Coburg und Zwickau
Der Hl. Mauritius wurde im Mittelalter als "Mauretanier", also als Mohr dargestellt, obwohl er vermutlich nicht negroider Abstammung war. Er war christlicher Römer bzw. Ägypter und in der Legende bekannt als Führer der thebäischen Legion und erlitt den Märtyrertod wegen Befehlsverweigerung. Die nachfolgende Abb. zeigt den Schlußstein eines Bogens an der Stadtapotheke in Coburg mit einer auf 1727 datierten Stadtwappendarstellung, in Gold ein schwarzer Mohrenkopf mit goldenem Ohrring. Das Wappen stellt das Haupt des Hl. Mauritius dar, des Patrons der Pfarrkirche. Bereits Münzen von 1354 und Siegel aus dem 16. Jh. zeigen diesen Mohrenkopf (ältestes Beispiel von 1521).

Auch das große Wappen der Stadt Zwickau hat einen Bezug zum Hl. Mauritius, zwar nicht im Schild, aber in einer der beiden Helmzieren: Es ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot drei (2:1) silberne Schwäne, Feld 2 und 3: in Rot über blauem Wellenfuß eine silberne, schwarzgefugte  Zinnenmauer mit drei verschieden bedachten Türmen. Helm 1 (rechts): Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender, rot gekleideter Mohrm einen Streitkolben schwingend, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter, mit Hermelin aufgeschlagener Turnierhut, im Stulp sieben (3 nach rechts wehend, vier nach links) silbern-rot geteilte Fähnchen. Ein besonders prächtiges bauplastisches Exemplar findet sich am Zwickauer Rathaus an der Fassade, gegen Ende des 19. Jh. zu datieren. Die häufigste Erklärung ist: Der Hl. Mauritius ist der Zwickauer Stadtpatron, er wird bereits 1212 als Patron der Stadtpfarrkirche erwähnt. Der Legende nach machte man in Zwickau Halt, als man die sterblichen Überreste des hingerichteten christlichen Heiligen auf Befehl Otto I. nach Magdeburg brachte. Ein Siegel von 1290 zeigt nur die Türme über dem Wellenfuß (vgl. Siebmacher Band: St, Seite: 49, Tafel: 84). In der Mitte des 15. Jh. tauchen erstmals die drei Schwäne in einem zusätzlichen Schild auf dem Siegel auf. 1515 tauchen auch die drei Schwäne alleine auf. Später erst wurde das Wappen aus beiden Motiven geviert und bekam 1555 das Oberwappen und wurde zum "Großen Wappen". Im Siebmacher (Band: St, Seite: 49, Tafel: 84) wird der Rumpf jedoch nur als Mannesrumpf bezeichnet und der Mauritiusbezug abgelehnt, er solle angeblich die Wehrhaftigkeit der Bürger illustrieren. Es gibt immerhin zu denken, daß ausgerechnet in der Reformationszeit ein Heiliger der kath. Kirche in das Wappen aufgenommen worden sein sollte. Eine dritte, ebenfalls unbewiesene Theorie wiederum stellt einen Bezug zum sächsischen Kurfürsten Moritz her. Wie und warum auch immer die Figur auf den Helm gekommen ist, heute wird sie als Mohr dargestellt und als Mauritius interpretiert. Die Fähnchen sollen den Fahnenlehen des sächsischen Kurfürsten entsprechen. Da dieser Mohr übrigens auch von der Mauritius-Brauerei Zwickau im Bierflaschen-"Wappen" geführt wird, dürfte das der Heilige sein, von dem die meisten Bildnisse im Umlauf sind.....

Vom Vornamen Maurus abgeleitetes Mohrenwappen
Am 1787 errichteten Mohrenbrunnen des Klosters Schöntal befindet sich ein Mohrenwappen, das vom Vornamen "Maurus" des letzten Schöntaler Abtes, Maurus Schreiner (1784–1802) abgeleitet ist. Der ganze Brunnen ist ein Spiel mit dem Vornamen des Abtes, so sind einige Flächen des Brunnentroges mit Mohrenszenen verziert, und oben auf der zentralen Brunnensäule sitzt anmutig ein Mohr mit kronenartigem Schmuck und ähnlichen Verzierungen an Armen und Beinen. Das persönliche Wappen des Abtes ist in der Mitte, in Silber ein schwarzer Mohrenrumpf mit rotem Turban. Die persönlichen Komponenten der Schöntaler Abtswappen sind häufig redend, weil diese nicht dem Adel entstammenden Äbte meistens von Haus aus kein Wappen mitgebracht haben und auch als Kirchenmänner niemandem ein Familienwappen weitergeben können. Hier ist das persönliche heraldische Zeichen der Mohr, auf seinen Vornamen Maurus anspielend. Das Heranziehen eines Vornamens ist zwar zur Wappengestaltung ungewöhnlich, aber aus den erläuterten Gründen ist es hier nachvollziehbar, daß nicht die Familie und der Familienname, sondern der Vorname bezuggebend für das Motiv war. Die anderen sechs Komponenten des Wappens gehören zum Kloster und werden bei diesem besprochen.

Mohren und Mohrinnen, die erst nachträglich dazu wurden:
Nicht alle Mohren und Mohrinnen waren ursprünglich von schwarzer Hautfarbe, sondern kamen erst später zu ihrer Identität. Zwei Beispiele:

Die Haller von Hallerstein sind ein nürnbergisches Patriziergeschlecht und später ein landsässiges Rittergeschlecht, das 1433 einen Wappenbrief erhielt und 1528 eine Adelserhebung und eine Wappenbesserung und schließlich 1790 den Freiherrenstand erlangte. Das Stammwappen zeigt in Rot einen schwarz gefüllten schräglinken silbernen Sturzsparren. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender, gänzlich roter Frauenrumpf. In St. Sebald in Nürnberg sind mehrere Darstellungen in den Glasfenstern aus dem 14. Jh., auf einigen ist klar zu erkennen, daß die Jungfrau zwar in Gesicht und Körper gleichermaßen rot ist, aber bekleidet. Im Wappenbrief vom 31.5.1433 kam eine goldene Helmkrone hinzu. Die wachsende rote Jungfrau wird zu dieser Zeit als vollständig nackt beschrieben und in der Urkunde von 1433 auch so abgebildet. Die rote Farbe ergibt sich durch die im Schild dominierende Farbe, die hier wiederholt wird. Drei Jahrzehnte danach wird die Jungfrau nicht mehr als nackt beschrieben, sondern wieder als rot mit roter Kleidung. Aha - wir schaffen langsam die Basis für nachfolgende Veränderung! Auf 1521 und 1528 datieren urkundliche Abbildungen, wo aus dem straff anliegenden, nichts verbergenden Kleid ein faltenreiches Gewand geworden ist. Und im 17. Jh. bekamen Gesicht und Kleid verschiedene Farben, so konnte jeder die Kleidung deutlich abgesetzt wahrnehmen, die immer noch rot war, aber durch die nachträgliche Schwärzung des Gesichts war die Mohrin geboren. Mit dem Wappen geschahen auch weitere Veränderungen: 1528 wurde der Schild mit dem Wappen der ausgestorbenen von Hallerstein geviert: 1 und 4 Stammwappen, 2 und 3: geteilt, oben in Rot eine gestürzte, eingebogene Spitze, unten in Silber ein schreitender, schwarzer Löwe. Helm 1 (rechts): der wachsende rote Frauenrumpf zwischen zwei roten Büffelhörnern, an den Mündungen mit Pfauenfedern besteckt, Helm 2 (links): auf dem schwarz-silbern bewulsteten Helm rechts eine aufrechte goldene Hirschstange, links ein rot-silbern geteilter Flug (Kombinationshelmzier). Das freiherrliche Wappen von 1790 hat noch einen goldenen Herzschild mit dem schwarzen Doppeladler (kaiserliches Gnadenwappen), und es wird mit drei Helmen geführt, Helm 1 (Mitte) trägt den schwarzen Doppeladler, die beiden anderen Helme wie oben. Decken rechts rot-silbern, links rot-golden.

Die Tucher von Simmelsdorf sind ein altes ratsfähiges nürnbergisches Patriziergeschlecht, das seinen Beinamen nach dem 1598 erworbenen Rittergut Simmelsdorf bei Lauf hat und welches am 16.4.1815 durch König Max I von Bayern in den Freiherrenstand erhoben wurde. Nach ihnen sind Tucherschlößchen und Tucherpalais in Nürnberg benannt. Ihr Wappen wird wie folgt beschrieben (Schöler, Siebmacher, Band: Bay, Seite: 61, Tafel: 65): Geteilt, oben von Schwarz und Silber fünfmal schräggeteilt (nach Siebmacher schräglinks), unten in Gold ein Mohrenhaupt. Auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wachsender, golden gekleideter Mohr, anstelle der Arme zwei goldene Büffelhörner, jedes mit einer schwarzen Binde. Das ursprüngliche Wappen zeigte offensichtlich nur die Schrägteilungen. Dann kam nach Schöler ein Kopf, vermutlich ein Königskopf, im unteren Teil hinzu, der dann später zu einem Mauritius-Kopf umgedeutet wurde und schwarz wurde. Der Mohrenkopf der Tucher findet sich heute wieder im komplexen Wappen der Nürnberger Landgemeinde Simmelsdorf, in dem die Tucher seit 1598 einen Stammsitz hatten.

Ein weiteres Beispiel sind die von Pappenheim.

Mohren als mögliches Symbol beruflicher Schutzpatrone
Bleiben wir bei den oben erwähnten Tucher von Simmelsdorf - warum wurde der Kopf zu einem Mohren? Darüber kann nur spekuliert werden: Eine mögliche Erklärung wäre, daß der Familienname Tucher auf die berufliche Tätigkeit der Patrizierfamilie verweisen könnte, und der Hl. Mauritius (s. o.) ist der Schutzpatron nicht nur der Soldaten, Waffenschmiede, Glasmacher, Kaufleute, Färber, Schmiede, allg. der Handwerker, die mit dunkler Farbe umgehen, sondern auch der Tuchmacher.

Vermutlich lassen sich auch noch für andere Mohrenwappen insbesondere der städtischen wappenführenden Bevölkerung über die Rolle des Schutzpatrons bestimmter beruflicher Tätigkeiten analoge Zusammenhänge herstellen. Andererseits sollte diese Symbolerklärung insbesondere in reformierten Gebieten auch nicht überstrapaziert werden.

"Mohrenmode" - Dürers Wappen
Albrecht Dürers Wappen ist uns in mehreren Abbildungen überliefert, u. a. in einem herrlichen Holzschnitt von des Meisters Hand aus dem Jahre 1523 ( http://images.zeno.org/Kunstwerke/I/500-674/HL10696a.jpg ). Die Zuordnung der Farben ist jedoch nicht absolut sicher, von seiner Hand gibt es keine farbige Zeichnung. Nach dem colorierten Wappen auf der Rückseite eines Portraits seines Vaters ergibt sich: In Rot auf grünem Dreiberg eine goldene, auf einer Treppe stehende, offene, zweiflügelige Holztür mit einem Bretterdach, auf dem rot-golden bewulsteten Helm zwischen einem goldenen Flug ein rot mit goldenen knöpfbaren Aufschlägen und einem goldengestulpten roten Spitzhut bekleideter Mohrenrumpf mit Ohrringen (nach Neubecker). Hier wird am deutlichsten, daß man mit der Annahme des Wappens einer Modeströmung folgte. Die Familie war bürgerlich und stammte aus Ungarn, aus einem Orte namens "Ajtós". "Ajtó" bedeutet "Tür", also ist der aus "Tür" der Türer = Dürer, und das Schildbild ist redend. Für den Mohren gibt es definitiv keinen Bezug zu allen möglichen Erklärungsversuchen - die Familie sah unter den Nürnberger Patriziern genügend Vorbilder, fand es chic und folgte der Mode als Nachahmer.

"Mohrenmode": Mohren in Familienwappen des Baseler Wappenbuches:

Schwarze Mohren und weiße Mohren:
Der Mohr ist ursprünglich ethnisch eigentlich undifferenziert. Obwohl der Name sich von Maurus, Mauretanier ableitet, dehnte sich die Bezeichnung in ihrer Bedeutung auf fast alle Nicht-Weißen aus, die aber heraldisch schwarz oder braun dargestellt wurden. Nun neigen wir im allgemeinen dazu, menschliche Darstellungen sehr differenziert wahrzunehmen, und vergessen dabei, daß die Heraldik klare, deutliche Farben liebt. Es wäre unlogisch, wollten wir einem Balken nur die Farbe silbern oder schwarz zubilligen, nicht aber Zwischentöne wie hellgrau und dunkelgrau, und würden gleichzeitig erwarten, bei Menschendarstellungen Hutu von Tamilen zu unterscheiden. Deshalb sind in der Heraldik alle dunklen Menschen undifferenziert schwarz. Zumindest in der frühen Heraldik.

Einen interessanten Ausnahme-Fall gibt es nämlich in späterer Zeit, wo weiße Mohren von schwarzen Mohren unterschieden werden, im selben Wappen, dem Wappen der Holzschuher von Harlach, einer Nürnberger Patrizierfamilie. Auf dem Helm wird ein schwarzer Mohr geführt, und im gevierten Schild werden "weiße Mohren" in blauem Feld geführt, der Darstellung nach sind es Araber. Der schwarze Mohr ist der ältere, die weißen Mohren kamen anläßlich einer Wappenbesserung hinzu. Das Stammwappen der Holzschuher ist in Gold ein schwarzer, rot gefütterter holländischer Holzschuh, Helmzier ein rot mit goldenen Aufschlägen gekleideter Mohrenrumpf, Helmdecken rot-golden. 1503 hatte Wolf Holzschuher den vermehrten Schild von König Manuel I o Feliz erhalten, und derselbe wurde am 28.9.1547 dem Hieronymus Holzschuher durch Kaiser Karl V bestätigt, mit den Worten (Siebmacher Band: Bay Seite: 40 Tafel: 38, Gatterer, hist. Holzschuheriana, Codex p. 244): "das ober vnd hinter feld golt, darin das anererbt holtzschucherisch wappen [ain goltfarben schildt, darinn ain schwartzer holländischer holtzschuch, Inwendig rot vnd ausswendig herumb mit weissen Portlin, den Spiz gegen den hintern tail des schilts kerend], das vndter vnd vorder Feldt darin eines weissen Moren Pildt biss zu halber Prost ohne Arm, gelb beklaidt mit ainem grawen Part habendt vmb sain haubt mit plaben vnd roten Laisten ain waissen morischen Pundt, hinten mit anhangenden endten, vnd in der Mitte auf der Quartirung ain rot Kreutz vnd darauv sin weiss Kreuz. Dazu das holtzschuecherisch kleinodt [ain Prustbildt ains Moren one Armb in ain r. klaidt mit silberfarbem vberschlag vnd kurzem krawsem haar, one Part, habend auf dem haubt ain roten hohen spitzigen huet mit ainem gelben für sich gespitztem veberstulp vnd oben zw End des huets mit fransen vnd darauf ain knopf, beids von roter Farb] vnd turniershelmb, auch goldtfarben vnd roter helmdecken......]". "eines weissen Moren Pildt biss zu halber Prost" - eines weißen Mohren Bild bis zu halber Brust, mit "ain waissen morischen Pundt", also mit einem Turban - das ist ein echter Sarazene. Und dadurch, daß der König von Portugal ihm diese Vermehrung für seine Verdienste erlaubte, ist tatsächlich einmal ein Bezug zu den Arabern in Spanien gegeben, und so kommt es zur Differenzierung zwischen schwarzen und weißen Mohren im gleichen Wappen, ein Einzelfall. Das Element in der Mitte ist übrigens das Kreuz vom Christus-Orden.

Literatur, Quellen und Links:
Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Von Apfelkreuz bis Zwillingsbalken. Battenberg-Verlag, 2. Auflage 2006, ISBN: 3-86646-010-4
Siebmachers Wappenbücher
Deutsche Wappenrolle Band 1-72
Allgemeine Deutsche Wappenrolle
Westfälisches Wappenbuch
Sylvia Hahn, Der Mohr kann gehen - Der Mohr von Freising. Ausstellungskatalog zur Ausstellung im Diözesanmuseum Freising 23. November 2002 bis 2. März 2003, ersch. 2002
M.F. Schlamp, Der Mohrenkopf im Wappen der Bischöfe von Freising. 1930
Adolf Wilhelm Ziegler: Der Freisinger Mohr. Eine heimatgeschichtliche Untersuchung zum Freisinger Bischofswappen. München 1975/1976
Das Wappen Coburgs - Der Coburger Mohr. 2004
Hans-Ulrich Frhr. v. Ruepprecht, Der Mohr als Wappenfigur, Vortrag beim 12. Internat. Kongreß für gen. u. herald. Wissenschaften München 1974, veröffentlicht im Kongreßbericht und in einer Kleeblatt-Veröffentlichung
Wappenbuch der Stadt Basel. Unter den Auspizien der historischen u. antiquarischen Gesellschaft in Basel herausgegeben von W. R. Staehelin, Zeichnungen Carl Roschet et al., 3 Teile in mehreren Folgen, Basel
Eugen Schöler, Fränkische Wappen erzählen Geschichte und Geschichten. Verlag Degener 1992, ISBN 3-7686-7012-0.
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6
http://saechsisch-bayerisches-staedtenetz.de/staedte/zwickau.html
Clemens Kissel, 25 Bücherzeichen, entworfen und ausgeführt von Clemes Kissel zu Mainz, J. A. Stargardt Verlag, Berlin 1894.
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Alexander Gumpp, Friesach, für wertvolle Hinweise.

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