Bernhard Peter
Besondere Motive: Totenkopf

Der Totenkopf oder Totenschädel als Wappenmotiv:
Totenköpfe (Totenschädel) sind keine typischen Bestandteile von Adelswappen. Es wäre auch eine unglückliche Motivwahl für eine Familie, die wachsen, blühen und gedeihen soll. Andererseits begegnen uns Totenköpfe typischerweise bei bürgerlichen Wappen, wie die Recherche unten zeigt. Insbesondere bei bürgerlichen Angehörigen des geistlichen Standes, bei Personen mit Jenseitsbezug, Klerikern, Pfarrern, Äbten etc. ist eine solche Motivwahl viel naheliegender, vor allem auch in humanistischen oder pietistischen Kreisen war es ein beliebtes Motiv oder eher Anti-Motiv für Wappen und Siegel, stets an die Vergänglichkeit irdischen Lebens mahnend erinnernd.

Als Vergänglichkeitssymbol ist ferner der Totenkopf auf Grabsteinen allgegenwärtig, und es kann gemutmaßt werden, daß hier Symbole und heraldische Form auf Grabsteinen in einigen Fällen auch eine Symbiose eingingen, die zu Lebzeiten so nicht geführt wurde. Wie so häufig sind die Grenzen da fließend. Todesassoziierte Symbolik in Wappenform würde auch das häufige Fehlen verbindlicher Tinkturen in den Literaturangaben erklären. Auffallend oft taucht jedoch die Farbkombination schwarz-silbern auf. Manchmal ersetzt auch ein Totenschädel, ggf. mit Schlangen, in der Funeralheraldik oder in der von dem steten "memento mori" geprägten Vorstellungswelt des genannten Personenkreises den Helm auf dem Schild, wobei eine gezielte Distanzierung vom üblichen Formenkanon wohl Absicht war. Anstelle der Helmdecken sehen wir oft Schlangen rechts und links des Schädels. Typisch ist auch die Kombination mit Sanduhren, Schlangen, sprießendem Getreide etc.

Ganz anders hingegen liegt das bei redenden Wappen: Wer Namen wie Kirchhof(f), Todt, Gunstötter oder Morte trägt, nimmt seinen Namen bei einer solchen Motivwahl mit Humor und cum grano salis, und ein ganz besonders passender Familienname für ein redendes Wappen ist z. B. Gottschau - in der Tat tritt ein Verstorbener vor das Antlitz Gottes. Auch aus Namen wie Haupt oder Kopf läßt sich so ein redendes Wappen ableiten, wie der Literaturspiegel zeigt.

In der französischen Heraldik wird das Motiv (WBO 7011-772, S. 342-343) als "tête de mort" bezeichnet in der britischen Heraldik als "death's head", wenn er mit schräggekreuzten Gebeinen kombiniert wird (WBO 7011-773), als "tête de mort avec tibias" oder als "tête de mort avec os" bzw. "death's head with crossbones".

Ein Beispiel für Totenköpfe als Wappenmotiv für einen Kleriker:
Matthias aus Saarburg (oder Matthias von Saarburg, latinisiert zu Mathias ab Saracastro) war 1568-1581 Abt der Benediktinerabtei St. Maximin in Trier. Dieser Abt hatte einen außergewöhnlichen Geschmack bei der Wahl seines Wappenmotives: Er führte drei (2:1) silberne Totenköpfe im Wappen. Nach der Wappentafel der Maximiner Äbte ist die Feldfarbe Rot. Hier wird sein Wappen am Maximiner Hof in Zell-Kaimt an der Mosel abgebildet; ein zweites Wappen dieses Abtes ist als Spolie am Pfarrhaus Detzem zu sehen. Der andere Wappenschild im Bild auf der optisch linken Seite des Abtsstabes ist der doppelköpfige Adler (müßte natürlich korrekt schwarz tingiert sein). Das abgebildete Wappen ist im halbkreisförmigen Giebelaufsatz auf 1575 datiert.

Der ca. 1540 geborene Matthias aus Saarburg wurde im Alter von 26 Jahren am 3.5.1568 zum Abt gewählt, nachdem seinen Vorgänger Petrus Reck am 1.5.1568 ein plötzlicher Tod nach einem vergifteten Trunk bei einem Gastmahl in Pfalzel ereilte. Abt Matthias hatte eine Menge Aufbauarbeit im Kloster zu leisten, denn wenige Jahre vorher hatten erst Franz von Sickingen und dann Markgraf Albrecht Alcibiades das Trierer Land verwüstet, und die draußen vor den Stadtmauern liegende Trierer Abteigebäude mußten wieder aufgebaut werden. Franz von Sickingen hatte sogar das Einverständnis des Trierer Erzbischofs zur Zerstörung von St. Maximin, denn wegen der Frage der Reichsunmittelbarkeit war der Fürstbischof der Abtei nicht wohlgesonnen, und durch den großen Reichtum hatte sich die Abtei innerhalb Triers Mauern keine Freunde gemacht. Und in die Opposition zwischen Kurfürst und Trierer Bürgern wurde die Abtei ebenfalls hineingezogen. Unter Abt Matthias ging die Reichsunmittelbarkeit der Benediktinerabtei durch Reichskammergerichtsbeschluß endgültig verloren. In dieser Zeit des Wiederaufbaus war die Abtei personell sehr eingeschränkt und hatte nur wenige Mönche. Der mit den Jesuiten ein gutes Verhältnis pflegende Abt Matthias wurde 1577/78 Rektor der Universität Trier. Abt Matthias verstarb am 15.12.1581 nach vierzehnjähriger Amtszeit. Noch eine Ausschnittsvergrößerung aus seinem Wappenstein mit den Totenköpfen:

Wappen mit einem Totenkopf in der Deutschen Wappenrolle (DWR):

Wappen mit einem Totenkopf in der Allgemeinen Deutschen Wappenrolle (ADW):

Wappen mit einem Totenkopf im Siebmacher und weiteren Quellen:

Wappen mit zwei Totenköpfen im Schild (alle Quellen):

Wappen mit drei Totenköpfen im Schild (alle Quellen):

Wappen mit einem Totenkopf in der Helmzier (alle Quellen):

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers großes Wappenbuch, Sonderband B1: Wappenbilder-Ordnung, Bd. 1, Degener Verlag, ISBN 3-87947-114-2
Siebmachers großes Wappenbuch, Sonderband B2; Wappenbilder-Ordnung Bd. 2. 1991. 393 S. 7 Tafeln mit zahlr. Abb. Festeinband, Degener Verlag, ISBN 3-87947-100-2
Wappenfibel, Handbuch der Heraldik, hrsg. "Herold", Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften, Verlag Degener, Neustadt 1981
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey Verlag 1978; S. 177-178
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München 2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4 (Deutschland)

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Von Apfelkreuz bis Zwillingsbalken. Battenberg-Verlag, 2. Auflage 2006, ISBN: 3-86646-010-4
Siebmachers Wappenbücher wie im einzelnen angegeben
Deutsche Wappenrolle wie im einzelnen angegeben
Allgemeine Deutsche Wappenrolle wie im einzelnen angegeben
Aschaffenburger Wappenbuch wie im einzelnen angegeben
Wappen der Äbte von St. Maximin: http://wiesel.lu/heraldik/wappenkunde/eglise/saint-maximin-treves/?PHP
Wappen von Matthias von Saarburg
http://wiesel.lu/heraldik/wappenkunde/eglise/saint-maximin-treves/mathias-a-saracastro/
Friedhelm Jürgensmeier,
die Männer- und Frauenklöster der Benediktiner in Rheinland-Pfalz und Saarland, in Verbindung mit Regina Elisabeth Schwerdtfeger (= Germania Benedictina IX: Rheinland-Pfalz und Saarland, hrsg. von der Bayerischen Benediktinerakademie München in Verbindung mit dem Abt-Herwegen-Institut Maria Laach), St. Ottilien 1999.
Klöster in Trier von der Spätantike bis zur Gegenwart. Katalog zur Ausstellung der Katholischen Erwachsenenbildung anläßlich der 2000-Jahr-Feier der Stadt Trier vom 25.3. bis 1.11.1984 im Domkreuzgang. Konzeption: Prof. Dr. Franz J. Ronig.
Philipp Wey, Matthias Saarburg, Abt von St. Maximin 1568-1581, in: Neues Trierisches Jahrbuch, Bd. 14 (1974) S. 72-77.
Paul Clemen, Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 19, Abt. 3, Kreis Zell an der Mosel, 1938, S. 176-186.
Totenkopf in der Heraldik:
http://de.wikipedia.org/wiki/Totenkopf_%28Heraldik%29

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