Bernhard
Peter
Gestaltung
mit Rauten (1)
Rauten
als "Baustein"
Die einzelnen Rauten wurden
auf einer früheren Seite besprochen. Hier soll gezeigt werden,
welche Möglichkeiten in der Kombination erzielt werden können.
Zunächst einmal kann man Rauten (Wecken) zu beliebigen
übergeordneten Figuren zusammenfügen. Es entstehen so in der
Vertikalen Rautenpfähle, in der Horizontalen Rautenbalken. In
der Regel gilt eine Raute ohne nähere Spezifizierung als
senkrecht gelegt, also vertikal ausgerichtet und höher als
breit. Bei dem abgebildeten Rautenpfahl ist es umgekehrt, so ein
Element würde man als aus "liegenden Rauten (Wecken)"
aufgebaut bezeichnen. Typisch für die Raute ist, daß sie gleich
lange Außenseiten, aber verschieden lange Diagonalen hat und 2x
2 gleiche, von 90 Grad verschiedene Winkel. Das unterscheidet
beispielsweise einen Rautenpfahl von einem Würfelpfahl. Analog
zu Rautenpfahl und Rautenbalken sind auch Rautenschragen und
Rautenkreuz möglich.
Rauten
als Muster
Gestalterisch viel
interessanter sind Muster aus Rauten, also Rauten in unendlichem
Rapport, wo die Raute nicht als isolierte, abgezählte Figur,
sondern als die Fläche überziehender Rhythmus erscheint. Auch
wenn das häufig insbesondere bei historischen Darstellungen
nicht unterschieden wird, sollten wir auf die Grundform achten:
Sind die Kanten eines viereckigen Elementes zu zwei Paaren
ungleich lang, handelt es sich um Schindeln. Sind die Winkel
einer Schindel alle gleich, ist es eine normale Schindel. Sind
die Winkel zu 2 Paaren ungleich, handelt es sich um schräg
verstutzte Schindeln. Sind die Kanten gleichlang und die Winkel
gleich, handelt es sich um Würfel (oder Schach). Sind die Kanten
gleichlang und die Winkel zu 2 Paaren ungleich, handelt es sich
um Rauten, deren Stellung angegeben wird.
Wird also wie im ersten Bildchen der Schild gleichmäßig von einem Rautenmuster mit gleichlangen Diagonalen überzogen, spricht man streng genommen noch nicht von einem gerauteten Schild, sondern von einem schräggewürfelten oder schräggeschachten Schild, wobei manchmal zu finden ist, daß bei weniger Feldern der Ausdruck schräggeschacht, bei mehr Feldern der Ausdruck schräggewürfelt benutzt wird, wobei die Grenze zwischen beiden Begriffen mir zu unscharf erscheint, um es sinnvoll zu differenzieren. Das zweite Bildchen zeigt den einfachsten Standardfall eines gerauteten (geweckten) Schildes, ohne weitere Angaben stehen die einzelnen Rauten senkrecht. Von "gerautet" spricht man nur, wenn sich alle Rauten einer Farbe gegenseitig an den Ecken berühren. Sind die Rauten um 90 Grad gedreht, sind sie also breiter als hoch, spricht man von einem quergerauteten oder quergeweckten Schild. Die Frage ist nun, welche Farbe zuerst genannt wird. Generell wird immer die Farbe zuerst genannt, die sich oben und heraldisch rechts befindet, wenn dies möglich ist. Sollte es nicht möglich sein, eine Farbe aufgrund ihrer Lage derart zu bevorzugen, sollte man bedenken, daß die hier beschriebenen Muster Ausschnitte eines Musters, eines unendlichen Rapportes sind und es demnach unerheblich ist, welche Farbe zuerst genannt wird - es ändert nichts an dem Muster, und welcher Ausschnitt aus dem unendlichen Muster gezeigt wird, unterliegt der künstlerischen Freiheit. Genauso gibt es keine verbindlichen Vorschriften über die Anzahl der Rauten. Harmonisch wirkt es immer, wenn möglichst viele ganze Rauten gezeigt werden und die Ecken oder ja nach Lage auch die Kanten der Rauten mit dem Schildrand zusammenfallen, um kleine und schwer zu erkennende Restflächen zu vermeiden, aber das geht auch nur bei vertikal oder horizontal gelegten Rauten, nicht bei den schrägen Mustern, die in Folge beschrieben werden.
Viele interessante Muster mit Rauten ergeben sich, wenn man die Lage der Linien im Feld variiert. Verschieben wir zuerst das Rautenmuster so, daß jeweils eine Sorte von Linien parallel zu einer Schildkante verläuft. Ist eine Schar Linien diagonal, die andere Linienschar aber paralell zur Schildoberkante, spricht man von einem balkenweise gerauteten Schild, alternativ von einem mit Teilungen gerauteten Schild. Die Blasonierungen "balkenweise schräglinks gerautet" und "mit Teilungen schräglinks gerautet" einerseits und die Blasonierungen "balkenweise schrägrechts gerautet" und "mit Teilungen schrägrechts gerautet" andererseits beschreiben also jeweils das selbe Schildbild. Dasselbe gilt, wenn eine Linienschar parallel zur Seitenkante des Schildes verläuft: Die Blasonierungen "pfahlweise schräglinks gerautet" und "mit Spaltungen schräglinks gerautet" einerseits und die Blasonierungen "pfahlweise schrägrechts gerautet" und "mit Spaltungen schrägrechts gerautet" andererseits beschreiben also wiederum jeweils das selbe Schildbild.
Eine weitere Sorte von gerauteten Schilden erhalten wir, wenn keine der beiden Linienscharen parallel zu irgendeiner der geraden Schildkanten ist. Ist die längere Diagonale der einzelnen Rauten nach links ausgerichtet, spricht man von einem schräglinks gerauteten Schild, ist sie dagegen nach rechts ausgerichtet, spricht man von einem schrägrechts gerauteten Schild. Entscheidend für die Richtungsangabe ist also nicht der Verlauf des Musters, sondern die Lage der einzelnen Raute.
Spindeln
als Muster
Besonders schmale Rauten, bei
denen die eine Diagonale wesentlich länger als die andere ist,
bezeichnet man als Spindeln. Dadurch wird der Schild einerseits
spannungsgeladener, andererseits aber auch unruhiger. Das erste
Bildchen zeigt den einfachsten Standardfall eines gespindelten
Schildes, ohne weitere Angaben stehen die einzelnen Spindeln
senkrecht. Sind die Spindeln dagegen um 90 Grad gedreht, sind sie
also wesentlich breiter als hoch, spricht man von einem
quergespindelten Schild. Auch hier kann man das Spindelmuster in
Bezug auf die Schildkanten drehen. Verschieben wir zuerst das
Spindelmuster so, daß jeweils eine Sorte von Linien parallel zu
einer Schildkante verläuft. Ist eine Schar Linien diagonal, die
andere Linienschar aber paralell zur Schildoberkante, spricht man
von einem balkenweise gespindelten Schild, alternativ von einem
mit Teilungen gespindelten Schild. Die Blasonierungen
"balkenweise schräglinks gespindelt" und "mit
Teilungen schräglinks gespindeltt" einerseits und die
Blasonierungen "balkenweise schrägrechts gespindelt"
und "mit Teilungen schrägrechts gespindelt"
andererseits beschreiben also jeweils das selbe Schildbild.
Dasselbe gilt, wenn eine Linienschar parallel zur Seitenkante des
Schildes verläuft: Die Blasonierungen "pfahlweise
schräglinks gespindelt" und "mit Spaltungen
schräglinks gespindelt" einerseits und die Blasonierungen
"pfahlweise schrägrechts gespindelt" und "mit
Spaltungen schrägrechts gespindelt" andererseits
beschreiben also wiederum jeweils das selbe Schildbild, also
genau wie bei den Rauten, nur alles ein bißchen enger.
Wenn keine der beiden Linienscharen parallel zu irgendeiner der geraden Schildkanten ist, spricht man von einer schrägen Spindelung. Ist die lange Diagonale der einzelnen Spindeln nach links ausgerichtet, spricht man von einem schräglinks gespindelten Schild, ist sie dagegen nach rechts ausgerichtet, spricht man von einem schrägrechts gespindelten Schild. Entscheidend für die Richtungsangabe ist also nicht der Verlauf des Musters, sondern die Lage der einzelnen Spindel.
Durch ihre Länge signen sich Spindeln auch zur raumfüllenden Teilung oder Spaltung eines Schildes. Wenn ein Schild mit Schindeln gespalten ist, ziehen die Spindeln liegend von Schildrand zu Schildrand, analog gilt dies für Teilungen mit Spindeln. In Kombination mit einfachen Heroldsbildern wie Teilungen oder Spaltungen erzielt man mit Spindelungen hübsche inverse Schildbilder.
Literatur
und Quellen:
Walter Leonhard: Das
große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey
Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München
2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4
(Deutschland)
Deutsche Wappenrolle, Band 1-71, Degener Verlag
Wappenbilderordnung,
Symbolorum armoralium ordo, hrsg. vom HEROLD, bearbeitet von
Jürgen Arndt und Werner Seeger, Skizzen von Lothar
Müller-Westphal, Verlag Degener, 2.
Auflage 1996, Band 1 und 2
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Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2008
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