Bernhard
Peter
Besondere
Motive: Faßleiter / Weinleiter
Faßleiter,
Weinleiter, Schrotleiter:
Die Faßleiter, auch
Weinleiter oder Schrotleiter genannt, ist ein technisches
Hilfsmittel, das typischerweise in Weinbauregionen vorkommt. Es
handelt sich um eine Schiene, die zum Herablassen von
Weinfässern z. B. in Keller dient und dafür über die
Kellertreppe gelegt wird. Die Personen, die auf diesen Transport
von Fässern spezialisiert waren, hießen Schröter und bildeten
einen eigenen historischen Berufstand. Das Faß selbst wird mit
Hilfe von eingehängten Seilen und einem Schrotbaum als
Gegenlager kontrolliert herabgelassen oder heraufgezogen, wobei
die Holme zum besseren Gleiten mit Fett eingerieben wurden.
Genauso dient eine Weinleiter als Rampe zum Be- und Entladen von
Transportwagen, Schiffen etc. Zwei dicke Holme dienen als
Führungsschiene für die Fässer, die mit ihrem Bauch zwischen
den Holmen rutschen und so gut in der Führung bleiben und nicht
seitlich herunterkippen konnten wie das bei einer glatten Rampe
der Fall wäre. Das Faß liegt dabei längs auf, nicht quer.
Diese beiden Holme, die in der Heraldik meist nach außen gebogen
dargestellt werden, sind mit meist zwei Querhölzern verbunden,
die in der Regel schwächer sind und dünner dargestellt werden
als die tragenden Holme. Typisch und signifikant ist in der
deutschen Heraldik die Anzahl von genau zwei Querstreben, im
Gegensatz zu einer Leiter, die zum Besteigen durch Menschen
benutzt wurde, und diese Querstreben sitzen nicht am Ende,
sondern jeweils etwas nach innen versetzt, um ein optimales
Aufstellen der Faßleiter zu ermöglichen.
In der französischen Sprache wird dieses Motiv als "échelle de caviste", "brancard de vin" oder "brancard de marchand de vin" angesprochen, in der englischen Heraldik als "wine-cellarman's ladder". In der Wappenbilderordnung ist das Motiv unter der Nr. 9063 zu finden.
Beispiel:
die Herren von Swende
Die Herren von Swende
waren Ministerialen des Klosters Lorsch und sicherten die
Interessen dessen Abts als Burgmannen auf der hoch über Weinheim
gelegenen Burg Windeck. In Weinheim selbst besaßen sie einige
Adelshöfe aus dem 14. Jh. rechts und links des Obertores. 1447
ist die Familie erloschen. Sie führten im Wappen eine
schräggestellte Weinleiter in mit würfelförmigen Schindeln
bestreutem Feld, auf dem Helm die Weinleiter aufrecht. Zobel gibt
als Tinkturen eine rote Faßleiter in goldenem Feld an, dort sind
aber keine Schindeln abgebildet wie auf den nachfolgenden
Grabplatten.
Abb.: Grabplatten in der Nähe der Laurentiuskirche in Weinheim, aufgestellt am Pfarrhaus (Abb. links), für den 1392 verstorbenen Eberhard Swende, bzw. an einer Mauer parallel zur Nordwand (Abb. rechts), für den am 16.10.1459 verstorbenen Philipp Swende von Weinheim. Im rechten Bild sieht man bei der plastischen Darstellung, daß die Querstreben konkav ausgehöhlt sind, um dem Bauch des Fasses nicht im Wege zu stehen.
Beispiel:
die Horneck von Weinheim
Die von Weinheim und die
Swende von Weinheim sind nicht zu verwechseln mit den aus der
gleichen Stadt stammenden und später pfälzischen Horneck
von Weinheim (Sturmfeder-Horneck), die in silbernem Feld
eine schwarze Faßleiter führen (Schöler Tafel 145), auf dem
Helm mit schwarz-silbernen Decken das Schildbild.
Abb.: Bamberg, Guttenberg-Hof, Vorderer Bach 6. Wappen für Maria Sophia Juliana Horneck von Weinheim (21.3.1706-9.2.1761). Sie hatte am 28.1.1728 Lothar Franz von und zu Guttenberg (2.3.1705-3.1.1774) geheiratet.
Beispiel:
Johann von Allendorff
Johann von Allendorff
(3.10.1400-17.10.1496) entstammte einer ritterschaftlichen
fränkischen Familie, die sich nach Allendorf an der Werra
nannte, heute ein Stadtteil von Bad Salzungen. Die Familie besaß
Ober- und Unterleinach im Ritterkanton Rhön-Werra. Er war der
Sohn von Hans von Allendorff und dessen Frau Irmel von
Völkershausen. Johann von Allendorff studierte in Erfurt und
legte dort 1442 das Bakkalaureatsexamen ab, danach studierte er
in Padua und promovierte dort. Bereits vor der Aufnahme der
Studien in Erfurt war er in das Kloster St. Burkard in Würzburg
eingetreten. Doch zunächst wurde er Propst in Aub, dann Abt in
St. Burkard und 1454 Geistlicher Rat. Als solcher steht er hinter
der Umwandlung der Würzburger Abtei St. Burkard in ein
Säkularkanonikerstift, in ein adeliges Ritterstift, das war im
Jahr 1464. Damit war er der letzte Abt und zugleich der erste
Propst. Er stieg weiter auf zum kaiserlichen Rat Friedrichs III.
(1465) sowie Maximilians I. (1491) und zum Kanzler des
Würzburger Fürstbischofs (1470). Ab 1475 war er Kirchherr von
St. Kilian in Heilbronn, deswegen begegnet er uns hier als
Stifter. Mit Johann von Allendorff, der in der Würzburger
Domsepultur bestattet wurde, erlosch das Geschlecht. Sein
Grabstein ist jedoch nicht mehr vorhanden. Das Wappen für Johann
von Allendorff zeigt in Gold eine
schräggestellte rote Faßleiter, auf dem Helm mit rot-goldenen
Decken das Schildbild.
Die Abbildung zeigt ein Glasfenster in der Kilianskirche von Heilbronn. Die 19 einzelnen originalen Scheiben aus der Spätgotik, letzte Überbleibsel der mittelalterlichen Verglasung, hat man in zwei Gruppen in den Fenstern zweier Kapellennischen in der nördlichen Chorwand zusammengestellt. Sie bilden inhaltlich drei Gruppen, wovon die größte Gruppe mit zehn Darstellungen figürliche Inhalte hat, Heilige (Kilian als typisch fränkischer Heiliger und Schutzpatron der Kirche, Burkhardt als erster Bischof von Würzburg, Totnan als weiterer Frankenmissionar), Personen des Heilsgeschehens (Hl. König, Erzengel und Maria) und Stifter (Johann von Allendorf). Sechs Fenster zeigen spätgotische Baldachine, und drei Fensterscheiben zeigen Wappen, darunter das hier vorgestellte Allendorf-Wappen.
Ein weiteres authentisches Wappen des Johann von Allendorff kann man jedenfalls in Würzburg in der Allendorff-Kapelle (auf dem Gelände der Theresienklinik) auf einem Gewölbeschlußstein sehen, einmal als Vollwappen in der Mitte und daneben nur als Schild mit dem Wappenbild, beide farbig gefaßt. Auch dieses Wappen hat nur die Faßleiter als Kleinod, ohne Flug, und entspricht damit vollständig dem hier wiedergegebenen Heilbronner Allendorff-Wappen.
Der Blick in die Literatur befriedigt nicht: Ein Alendorf-Wappen wird beschrieben bei Schöler S. 28, Tafel 145, dort abweichend schwarz-silbern abgebildet, beruhend auf Siebmacher Band: BayA1 Seite: 28 Tafel: 23, der wiederum das Wappen Aldendorf aus dem Alten Siebmacher, dort unter die Rheinländischen einsortiert, übernommen hat. Tatsächlich ist diese Angabe angesichts des vorliegenden historischen Belegs für den hiesigen Fall unzutreffend und die jeweilige Zuordnung zu Johann von Allendorff unpassend, wie auch dort eine völlig andere Helmzier angegeben wird, nämlich ein wie der Schild bez. Flügel zu schwarz-silbernen Decken. Unter der Schreibweise Aldendorf ist ein Wappen mit den zutreffenden Tinkturen im Siebmacher zu finden, im Band: ThüA Seite: 28 Tafel: 20, aber auch dort wird als Kleinod ein goldener Flug angegeben, jeder Flügel belegt mit der Leiter, rechts schräglinks, links schrägrechts (cave, Siebmacher-Text entspricht nicht der zugehörigen Abb.). Alle genannten Literaturquellen decken damit den vorliegenden Fall nicht ab.
Beispiel:
Stadtwappen von Weinheim
Das Weinheimer Stadtwappen
wird durch eine eingebogene Spitze in drei Felder geteilt, Feld
1: in Schwarz einwärts ein goldener, rot gekrönter und ebenso
bewehrter und gezungter Löwe (Pfalz), Feld 2: silbern-blau
schräggerautet (Wittelsbach), Feld 3: in Gold eine aufrechte
rote Faß- oder Weinleiter. Die ersten beiden Komponenten
illustrieren die mehr als fünfhundertjährige Zugehörigkeit
Weinheims zur Kurpfalz. Das Motiv der Weinleiter im dritten Feld
spielt nur vordergründig auf den ersten Namensbestandteil der
Stadt an und wäre falsch redend, weil der Name sich in
Wirklichkeit vom fränkischen Personennamen "Wino",
Freund, ableiten läßt. Vielmehr spiegelt sich hier das Wappen
der Swende wider. Das heutige Aussehen des Stadtwappens wurde
1899 hinsichtlich Inhalten und Farben der Weinleiter festgelegt,
nachdem zwischenzeitlich auch andere Tinkturen verwendet worden
waren (im 19. Jh. schwarz auf silbernem Feld) und andere
Einteilungen (halbgespalten und geteilt, vgl. Siebmacher Band: St
Seite: 234 Tafel: 244).
Auf 1577 datierter Wappenstein mit den drei Komponenten des heutigen Weinheimer Stadtwappens, noch auf drei einzelne Schilde verteilt, an der Giebelseite des Weinheimer Rathauses. Hier steht die Weinleiter im Gegensatz zur heute üblichen Form noch schräglinks, und die beiden oberen Schilde waren noch tatsächliches Zugehörigkeitskennzeichen zur Kurpfalz.
Auf 1578 datierter Wappenstein mit der Weinheimer Faßleiter alleine, über einer Portaleinfassung des Weinheimer Rathauses.
Weitere Familienwappen mit einer Weinleiter / Faßleiter:
Weitere Kommunal- und Landkreiswappen mit einer Weinleiter / Faßleiter:
Literatur,
Links und Quellen:
Evangelische
Kilianskirche Heilbronn: http://www.gemeinde.heilbronn-kilianskirche.elk-wue.de/
Kirchengemeinde: http://www.gemeinde.heilbronn-kilianskirche.elk-wue.....gemeinde/
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Pfarrer Hans-Jörg Eiding
für die Publikationserlaubnis der Innenaufnahmen
Evangelische Kilianskirche Heilbronn: http://de.wikipedia.org/wiki/Kilianskirche_%28Heilbronn%29
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Die Fenster von St. Kilian: http://home.arcor.de/siegfriedkrueger/Crodel-Fenster.pdf
Friedrich Merzbacher, Johann von Allendorf, Stiftspropst von St.
Burkard und Bischöflicher Kanzler (1400-1496): Ein Lebensbild
aus dem spätmittelalterlichen Würzburg, Kommissionsverlag
Ferdinand Schöning, 1955
Allendorff-Kapelle Würzburg: http://wuerzburgwiki.de/wiki/Allendorf-Kapelle
Johann von Allendorff: http://wuerzburgwiki.de/wiki/Johann_von_Allendorf
Alfred Wendehorst, Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das
Bistum Würzburg 6. Die Benediktinerabtei und das adelige
Säkularkanonikerstift St. Burkard in Würzburg, 2001, Germania
Sacra,Neue Folge 40, S. 201 ff., online http://personendatenbank.germania-sacra.de/files/books/NF%2040%20Wendehorst%20St.%20Burkhard.pdf
Weinleiter: http://de.wikipedia.org/wiki/Weinleiter
Schröter: http://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6ter_%28Beruf%29
Wappen Weinheim: http://www.weinheim.de/servlet/PB/menu/1090309_l1/index.html
Geschichte Weinheims: http://www.weinheim.de/servlet/PB/menu/1025417_l1/index.html
Rathaus Weinheim: http://www.weinheim-marketing.de/index.php?option=com_content&task=view&id=22&Itemid=34
Wappen von Weinheim: http://www.ngw.nl/int/dld/w/weinheim.htm
Allgemeine Deutsche Wappenrolle wie angegeben
Deutsche Wappenrolle wie angegeben
Eugen Schöler, Historische
Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt
an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6
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