Bernhard Peter
Chagaskrankheit
(Bitte
besprechen Sie im
Zweifelsfall Ihre Beschwerden und Maßnahmen mit Ihrem Arzt)
Was ist die
Chagas-Krankheit?
Die Chagas-Krankheit (amerikanische Trypanosomose)
ist eine in Mittel- und Südamerika hauptsächlich bei
Tieren
vorkommende Krankheit, die durch nächtens blutsaugende
Raubwanzen auf den Menschen übertragen werden kann. Dabei ist
die Raubwanze nur der Überträger. Der eigentliche
Erreger ist
ein Einzeller, das sog. Trypanosoma cruzii. Die Erkrankung
verläuft in vier Stadien: örtliche Reaktion an der
Eintrittsstelle, akute Phase, beschwerdefreies Latenz-Intervall
und chronische Phase. Die betroffenen Organe sind in erster Linie
das Herz, der Darm und das Gehirn. In der Akutphase kann
insbesondere bei Kindern Tod durch Entzündung des Herzmuskels
oder des Gehirns erfolgen, bei Erwachsenen in der Spätphase
als
Folge von durch den Parasiten verursachten Herzschäden. Im
Blut
vermehrt sich der Erreger nicht. Die Trypanosomen befallen
Zellen, wandeln sich in eine andere Form um und vermehren sich
dann in den Zellen, bis diese als Pseudocysten bis zum Bersten
voll mit neuen Parasiten sind. Daraufhin sucht sich die gesamte
Nachkommenschaft, wieder in der alten Form, neue Zellen als
Opfer.
Wie steckt man
sich an?
Es gibt vier mögliche
Übertragungswege, wobei der
erste der wichtigste und häufigste ist:
- Die
tierischen Vektoren (Überträger) der Chagas-Krankheit
sind ausschließlich blutsaugende Raubwanzen, die insbesondere
nachts am schlafenden Menschen eine Blutmahlzeit suchen. In etwa der
Hälfte der Fälle erfolgt der Stich in der
Nähe der Augen. Bei den übrigen Patienten sind andere
unbedeckte Hautstellen betroffen. Nur die in menschlichen Siedlungen
lebenden Arten sind für die Übertragung wichtig.
Diese sind hauptsächlich nachtaktiv. Bei Tag verstecken sie
sich in Wandritzen und Dächern der Häuser. Die
Trypanosomen leben im Verdauungstrakt der Raubwanzen; sie werden mit
dem Kot ausgeschieden. Das heißt: Nicht durch den
Biß wird der Erreger in die Wunde eingebracht, sondern
über den Kot der Wanze, den diese während der
Blutmahlzeit absetzt oder vorher auf der Bettstatt hinterlassen hat.
Dabei ist aber ein Stich der Raubwanze nicht zwingend erforderlich
für die Übertragung. Es genügen kleinste
Hautverletzungen, Schrammen, Kratzer o. ä. und der Kontakt mit
dem Kot der Raubwanzen, auch an den Schleimhäuten. Eine einmal
infizierte Raubwanze kann immer Trypanosomen übertragen, ihr
ganzes Leben von ca. 1 Jahr lang.
- Übertragung
von der Mutter auf das Kind: vor bzw. während der Geburt
- Übertragung
durch Verzehr von mit Raubwanzenkot verseuchten Nahrungsmitteln
vermutlich möglich
- Übertragung
durch Kontakt mit infiziertem Blut im Rahmen von Bluttransfusionen
(keine Tests vorgeschrieben) oder Organtransplantationen.
Wo kann man an
Chagas erkranken?
Die Chagas-Krankheit kommt in Süd- und
Mittelamerika vor und ist dort von großer Bedeutung.
Prinzipiell
ist sie von Kalifornien bis zum südlichen Chile und
Argentinien
möglich. Die WHO nimmt an, daß derzeit ca. 16-18
Millionen
Menschen mit der Chagas-Krankheit infiziert sind, ca. 5 Millionen
erkrankt sind und mindestens 90 Millionen einem Infektionsrisiko
ausgesetzt sind. In Argentinien z. B. sind in hochendemischen
Gebieten 30% der Einwohner befallen.
Wo liegt das
Reservoir?
Das Reservoir für die Erreger sind in
erster Linie
Gürteltiere oder Opossum sowie Nagetiere, aber auch Haustiere
wie Hunde oder Katzen. Diese erkranken selbst nicht. Insgesamt
sind bis zu 150 Arten von Wild- und Haussäugetieren
mögliche
Träger von Trypanosomen. Eines der wichtigsten
Erregerreservoire
ist der infizierte Mensch, so daß die Raubwanzen bei ihrer
nächtlichen Suche nach Blutmahlzeiten den Erreger vom Tier auf
den Menschen und vom Mensch auf den nächsten Menschen
übertragen können.
Es sind drei mögliche Zyklen der
Übertragung
denkbar:
- Wald-Zyklus:
Gürteltiere/Fledermäuse/Opossum – Raubwanze
– und zurück
- Land-Zyklus:
Ratten/Mäuse/Meerschweinchen – Raubwanze –
und zurück
- Haus-Zyklus:
Hund/Katze/Mensch – Raubwanze - und zurück
Wie hoch ist die
Sterblichkeit?
Die Sterblichkeit ist besonders bei Kleinkindern
und
Säuglingen hoch, in einigen Gebieten bis zu 10 %. Die Kinder
sterben hauptsächlich an Gehirnentzündung oder
Herzmuskelentzündung oder beidem während der akuten
Phase
(s.u.).
Wie
verläuft eine Erkrankung?
Der Krankheitsverlauf läßt sich
in mehrere Phasen
unterteilen:
- Inkubationszeit:
Die Inkubationszeit beträgt ca. 1-2 Wochen, wenn wir von dem
typischen und häufigeren Übertragungsweg
über Raubwanzen ausgehen. Länger, d. h. bis zu 6
Wochen, kann es dauern, wenn die Erreger durch eine Bluttransfusion
übertragen wurden.
- Erste
Symptome an der Eintrittsstelle der Erreger: Das sog.
Romaña- Syndrom umfaßt folgende drei Merkmale:
- An der
Stichstelle kann sich ein Chagom ausbilden, das ist eine bis zu 2
Monate andauernde Schwellung der Einstichstelle.
- Wenn
die Eintrittspforte in Augennähe liegt, kann es zu einer
Bindehautentzündung mit Schwellung der Augenlider kommen.
- Die
für den Bereich zuständigen Lymphknoten
können verdickt sein.
- Akute
Phase: 2 bis 4 Wochen nach der Infektion wird der Organismus massiv mit
Trypanosomen überschwemmt, das Blut ist voller krankmachender
Einzeller. Nur etwa ein Drittel der Neuinfizierten, meist Kinder;
zeigen akute Symptome in dieser Phase. Die Beschwerden sind auch wenig
typisch:
- Herzvergrößerung
sichtbar im Röntgenbild des Brustraumes
- Fieber
- Lymphknotenschwellungen
- Vergrößerung
von Leber und Milz
- Luftnot
- Flüssigkeitsansammlungen
im Gesicht und in den Füßen (Ödeme)
- Durchfall
- Bauchschmerzen
- manchmal
Krampfanfälle
Die akute Phase hört
nach ca. 4 Wochen auf.
- Latenz-Phase,
intermediäre Phase: In dieser Zeit sind die Erkrankten ohne
Beschwerden. Diese Phase kann mehrere Jahre dauern. Nur bei einer
Schwächung des Immunsystems können wieder Beschwerden
der Akutphase auftreten
- Chronische
Phase: Die später in der chronischen Phase auftretenden
Beschwerden sind Folgen der Schäden, welche die Einzeller an
den Organen des Körpers hervorgerufen haben, insbesondere am
Herzen. Typisch sind hier chronische Herzmuskelentzündungen
mit Herzvergrößerung.
- Schmerzen
in der Herzgegend (Angina pectoris)
- chronische
Herzinsuffizienz
- Herzrhythmusstörungen
- arterielle
Embolien
- Herzklopfen,
Herzrasen
- Erweiterung
des Herzens (Megacor)
- Luftnot
bei geringer Belastung
- Lungenödeme
Die Prognose der Erkrankung hängt in hohem
Maße
von den Herzveränderungen ab. Günstig ist die
Prognose, wenn es
noch nicht zu Veränderungen am Herzen gekommen ist. Sind diese
aber vorhanden, ist die Prognose schlecht, denn oben genannte
Herzbeschwerden können, wenn nicht zum plötzlichen
Herztod,
doch langsam schleichend zu einer erheblichen Verkürzung der
Lebenserwartung beitragen.
Welche Komplikationen
sind möglich?
- Gehirnentzündungen
während der akuten Phase
- Herzmuskelentzündungen
während der akuten Phase
- Megakolon
in der chronischen Phase: Die Trypanosomen bewirken hierbei den
Untergang bestimmter Nervenzellen in den Ganglien (Nervenknoten), die
die Muskulatur des Verdauungstraktes versorgen. Das führt zu
einer Störung der Bewegungsabläufe des Darmes
(Peristaltik). Der Darminhalt kann nicht mehr fortbewegt werden, staut
sich an und bewirkt ein Anschwellen des Darmes zum Megakolon mit dem
Risiko eines Darmdurchbruches oder einer Bauchfellentzündung
und entsprechender Lebensgefahr für den Patienten.
- Herz-Symptomatik
in der chronischen Phase (s.o.)
Wie kann man eine
Chagas-Erkrankung
behandeln?
Zur Behandlung der Chagas-Krankheit gibt es
Arzneimittel, die die Parasiten im Blut vernichten. Deshalb
sollten sie so bald wie möglich in der akuten Phase angewandt
werden. Diese Arzneimittel sind jedoch mit nicht unerheblichen
Nebenwirkungen behaftet, deshalb sollte der Betroffene sie
anfangs möglichst unter Aufsicht im Krankenhaus erhalten. Die
Behandlungsdauer reicht von mindestens 7 Wochen bis hin zu 3
Monaten im Bedarfsfall. Damit werden natürlich nur die
Einzeller
selbst vernichtet. Sind bereits bleibende Schäden z. B. am
Herzmuskel oder am Darm entstanden, müssen diese separat
gezielt
entsprechend der Beschwerden behandelt werden.
Gibt es eine
Impfung gegen die
Chagas-Krankheit?
Es gibt keine Impfung gegen die Chagas-Krankheit
und
die Entwicklung einer solchen ist auch nicht zu erwarten. Das
liegt daran, daß der Erreger nicht ein Virus oder ein
Bakterium
ist, sondern ein Einzeller, dessen Zelloberflächenstrukturen
zu
wenig charakteristisch von den unsrigen abweichen, um gezielt
Antikörper dagegen erzeugen zu können.
Wie kann man sich
vor einer
Chagas-Erkrankung schützen?
Vorbeugen besteht aus einem Dreipunkte-Programm,
wobei Sie als Tourist nur auf den letzten Punkt Einfluß haben:
- Bekämpfung
der Überträgerinsekten:
- Verbesserung
der Wohnverhältnisse besonders auf dem Land
- Vernichtung
der Nistgelegenheiten der Raubwanzen in Dächern und
Wänden der Häuser
- notfalls
Insektizide
- Reservoirbildung
für Trypanosomen verhindern:
- Kontrolle
der Haustiere, sofortiges Aus-dem-Verkehr-ziehen infizierter
Bestände
- Persönlicher
Schutz vor Wanzenstichen
- Tragen
geeigneter Kleidung
- Keine
Übernachtung in Risikogebieten in offenen
Palmfaser-Hütten oder ritzen- und spaltenreichen Bauwerken
oder Lehmhütten
- Benutzen
von Insekten-Repellentien
- Benutzung
von Moskitonetzen
Kommen
Sie gesund aus dem Urlaub zurück!
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