Bernhard
Peter
Gestaltung
mit Rauten (2)
Mustergestaltung
mit veränderten Rauten: Fensterrauten
Eine Raute, die selber
nocheinmal mit einer kleineren Raute belegt ist, ist eine
Fensterraute. Der Begriff bezieht sich normalerweise auf einen
zweifarbigen Schild, wo die kleine Raute die Farbe des
Hintergrundes annimmt, so als hätte die große Raute ein Loch,
durch die der Hintergrund durchscheint. Da heraldische
Fachsprache stets so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich
gehalten sein soll, ist der Ausdruck "gefenstert"
besser als " mit einer weiteren Raute in Gegenfarbe
belegt". Eine weitere Bezeichnungsvariante ist die
"ausgebrochene Raute". Wendet man das auf Muster an, so
kann man eine Sorte der Rauten als "gefenstert"
ansprechen, wie im ersten Bildchen. Sind aber beide Sorten Rauten
gefenstert, nennt man das Muster insgesamt kurz und bündig
"fenstergerautet". Wenn die Fenster jetzt nicht die
Hintergrundfarbe besitzen, sondern eine dritte Tinktur, hat man
mehrere Möglichkeiten: Zum einen kann man die Fenster als
"in Farbe XYZ gefenstert" ansprechen, zum andern als
"mit Farbe XYZ gefüllt". Beides ist kürzer und besser
als die dritte Möglichkeit "mit einer kleineren Raute in
Farbe XYZ belegt".
Mustergestaltung
mit veränderten Rauten: Wechselrauten
Rauten können durch Teilungen
und Spaltungen verändert werden. Handelt es sich um vertikale
Spaltungen, spricht man von gespaltenen Rauten oder von
Wechselrauten. Handelt es sich um horizontale Teilungen parallel
zum oberen Schildrand, spricht man von geteilten Rauten. Bei
geteilten Rauten ist die Grenze zum gespickelten Schild sehr
nahe. Hier kommt es auf den Kontext an, ob die Sichtweise als
geteilte Raute oder als Spickelung angemessener ist. Spickel sind
kleine Spitzen oder Dreiecke, die in Mehrzahl zur musterartigen
Füllung von Flächen verwendet werden, mehr oder weniger
gleichseitig geformt. Wenn man die Wahl hat zwischen "mit
von X und Y geteilten Rauten" und "X-Y
gespickelt", ist letzteres kürzer und prägnanter. Bei der
senkrechten Spaltung ist die erhaltene Dreiecksform zu weit weg
vom gleichseitigen Dreieck, als das der Begriff der Spickelung
Bestand haben könnte, daher bleibt es beim Ausdruck
Wechselrauten. Der Begriff der geteilten Raute wäre zwar
prinzipiell möglich für isolierte Rauten mit Teilung - was aber
Kollisionen mit der Farbregel mit sich brächte, außer der
Hintergrund wäre an dieser Stelle auch geteilt, dann wiederum
spräche man von Rauten in verwechselten Farben. Daraus folgt:
Unter Wechselrauten versteht man in der Regel längs geteilte
Rauten.
Komplexe
Muster mit veränderten Rauten
Wenn wir die bisher
beschriebenen Gestaltungselemente Raute, Fensterung,
Wechselfarben kombinieren, gelangen wir zu interessanten
Gestaltungen unendlichen Rapports. Einen fenstergerauteten Schild
können wir mit anderen Heroldsbildern, Teilungen, Spaltungen,
Balken, Pfählen kombinieren, so daß an der zusätzlichen
Schildunterteilung jeweils eine Farbverwechslung eintritt.
Weiterhin können Wechselfensterrauten durch Kombination von
Wechselrauten mit Fensterrauten erzeugt werden.
Bei Wechselfensterrauten können einzelne Felder wiederum farblich abweichen. Die Basis der Blasonierung bildet der wechselfenstergerautete Schild, wo nun die Farben der Raute bzw. des Fensters jeweils vorne und hinten, soweit notwendig, einzeln angegeben werden. So entstehen Muster bestechender Schönheit mit sogar einem leichten 3D-Effekt.
Fensterrauten lassen sich aber nicht nur spalten, sondern auch teilen. Hier kann man den Ausdruck des Spickels oder der Spickelung nicht verwenden, denn bei einem gefensterten Spickel wäre dieser zwar mit einem weiteren, kleineren Dreieck belegt, dieses wäre jedoch nicht am Rande, sondern in der Mitte des Spickels. Stattdessen verwendet man hier den Begriff einer geteilten Fensterraute. Wegen der Farbregel sollte der Begriff der Teilung eine Teilung nicht nur der Raute, sondern des Fensters beinhalten. Das erste Bildchen ließe sich daher auch kurz beschreiben als "rot-silbern geteilte Fensterrauten". Durch Hinzunahme einer dritten Farbe entstehen so wieder plastische Muster von eindringlicher Schönheit wie im Bildchen ganz rechts.
Wenn wir jetzt Fensterrauten mit Teilung und Spaltung kombinieren, erhalten wir gevierte Fensterrauten mit ganz neuen Effekten. Wir erhalten "X-Y gevierte Fensterrauten" - wegen der Einhaltung der Farbregel würde auch die Kurzform "rot-silbern fenstergerautet mit gevierten Rauten" für das erste Bildchen genügen. Einzelne Elemente können farblich abweichen, müssen dann aber im Blason einzeln hervorgehoben werden.
Literatur
und Quellen:
Walter Leonhard: Das
große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey
Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
Deutsche Wappenrolle, Band 1-71, Degener Verlag
Wappenbilderordnung,
Symbolorum armoralium ordo, hrsg. vom HEROLD, bearbeitet von
Jürgen Arndt und Werner Seeger, Skizzen von Lothar
Müller-Westphal, Verlag Degener, 2.
Auflage 1996, Band 1 und 2
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Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2008
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