Bernhard Peter
Typhus: Mehr als ein
bloßer Durchfall
Bitte besprechen Sie
im Zweifelsfall Ihre Beschwerden und Maßnahmen mit einem Arzt
Ihres Vertrauens!
Der Typhus abdominalis ist nicht einfach nur ein
Durchfall, sondern eine schwere Allgemeinerkrankung, die weit
über den Darm hinausgeht. Es handelt sich dabei um eine
bakterielle Infektion mit Salmonella typhi. In den
Industrieländern ist er dank konsequenter Hygiene selten
geworden, aber in den Entwicklungsländern stellt er immer noch
ein häufig unterschätztes Problem dar.
Steckbrief eines Bösewichtes
Der Erreger des Typhus ist ein Bakterium namens
Salmonella typhi (synonym Salmonella enterica Serovar Typhi), das
zur Familie der Salmonellen gehört. Die Salmonellen zeichnen
sich durch eine sehr großen Vielfalt aus. Es sind ca. 2000
Serovare der Salmonellen bekannt, davon können beim Menschen ca.
120 diverse Erkrankungen hervorzurufen. Sie verursachen
Infektionskrankheiten, die auch als Salmonellosen bezeichnet
werden. Je nach Erreger gibt es harmlosere oder schwere
Erkrankungen, solche, die auf den Magen-Darm-Trakt beschränkt
bleiben, und solchen, die das ganze System Mensch in
Mitleidenschaft ziehen. Eine solche Allgemeinerkrankung ist der
Typhus.
Wie kann man sich an Typhus anstecken?
Einziges Reservoir ist der Mensch. Der Erreger wird
mit dem Stuhl ausgeschieden und bei mangelnder Hygiene von
anderen Menschen aufgenommen. Infektionsquellen sind:
- direkte Schmutz-Schmierinfektion
("After-Finger-Mund-Weg") von Menschen mit
einer akuten Erkrankung, relativ selten
- Schmutz-Schmierinfektion durch
sogenannte "Dauerausscheider", die nach
durchgemachter Infektion als "Gesunde" weiter
Erreger ausscheiden, häufiger Übertragungsweg
- mittelbar über kontaminiertes
Trinkwasser: Die Typhussalmonellen können
längere Zeit im Wasser überleben und so Neuinfektionen
hervorrufen.
- mittelbar über kontaminierte
Nahrungsmittel, auf denen die Salmonellen bei mangelnder
Hygiene die zur Infektion erforderliche hohe Keimzahl
erreichen.
- mittelbar über Lebensmittel, die aus
kontaminiertem Medium gewonnen werden: Die
Typhus-Salmonellen können sich z.B. in Muscheln
anreichern.
Wo kommt Typhus vor?
Typhus kommt weltweit vor, in Deutschland und
anderen Industrieländern ist er jedoch selten. Hier handelt es
sich meist um eingeschleppte Fälle von Fernreisenden
80-90% der Krankheitsfälle in Deutschland werden im Ausland
erworben. Die höchste Verbreitung hat Typhus in Südostasien,
gefolgt von Afrika, auf Platz drei liegt Südamerika. So beliebt
Reiseländer wie Thailand, indien, Marokko, Türkei und Ägypten
sind alle genannten Länder bergen das Risiko einer
Typhus-Infektion. Typhus gilt als die am meisten unterschätzte
Infektionskrankheit der Dritten Welt.
Wie verläuft eine Erkrankung an Typhus?
Nach Aufnahme durch den Mund gelangen die Erreger in
den Darm. Da nur ein Teil im sauren Milieu des Magens überlebt,
sind für eine krankheitsauslösende Infektion hohe Keimzahlen
erforderlich (ca. 100 000 Keime. Die Erreger bleiben aber nicht,
wie andere Keime, im Darm und sorgen nicht nur für lokalen
Ärger: Sie durchdringen die Darmwand! Über den Lymphweg
erreichen sie die Lymphknoten, in denen sie sich vermehren. Von
dort strömen sie über die großen Lymphgefäße des Körpers in
die Blutbahn und können dann mit dem Blutstrom in alle Organe
verteilt werden, so daß eine generalisierte Erkrankung eintritt.
Dabei befallen die Bakterien bevorzugt das lymphatische Gewebe
des Darmes (Peyersche Plaques).
Die Inkubationszeit variiert in einem großen
Bereich: 3 - 60 Tagen, typischerweise beträgt sie im Mittel 10
Tage Die Inkubationszeit ist von der Infektionsdosis abhängig
und umso kürzer, je höher die anfänglich aufgenommene
Bakterienzahl ist.
Die Erkrankung zeigt ohne Antibiotika-Behandlung
einen typischen zyklischen Verlauf:
- 1. Krankheitswoche:
uncharakteristische Symptome
- allmählich
treppenverlaufähnlich ansteigende Temperatur
- Frösteln
- Kopfschmerzen
- Mattigkeit
- belegter Hals
- häufig Bauchschmerzen und
Verstopfung (!)
- 2. Krankheitswoche
- die Temperatur erreicht Werte
von 39 bis 41° und bleibt während dieser Zeit
durchgehend so hoch.
- häufig verlangsamter Puls
(Bradykardie)
- Übelkeit und Erbrechen,
Anorexie
- schweres Krankheitsgefühl
- Benommenheit, Lethargie (daher
der Name Typhus, was soviel bedeutet wie
Nebel)
- Zunge ist grau-weiß belegt,
wobei die Spitze und die Ränder oft frei bleiben
und hochrot erscheinen (Typhuszunge).
- Gegen Ende der 2. Woche zeigt
ein Drittel der Patienten einen typischen
Hautausschlag, der hauptsächlich den Rumpf
(Unterleib), seltener die Gliedmaßen befällt.
Er besteht aus zarten rosafarbenen, ca. 1 mm
großen Hautveränderungen (Roseolen) ohne
Juckreiz.
- 3. Krankheitswoche:
- typische erbsbreiartige
Durchfälle (gehen auf Ulcerationen der
Peyerschen Plaques zurück)
- bewußtseinsgetrübte
Zustände (Delirium) möglich
- 4. Krankheitswoche:
- stark schwankende
Temperaturen, Ende des Fiebers.
- Daran schließt sich eine
lange Rekonvaleszenz an.
Die Letalität liegt unbehandelt bei 10 - 15 %,
unter heutigen Verhältnissen nur noch bei etwa 1-3 %.
Was versteht man unter Komplikationen?
- Infolge der Verschleppung der Erreger
mit dem Lymph- und Blutstrom sind Entzündungen der
verschiedendsten Organe und Gewebe möglich, z.B. von
Milz, Herz (Endokarditis), Hirnhaut (Meningitis), Lunge,
Knochen.
- Durch die Ausscheidung der
Typhussalmonellen können Entzündungen der ableitenden
Harnwege entstehen.
- Durch die Ausscheidung der
Typhussalmonellen können Entzündungen der Gallenwege
entstehen.
- Zu den Komplikationen gehören ferner
schwere Darmblutungen sowie die Bildung von Geschwüren,
die sogar einen Darmdurchbruch mit anschließender
Bauchfellentzündung (Peritonitis) verursachen.
- Gelegentlich werden Thrombosen und
Lungenembolien beobachtet.
Kann man Typhus behandeln?
- Die beste Behandlung ist eine
möglichst schnell einsetzende Antibiotikatherapie über
ca. 2-3 Wochen. Zum Einsatz kommen bei Erwachsenen
Ciprofloxacin und Breitspektrum-Cephalosporine
(Ceftriaxon, Cefotaxim) sowie in Entwicklungsländern oft
auch das billige Chloramphenicol (früherer Goldstandard,
aber mehr Nebenwirkungen) sowie Cotrimoxazol oder
Ampicillin (auch für Kinder geeignet).
- Infolge der erbsbreiartigen
Durchfälle verliert der Patient viel Elektrolyte und
Flüssigkeit. Diese müssen unbedingt durch orale
Rehydratationslösungen ergänzt werden.
- Hinzu kommt eine sorgfältige Pflege
des Kranken unter Überwachung der Kreislauffunktionen.
- Wichtig ist bei der Pflege die
Desinfektion der Ausscheidungen und der Wäsche, um eine
weitere Verbreitung zu verhindern.
- Eine vollständige Vernichtung der
Erreger ist in 2-5 % der Fälle nicht möglich. Zwar sind
die Patienten beschwerdefrei, aber sie bleiben
Dauerausscheider und stellen damit eine Infektionsquelle
dar.
- Im allgemeinen hinterläßt die
durchgemachte Erkrankung eine Immunität für mindestens
ein Jahr.
Kann man sich gegen Typhus impfen
lassen?
Ja, es gibt zwei Möglichkeiten der Impfung:
- aktive Schutzimpfung mit einem oralen
Impfstoff (Schluckimpfung) steht zur Verfügung und wird
als Reiseimpfung empfohlen. Es handelt sich um drei
Kapseln, die jeden zweiten Tag geschluckt werden.
Vorteil: Nachahmung des natürlichen Infektionsweges,
Erzeugung von Antikörpern in der Darmwand. Nachteil:
hält nur 1 Jahr vor.
- Impfstoffe zur intramuskulären
Injektion haben 3 Jahre Schutzwirkung.
Wichtig: Auch eine Impfung ist kein 100%iger Schutz.
Bisweilen kommt es dennoch zu milderen
Kranheitsverläufen. Eine Schutzimpfung ersetzt daher nicht
vorbeugende Maßnahmen!
Wie können Sie außerdem einer
Erkrankung vorbeugen?
- Trinken Sie kein unabgekochtes oder
unbehandeltes Leitungswasser! Meiden Sie offene Flaschen
oder Wasserkaraffen in den Hotels! Kaufen Sie am besten
industriell abgefülltes Mineralwasser und verwenden Sie
dieses selbst zum Zähneputzen.
- Lassen Sie sich Getränke immer ohne
Eiswürfel servieren! Auch wenn die Getränke aus der
Flasche eingeschenkt werden, das Eis wird meistens im
Kühlschrank gewonnen!
- Wenn Sie in Gebiete reisen, in denen
es kein hygienisch einwandfreies Trinkwasser gibt,
sollten Sie das Leitungswasser vor dem Benutzen abkochen
(Tauchsieder) oder spezielle Tabletten zur
Wasserdesinfektion oder Wasserfilter verwenden
- Trinken Sie Milch besser nur
abgekocht!
- Essen Sie Obst besser nur geschält
und Gemüse lieber gegart! Vorsicht auch bei Salat, da er
mit verunreinigtem Wasser gewaschen sein kann!
- Fleisch und Geflügel, Fisch und
andere Meerestiere sollten Sie immer nur vollständig
durchgekocht bzw. durchgebraten essen. Auch bei gekochten
Speisen besteht in warmen Ländern ein Infektionsrisiko,
vor allem dann, wenn sie vorgekocht und dann mehrere
Stunden bei Raumtemperatur aufbewahrt wurden oder wenn
sie wiederholt aufgewärmt wurden. Essen Sie deshalb auch
keine Speisen, die von Straßenverkäufern angeboten
werden.
- In warmen Ländern Mahlzeiten immer
frisch zubereiten und direkt verzehren
- Unbedingt vor dem Essen/Trinken Hände
waschen! Evtl. nachher Hände desinfizieren mit einem
Desinfektionsmittel behandeln
- Sanitäre Einrichtungen vor dem
Benutzen desinfizieren
Wichtig: Wenn Sie aus einem Reiseland mit niedrigem
Hygienestatus zurückkehren und Beschwerden haben, informieren
Sie den behandelnden deutschen Arzt detailliert über Reisegebiet
und Beschwerden! Wenn er nicht von der Fernreise weiß, kann er
bei diffusen Beschwerden nicht adäquat diagnostizieren! Bei
jeder Erkrankung mit hohem Fieber, welches mehr als vier Tage
anhält, sollte Typhus mit in Betracht gezogen werden.
Und was ist jetzt Paratyphus?
Es sind andere Erreger, die den Paratyphus
auslösen, aber ebenfalls Salmonellen. Der klinische Verlauf ist
ähnlich, aber schwächer als bei Typhus abdominalis.
- Paratyphus A: Salmonella paratyphi,
ausschließlich in tropischen und subtropischen Ländern
und selten auch im Mittelmeerraum
- Paratyphus B: Salmonella
schottmuelleri, ist auch in Zentraleuropa anzutreffen.
Die Symptome des Paratyphus B ist dem des Typhus sehr
ähnlich, es sind aber auch Verläufe wie bei einer
Salmonellen-Enteritis möglich. Im allgemeinen gleicht
der Verlauf einem leichten bis mittelschweren Typhus.
Rückfälle und Komplikationen sind selten, die Prognose
ist im allgemeinen gut. Therapie genau so wie beim echten
Typhus.
- Paratyphus C: Salmonella hirschfeldii,
ausschließlich in tropischen und subtropischen Ländern
und selten auch im Mittelmeerraum
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