Bernhard
Peter
Besondere
Motive: Gugel
Die
Gugel - ein Kleidungsstück
Das Wort "Gugel"
leitet sich vom lateinischen Cucullus ab und bezeichnet ein
Kleidungsstück, das eine Art Kombination aus Schulterkragen und
Kapuze ist. Eine Gugel bietet guten Witterungsschutz für Kopf
und Hals, ist aber nicht mit dem darunter getragenen Wams oder
Surcot verbunden, sondern ein eigenständiges Kleidungsstück, in
historischen Darstellungen deutlich an der abgesetzten Farbe zu
erkennen. Unten läuft die Gugel in einen radförmigen
Schulterkragen aus, der Rand kann glatt, geschlitzt oder
gezaddelt sein. Gugeln des 13. Jh. hatten eher einen geraden
Rand, solche des 14. Jh. eher einen vielfach geschlitzten Rand.
Oben ist nach vorne die Gesichtsöffnung ausgeschnitten, hinten
befindet sich aber ein charakteristischer Zipfel, der nach hinten
auslaufend herabfällt. Eine Gugel war eine ideale Schutzkleidung
bei Regenwetter, man konnte sie bei Wind und Regen über den Kopf
ziehen, oder man konnte sie wie einen Schal herabgeschlagen um
den Hals tragen. Die nachfolgende Abbildung zeigt eine flächig
ausgebreitete Gugel:
Wie
trägt man eine Gugel?
Im frühen Mittelalter war es
unvorstellbar, ohne Kopfbedeckung aus dem Hause zu gehen. Die
Minimalkopfbedeckung war die Bundhaube aus weißem Leinen, ein
paßgenau genähtes dünnes Mützchen, das unter dem Kinn mit
einem Bändsel befestigt wurde. Gepflegter war man mit einer
Gugel (Gugelhaube) unterwegs, die Kapuze über den Kopf gezogen,
und der Kragenteil umschloß wärmend Schultern und Hals. Beides
konnte natürlich kombiniert werden. Für die ärmere
Bevölkerung war die Gugelhaube aus einfachem Wollstoff
gefertigt, die besseren Varianten waren innen mit
kontrastfarbenem Stoff oder Pelz gefüttert. Im 13. Jh. war der
Zipfel noch kurz, er wurde im 14. Jh. immer länger. Hüte
verschiedenster Form waren ebenfalls als Kopfbedeckungen beliebt.
Erst ab ca. 1320 kam ein neuer Trend auf. Barhäuptig war jetzt
auf einmal en vogue, die Bundhaube wurde abgeschafft und nur noch
von der Unterschicht (Bettler) und der Landbevölkerung getragen.
Auch für die Gugel änderte sich ab ca. 1320 die Art, sie zu
tragen. Wurde sie früher wie eine Kapuze über den Kopf gezogen,
so wurde es jetzt unüblich, die Kapuze aufzuziehen. Das Kopfteil
hing auf dem Rücken, der immer länger werdende Zipfel hing
hinten lose herab. Zwischenzeitlich war es üblich, den
Schulterkragen nicht über, sondern unter dem Übergewand zu
tragen. Ab 1335 wurde das Obergewand wieder enger, und der
Schulterkragen wurde wieder darübergelegt. Dem zunehmenden
Schmuckbedürfnis trug man Rechnung, indem man den unteren Rand
des Schulterkragens einschnitt, zackte, zaddelte, auskerbte.
Gerade dieser Kragen war Schaustück des modebewußten Mannes.
War die Gugel im 13. Jh. noch Schutz gegen die Unbill der
Witterung, so war sie im 14. Jh. ein modisches, ja ein
unverzichtbares Accessoire. Um 1360 bekamen Gugeln ein weiteres
Detail, das sie vorher nie hatten, einen Knopfverschluß vorne.
Heraldische
Darstellung einer Gugel
Die Gugel wird überwiegend in
Seitenansicht mit ihren wesentlichen Merkmalen
Gesichtsausschnitt, Zipfel, Schulterkragen dargestellt. Sie wird
vom ebenfalls vorkommenden Motiv der Kapuze durch den langen
Fortsatz auf der Rückseite unterschieden; die Kapuze endet
hinten geschlossen ohne Zipfel.Von der Narrenkappe - für die sie
fälschlicherweise oft gehalten wird - unterscheidet sich die
Gugel durch die fehlenden Schellen und den gänzlich anderen
Zuschnitt. Eine Gugel wird immer - sofern nicht anders blasoniert
- so abgebildet, daß ein darin befindlicher Mensch nach
heraldisch rechts blickte. Das Innere bzw. der zurückgeschlagene
Teil kann kontrastfarben tingiert sein.
Abb.: verschiedene Darstellungen einer Gugel
Beispiele für Wappen mit Gugel:
Spätere
Modetrends
Eine neue Mode, die Gugel zu
tragen, entstand im wärmeren Klima Italiens und eroberte von
dort ausgehend auch Zentraleuropa: Die Gugel wird mit der
turbanartig aufgerollten Gesichtsöffnung auf den Kopf gesetzt,
wobei Zipfel einerseits und Halsteil andererseits seitlich
herabfallen. Besonders lange Zipfel wurden auch um den Hals
geschlungen. In Italien findet man solche Darstellungen schon
1330, in Deutschland war sie zwar schon früher bekannt (Ende des
13. Jh., vgl. Manessische Liederhandschrift), geriet dann wieder
in Vergessenheit, setzte sich aber dann ab 1380 wieder durch und
wurde zur bevorzugten Trageweise der modebewußten Oberschicht.
Die Entwicklung im frühen 15. Jh. machte dann aus der turbanartig aufgerollten Gugel eine ganz andere Konstruktion: Eine Wulsthaube, ein Chaperon, ein mit Wolle, Werg oder Seide gefütterter Stoffreif wurde innen mit einem Stoffschlauch versehen, der nach dem Aufsetzen des Reifes dekorativ über dessen Rand drapiert wurde. Manchmal wurde in Erinnerung an den Zipfel der alten Gugel noch ein schmaler Stoffstreifen oder Stoffschlauch (vgl. Sendelbinde) angesetzt, der je nach Länge einfach herabfiel oder im Bogen um den Hals geschlungen wurde.
Die turbanähnliche Wulsthaube hält sich noch bis in die Mitte des 15. Jh., allerdings immer seltener auf dem Kopf getragen. Der neueste Schrei war es, die Sendelbinde vorne in den Gürtel zu stecken und die Wulsthaube als Schaustück daran über die Schulter zu hängen. Als Kopfbedeckung diente stattdessen eine Mütze, eine Kappe aus Stoff oder Filz.
Doch tot war die Gugel dadurch nicht, als reiner Wetterschutz war sie immer noch praktisch. Auch im militärischen Bereich gab es eine Art schulterfreie und zipfellose Gugel (bzw. eher eine Kapuze) mit zweigeteiltem Kragen, die unter dem Helm als Schutz getragen wurde.
Synonyme:
frz.: capuchon, chaperon,
engl.: cowl, monk's hood
Literatur:
Siebmachers großes
Wappenbuch, Sonderband B1: Wappenbilder-Ordnung, Bd. 1, Degener
Verlag, ISBN 3-87947-114-2
Siebmachers großes Wappenbuch, Sonderband B2;
Wappenbilder-Ordnung Bd. 2. 1991. 393 S. 7 Tafeln mit zahlr. Abb.
Festeinband, Degener Verlag, ISBN 3-87947-100-2
Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Von Apfelkreuz bis
Zwillingsbalken. Battenberg-Verlag, 2. Auflage 2006, ISBN:
3-86646-010-4
Siebmachers Wappenbücher
Gösta Ditmar-Trauth: Rüstung, Gewandung, Sachkultur des
deutschen Hochmittelalters, Karfunkel-Verlag Wald-Michelbach
1999, ISBN 3-9805642-3-1
Ulrich Lehnart, Kleidung und Waffen der Früh und Hochgotik
1150-1320, Karfunkel-Verlag Wald-Michelbach 2001, ISBN
3-935616-00-7
Ulrich Lehnart, Kleidung und Waffen der Spätgotik I 1320-1370,
Karfunkel-Verlag Wald-Michelbach 2000, ISBN 3-9805642-8-2
Ulrich Lehnart, Kleidung und Waffen der Spätgotik II 1370-1420,
Karfunkel-Verlag Wald-Michelbach 2003, ISBN 3-935616-11-2
Ulrich Lehnart, Kleidung und Waffen der Spätgotik III 1420-1480,
Karfunkel-Verlag Wald-Michelbach 2005, ISBN 3-935616-17-1
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