Bernhard Peter
Besondere Motive: Gewitter

Das Gewitter in der Heraldik:
Blitz und Donner - die klassischen sensorischen Erlebnisse anläßlich eines Gewitters lassen sich nur zur Hälfte in der Wappenkunst realisieren. Ein heraldisch dargestelltes Gewitter enthält vor allem Wolken, aus denen Blitze oder Flammen herabzucken, die eckige oder die runde Form des gleichen Phänomens elektrischer Entladung zwischen Wolken und Erde. Es ist ein eher seltenes Motiv, auch ein eher untypisches, denn die Darstellung natürlicher Wetterphänomene birgt in sich immer die Gefahr einer unheraldisch naturalistischen Darstellung. Daß sich dennoch ein Gewitter in heraldischer Stilisierung ansprechend darstellen läßt, zeigt das seit 1977 geführte Wappen der Gemeinde Gemeinde Igling (Landkreis Landsberg am Lech): Sie führt in Schwarz über goldenem Dreiberg aus silbernem Wolkenschildhaupt drei goldene Flammen züngelnd.

Damit greift sie ein altes Familienwappen auf, das der Münchner Patrizierfamilie von Donnersberg, für die das Stammwappen eine redende Bedeutung hatte, und da sich Donner über Bergen weniger gut darstellen läßt, wurden die herabzüngelnden Flammen ein sprechendes Symbol. Joachim von Donnersberg, Kanzler des Herzogs Maximilian von Bayern, bekam 1611 Oberigling und 1612 Unterigling, und die Hofmark blieb bis 1835 im Besitz der Familie, deren redendes Wappen sich auch in der örtlichen Kirche an Epitaphien nachweisen läßt.

Einen weiteren Nachweis eines heraldischen Gewitters finden wir bei dem redenden Wappen für die wallonische und aus Lüttich stammende Familie von Leclair (Siebmacher Band: Kä Seite: 174 Tafel: 18), denn l'éclair ist im Französischen der Blitz. Sie führen ein geviertes Wappen, 1. und 4. in Blau zwei Blitze nebeneinander aus Gewitterwolken in das Wasser fahrend, 2. und 3. in Rot aus dem äußeren Seitenrande hervorkommend ein geharnischter Arm mit lorbeerumwundenem Schwert. Auf dem gekrönten Helm mit rechts blau-goldenen und links rot-silbernen Decken vier Straußenfedern in den Farben golden, blau, silbern, rot.

Ein weiteres passendes Vorkommen der Gewittersymbolik liegt bei Familiennamen wie "Wetter" vor. Im Siemacher Band: Bg5 Seite: 67 Tafel: 79 finden wir ein Wappen für die hamburgische Familie von den Wettern. Sie führen aus grünem Boden wachsend einen grünen Baum, im rechten Obereck eine schwarze Wolke, aus der vier Blitze zucken. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein grüner Baum zwischen einem silbern-rot übereck geteilten Paar Büffelhörner. Johann Peter von den Wettern war 1741 Bürger-Capitän in Hamburg, wo er am 3.6.1744 verstarb. Ganz ähnlich motiviert ist das in Siebmacher Band: Bg9 Seite: 82 Tafel: 100 beschriebene Wappen der Osnabrücker Familie Wetter: Über einem schrägrechten Wellenbalken drei aus Wolken kommende Blitze, Farben nicht gegeben. Auf dem Helm ein Stern zwischen einem Flug.

Und bei der in Siebmacher Band: Bg5 Seite: 56 Tafel: 66 beschriebenen Familie Hertel haben wir noch den Sturm dazu: In einem Gewässer ein hoher Felsberg, aus Wolken im rechten Obereck zucken vier Blitze, links ein blasender Kopf (Wind). Auf dem Helm ein wachsender Jüngling mit langem Haar, in der Rechten einen offenen Zirkel haltend. Das Schildbild grenzt aber schon fast an eine Landschaftsmalerei, ebenso wie das Gewitter bei der in Siebmacher Band: Bg5 Seite: 66 Tafel: 78 vorgestellten Familie Tunner aus Hamburg: In natürlichem Feld (dunklem Himmel) auf grünem Boden rechts ein grünes Gebüsch, links ein Wohnsitz, im rechten Obereck eine schwarze Wolke, aus der vier Blitze zucken. Auf dem Helm eine Taube mit Ölzweig zwischen einem rechts rot-silbern, links blau-silbern geteilten Paar Büffelhörner. Viel zu malerisch und naturalistisch für gute Heraldik, ein richtig gut stilisiert umgesetztes Gewitter wurde eingangs vorgestellt.

Auch in der DWR findet sich eine Darstellung von Wolken mit Blitzen (DWR Band: LIV Seite: 86 Nummer: 9404/91): Die Familie Schnell aus Heslach, Stadt Stuttgart, führt folgendes Wappen: In Silber im linken Obereck aus blauer Wolke hervorbrechend zwei rote, im Bereich der Wolke silberne Blitze, gerichtet auf zwei rote Flügelräder. Auf dem rot-silbern bewulsteten Helm mit rot-silbernen Decken zwei rot-silbern übereck geteilte, in den silbernen Feldern je mit zwei roten Kugeln belegte Büffelhörner.

Literatur, Quellen und Links:
Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Von Apfelkreuz bis Zwillingsbalken. Battenberg-Verlag, 2. Auflage 2006, ISBN: 3-86646-010-4, S. 160-161.
Haus der bayerischen Geschichte
http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_suche-gemeinden-name_a-z.php - Igling: http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9181127
Siebmachers Wappenbücher
Deutsche Wappenrolle, Band 54

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